Was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff:

Die 7 Göttinger Professoren

Als im Jahre 1837 die Personaleinheit zwischen den Königreichen Hannover und Großbritannien aufgehoben und Ernst August, Herzog von Cumberland, König von Hannover wurde, weigerte er sich, die seit 1833 geltende Verfassung des Landes anzuerkennen und entmachtete in goettingerprofsabsolutistischer Art kurzer Hand die Ständeversammlung (”I have cut the wings of this democracy”). Daraufhin verweigerten die sieben Göttinger Professoren Wilhelm Eduard Albrecht (*1800, †1876), F.C. Dahlmann, Georg August Heinrich von Ewald, Georg Gottfried Gervinus, Jakob und Wilhelm Grimm und Wilhelm Eduard Weber ihm den Huldigungseid und wurden am 14.12.1837 ihrer Lehrstühle enthoben. Der in Leipzig gegründete Göttinger Verein sammelte Spenden für die Sieben, die begeisterte Zustimmung für ihre Verfassungstreue überall im Lande erfuhren. Bettine von Arnim z.B., die eine enge Freundschaft mit diesen verband, setzte sich vehement für eine Anstellung der Grimm-Brüder in Berlin ein.

 

 

 

 

 

Napoleonische Kriege

Die von Napoléon ab 1803 als Nachwirkung der Französischen Revolution geführten Kriege. Der Ausbruch der Französischen Revolution war zunächst in der politischen Öffentlichkeit vieler Staaten positiv aufgenommen worden, wurde in Deutschland als die neue ”fränkische Freyheit” aufgenommen. Ihre Ausartung, insbesondere die Septembermorde und die Hinrichtung König Ludwigs XVI. und seiner Gemahlin Marie Antoinette, bewirkte jedoch eine zunehmende Enttäuschung; die Regenten bangten zudem um ihre Souveränität. In den Nachbarstaaten formierten sich Kräfte, die - beeinflußt und unterstützt auch durch die vor den Auswirkungen der Revolution ins benachbarte Ausland geflohenen französischen Adligen - militärische Aktionen gegen das revolutionäre Frankreich, das rechtsrheinische Landstriche, u.a. Mainz, besetzt hatte, das am 23.7.1793 vor der preußisch-österreichischen Armee .kapitulierte, durchführten. Der ersten Koalition der alliierten europäischen Mächte traten neben Preußen und Österreich ab 1793 immer mehr Staaten bei. Nachdem die Politik des Pariser Direktoriums ab 1795 immer offener auf Annexionen ausging, und der damalige Divisionsgeneral Napoléon Bonaparte die rechtswidrigen Besetzungen durchführen sollte, kam es zum

gefolgt 1798/99 von Napoléons Ägyptenexpedition

der zu einer Erneuerung des Krieges zwischen Frankreich und Großbritannien mit der Schlacht bei Trafalgar führte, in derLord Nelson fiel, und mit dem der Sieg in der Schlacht von Marengo, durch den Oberitalien wieder unter französische Kontrolle gebracht werden konnte.

gegen Frankreich in einem Bündnis Großbritanniens mit Schweden, Rußland und Österreich, in dem Napoléon am 13./14.11.1805 Wien besetzte und am 2.12. über die Österreicher und Russen in der sog. Dreikaiserschlacht bei Austerlitz siegte. Gezwungen durch den Frieden von Preßburg am 26.12. verlor Österreich alle italienischen Besitzungen, sowie Dalmatien Tirol und Vorderösterreich; im Königreich Neapel setzte Napoléon die seinen Bruder Joseph 1806 und seinen Schwager Joachim Murat 1808 auf den Thron der Bourbonen.

Im Herbst 1806 kam es zu einem Bruch Frankreichs mit Preußen, und die französischen Truppen unter der Führung von Napoléon und Marschall Louis Nicolas Davoût besiegten in der sog. Doppelschlacht von Jena und Auerstedt am 14.10.1806 die preußische Armee unter Fürst zu Hohenlohe-Ingelfingen bei Jena und Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig bei Auerstedt; Napoléon zog am 27.10. in Berlin ein und verfügte von hier aus die Kontinentalsperre gegen das Britische Königreich. Während Sachsen einen Sonderfrieden mit Napoléon schloß, setzte Friedrich Wilhelm III., der nach Ostpreußen geflohen war, mit Hilfe der Russen den Krieg fort. Am 7./8.2.1807 kam es zur Schlacht bei Preußisch Eylau; Preußen mußte, obwohl Königin Luise bei einem Treffen mit Napoléon in Tilsit einen milderer Frieden zu erreichen suchte, die harten Bedingungen des Friedens von Tilsit (7. und 9.7.) hinnehmen. Rußland schloß mit Napoléon ein Bündnis.

Im November 1807 besetzte Napoléon Portugal, da es sich geweigert hatte, sich den Bedingungen der Kontinentalsperre zu unterwerfen. Während die portugiesische Königsfamilie sich durch Flucht nach Brasilien entzog, zwang Napoléon den spanischen König Karl IV. und den Thronfolger abzudanken und setzte stattdessen seinen Bruder Joseph am 6.6.1808 auf den Thron. Bislang war er siegesgewohnt; jetzt aber war ein großer Teil seiner Armee hier durch ständige militärische Auseinandersetzungen gebunden, und Wellington gelang es durch seinen Sieg bei Vitoria (21.6.1813) schließlich, die Franzosen zur Räumung Spaniens zwingen.

als Folge des Sieges Wellingtons waren die Österreicher ermutigt, Frankreich am 9.4.1809 den Krieg erklären. Aber schon am 20./22.4. wurde die österreichische Hauptmacht unter Erzherzog Karl bei Abensberg, Landshut und Eggmühl geschlagen. Wiederum marschierten französische Truppen in Wien ein. Zwar errang Österreich in der Schlacht bei Aspern (21./22.5.) einen Sieg, wurde jedoch bei Wagram (5./6.7.) entscheidend niedergerungen. Zudem hatte sich die Hoffnung Österreichs zuschlagen, einen Bundesgenossen unter den deutschen Staaten zu finden. Es kam lediglich zu vereinzelten Unterstützungsversuchen, wie z.B. durch den Freiheitskämpfer Ferdinand von Schill.oder den Aufstand in Tirol und der Schlacht am Berg Isel (25. und 29.5.1809) unter Andreas Hofer, der jedoch fehlschlug. Österreich war gezwungen, den Frieden von Schönbrunn (14.10.) zu schließen und verlor Salzburg, das Innviertel, Westgalizien, einen Teil Ostgaliziens und seine adriatischen Küstenländer.

Die Wende im politischen Schicksal Europas begann allerdings erst aufgrund des Rußlandfeldzugs Napoléons. Rußland, das mehr und mehr unter den wirtschaftlichen Auswirkungen litt, die die Kontinentalsperre mit sich brachte, brach seine Koalition mit Napoléon, der daraufhin mit der ”Großen Armee” (ca. 600.000 Mann), sowie preußischen und österreichischen Hilfstruppen am 24.6.1812 die russische Grenze überschritt. In der Schlacht bei Borodino am 7.9. hatte Napoléon gegen seinen Gegner General Michail Ilarionowitsch Kutusow zwar große Verluste zu erleiden, zog aber dennoch am 19.9. in Moskau ein. Da die abziehenden russischen Truppen die Stadt in Brand gesetzt hatten, fand die französische Armee, wie auf den Rückzug ab 19.10 auch, kaum Lebensmittel. Außerdem wurde sie durch die einsetzende große Kälte und die ständigen Partisanenattacken zunehmend zermürbt und zerrieben. Es gelang Napoléon zwar noch unter Inkaufnahme erheblicher Verluste zwischen dem 26. und 28.11. der Übergang über die Beresina, danach aber löste die ”Große Armee” sich vollständig auf; Napoléon erreichte Paris nur noch mit wenigen Begleitern. Für das preußische Hilfskorps schloß General Yorck von Wartenburg mit dem russischen General Diebitsch am 30.12.1812 die Konvention von Tauroggen, die den Anstoß zur Erhebung Preußens gegen Napoléon gab.

Die Napoleonischen Kriege fanden ihre Fortsetzung in den Befreiungskriegen.

Befreiungskriege (auch Freiheitskriege)

Die Kriege von 1813 bis 1815, die Deutschland, Italien und Spanien von der französischen Herrschaft befreiten und dem Kaiserreich Napoléons I. ein Ende bereiteten; Teil der Koalitionskriege. Sie entstanden nach Anfängen des Widerstandes in Preußen (seit 1806/07), dem spanischen freischaerler_lessing_bildUnabhängigkeitskrieg (seit 1809) und der österreichischen Erhebung (1809 durch Andreas Hofer) erst aus der Katastrophe des französischen Rußlandfeldzugs (1812) und waren die Initialzündung des Nationalbewußseins.

“Am Lagerfeuer” - Schwarze Jäger (Freischärler) während der Befreiungskriege zwischen 1813 und 1815 (pinxit Carl Friedrich Lessing, 1848)

Am 6.8.1806 legte Franz II. in Wien die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation nieder - 1804 hatte er bereits auf Druck hin den Titel eines Kaisers von Österreich angenommen -, nachdem zuvor 16 Vertreter west- und süddeutscher Staaten aus dem Reich ausgetreten waren. Dies machte den Weg frei, unter dem Protektorat Napoleons den Rheinbund als Gegengewicht zu Preußen und Österreich zu gründen. Damit war der Anlaß eines Konfliktes zwischen dem napoleonischen Frankreich und den Mächten Alteuropas gelegt. Tiefere Ursache war Napoléons Glaube an Wachstum und Wohlstand durch Merkantilismus. Um dies zu erreichen - so Napoléons Ansicht -, müßten Frankreichs Absatzmärkte vor ausländischer Konkurrenz zu schützen sein, auch wenn man sie zu französischen Einflußgebieten zu machen habe. Der napoleonische Einfluß auf die deutschen Staaten war zwar bedrückend, hat aber letztlich eine positive Neuorientierung in vieler Hinsicht gebracht, im Rechtswesen, Ökonomie, Säkularisierung etc..

Die alte Rivalität zwischen Frankreich und England um Kolonien und die Expansionspolitik zur Vorherrschaft in Europa führte nach der Ausschaltung Spaniens durch Nelsons Sieg über die französisch-spanische Flotte 1805 bei Trafalgar zu weiteren Kriegen, Napoleonische Kriege genannt, zwischen der Französischen Republik und England, in die durch Koalitionen gebundene Länder hineingezogen wurden. Im Zuge dieser Kriege wurde weite Teile des Kontinents von den Truppen Napoléons besetzt.

Als Napoléons 600.000 Mann starke und durch österreichische und preußische Hilfstruppen verstärkte Große Armee das besetzte Moskau, das er nach der verlustreichen Schlacht bei Borodino besetzt hatte, räumen und sich Ende 1812 ganz aus Rußland unter großen Verlusten zurückziehen mußte und General Yorck von Wartenburg am 30.12.1812 mit dem russischen General Diebitsch die Konvention von Tauroggen schloß, war dies der Anstoß u.a. zur Erhebung Preußens gegen Napoléon und der Beginn der Befreiungskriege.

Nach dem Untergang der Großen Armee Napoléons im Rußlandfeldzug von 1812 entschloß sich Kaiser Alexander I., nach Westen vorzustoßen. Die Konvention von Tauroggen leitete am 30.12.1812 die Erhebung Preußens ein. Am 28.2.1813 schlossen Preußen und Rußland das Bündnis von Kalisch, und am 17.3. erließ König Friedrich Wilhelm III. in Breslau den Aufruf ”An mein Volk”, doch folgte der König nur zögernd der patriotischen Begeisterung des Volks. Napoléon schlug die Preußen am 2.5. bei Groß-Görschen und am 20./21.5. bei Bautzen und zwang die Verbündeten zum Rückzug nach Schlesien. Am 4.6. schloß er den Waffenstillstand von Pläswitz, der bis 10.8. andauerte. Nachdem eine durch Metternich versuchte Vermittlung Österreichs auf dem Prager Friedenskongreß erfolglos geblieben war, trat dieses gemäß dem Vertrag von Reichenbach (27.6.) auf die Seite der Verbündeten, ebenso Großbritannien und Schweden.

Die Koalition gegen Napoléon, der seine Hauptmacht um Dresden sammelte, stellte drei Heere auf: die Böhmische oder Hauptarmee unter dem österreichischen General Schwarzenberg, die Schlesische Armee unter Blücher mit Gneisenau als Generalstabschef, der wesentlichen Anteil an voelkerschlder Gesamtplanung des Feldzugs hatte, und die Nordarmee unter Jean-Baptiste Bernadotte. Die Verbündeten siegten über die nicht von Napoléon kommandierten Heere (Bülow bei Großbeeren am 23.8., Blücher an der Katzbach am 26.8.), während die Hauptarmee bei Dresden am 26./27.8. durch Napoléon geschlagen wurde. Am 3.10. erzwang Blücher den Elbübergang bei Wartenburg, worauf alle Verbündeten die Umfassung Napoléons einleiteten, der sich aus Dresden zurückzog. In der Völkerschlacht bei Leipzig (16.-19.10.1813) wurde Napoléon vernichtend geschlagen; er selbst entkam über den Rhein. Bayern, dem die übrigen Rheinbundstaaten folgten, hatte sich im Vertrag von Ried (8.10.) auf die Seite der Verbündeten gestellt.

Völkerschlachtdenkmal (ca. 1936)

Der Rheinbund fiel auseinander, die französische Herrschaft in Deutschland brach zusammen. In den Niederlanden wurde die französische Herrschaft Ende November beseitigt.

 Zum Gedenken an die ca. 90.000 auf allen Seiten gefallenen Soldaten wurde das 91 Meter hohe, nach Plänen des Architekten Bruno Schmitz entworfene und mit von den Bildhauern Christian Behrens und Franz Metzner gestalteten Skulpturen versehene Völkerschlachtdenkmal errichtet, das am 18. Oktober 1913 in Anwesenheit von Kaiser Wilhelm II. sowie allen Bundesfürsten des Deutschen Reiches eingeweiht wurde.

voelkerschlacht leipzig18101813_bild

Karl zu Schwarzenberg (zu Pferde) Oberbefehlshaber der verbündeten Streitkräfte gegen Napoléon, meldet den verbündeten Herrschern von Preußen, Österreich und Rußland (von links) am 18. Oktober 1813 den bevorstehenden Sieg in der Völkerschlacht bei Leipzig.

 

Die Verbündeten (ohne Schweden) setzten den Krieg in Frankreich fort. Blücher schlug Napoléon bei La Rothière (1.2.); anschließend mußten die Verbündeten jedoch eine Reihe von Niederlagen hinnehmen, bis der Sieg bei Arcis-sur-Aube (20./21.3.) den Weg nach Paris öffnete, das am 30.3. kapitulierte. Wellington drang von Spanien aus nach Bordeaux vor. Am 6.4. mußte Napoléon in Fontainebleau abdanken. Er wurde nach Elba verbannt, Ludwig XVIII. als König eingesetzt. Im 1. Pariser Frieden (30.5.) erhielt Frankreich die Grenzen von 1792.

Während der Wiener Kongreß noch über die Neuordnung Europas verhandelte, landete Napoléon am 1.3.1815 in der Nähe Cannes und zog am 20.3. in Paris ein. Zwei Armeen wurden gegen ihn aufgestellt: eine britisch-deutsch-niederländische unterWellington und eine preußische unter Blücher. Napoleon konnte die Armee Blüchers bei Ligny (16.6.) zwar schlagen, scheiterte aber am 18.6. bei Belle-Alliance (Waterloo). An der Schlacht nahmen insges. ca 178.000 Soldaten teil, davon starben 61.000 und 40.000 wurden verwundet. Napoléon ergab sich den Engländern und wurde nach Sankt Helena gebracht. Der 2. Pariser Friede mit dem wiederhergestellten bourbonischen Königtum schloß die Befreiungskriege ab.

Bild:  Myrabella (06/2011), Wikipedia.frcc_somerightsreserved

Der 41 Meter hohe sog. Löwenhügel (“Butte du Lion“) auf dem südlich des Städtchens Waterloo (Prov. Wallonisch-Brabant) gelegenen Geländes, auf dem die Schlacht bei Waterloo am 18. Juli 1815 stattfand. Das Gelände ist denkmalgeschützt und gehört zum Weltkulturerbe; auf den Felder dürfen keine Gebäude etc. errichtet werden Das Denkmal ließ König Wilhelm I. der Niederlande 1820 zum Gedenken an den Mut seines Sohnes Wilhelm, des Prinzen von Oranien, errichten, der mutmaßlich an dieser Stelle am Ende der Schlacht verwundet wurde.

Die Reformation

Die eher auf Verweltlichung und auf persönliche Macht ausgerichteten Aktivitäten der Renaissance-Päpste und die sich von den Bibelworten entfernenden Kirche, sowie die Finanzpraktiken der Kirche, die im Ablaßhandel (man entrichtet eine bestimmte Geldsumme an die Kirche und ist dafür besser vor den Gefahren des Fegefeuers, des Ewigen Gerichts geschützt - ”Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt”) gipfelten, führten zunehmend zu dem Ruf nach Erneuerung der Kirchen und deren Institutionen. Nachdem die Forderungen unerfüllt geblieben waren, löste Martin Luther 1517 mit den 95 Thesen über den Ablaß eine Reformbewegung aus, die den Rahmen der bestehenden Kirche innerhalb weniger Jahre sprengte. Sie wurde von zahlreichen Reformatoren in alle Teile Deutschlands und außerhalb getragen. Allerdings zeigte die Bewegung schon früh Spaltungstendenzen.

Ein bedeutendes Zentrum der Reformation war neben Wittenberg zunächst Zürich, wo Ulrich Zwingli ab 1523 nicht nur die Kirchenordnung, sondern das ganze Gemeinwesen umgestaltete, und nach seinem Tod ab 1536 Genf unter Johannes Calvin, das sozusagen zum protestantischen Musterstaat mit strenger moralischer Reglementierung mutierte. Abgesehen von den Abweichungen von Luthers Lehre (z.B. der Determinismus), trug auch die unterschiedliche Kirchenentwicklung zur Entfremdung zwischen den beiden evangelischen Konfessionen bei. Diese wog um so schwerer, als sie die ohnehin schon gelockerten Bindungen der Schweiz an das Reich weiter schwächte.

Andere reformatorische Gruppen, die aber meist nur für kurze Zeit eine Rolle spielten, waren z.B. die sozialrevolutionär orientierten Zwickauer Propheten, zu denen Thomas Müntzer gehörte, und die Täufer, die die Erwachsenentaufe praktizierten. Eine vom Täufertum beeinflußte Gruppe gründete 1534 in Münster ein kurzlebiges ”Königreich”, das ein gewaltsames Ende fand.

Die rasche Ausbreitung der Reformation wurde durch politische Faktoren begünstigt: anfangs war der Papst aus außenpolitischer Rücksicht auf den sächsischen Kurfürsten zur Zurückhaltung im Ketzerprozeß gegen Luther genötigt, später wurde Kaiser Karl V. immer wieder durch die politische Lage an der Bekämpfung der Reformation gehindert. Nachdem der Sieg der Landesherren im Bauernkrieg 1524/25 ihre Stellung erheblich gestärkt hatte, nahmen die evangelischen Reichsstände den Reichstagsbeschluß von Speyer 1526 (der die Religionsfrage bis zum erwarteten Konzil der Gewissensentscheidung der Reichsfürsten überließ) zum Anlaß, in ihren Gebieten eine obrigkeitliche Kirchenordnung, das “landesherrliche Kirchenregiment”, aufzubauen. Nach kursächsischem Vorbild wurden Visitationen durchgeführt, d.h. von den Landesherren eingesetzte Kommissionen prüften die Situation in den Gemeinden, veranlaßten einheitliche Vorschriften für Gottesdienst, kirchliche Lehre, Schulunterricht und anderes und registrierten den Kirchenbesitz, den die Landesherren allerdings nicht immer für gemeinnützige Zwecke verwendeten.

Daneben setzte die politische Parteibildung der Konfessionen ein. Als Ferdinand I. auf dem Reichstag in Speyer 1529 den Beschluß von 1526 rückgängig zu machen versuchte, legten die Evangelischen eine “Protestation” vor, von der sie die Bezeichnung Protestanten erhielten. Im nächsten Jahr unterbreiteten die Lutheraner Karl V. in Augsburg eine Zusammenfassung ihrer Lehre, das Augsburger Bekenntnis, dem eine vom Kaiser akzeptierte “Confutatio” (= Widerlegung) entgegengestellt wurde. Da der Kaiser weiteren Widerstand in der Religionsfrage als Landfriedensbruch verurteilte, schlossen sich viele lutherische Reichsstände 1531 zur Verteidigung im Schmalkaldischen Bund unter Führung Hessens und Kursachsens zusammen. Nach mehrmaligem Aufschub - als Gegenleistung für protestantische Hilfe gegen die Türken - konnte Karl erst 1546 militärisch gegen die Schmalkaldener vorgehen, doch trotz deren vollständiger Niederlage war weder an eine Teilnahme der Protestanten an dem 1545 eröffneten allgemeinen Konzil noch an eine religiöse Kompromißlösung im Reich zu denken. Dem Herrschaftsanspruch des Kaisers widersetzten sich auch katholische Fürsten, so daß eine ”Fürstenverschwörung” 1551/52 Karl zum Einlenken zwang. Der Augsburger Religionsfriede bestätigte 1555 die konfessionelle Spaltung Deutschlands.

Schmalkaldischer Bund

Am 27.2.1531 in Schmalkalden (Thüringen) geschlossener Bund protestantischer Fürsten und Städte zur Verteidigung des auf dem Augsburger Reichstag von 1530 überreichten Augsburger Bekenntnisses. Hauptakteure des Bundes wurden Landgraf Philipp von Hessen und Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen. Die politische Bedeutung des Schmalkaldischen Bundes wuchs mit der Rückeroberung Württembergs und der Wiedereinsetzung Herzog Ulrichs (1534) in sein Amt. Der Schmalkaldische Bund wurde zu einem europäischen Machtfaktor; Kaiser, Papst und ausländische Mächte verhandelten mit ihm. Die Schwächung des Bundes begann mit dem bundeswidrigen Verhalten einzelner Reichsstände Anfang der 1540er Jahre; er zerfiel im Schmalkaldischen Krieg, der von Kaiser Karl V., auf dessen Seite auch protestantische Fürsten wie Moritz von Sachsen standen, 1546/47 gegen die im Schmalkaldischen Bund organisierten protestantischen Mächte geführte Religionskrieg; nach der Gefangennahme Kurfürst Johann Friedrichs I. von Sachsen (Schlacht bei Mühlberg, 24.4.1547) und Landgraf Philipps I. von Hessen (Halle, 19.6.1547) konnte Karl V. das Augsburger Interim durchsetzen. (Passauer Vertrag).

Schmalkaldischer Krieg

Konfessionskrieg 1546/47 zwischen dem protestantischen Schmalkaldischen Bund und der katholischen Liga. Um sich gegen die drohende Reichsexekution, mit der zur Durchsetzung von Forderungen der Reichsmitglieder gedroht wird, zu schützen, schlossen sich die deutschen Protestanten unter der Führung von Landgraf Philipp von Hessen und Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen sowie einige oberdeutschen Reichsstädte 1531 zum Schmalkaldischen Bund zusammen, wobei nach einer Zustimmung Luthers hierzu sich immer mehr deutsche Territorien und Städte diesem Bund anschlossen. Nachdem Kaiser Karl V. seine Reichspolitik durch die Ausbreitung des Protestantismus, mit der die Vertreibung einiger seiner Parteigänger einherging, bedroht sah, eröffnete er 1546 den Krieg durch die Vollstreckung der Reichsacht gegen Hessen und Kursachsen wegen deren Überfall auf Braunschweig. Obwohl die Schmalkaldener eine zahlenmäßig überlegene Streitmacht zusammenbrachten, überließen sie die Initiative den kaiserlichen Truppen, die in das ungeschützte Kursachsen einfielen. Zur Rettung seines Landes mußte Johann Friedrich nach Norden abziehen, was Süddeutschland dem Kaiser preisgab. Um dem in Bedrängnis geratenen Herzog Moritz zu Hilfe zu kommen, eilte Karl nun mit seinen Truppen nach Sachsen, besiegte Johann Friedrich am 24.4.1547 in der Schlacht bei Mühlberg an der Elbe und konnte ihn gefangennehmen; auch Philipp von Hessen geriet in kaiserliche Gefangenschaft. Anschließend erließ Karl V. auf dem “geharnischten“ Reichstag von Augsburg am 15.5.1548 das Augsburger Interim, das die Reformation in einer ganzen Reihe von süddeutschen Städten rückgängig machte; als einzige Zugeständnisse an die Reformation wurden den Protestanten nur noch die Priesterehe und der Laienkelch gestattet. Die Durchführung des Augsburger Interims scheiterte jedoch. Der Augsburger Religionsfriede von 1555 schrieb dann die gegenseitige Toleranz von Lutheranern und Katholiken fest.

Augsburgische Konfession (Confessio Augustana)

Die grundlegende Bekenntnisschrift der lutherischen Kirche. Sie wurde aufgrund des kursächsischen Sonderbekenntnisses von Melanchthon lateinisch und deutsch verfaßt und von den Protestanten auf dem Reichstag in Augsburg 1530 Kaiser Karl V. überreicht. Sie besteht aus 28 Artikeln und behandelt in zwei Teilen den Glauben und die Lehre des Protestantismus und die von ihm beseitigten Mißbräuche der katholischen Kirche. In den späteren Ausgaben hat Melanchthon mehrfach Änderungen vorgenommen; besonders bedeutsam ist die lateinische Ausgabe von 1540 (Confessio variata), die in der Abendmahlslehre eine die Ansichten Luthers und Calvins vereinigende Formel enthält. Erst seit dem Religionsgespräch in Weimar (1560) griff die lutherische Orthodoxie auf die ”unveränderte” Augsburgische Konfession (Confessio invariata) als den allein gültigen Ausdruck der reinen lutherischen Lehre zurück und erklärte die ”veränderte” Augsburgische Konfession (variata) für ungültig. Die Anerkennung der Confessio variata durch Calvin (1541) ermöglichte es, auch die Reformierten im Westfälischen Frieden als Augsburgische Konfessionsverwandte zu behandeln.

Wiener Kongreß

Versammlung europäischer Fürsten und Staatsmänner aus Großbritannien, Österreich, Preußen, Rußland, Schweden, Spanien und Portugal vom 18.9.1814 bis 9.6.1815 in Wien, in der nach dem Sturz Napoléons I. über die Umgestaltung Europas entschieden wurde. Frankreich wurde durch seinen Außenminister Charles Maurice de Talleyrand vertreten, der mit der Begründung, schließlich sei Frankreich nach der Revolution wieder zur Monarchie zurückgekehrt, Gleichberechtigung mit den europäischen Mächten zu erreichen suchte. Den Vorsitz führte K.W. Fürst Metternich, neben ihm war Kaiser Alexander I. von Rußland von großem Einfluß; Preußen wurde von König Friedrich Wilhelm III., Großbritannien durch Viscount Castlereagh und 1815 durch Wellington vertreten. Im Zentrum der Verhandlungen standen die Wiederherstellung der vorrevolutionären Ordnung (Vorbereitung der Heiligen Allianz) und die territoriale Neuordnung unter dem Aspekt des Gleichgewichts der europäischen Mächte. Rußland erhielt den größten Teil des Herzogtums Warschau (”Kongreßpolen”), Preußen, die Provinz Posen, die nördliche Hälfte Sachsens (spätere Provinz Sachsen), Neuvorpommern, Westfalen und die Rheinprovinz; Österreich bekam seine bis 1809 an Napoléon abgetretenen Besitzungen zurück, außerdem die Lombardei und Venetien, verlor jedoch die südwestdeutschen Gebiete und die vormals Österreichischen Niederlande (das heutige Belgien), die mit Holland als Königreich der Vereinigten Niederlande zusammengeschlossen wurden. Die Schweiz gewann mit dem Wallis, Neuenburg und Genf drei Kantone und erhielt die Garantie ihrer immer währenden Neutralität. An die Stelle des 1806 aufgelösten Heiligen Römischen Reiches trat der Deutsche Bund, dessen Bundesakte Bestandteil der Wiener Kongreßakte vom 9.6.1815 wurde (später ergänzt durch die Wiener Schlußakte).

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Wiener Kongreß

Der österreichische Staatskanzler Metternich (links, stehend, mit der Hand deutend), der britische Außenminister Castlereagh (Mitte, auf den Stuhl sitzend), der preußische Staatskanzler Hardenberg (links auf dem Stuhl sitzend), Wellington (ganz links stehend), Talleyrand (rechts am Tisch sitzend), Wilhelm von Humboldt (2. von rechts stehend), Rasumowskij (Vertreter Zar Alexanders I., Mitte des Bildes, an der Ecke des Gemäldes stehend).

Philhellenismus

Im 19. Jahrhundert die Bezeichnung für die Bewegung, die den ideel durch die Geistesbewegung der Klassik vorbereiteten Freiheitskampf der Griechen (1821-30) gegen die Türken unterstützten, der u.a. der Maler Eugène Delacroix, die Dichter Wilhelm Müller, Adalbert von Chamisso, Victor Hugo angehörten; vorbildhaft war das aktive und literarische Engagement des englischen Dichters Lord Byron.

Österreichischer Erbfolgekrieg

wurde dadurch ausgelöst, daß Kaiser Karl VI., u.a. Erzherzog von Österreich, keine männlichen Nachkommen hatte und auf die Nachfolge verschiedene Ansprüche erhoben wurden. In der Folge des Streites kam es zu mehreren folgenreichen kriegerischen Auseinandersetzungen, die bald ganz Europa umfaßten und auch auf außereuropäische Länder übergriffen:

Kaiser Karl VI. hatte in der am 19.4.1713 verkündeten und 1724 zum Staatsgrundsatz erhobenen Pragmatischen Sanktion (Unteilbarkeit des habsburgischen Länderbesitzes und die Regelung der Erbfolge) die Erbfolge zugunsten seiner Töchter festgelegt. Als nach seinem Tod seine Tochter Maria Theresia den Thron bestieg, machten die Kurfürsten von Bayern und Sachsen durch ihre habsburgischen Frauen ältere Rechte auf das Erbe geltend. Der preußische König Friedrich II., der Große nutzte die schwierige Situation, um in das zu Österreich gehörende Schlesien einzumarschieren. Als Vorwand galten die aus dem Jahre 1517 stammenden Erbverträge der Hohenzollern und Liegnitzer Piasten, aus denen ein Anspruch auf das Herzogtum Jägerndorf (heute Krnov, Tschechische Republik) hervorging. Friedrich II. von Preußen löste in der Folge die drei Schlesischen Kriege aus und stieg in deren Folge als fünftes Land nach Frankreich, Großbritannien, Rußland und Österreichin die Reihe der europäischen Großmächte auf, die die Politik bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges bestimmten.

Als Österreich sich mit Rußland und Frankreich verbündete, um das durch die Preußen im 1. (1740-42) und 2. (1744/45Schlesischen Krieg eroberte Schlesien zurückzugewinnen, begann Friedrich II. von Preußen am 29.8.1756 mit Unterstützung von Großbritannien-Hannover einen Präventivkrieg, schlug am 17.10. bei Pirna das Heer Kursachsens und besetzte das Gebiet. Daraufhin beschloß der Regensburger Reichstag im daunbdFrühjahr 1757 die Reichsexekution gegen Preußen; Schweden erklärte Preußen den Krieg. Im Frühjahr 1757 marschierten preußische Truppen in Böhmen ein und besiegten die Österreicher bei Prag (6.5.). Als Friedrich am 18.6. bei derSchlacht bei Kolin (heute Tschechien) dem österreichischen Feldmarschall Leopold Josef von Daun unterlag, mußte er sich jedoch wieder aus Böhmen zurückziehen. Am 8.9.1757 wurde Preußens Verbündeter, der britische Befehlshaber in Hannover, Wilhelm August Herzog von Cumberland, durch die Konvention von Kloster Zeven (8.9.1757) zur Neutralität und Auflösung seiner Truppen gezwungen, nachdem die Franzosen ihn zuvor bei Halstenbeck am 26.7. geschlagen hatten.

Nun rückten russische Truppen in Ostpreußen und schwedische in die Uckermark ein. Friedrich gelang es jedoch, die mit einem französischen Korps herbeieilende Reichsarmee am 5.11.1757 bei Roßbach und am 5.12. die Österreicher, die Schlesien besetzt hielten und doppelte Mannschaftszahlen aufwiesen, bei Leuthen mittels der aus der Antike übernommenen ”Schiefen Schlachtordnung”, bei der eine vom Thebanischen Feldherren Epameinondas im 4. vorchristlichen Jahrhundert entwickelte Taktik der eine Flügel des Heeres- massiv verstärkt - auf Kosten des anderen nach vorne geht, damit einen Einbruch in die gegnerische Front erzwingt und diese dann durch Einschwenken nach innen von der Flanke her aufgerollt, zubesiegen. Im Juni 1758 gelang es, die Franzosen bei Krefeld über den Rhein zurückzudrängen, und Friedrich schlug die Russen am 26.8.1758 bei Zorndorf. Diese zogen ihre Truppen daraufhin aus der Neumark und Pommern zurück. Trotz der Niederlage Preußens in der Schlacht bei Hochkirch am 14.10., zwang Friedrich den österreichischen Feldmarschall von Daun, Sachsen zu verlassen.

Am 12.8.1759 erlitten die Preußen auf dem mäßig hügeligen Gelände bei Kunersdorf (heute Kunowice, Polen) gegen die vereinigten österreichisch-russischen Truppen ihre schwerste Niederlage; mehr als 35.000 Soldaten ließen dort ihr Leben, unter den Gefallenen auch der Dichter Ewald Christian von Kleist; Friedrich selber entkam die Tode nur knapp durch dem Umstand, daß eine in der Brusttasche aufbewahrte Tabakdose die ansonsten tödliche Kugel abfing. Zuvor war ihm bereits zweimal das Pferd unter dem Leib weggeschossen worden.

Friedrich konnte sich zwar durch seinen Sieg bei Liegnitz (15.8.1760) über die Österreicher aus der drohenden Umklammerung retten, als jedoch die englischen Hilfsgelder ausblieben, schien seine Lage aussichtslos, obwohl er noch einen begrenzten Erfolg am 3.11. bei Torgau an der Elbe verzeichnen konnte. Friedrich glaubte, Fortuna habe sich von ihm abgewendet, und er war so niedergeschlagen und ohne Hoffnung, daß er mit dem Gedanken an Selbstmord spielte. Die Wende trat ein, als die russische Zarin Elisabeth am 5.1.1762 starb und ihr Nachfolger Peter III., der Gatte von Katharina der Großen, mit Friedrich II., den er bewunderte, am 5.5.1762 einen Separatfrieden schloß. Am 22.5. schloß auch Schweden Frieden mit Preußen. Friedrich gelang es jetzt durch die Siege über von Daun am 21.7.1762 bei Burkersdorf und am 16.8. bei Reichenbach Schlesien zurückzugewinnen. Friedrichs Bruder Heinrich besiegte die Österreicher und die Reichstruppen am 29.10.1762 bei Freiberg (Sachsen). Nach dem Vorfrieden von Fontainebleau (3.11.1762) wurde am 15.2.1762 auf Schloß Hubertusburg bei Oschatz unter der Maßgabe der des unveränderten Gebietsstands von 1756 Frieden zwischen Preußen, Österreich und Sachsen geschlossen.

Friedrich II. vor der Schlacht bei Torgau, rechts General Hans Joachim von Zieten (pinxit Bernhard Rode, 1791)

Der Konflikt betraf auch die Briten und Franzosen in ihren Überseegebieten. In Nordamerika mußten die Franzosen nach der Schlacht von Quebec im September 1759 und der Kapitulation Montreals (1760) Kanada den Briten überlassen. Diese vereinnahmten nach dem Kriegseintritt Spaniens im Juni 1762 Kuba, im Juni 1762 die Philippinen und die französischen Besitzungen in der Karibik. In Afrika wurde ihnen der Senegal abgenommen, Indien kam an England. Im Vorfrieden von Fontainebleau trat Frankreich Louisiana östlich des Mississippi an Spanien ab; im Pariser Frieden (10.2.1763) gingen die meisten der Besitzungen in Nordamerika und Indien verloren.

Deutscher Krieg

Der 1866 zwischen Preußen und Österreich geführte Krieg, der, aus dem alten preußisch-österreichischer Dualismus resultierend, nach dem Sieg über die Dänen ausbrach. Der kriegerische Konflikt wurde nach nur einwöchiger Dauer durch den entscheidenden preußischen Sieg von Königgrätz am 3.7.1866, den Vorfrieden von Nikolsburg und dem endgültigen Friedensschluß von Prag beendet. Frankreich unterNapoléon III. hatte mit Österreich für den Fall eines österreichischen Sieges ein Geheimabkommen getroffen, demzufolge Gebietsabtretungen erfolgen sollten. Dieser Plan Frankreichs wurde durch den überraschend schnellen Sieg durchkreuzt und förderte wegen der Enttäuschung auf französischer Seite sozusagen den preußisch-französischen Gegensatz. In der Folge dieses Friedensschlusses verzichtete Österreich auf ein Mitsprache an der Neugestaltung Deutschlands und der Deutsche Bund war aufgelöst.

Schlacht bei Königgrätz 

Den Verlauf der Schlacht beobachten Wilhelm, König von Preußen (Miite), Bismarck (mit hellem Helm), Helmuth von Moltke (hinter Bismark) ., (pinxit Georg Bleibtreu, Ausschnitt)

Märzrevolution

Bürgerliche, durch die Februarrevolution in Paris beeinflußte und durch soziale und wirtschaftliche Mißstände in deutschen Ländern mit dem Ziel der Herstellung der deutschen Einheit und der Einführung einer liberalen Verfassung. ausgelöste Revolution von 1848. In Preußen hatteFriedrich Wilhelm IV. zunächst unter dem Druck der Ereignisse Zugeständnisse gemacht; so willigte er ein, den Landtag zum 2. April zusammenzurufen. Pressefreiheit zu gewähren, Zollschranken, die eingeführte Waren verteuerten, zu beseitigen und den Deutschen Bund zu reformieren. Am 18. März. Als sich der König am selben Tagen um 13h30 auf dem Balkon zeigte und sprach zum Volk, das ihn jedoch wegen des Lärms auf dem Platz nicht hören konnte. Nachdem immer mehr Menschen auf den Platz vor dem Stadtschloß drängten, erteilte der Kommandeur aller Truppen in Berlin, General Karl Ludwig von Prittwitz die Order, den Platz zu räumen, ließ durch die Dragoner “Platz machen”. Als um 14h30 zwei Schüsse fielen, kippte die Stimmung bei Volk, das “Verrat! Man schießt auf uns!” rief. Daraufhin kam es in Berlin zum Barrikadenaufstand und zu Straßenkämpfen der Revolutionäre gegen die regulären preußischen Truppen, bei denen sich die Aufständischen vorerst durchsetzen konnten. Am 19. März wurden die Truppen auf Befehl des Königs aus Berlin abgezogen. Fazit der Kämpfe: Unter den Aufständischen gab es 277 Tote zu beklagen, über 600 waren verwundet, auf der Seite des Militärs gab es etwa 60 Mann an Verlusten. Am 19. März sah sich der König gezwungen, vom Balkon des Stadtschlosses aus, den Märztoten die letzte Ehre zu erweisen. Durch Demutsgesten rettete Friedrich Wilhelm IV. seinen Thron. Die Schuld für die Verluste in den vergangenen Märztagen wurde sowieso nicht so sehr dem König zugerechnet, als vielmehr seinem jüngeren Bruder Wilhelm, dem späteren Kaiser Wilhelm I., der deshalb auch “Kartätschenprinz” genannt wurde.

Jubelnde Revolutionäre nach Barrikadenkämpfen am 18./19.? März 1848 in der Breiten Straße in Berlin.

Am 21. März begab sich der König hoch zu Roß unter das Volk auf der Prachtspraße “’Unter den Linden” und sprach zu den Studenten. Diesen Ausritt hatte er vorher angekündigt. Letztlich änderte sich an der Situation während seiner Herrschaft so gut wie gar nichts.

Auch im Vielvölkerstaat Österreich kam es zu Unruhen, denen Lebensmittelknappheit vorausgegangen war. In Wien kam es am 13. März 1848 mit dem Sturm auf das Ständehaus undmaerzrevolution_ferdinand_doku Anschlägen von Sozialrevolutionären gegen Läden und Fabriken in den Vorstädten zum Ausbruch der Revolution. Der Versuch, eine Petition an Kaiser Ferdinand zu überbringen, entwickelte sich zu einem regelrechten Demonstrationszug, so daß Erzherzog Albrecht den Befehl zum Feuern gab und es zu den ersten Todesopfern kam. Am Abend des 13. März rat der Staatskanzler Fürst Metternich zurück und floh nach England. Am 14. März machte Kaiser Ferdinand I. erste Zugeständnisse: Er billigte die Errichtung einer Nationalgarde und hob die Zensur auf. Am folgenden Tag präzisierte er dies dahingehend, daß er ”vollkommene Preßfreiheit gewährt“ habe und versprach zugleich den Erlass einer Verfassung.

                                 Verfassungsversprechen Ferdinands I. vom 15. März 1848 zoom

Dennoch kam es zu weiteren schweren bürgerkriegsähnlichen Unruhen, der sog. Mairevolution, in deren Verlauf Kaiser Ferdinand I. am 17.5. nach Innsbruck floh, von wo er die Gegenrevolution einleitete. Am 23. Oktober wurde Wien von konterrevolutionären Truppen aus Kroatien unter Joseph Graf Jellačić von Bužim und aus dem böhmischen Prag unter Feldmarschall Alfred Fürst zu Windischgrätz eingeschlossen. Trotz des heftigen, aber aussichtslosen Widerstands der Wiener Bevölkerung, wurde die Stadt nach einer Woche von den kaiserlichen Truppen wieder eingenommen. Um die 2000 Aufständische waren gefallen. Weitere Anführer der Wiener Oktoberrevolution wurden zum Tode oder zu langen Haftstrafen verurteilt. Unter den standrechtlich erschossenen Opfern war neben anderen auch der populäre linksliberal-republikanische Abgeordnete der Frankfurter Nationalversammlung Robert Blum.

 

Frankfurter Nationalversammlung

Erstes gesamtdeutsches verfassunggebendes Parlament, das 1848/49 in der Paulskirche zu Frankfurt am Main tagte (deshalb auch Paulskirchenparlament genannt), nach der Märzrevolution 1848 hervorgegangen aus freien Wahlen. Am 12.3.1848 wurde durch einen ”Siebenerausschuß” zum 31.3. ein Vorparlament nach Frankfurt am Main eingeladen, das sich am 3.4. auf unter Einberufung eines ”Fünfzigerausschußes”, der die Wahl einer Nationalversammlung beschloß (Gesetz vom 7.4.1848), auflöste. Die am 18.5.1848 gebildete Frankfurter Nationalversammlung (Deutsche Nationalversammlung) wollte eine gesamtdeutsche Verfassung entwerfen und einen deutschen frankfurt_nationalversammlung_1848Nationalstaat schaffen, der die preußischen und österreichischen Sonderinteressen bei Erhaltung der staatlichen Vielfalt Deutschlands aufheben sollte. Am 28./29.6.1848 schuf die Frankfurter Nationalversammlung mit der Wahl des Reichsverwesers Erzherzog Johann von Österreich eine provisorische Regierung, der jedoch eine wirksame Exekutivgewalt fehlte. In der Septemberrevolution ließ die gemäßigt-liberale Mehrheit der Frankfurter Nationalversammlung einen Aufstand der radikalen Linken durch preußische und österreichische Truppen niederschlagen (18.9.1848) und verhalf so den alten Ordnungsmächten zum entscheidenden Erfolg. Während es der Frankfurter Nationalversammlung gelang, sich auf ein umfassendes ”Gesetz über die Grundrechte des deutschen Volkes” zu einigen (20./21.12.1848, Inkraftsetzung am 27.12.1848), standen sich in der Debatte um die deutsche Frage die Kleindeutschen (Erbkaiserliche, v.a. Heinrich von Gagern), die den Ausschluß Österreichs befürworteten, und die in sich uneinheitliche Gruppe der Großdeutschen gegenüber. Am 28.3.1849 wurde schließlich der preußische König Friedrich Wilhelm IV. zum Kaiser eines kleindeutschen Reiches gewählt (290 Stimmen bei 248 Enthaltungen). Mit seiner Weigerung, die Erbkaiserkrone anzunehmen (3.4.; endgültig 28.4.), war die Frankfurter Nationalversammlung gescheitert. Die liberal geprägte Reichsverfassung vom 28.3. 1849 wurde nur von 28 kleineren Staaten, aber u.a. nicht von Preußen und Österreich anerkannt. Die Maiaufstände zur Durchsetzung der Verfassung in Sachsen (Dresdner Maiaufstand), Baden und der Rheinpfalz wurden niedergeschlagen (23.7. Kapitulation in Rastatt). Das Rumpfparlament aus etwa 100 Radikalen verlegte mit Beschluß vom 30.5.1849 seinen Sitz nach Stuttgart (Eröffnung 6.6.; Absetzung des Reichsverwesers am 16.6.). Es wurde am 18.6.1849 von württembergischen Truppen aufgelöst.

Nobelpreis

Die alljährlich am Todestag des Stifters (10.12.1896), Alfred Nobel, durch die Zinserträge aus der Nobelstiftung finanzierte und durch die nobelplaketteKöniglich Schwedischen Akademien verliehene und den schwedischen König in Stockholm überreichte internationale Auszeichnung für hervorragende Leistungen auf den Gebieten der Physik, Chemie, Physiologie oder Medizin und Literatur sowie für Verdienste zur Erhaltung des Friedens. Der Fonds des 1969 von der Schwedischen Reichsbank anläßlich ihres 300-jährigen Bestehens gestifteten Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften (Preis für Ökonomische Wissenschaft in Erinnerung an Alfred Nobel) ist von dem der Nobelstiftung getrennt.

 

 

 

Deutsch-Französischer Krieg 1870/71

Verursacht durch die gegnerische Haltung Frankreichs unter Napoléon III. zu Bismarcks Politik der nationalen Einigung und Einengung der französischen Machtstellung in Europa nach dem preußischen Sieg im Deutschen Krieg 1866. Den äußeren Anlaß gab der Streit um die Berufung des Erbprinzen von Hohenzollern-Sigmaringen auf den spanischen Thron (Emser Depesche). Am 19.7.1870 erklärte Frankreich den Krieg. Ein französisch-österreichisches Bündnis kam nicht mehr zustande. Die süddeutschen Staaten traten wegen Bündnisverpflichtungen sofort an die Seite Preußens. Das deutsche Heer war dem Gegner v.a. durch seine Führung unter Helmuth Graf von Moltke weit überlegen (Siege der deutschen Armeen bei Weißenburg am 4.8., Wörth und Spichern am 6.8. sowie bei Colombey/Nouilly, Vionville/Mars-la-Tour und Gravelotte/Saint-Privat vom 14. bis 18.8.). Der deutsche Sieg von Sedan (2.9.; Gefangennahme Napoléons III.) bedeutete das Ende des französischen Kaiserreiches. Gegen die nach Ausrufung der Französischen Republik (4.9.) aufgebotenen Massenheere fiel die militärische Entscheidung erst im Januar 1871 vor Paris. In Paris erhob sich zwischen März und Mai 1871 die Kommune. Am 26.2. wurde der Vorfriede von Versailles und am 10.5.1871 der Frankfurter Friede im Hotel zum Schwan geschlossen. Frankreich trat Elsass-Lothringen ab und mußte eine Kriegsentschädigung von 5 Mrd. Franken leisten. Die Gründung des Deutschen Reiches unter preußischer Führung (Kaiserproklamation Wilhelms I. am 18.1.1871 in Versailles) war eine unmittelbare Folge des Deutsch-Französischen Krieges.

Romantik

Die geistes- und stilgeschichtliche Epoche, die zwischen den Revolutionsjahren 1789 und 1848 das geistige Leben in Europa (und später den USA) maßgeblich bestimmte. Gemeinsame Grundlage romantischer Weltsicht stellten die Erfahrungen komplexer Veränderungen des sozialen und kulturellen Gefüges dar, deren sichtbarste die Französische Revolution war. Als die Romantiker erkannten, daß sich die lange fuessli_bildherbeigesehnten und dann gefeierten Freiheitsideale im Laufe der auf die Revolution folgenden Jahre von den gesellschaftlichen Realitäten abgelöst wurden, wandte sie sich mehr und mehr der inneren Welt und dem Irrationalen zu. Sie durchforschten Mythen und Sagen und verklärten das Mittelalter, in welchem die menschliche Gesellschaft noch nicht auseinandergebrochen war. Die Aufklärung wird als gescheitert betrachtet. Familie und Freundschaft werden zum Mittelpunkt; auch Kunst und Literatur wenden sich dem Leben zu. Novalis schreibt: “Indem ich dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehen, dem Bekannten die Würde des Unbekannten gebe, so romantisiere ich es.”

 

 

Nachtmahr (pinxit Johann Heinrich Füssli, 1802)

 

 

 

 

Pax Romana

Die durch Rechtsnormen und ethisches Grundrecht gesicherte Friedensordnung des Römischen Reiches besonders im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. (daher auch Pax Augusta - Kaiserfrieden - genannt).

Jugendstil

Deutsche Bezeichnung einer internationalen Stilrichtung von etwa 1890 bis 1914, die in Frankreich und Belgien Art nouveau, in England Modern Style, in Österreich Sezessionsstil genannt wird. Der Jugendstil, benannt nach der Münchner Zeitschrift Jugend (1896-1940), ist als Bewegung gegen die historisierenden Stile des 19. Jahrhunderts entstanden. Er suchte nach neuen Formen, die alle Bereiche der Kunst und des Lebens durchdringen sollten. Die Grenzen zwischen den Künsten wurden aufgehoben. Die Form eines Gegenstandes wurde aus den Gegebenheiten seines Materials und seiner Funktion entwickelt. Materialgerechtigkeit wurde zur Forderung. Zu den Formbesonderheiten zählen Flächenhaftigkeit und Betonung der Linie als dynamisch bewegtes Ausdrucksmittel, der sich eine vegetative Ornamentik unterordnet.

Art Déco

von der 1925 in Paris stattgefundenen Ausstellung für Kunstgewerbe (franz. arts décoratifs) abgeleitete Stilbezeichnung für Kunsthandwerk und Malerei zwischen 1920 und 1930. Art déco ging vom späten Jugendstil aus, hatte eine üppig ornamentale, gelegentlich exotische Richtung und war vom Kubismus und Futurismus beeinflußt.

Kubismus

lat. cubus (Würfel); Richtung der modernen Kunst seit 1907, die neue Darstellungsformen besonders in der Malerei, aber auch in der Bildhauerei entwickelte, und sich der Abstraktion näherten. Großen Anteil an der Entwicklung des Kubismus in der Malerei hattenGeorges Braque und der Pablo Picasso. Der Maler Paul Cézanne faßte die Grundsätze zusammen:”Alle Formen in der Natur lassen sich auf Kugel, Kegel und Zylinder zurückführen.” Neben diesen beiden sind auch Künstler wie Albert Gleizes, Fernand Léger, Francis Picabia, Marcel Duchamp, Roger de La Fresnaye und Juan Gris bedeutende Maler des Kubismus gewesen .Zu den herausragenden Bildhauern, die sich die kubistischen Prinzipien der Malerei zu Eigen machten, gehörten neben Picasso Raymond Duchamp-Villon sowie Jacques Lipchitz und Alexander Archipenko. Maurice de Vlaminck, Stuart Davis und Lyonel Feininger waren Künstler, die unter dem Einfluß der kubistischen Formenlehre arbeiteten. Robert Delaunay entwickelte den Kubismus zu einer eigenen Stilrichtung weiter, dem von Guillaume Apollinaire sogenannten Orphismus. Er gehörte zu den ersten Künstlern, die gegenstandslos-abstrakte Bilder schufen.

Seinen Höhepunkt erreichte der Kubismus um 1914.

Klassizismus

Stilbegriff zur Bezeichnung von wiederkehrenden Kunstströmungen, die sich bewußt auf antike, meist griechische Vorbilder berufen. In der Architektur lassen sich klassizistische Richtungen seit dem 16. Jahrhundert in Frankreich (Classicisme), England und den Niederlanden (Palladianismus) nachweisen, die um 1770 zum vorherrschenden Stil in der europäischen und amerikanischen Kunst wurden. Klassizistische Tendenzen, die sich oft nur schwer vom Historismus abgrenzen lassen und meist als Neoklassizismus bezeichnet werden, finden sich um 1870, im 1. Viertel des 20. Jahrhunderts und wieder in der postmodernen Architektur seit 1970.

Klassizismus im Besonderen ist die Stilepoche zwischen 1750 und 1830, der die Stile Biedermeier, Directoire, Empire und Louis-seize untergeordnet sind. Die eingehende wissenschaftliche Erforschung der antiken Kunst und Architektur bildete die Grundlage für die Rezeption antiker Vorbilder in allen Bereichen der Kunst. Anstöße gaben u.a. die frühen Ausgrabungen von Herculaneum und Pompeji und die Schriften J. J. Winckelmanns.

Auf die klassische Antike bezogener Stil und Wertbegriff für Dichtung, die sich antiker Stilformen und Stoffe bedient.

Stilbegriff zur Bezeichnung von wiederkehrenden Kunstströmungen, die sich bewußt auf antike, meist griechische Vorbilder (Tempelbauten, Statuen, Mobiliar etc.) berufen.

Dreißigjähriger Krieg

Der europäische Religions- und Staatenkonflikt, der aus dem konfessionellen Gegensatz im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation und dem Gegensatz zwischen Habsburgermonarchie und Ständen entstand und auf deutschem Boden 1618 bis 1648 ausgetragen wurde. Im Reich standen sich zunächst die schon 1608/09 gegründeten konfessionellen Bündnisse (protestantische Union, katholische Liga) unter Führung von der Kurpfalz beziehungsweise Bayern gegenüber; Vermittlungsversuche des auf Ausgleich bedachten Kaisers Matthias I. scheiterten; es kam zum protestantischen Aufstand in Böhmen. Die Auseinandersetzungen lassen sich in mehrere Phasen aufgliedern:

Der Böhmische Aufstand (ausgelöst durch den Prager Fenstersturz am 23. Mai 1618, bei dem mit Jaroslaw Graf von Martinitz und Wilhelm Graf von Slawata zwei der Statthalter des Königs von Böhmen aus den Fenstern der Prager Burg auf einen Misthaufen gestürzt wurden und überleben) weitete sich durch die Absetzung Ferdinands II. als König von Böhmen durch die böhmischen Stände (1619) und die Wahlannahme des pfälzischen Kurfürsten Friedrich V. (gen. prager fenstersturz_bildWinterkönig) zum Reichskonflikt aus. Ferdinand warf Böhmen mit Unterstützung Spaniens und der katholischen Liga unter Führung seines streng gläubigen Schwagers, Herzog und Kurfürst Maximilians I. von Bayern, Gegner Albrecht von Wallensteins, in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag am 8.11.1620 nieder; Feldherr Johann Tserclaes von Tilly eroberte die Pfalz und besiegte die Protestanten bei Wimpfen am 6.5.1622, bei Höchst am 20.6.1622 und bei Stadtlohn am 6.8.1623. Bayern erhielt 1623 die pfälzische Kurwürde. Böhmen wurde gewaltsam rekatholisiert.

Ort des Geschehens vom 23.5.1618

 

 

prager fenstersurz 1618_bild

Von England und den Niederlanden unterstützt, griff der dänische König Christian IV., Herzog von Holstein, 1625 ein, um sich in Norddeutschland eine Machtbasis für den Kampf mit Schweden um die Ostseeherrschaft zu schaffen, mußte sich aber nach seiner Niederlage am 27.8.1626 in der Schlacht bei Lutter am Barenberge gegen das Heer der Liga unter Tilly und der Besetzung Jütlands im am 12.5.1629 geschlossenen Lübecker Frieden zur Neutralität verpflichten. Mit einem eigenen kaiserlichen Heer schlug Albrecht von Wallenstein den protestantischen Söldnerführer Graf Ernst II. von Mansfeld an der Dessauer Brücke (25.4.1626), besetzte den Ostseeraum von Pommern bis Jütland und belagerte vergeblich Stralsund (1628). Mit dem Restitutionsedikt vom 6.3.1629 schien sich endgültig eine Kräfteverschiebung zugunsten des Katholizismus anzubahnen. Doch die gleichzeitigen zentralistischen Bestrebungen des Kaisers forderten auch den Widerstand der katholischen Fürsten heraus, die mit französischer Unterstützung auf dem Regensburger Kurfürstentag 1630 die Entlassung Wallensteins durchsetzten.

Beunruhigt durch die kaiserliche Machtstellung an der Ostsee, griff Gustav II. Adolf von Schweden in den Krieg mit der Landung in Pommern auf der Insel Usedom am 4.7.1630 ein. Sein Vorstoß nach Süden (Sieg über Tilly bei Breitenfeld, 17.9.1631; bei Rain am Lech, 15.4.1632) veranlaßte den Kaiser zu Wallensteins erneuter Berufung; in der Schlacht bei Lützen (16.11.1632) fiel der Schwedenkönig. Sein Kanzler Graf Axel Oxenstierna faßte durch den Heilbronner Bund (23.4.1633) die süd- und westdeutschen protestantischen Fürsten auch weiterhin unter schwedischer Führung zusammen. Wegen seiner eigenmächtigen Verhandlungen mit den Schweden wurde Wallenstein geächtet, abgesetzt und am 25.2.1634 in Eger im kaiserlichen Auftrag ermordet. Die Niederlage der Schweden und des Heilbronner Bundes unter Bernhard von Sachsen-Weimar bei Nördlingen (6.9.1634) führte zum Frieden von Prag (30.5.1635), der neben der Einigung zwischen protestantischen Ständen und Kaiser auch die Säuberung des Reiches von fremden Truppen vereinbarte.

Während dieser Phase des Krieges wurde Magdeburg, das 1524 die Reformation eingeführt hatte, von kaiserlichen Truppen belagert und am 20.5.1631 erobert, geplündert und völlig niedergebrannt. Rund 20.000 Magdeburger Bürger starben in dem größten und schlimmsten, “Magdeburger Hochzeit“ genannten Massaker während des Dreißigjährigen Krieges, über das ganz Europa entsetzt war.

Belagerung von Magdeburg (fecit Matthäus Merian d. Ältere)

 

 

 

Schwedisch-Französischer Krieg (1635-48)

Frankreich, schon seit 1631 der Geldgeber Schwedens, griff nun in den Kampf ein, um der Übermacht des Hauses Habsburg zu begegnen. In Richelieus Auftrag stellte Bernhard ein Heer auf. Doch keiner Seite gelang es, den Krieg militärisch zu entscheiden; Siegen der Franzosen unter Bernhard am Oberrhein (Eroberung Breisachs, 17.12.1638) und der Schweden unter J. Banér (bei Wittstock, 4.10.1636; Vorstoß bis Prag, 1638, und Regensburg, 1641) und L. Torstenson (bei Breitenfeld, 2.11.1642, und Jankau in Mähren, 6.3.1645) standen Siege der Bayern unter F. von Mercy und J. von Werth über die Franzosen (u.a. bei Tuttlingen, 24.11.1643) gegenüber. Der Krieg verlagerte sich nach Süddeutschland. Die westfaelisch_klallgemeine Erschöpfung führte nach zahlreichen, ab 1644 vergeblichen geführten Verhandlungen am 24.10.1648 zum Westfälischen Frieden, der zum Vorbild für spätere Friedenskonferenzen wurde. Zugleich markiert das Vertragswerk den Beginn einer europäischen Friedensordnung gleichberechtigter Staaten und bedeutet einen entscheidenden Beitrag zum friedlichen Miteinander der Konfessionen. Letztlich führte er zur Herausbildung des modernen Völkerrechts.

Plakat aus dem Jahre 1648, das Ende des Krieges verkündend

 

Der auf allen Seiten mit großer Rücksichtslosigkeit geführte Krieg zog schätzungsweise einen 30-40%igen Bevölkerungsverlust nach sich, wobei die Verluste unter der Landbevölkerung größer waren, als die unter den in den Städten lebenden Menschen. Dies führte zu einschneidenden territorialen Einbußen und ökonomischen Rückschlägen für das Reich, dessen Territorien die Hauptkriegsschauplätze waren. Große Landstriche des Kontinent waren durch die Kämpfe oder marodierende Landsknechte verwüstet, Handel und Wirtschaft lagen am Boden. Hunger war täglicher Begleiter der geschundenen Bevölkerung, denen oftmals nicht blieb, als das nackte Leben Die .Überlebende waren traumatisiert, verroht, oft unfähig ein geregeltes Leben wieder aufzunehmen. Nie zuvor auch wurden die Grausamkeiten so umfangreich in Stichen und Gemälden dokumentiert. Die Bilder wurde auch zum Kampf um die Seelen eingesetzt, schon vor Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen, wie z.B. in Adriaen van de Vennes Gemälde Seelenfischer von 1614.

Der Galgenbaum (pinxit Jacques Callot,1632)

Magdeburger Hochzeit

Allegorisch: Erzwungene Vermählung zwischen dem Kaiser und der Jungfrau Magdeburg.

Magdeburg, das nach Annahme der Reformation im Jahre 1524 von Prinzen aus den Häusern von Brandenburg und Sachsen verwaltet wurde und 1531 dem Schmalkaldischen Bund beigetreten war, wurde im Zuge des Dreißigjährigen Krieges ab März 1631 von ca. 28.000 kaiserlichen Soldaten der katholischen Liga unter den Führung von Johann t’Serclaes von Tilly und Gottfried Heinrich zu Pappenheim belagert. In der Hoffnung auf Entsatz durch die angekündigten schwedischen Truppen unter KönigGustav II. Adolf kam der Magdeburger Rat der Aufforderung Tillys, sich zu ergeben, nicht nach (tatsächlich wagten die Schweden den Vorstoß auf Magdeburg mit unterlegnen Kräften nicht). Daraufhin wurde die Stadt am Morgen des 20. Mai sturmreif geschossen und im Verlauf des Tages eingenommen. Da die Bürger der Stadt für vogelfrei erklärt worden waren, kam es zu unglaublichen Exzessen,die sich über Tage hinwweg fortsetzten, zu Vergewaltigungen, Raub und Mord, auch an Kindern und der Zivilbevölkerung, obwohl solche Handlungen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation unter Todesstrafe gestellt waren. Außerdem wurde die Stadt in Brand gesetzt. Est an 24. Mai wurden die Kriegshandlungen auf Befehl Tillys eingestellt. Zwischen 2.000 und 4.000 Menschen fanden Zuflucht im Magdeburger Dom. Insgesamt kamen etwa 20.000 Zivilisten ums Leben, was ungefähr zwei Dritteln der damaligen Einwohner entsprach Die Magdeburger Hochzeit gilt als das schlimmste Massaker des Dreißigjährigen Krieges. Der Begriff des “Magdeburgisieren“ wurde zum Synonym für völlige Zerstörung und Auslöschung.

Spanischer Erbfolgekrieg (1701-1713/14)

Hintergrund des Spanischen Erbfolgekrieges war der Kampf um die hegemoniale Rolle Frankreichs in Europa. Der vom letzten spanischen Habsburger, Karl II., testamentarisch bestimmter Nachfolger war Philipp V., der die spanische Linie der Bourbonen begründete. Gegen die drohende Hegemonie der Bourbonen auf dem Kontinent und eine Vereinigung der französisch-spanischen Kolonialreiche bildete Österreich die Große (Haager) Allianz mit Großbritannien, den Generalstaaten, Portugal sowie den wichtigsten Territorien des Heiligen Römischen Reiches zum Kampf gegen Frankreich (verbündet mit Bayern und Köln). Hauptkriegsschauplätze waren Spanien, Oberitalien, Süddeutschland und die spanischen Niederlande. Die bedeutendsten Siege errangen die Alliierten unter Prinz Eugen und Herzog von Marlborough bei Höchstädt an der Donau, 13.8.1704; Ramillies-Offus, 23.5.1706, Turin 7.9.1706, Malplaquet 11.9.1709. Philipp V. konnte sich zwar behaupten, in den Friedensschlüssen von Utrecht (11.4.1713), Rastatt (6.3.1714) und Baden (7.9.1714) verlor Spanien aber seine Besitzungen in Italien und den südlichen Niederlanden an Österreich; ein erheblicher Teil der französischen Kolonien in Nordamerika, Gibraltar und Menorca, Balearen, wurden britisch. Diese Veränderungen erfolgten ganz im Sinne der von England vertretenen Idee eines europäischen Gleichgewichts, der sog. Balance of Power, und sicherten dessen wirtschaftlichen Interessen vor allem seiner Seemachtstellung.

Aufklärung

Der Begriff faßt verschiedene geistige und kulturelle Strömungen zusammen; allen gemeinsam war die Kritik am absoluten Wahrheitsanspruch der Offenbarungsreligion und an der absoluten Monarchie. An den Humanismus anknüpfend, brachte in der Philosophie zuerst der Rationalismus neue Denkansätze hervor (in den Niederlanden: Baruch de Spinoza, in Frankreich: René Descartes, in Deutschland: Gottfried Wilhelm Leibniz, Christian Wolff). Dessen Theorie von den angeborenen Ideen setzte der Empirismus (in England: John Locke, David Hume, G. Berkeley) die Abhängigkeit allen Wissens von der sinnlichen Erfahrung entgegen. Zwischen beiden Richtungen vermittelte Ende des 18. Jahrhunderts Immanuel Kant. Der Erkenntnisfortschritt der Naturwissenschaften (besonders durch Isaac Newton) bewirkte die Ausarbeitung eines deistischen (z.B. bei Voltaire), später auch eines materialistisch-atheistischen Weltbildes (u.a. bei Denis Diderot, J.O. de La Mettrie, P. H. d'Holbach). Staats- und Rechtslehre erhielten neue Grundlagen: An die Stelle göttlicher Legitimation des Monarchen trat der auf das Naturrecht gegründete Gesellschaftsvertrag (J.-J. Rousseau, Vertragslehre). Gegenüber dem Machtanspruch des Staates seien die Menschenrechte unverzichtbar und gültig. Darum betonte auch die Verfassungslehre besonders die Rechte des Einzelnen und die sich aus ihnen ergebenden Grenzen der Staatsgewalt sowie den Gedanken der Gewaltenteilung (Locke, Montesquieu). Das neue Gesellschaftsideal sollte durch Anleitung zum freiheitlichen, autonomen Vernunftgebrauch möglich werden. Auf dieser Grundlage werde die stete Vervollkommnung und Verwirklichung eines freiheitlichen, menschenwürdigen und glücklichen Daseins in einer neuen Gesellschaft möglich.

Kontinentalsperre

Nach dem Verlust der Flotte bei Trafalgar bemühte sich Napoléon um Stärkung der eigenen Wirtschaft, indem er vom besetzten Berlin aus die Blockade des europäischen Festlands 1806 gegen Großbritannien verhängte, wobei Großbritannien seinerseits ab 1807 Schiffen aus neutralen Ländern am Anlaufen französischer Häfen hinderte. Da die britischen Exporte überwiegend für die überseeischen Besitzungen und die Vereinigten Staaten bestimmt waren, war der Schaden für die Volkswirtschaft nicht so gravieren wie dies Napoléon erhofft hatte, die Friedensbereitschaft entsprechend gering. Auch waren die positiven Auswirkungen auf die kontinentale Wirtschaft allgemein geringer als erwartet. An den Mittelmeerküsten und in Ostdeutschland, wo die Getreideexporte nach Großbritannien vollständig entfielen, wurde die Wirtschaft allerdings schwer geschädigt. Da Napoléon die besetzten Länder zudem ausbeuten ließ, entstand eine antifranzösische Stimmung, die sich zunächst in der spanischen und österreichischen Erhebung von 1809 entlud und schließlich in die Befreiungskriege der europäischen Völker mündete. Napoleons Fehleinschätzung der Situation auf den britischen Inseln und der bereits seit 1810 bestehende Widerstand Rußlands gegen die Kontinentalsperre trugen schließlich zum Kriegsausbruch 1812 bei.

Die SPIEGEL-Affäre

Als am 10.10.1962 das politische Wochenmagazin SPIEGEL mit einem Bericht des Redakteurs Conrad Ahlers über das NATO-Manöver Fallex 62 unter dem Titel "Bedingt abwehrbereit" erschien, wurde seitens der Regierung in Gestalt des CSU-Politikers und Verteidigungsministers Franz Josef Strauß der Vorwurf des Landesverrats erhoben. Am 26.10. wurden die Redaktionsräume des Magazins von ca. 50 Polizeibeamten besetzt und durchsucht und Rudolf Augstein, sowie an seinem Urlaubsort in Spanien, Conrad Ahlers und die Chefredakteure verhaftet. Diese Aktion führte zu einer heftigen innenpolitischen Auseinandersetzung über die Pressefreiheit, zumal die Vermutung geäußert wurde, man wolle sich eines bei CDU und CSU gleichermaßen unliebsamen Presseorgans ein für alle Male entledigen. Bundeskanzler, Konrad Adenauer, sah sich den Vorwürfen der SPD-Opposition, gegen das Grundrecht der Pressefreiheit verstoßen zu haben, ausgesetzt und war schließlich gezwungen, Strauß, der lange jede Beteiligung an der Aktion bestritten hatte, bei der Neubildung der Regierung am 14.12.1962 nicht mehr zu berücksichtigen; zwei Staatssekretäre wurde ebenfalls demissioniert. Ganz im Gegensatz zur ursprünglichen Zielsetzung der Drahtzieher, ging SPIEGEL aus der Affäre gestärkt hervor; er hatte sich als eine der wichtigen demokratischen Institutionen erwiesen und galt fortan als Mittelpunkt des Aufklärungsjournalismus.

Investiturstreit

Konflikt zwischen Reformpapsttum und englischem, französischem und deutschem Königtum in der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts um die Einsetzung der Bischöfe und Äbte in ihre Ämter; er wurde zur grundsätzlichen Auseinandersetzung um das Verhältnis von weltlicher und geistlicher Gewalt. Die Päpste hatten sich zwar bereits zu Zeiten Karls des Großen das Rechts gesichert, die weströmischen Kaiser zu salben und zu krönen, aber deren Wahl und die Besetzung von Ämtern war das ausschließliche Vorrecht der weltlichen Herrscher. Besonders im Heiligen Römischen Reich hatten sich die Könige mit dem Reichskirchensystem ein Herrschafts- und Verwaltungsinstrument als Gegengewicht zu den Stammesgewalten geschaffen. In der kirchlichen Reformbewegung gewann eine Richtung die Führung, die jede Investitur durch Laien als Simonie ablehnte. Gregor VII. verbot die Laieninvestitur 1075 wohl nur dem deutschen König. Der nun ausbrechende offene Machtkampf zwischen Papsttum und deutschem Königtum (Heinrichs IV. Gang nach Canossa 1077) konnte durch einen Kompromiß beigelegt werden. Der König verzichtete auf die Investitur mit Ring und Stab, belehnte den Gewählten aber mit dem Kirchenbesitz. Diese Übereinkunft wurde 1104 vom französischen, 1107 vom englischen König akzeptiert und bildete auch die Grundlage des Wormser Konkordats (1122).

Wormser Konkordat

Der bei Worms nach zähen Verhandlungen am 22.9.1122 zwischen Heinrich V. und einer päpstliche Legation unter Führung des Kardinalbischofs Lambert von Ostia, des späteren Papstes Honorius II. (1124-30), im Namen Papst Kalixts II. zur Beilegung des 40 Jahre währenden Investionsstreites über zwei Pivilegien geschlossene Vertrag, in dem Heinrich zwar auf die Investitur mit den geistlichen Symbolen Ring und Stab verzichtete, aber seine und seines Stellvertreters Anwesenheit bei den Bischofs- und Abtswahlen und eine königliche Mitwirkung bei strittigen Wahlvorgängen erzwang. Dieser Friedensschluß löste den Kaiser ohne Bußleistung vom Kirchenbann.

Bis zur Kirchenreform des 11. Jahrhunderts hatten die ottonischen und salischen Könige die Bischöfe und Reichsäbte, die auch zu weltlichen Herrschaftsaufgaben herangezogen wurden, ernannt und durch die Investitur mit Ring und Stab in ihre Ämter eingesetzt. Diese für die Herrschaftspraxis des Königs entscheidende Befugnis, die besonders seit Otto I. notwendiger Bestandteil der Reichsverfassung war, wurde von Papst Gregor VII. grundsätzlich infrage gestellt; vielmehr sollte durch die Einführung eines allgemeinen Investiturverbots der Einfluß von Laien bei der Besetzung geistlicher Ämter gänzlich ausgeschaltet werden. Voraussetzung für den damals erzielten Kompromiss zwischen beiden Parteien war ein geistiger Klärungsprozess, der zur Scheidung der geistlichen und weltlichen Befugnisse der kirchlichen Amtsträger (Trennung von geistlichen Ämtern, den Spiritualia, und weltlichen Besitz- und Hoheitsrechten, den Temporalia) führte.

Formal besteht das Wormser Konkordat aus zwei damals ausgetauschten Urkunden, in denen Heinrich V. und Papst Kalixt II. jeweils der Gegenseite in knapper Form ihre Zugeständnisse verbrieften. Im kaiserlichen Privileg verzichtete Heinrich V. auf die Investitur mit den geistlichen Symbolen Ring und Stab und gestand kanonische Wahl und freie Weihe zu; ferner versprach er die Rückgabe des entfremdeten Kirchengutes sowie künftige Hilfeleistung für den Papst. Der Einfluß des Kaisers blieb aber erheblich. Im päpstlichen Gegenstück, dem Calixtinum, erlaubte der Papst die Anwesenheit des Kaisers bei Bischofs- und Abtswahlen und die Belehnung (Regalienleihe) der Erwählten mit dem Zepter, in Deutschland vor der Weihe, in Burgund und Italien danach; ferner sicherte er Heinrich eine begrenzte Einflußmöglichkeit bei strittigen Wahlen zu. Während der Kaiser sein Privileg für Gott, die heiligen Gottesapostel Petrus und Paulus und die heilige katholische Kirche ausstellte, ist in der Urkunde des Papstes nur Heinrich V. als Empfänger genannt, so daß die päpstlichen Konzessionen zeitlich möglicherweise nur auf Heinrichs Lebenszeit beschränkt sein sollten. Die Abmachungen von Worms wurden im März 1123 durch eine Lateransynode bestätigt.

Interregnum

[lat.: .Zwischenherrschaft] In Wahlmonarchien die Zeit von dem Tod, der Absetzung oder Abdankung eines Herrschers bis zur Wahl eines neuen; in der deutschen Geschichte die Zeit vom Tod Konrads IV. (1254) bis zur Wahl Rudolfs I. von Habsburg (1273), die für die politische und verfassungsmäßige Entwicklung des Heiligen Römischen Reiches von großer Bedeutung war: v.a. Ausbildung des Landesfürstentums (Landesherrschaft), Gründung von Städtebünden, die sich zu Wahrern des Landfriedens aufschwangen, Aufstieg der Ministerialen. Erst die Goldene Bulle (1356) sicherte mit der Bestimmung von Reichsverwesern die Kontinuität der Reichsverwaltung während eines Interregnums (bis 1806 gültig).

Kubakrise

Nachdem Fidel Castro 1959 den Diktator Batista vertrieben hatte, unterstütze ihn die Sowjetunion wegen der geostrategischen Lage Kubas unmittelbar vor der Südküste Floridas durch Handel- und Kapitalhilfeabkommen. Die USA reagierten zunächst mit einem partiellen Handelsembargo, ab Februar 1962 dann mit einem totalen Embargo. Nach dem gescheiterten Versuch einer Invasion der Insel in der Schweinebucht, die als ”vergiftetes Geschenk” auf Vorbereitungen Eisenhowers zurückging, durch Exilkubaner und mit Hilfe von verdeckter US-amerikanischer Luftunterstützung sowie US-amerikanischen Soldaten im April 1961 (nach der Invasion war ein Aufstand von Gegnern der Revolution erwartet worden, in den die USA mit Truppen hätten eingreifen sollen, um die Insel von Castro und seinem kommunistischen Regime zu befreien), begann Nikita Chruschtschow mit der Aufstellung sowjetischer Raketen auf Kuba, durch die die Metropolen der amerikanischen Ostküste unmittelbar bedroht werden konnten. Als im September 1962 US-Aufklärungsflugzeuge die sowjetischen Abschußrampen auf Kuba zweifelsfrei identifiziert hatten, forderte der US-amerikanische Präsident John F. Kennedy Chruschtschow am 22.10.1962 ultimativ den Abbau und Rücktransport der Raketen. Zwei Tage später errichteten die USA eine Seeblockade gegen Kuba. Am 28. 10. befahl Chruschtschow der auf Kuba zusteuernden sowjetischen Flotte abzudrehen und die Raketenstellungen zu demontieren. Im Gegenzug ließ Kennedy 1963 die in der Türkei stationierten und die Südsowjetunion bedrohenden amerikanischen Stellungen abbauen.

Pandekten

[griech.: πανδέκτης pandektes] alles enthaltend], die Sammlung des alten Juristenrechts im corpus iuris. Im neuzeitlichen Sprachgebrauch ist Pandektenrecht ein auf der Grundlage der Pandekten erwachsenes modernes Rechtssystem. Pandektiasten sind die auf dem römischen Recht fußenden deutschen Zivilrechtler des 19. Jahrhunderts. Vertreter v.a. Friedrich Karl von Savigny und Georg Friedrich Puchta (*1798, †1846).

Sturm und Drang

Diese schlagwortartige Bezeichnung für eine geistige Bewegung, besonders eine Literaturperiode in Deutschland von der Mitte der 60er Jahre bis Ende der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts, die auch als Geniezeit bezeichnet wird, geht auf den Titel eines Schauspiels des Dramatikers Friedrich Maximilian von Klinger zurück. Dieses Schauspiel, das ursprünglich Wirrwarr hieß, wurde auf Vorschlag des Schweizer Satirikers und Abenteurers Christoph Kaufmann (1753-1795), eines typischen Vertreters der Geniezeit, in Sturm und Drang umbenannt. Die Bezeichnung wurde schließlich auf die ganze damalige Bewegung übertragen. Der Ausgangspunkt dieser Bewegung war eine jugendliche Revolte, die besonders gegen die Einseitigkeiten der Aufklärung und die herrschende Gesellschaftsordnung mit ihren erstarrten Konventionen gerichtet war. Die Bezeichnung ”Sturm und Drang” wird heute auch übertragen gebraucht, dabei aber weniger zur Kennzeichnung einer ganzen Gruppe oder einer Bewegung verwendet, sondern eher zur Charakterisierung einer Entwicklungsphase eines jungen Menschen, in der Ungestüm und jugendlicher Überschwang vorherrschen, Rationalität und Abgeklärtheit noch fehlen und auch nicht erstrebenswert erscheinen.

Karlsbader Beschlüsse

Die Ermordung des Schriftstellers August von Kotzebue, der in seinem Literarischen Wochenblatt 1818/19 die liberale Studentenbewegung der Deutschen Burschenschaft verhöhnt hatte, durch den Burschenschaftler Karl Ludwig Sand am 23. März 1819 in Mannheim nahm Metternich zum Anlaß, nun energische Maßnahmen zu ergreifen, um mit der ganzen Macht der Staaten gegen die seit langem mit Mißtrauen beobachteten nationalen und liberalen Bestrebungen vorzugehen. Auf den von Metternich einberufenen Karlsbader Konferenzen vom 6. bis 31. August 1819, an denen neben Österreich und Preußen acht weitere deutsche Staaten teilnahmen, wurden Beschlüsse gefaßt, die am 20 .September 1819 von der Bundesversammlung einstimmig angenommen wurden.

Diese Beschlüsse enthielten das Verbot der Burschenschaft und die Einsetzung eines außerordentlichen landesherrlichen Bevollmächtigten, der an den Universitäten das Auftreten und Verhalten der Professoren und Studenten streng zu überwachen hatte. Alle Hochschullehrer, die durch Mißbrauch ihres rechtmäßigen Einflusses auf die Gemüter der Jugend, durch Verbreitung verderblicher, der öffentlichen Ordnung und Ruhe feindseliger oder die Grundlagen der bestehenden Staatseinrichtungen untergrabender Lehren ihre Unfähigkeit zur Verwaltung des ihnen anvertrauten wichtigen Amtes unverkennbar an den Tag gelegt haben, sollten rigoros aus ihren Ämtern entfernt und auch in keinem anderen Bundesstaat wieder angestellt werden. Ferner wurde in den Karlsbader Beschlüssen eine staatliche Vorzensur für alle Zeitungen, Zeitschriften und sonstige Druckschriften unter 20 Bogen im Druck eingeführt. Eine außerordentliche Zentral-Untersuchungskommission des Bundes wurde mit Sitz in Mainz eingerichtet, die die revolutionären Umtriebe und demagogischen Verbindungen zu untersuchen und zu verfolgen hatte. Durch eine Exekutionsordnung wurde dem Bund das Recht zuerkannt, gegebenenfalls gegen einen Mitgliedsstaat des Bundes eine Bundesexekution durchzuführen, wenn in diesem Staat revolutionäre Entwicklungen von den regionalen Behörden nicht unterbunden werden konnten. Die Karlsbader Beschlüsse führten bald, am stärksten in Preußen, zu den Demagogenverfolgungen.

Zeitrechnung

Der von Julius Caesar 45 v. Chr. eingeführte und nach ihm benannte Julianische Kalender fügte - wie später auch der gregorianische Kalender - in jedem vierten Jahr, aber ohne zusätzliche Einschränkungen, ein Schaltjahr ein. Da sich die Tagundnachtgleiche ständig verschoben hatte und bereits auf den 11. März vorgerückt war, war eine Reform des Kalenders notwendig geworden. 1582 wurde der Gregorianische Kalender von Papst Gregor XIII. eingeführt und ersetzte den bis dahin gültigen Julianischen Kalender. Die Tagundnachtgleiche im Frühling wurde nun auf den 21. März festgesetzt .Außerdem wurde beschlossen, daß auf den 4. Oktober 1582 unmittelbar der 15. Oktober 1582 folgen sollte. Dieser Datumssprung wurde in den einzelnen Ländern jeweils bei der Übernahme des gregorianischen Kalenders nachvollzogen, so im protestantischen Deutschland erst 1700, in Großbritannien 1752.

Peter der Große verfügte die Umstellung von der byzantinischen Zeitrechnung auf den Julianischen Kalender im Jahre 1699. Die Umstellung auf den Gregorianischen Kalender erfolgte in Rußland erst nach der Oktoberrevolution 1917. Lenin verfügte 1918 die Anpassung an den Kalender, nach dem man sich in Westeuropa richtete. Auf den 31. Januar 1918 ließ man dort den 14. Februar folgen. Die zeitliche Differenz zwischen dem Julianischen und dem Gregorianischen Kalender beträgt im 18. Jh. 11 Tage, im 19. Jh. 12 Tage und im 20. Jh. 13 Tage. Das Kirchenjahr der orthodoxen Kirche folgt weiterhin dem Julianischen Kalender.

Schlesischer Weberaufstand

Die bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in Deutschland einsetzende Industrialisierung drängte die unteren Schichten des Volkes für Jahrzehnte in einen Zustand völliger Abhängigkeit von Unternehmern und Fabrikherren ab, denen sie anfänglich hilflos ausgeliefert waren. Gesetzliche Bestimmungen gegen die Ausbeutung der Lohnarbeiter existierten nicht. Um ihre Lage zu verändern, blieb ihnen nur die Möglichkeit, sich zusammenzuschließen und sich zu wehren - obwohl Zusammenschlüsse von Arbeitern und Handwerkern verboten waren. Am 4. Juni 1844 kam es zu einem Aufstand von 3000 schlesischen Webern gegen ihre Arbeitgeber.

Die schlesischen Weber waren Heimarbeiter, die ihre Webstühle im Handbetrieb bedienten. Sie waren abhängig von ihren Arbeitgebern, die ihnen die Rohstoffe lieferten und dann die fertigen Waren abnahmen. Die Konkurrenz einheimischer und britischer Waren, die bereits industriell produziert wurden - die britische Textilindustrie profitierte von der Anwendung der Spinnmaschine und des mechanischen Webstuhls sowie von einem für sie günstigen Zolltarif - führte dazu, daß sich über Jahrzehnte hinweg die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung der schlesischen Weber immer mehr verschlechterten. Auch vermehrte Kinderarbeit und die Ausdehnung der täglichen Arbeitszeit konnten den Lohnverfall nicht ausgleichen. Die mit ihren Familien im Elend lebenden Weber taten sich zusammen und forderten höhere Löhne. Als diese abgelehnt wurden, drangen sie in die Häuser der Fabrikherren ein, zerstörten Einrichtungen und Maschinen. Ihr Aufstand wurde nach drei Tagen durch preußisches Militär blutig niedergeworfen. Am Vorabend der Revolution von 1848 hat dieser erste größere Aufstand von verzweifelten Arbeitern, die begannen, sich ihrer Macht bewußt zu werden, überregionale Bedeutung erlangt.

Die dramatischen Ereignisse wurde vielfach dichterisch behandelt, u.a. von Heine Heine (Gedicht), Gerhart Hauptmann (Drama) und Käthe Kollwitz (Grafikzyklus); auch Bettine von Arnim bezog in ihrem Armenbuch Stellung zu den bedrückenden Zuständen.

Kulturkampf

Bald nach der Gründung des Deutschen Reiches kam es zum Zusammenstoß mit der katholischen Kirche, genauer mit dem politischen Katholizismus. Eine katholische Parteigruppierung hatte es bereits 1848 in der Frankfurter Nationalversammlung gegeben. 1870 entstand im preußischen Abgeordnetenhaus aus der katholischen Fraktion das Zentrum, das 1871 als zweitstärkste Fraktion in den Reichstag einzog.

Bismarck stand der neuen konfessionellen Partei mit großem Mißtrauen gegenüber. Für ihn stand sie als katholische Gruppierung von vornherein in Opposition zu dem neuen Staat und seinem protestantischen Kaisertum. In ihr sammelten sich nach seiner Meinung die ”Besiegten von 1866”, die Gegner der kleindeutschen Reichsbildung, die hannoverschen Welfen, die Polen aus den östlichen preußischen Provinzen, später auch die Elsässer. Bismarck befürchtete immer eine Verbindung der katholischen Zentrumspartei zu den katholischen Mächten Frankreich und Österreich. Im Juli 1871 wurde als erste Maßnahme die katholische Abteilung im preußischen Kultusministerium geschlossen. In dem sich allmählich verschärfenden ”Kulturkampf” - diesen Begriff prägte der Führer der Fortschrittspartei, Rudolf Virchow, in einem Wahlaufruf - wurde im Dezember 1871 der ”Kanzelparagraph” als Reichsgesetz eingeführt. Danach waren Geistliche, die bei der Ausübung ihres Amtes von der Kanzel herab staatliche Angelegenheiten ”in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise” kommentierten, mit Amtsentlassung und Gefängnis bedroht. Mit dem Schulaufsichtsgesetz vom März 1872 wurde der Kirche die geistliche Aufsicht über die Schulen entzogen und in Preußen durch die staatliche Schulaufsicht ersetzt.

Bundesrat und Reichstag beschlossen 1872 das Verbot des Jesuitenordens innerhalb des Reichsgebiets. Weitere Maßnahmen dehnten das staatliche Aufsichtsrecht aus und schränkten die kirchliche Disziplinargewalt ein. Der Staat behielt sich ein Einspruchsrecht bei der Anstellung von Geistlichen vor (1873); so mußten Geistliche vor Amtsantritt z.B. ein ”Kulturexamen” ablegen, das ein Studium an einer deutschen Universität voraussetzte. 1875 wurde die Zivilehe als allein gültige Ehe eingeführt und alle geistlichen Orden mit Ausnahme reiner Krankenpflegeorden verboten. Weitere Gesetze sperrten die staatlichen Geldzuwendungen an die katholische Kirche und beteiligten die Altkatholiken am kirchlichen Vermögen. Zeitweise waren 1/4 der Pfarreien und alle Bistümer nicht besetzt, da viele Priester ihrer Ämter enthoben, verhaftet oder ins Ausland geflohen waren.

Die Absicht Bismarcks, mit diesen kirchenpolitischen Maßnahmen das Zentrum zu zerschlagen, schlug fehl. Der Kulturkampf führte im Gegenteil zu einem stärkeren Zusammenschluß der katholischen Bevölkerung mit ihrer in Not geratenen Geistlichkeit. Bei den Reichstagswahlen 1874 konnte die Zentrumspartei ihre Stimmenzahl mehr als verdoppeln. So führte der Kulturkampf zu einer schweren innenpolitischen Niederlage Bismarcks und der liberalen Bewegung. Er strebte deshalb, als 1878 Papst Pius IX. starb und sein Nachfolger Leo XIII. Anzeichen von Kompromißbereitschaft erkennen ließ, die Beendigung des Kulturkampfes an. Die meisten Maßnahmen wurden wieder aufgehoben, bestehen blieben der Kanzelparagraph (bis zu seiner Aufhebung durch den Deutschen Bundestag 1953), die Zivilehe, die staatliche Schulaufsicht und bis 1917 die Jesuitengesetze.

Baader-Meinhof-Gruppe

In der Folge der nur teilweise und halbherzig erfolgten juristischen und gesellschaftlichen Aufarbeitung der Ereignisse im Dritten Reich kam es in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland zu Unzufriedenheit mit und Widerständen gegen das Establishment. Hinzu trat eine Veränderung im Lebensgefühl vorwiegend der studentischen Jugend (Kommune 1 in Berlin). Zunächst begannen Studenten an den Universitäten in West-Berlin, Frankfurt am Main u.a. gegen den ”Mief von Tausend Jahren unter den Talaren” zu rebellieren. Straßendemonstrationen gegen den Besuch des Schahs von Persien, die Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg in Berlin durch einen Polizeibeamten, den Vietnamkrieg, den ”Fall Filbinger” etc. Der Staat reagierte - wie von den Radikalen vorhergesehen - mit der Einführung von Notstandsgesetzen und mit Berufsverboten und anderen Maßnahmen. Da jedoch die beabsichtigte Radikalisierung der Bevölkerung mißlang, entstand in den Jahren zwischen 1968 und 1970 eine Vereinigung von Terroristen, geführt von Andreas Baader und Ulrike Meinhof; die Gruppe suchte ebenso wie ihre Nachfolgeorganisation Rote-Armee-Fraktion (RAF) nach den Methoden der Stadtguerilla die Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland u.a. durch Attentate und Überfälle umzustoßen. 1972 wurde der sog. harte Kern verhaftet und 1973 vor Gericht gestellt: außer Baader und Meinhof Gudrun Ensslin, Jan Carl Raspe und Holger Meins. Im April 1977 wurden Baader, Ensslin und Raspe u.a. wegen vierfachen Mordes zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilt. Nach dem Scheitern des Versuchs, durch die Entführung des Präsidenten der deutschen Arbeitgeberverbände, Hanns-Martin Schleyer im September 1977 und der Boeing 737 “Landshut” der Lufthansa im Oktober 1977, Baader, Ensslin, Raspe und andere inhaftierte Terroristen freizupressen, begingen die drei Terroristen Selbstmord in ihren Zellen im Hochsicherheitsgefängnis Stuttgart-Stammheim.

Erfüllungspolitik

Abwertendes Schlagwort der Rechtsparteien in der Weimarer Republik, besonders der Deutschnationalen und Nationalsozialisten, für die 1921 von Reichskanzler Joseph Wirth und Außenminister Walter Rathenau eingeleitete Politik der deutschen Reichsregierungen, die Verpflichtungen des Versailler Vertrags nach Möglichkeit zu erfüllen, um damit zugleich die Grenzen der Leistungsfähigkeit Deutschlands offenkundig und eine Revision der Reparationsbestimmungen des Versailler Vertrags unabweisbar zu machen.

Ptolemäisches Weltbild

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Werke des griechischen Naturforschers Ptolemäus (*~100 v.Chr., ~160 v.Chr.) waren bis ins Mittelalter hinein unbestritten und beeinflußten das astronomische Denken bis ins 17. Jahrhundert hinein, obwohl bereits Aristarchos von Samos um 260 v.Chr. ein heliozentrisches Weltbild (Sonne im Mittelpunkt unseres Planetensystems befindlich) vorgeschlagen hatte. U.a. vertrat er die Meinung, daß die Erde im Mittelpunkt des Sonnensystem stehe und unbeweglich sei. Alle Planeten und die Sonne umkreisten danach die Erde (geozentische Stellung der Erde).

Hitler-Stalin-Pakt (Deutsch-Sowjetischer Nichtangriffspakt)

Ein am 23.8.1939 in Moskau für zehn Jahre abgeschlossener und unmittelbar in Kraft gesetzter Vertrag; der die Verpflichtung zu gegenseitiger Neutralität bei Auseinandersetzungen mit einem Dritten enthielt. Der von den Außenministern Joachim von Ribbentrop und Wjatscheslaw M. Molotow unterzeichnete Vertrag enthielt ein Geheimes Zusatzprotokoll (bis 1989 von der UdSSR bestritten), in dem das westliche Polen (bis zur Linie der Flüße Narew, Weichsel und San) und Litauen der deutschen Interessensphäre, Finnland, Estland, Lettland, das östliche Polen und Bessarabien der sowjetischen zugewiesen wurden. Der Pakt ermöglichte Hitler den Beginn des Zweiten Weltkrieges mit dem Überfall auf Polen, weil die Gefahr eines Zweifrontenkrieges bei Beginn des Westfeldzugs zunächst nicht bestand. Stalin rückte mit dem Abschluß dieses Vertrages vom britisch-französischen Plan einer die UdSSR einschließenden Großen Allianz gegen Deutschland ab; der UdSSR wurde der Weg nach Mitteleuropa geöffnet und ein kleiner Zeitaufschub bis zum militärischen Zusammenstoß mit Deutschland ermöglicht. Nach der Niederlage Polens im September 1939 wurde der Pakt durch den Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag vom 28.9.1939 ergänzt (Verschiebung der deutsch-sowjetischen Demarkationslinie in Polen nach Osten, Zuordnung Litauens zur sowjetischen Interessensphäre). Am 22.6.1941 brach Deutschland mit dem Überfall auf die UdSSR den Pakt.

Kölner Kirchenstreit (Kölner Wirren)

Auseinandersetzungen zwischen dem preußischen Staat und der katholischen Kirche (1836-41) über die Frage der Mischehen und den Hermesianismus (nach dem katholischen Philosophen und Theologen Georg Hermes, *1775, †1831). Die Kölner Wirren erlebten ihren Höhepunkt 1837 in der Verhaftung des Erzbischofs Droste zu Vischering (*1773, †1845). In ihrer Folge führten sie zur Festigung des politischen Katholizismus in Deutschland.

Wiener Secession

(lat.: Absonderung, Trennung) in der Kunst die bewußte und programmatische Abspaltung von Künstlergruppen von herkömmlichen, oft offiziellen Künstlervereinigungen wie auch der Zusammenschluß von Künstlern mit neuen Zielen. Die wichtigste Sezession wurde die 1897 gegründete Wiener Sezession, die der österreichischen Variante des Jugendstils den Namen Sezessionsstil gab (Hauptvertreter: Gustav Klimt, Kalo(man) Moser, Josef Maria Olbrich).

Ballhausschwur (Serment du Jeu de paume)

Schwur, mit dem der Dritte Stand der französischen Generalstände seine Souveränität als die vom Volk gewählten Vertreter der Nation geltend machte.

Nachdem König Ludwig XVI. aufgrund der schweren Finanzkrise des Staates die Generalstände erstmals nach 175 Jahren wieder einberufen hatte, traten diese im Mai 1789 zusammen. Als die Anträge des Dritten Standes, einen neuen Abstimmungsmodus – nämlich die Zählung nach Köpfen – einzuführen, mehrfach abgelehnt worden waren, konstituierte sich der Dritte Stand am 17. Juni gegen den Willen zur Nationalversammlung. Als die Abgeordneten sich dann am 20. Juni zur Versammlung in Versailles versammeln wollten, fanden sie die Türen zum Sitzungssaal verschlossen. Der König hatte allerdings, um weitere Zusammenkünfte der Abgeordneten zu verhindern, verfügt den üblichen Versammlungsaal im Schloß von Versailles zu schließen. Obwohl als Grund für die Schließung angegeben wurde, daß Handwerker den Saal für die bevorstehenden Versammlung vorbereiteten, mißtrauten die Abgeordneten dieser Erklärung, waren vielmehr der Meinung, der König habe die Auflösung der Nationalversammlung angeordnet. Die Abgeordneten begaben sich daraufhin zu dem benachbarten Ballspielsaal (Salle du Jeu de Paume) von Versailles und versammelten sich dort. Dort schworen alle 600 Versammelten bis auf einen,“de ne jamais se séparer, et de se rassembler partout où les circonstances l’exigeront, jusqu’à ce que la Constitution du royaume soit établie et affermie sur des fondements solides” [“nie mehr auseinanderzugehen und sich überall dort zu versammeln, wo die Umstände es erfordern, bis das Königreich eine auf solidem Fundament stehende Verfassung ausgearbeitet habe”]. Nachdem der Schwur am 23. Juni noch einmal wiederholt worden war, stimmte der König der Ausarbeitung einer neuen Verfassung schließlich zu.

Französische Revolution 1789

Das bedeutenste Ereignis der modernen Geschichte, das grundgreifende Veränderungen in Politik und Gesellschaft nicht nur in Frankreich einleitete.

In einer Zeit wachsenden wirtschaftlichen Aufschwungs zwischen 1715 und dem Beginn der Revolution im Jahre 1789 hatte sich in Frankreich eine Schicht reichen Bürgertums gebildet, die in vielerlei Hinsicht dem Landadel überlegen, aber infolge der Privilegierung des Adels besonders in Bezug auf die Steuerfreiheit und das Monopol auf staatliche Ämter unterpriviligiert, wenig entscheidungs- und handlungsfrei war. Bereits seit Mitte des 18. Jahrhunderts melden sich erste Zweifel an der Fähigkeit des absolutistischen Systems in Frankreich, gesellschaftliche und ökonomische Krisen zu bewältigen. Die Aufklärung durch die Werke der Enzyklopädisten, wie z.B. Denis Diderot, tat ein Übrigens, indem sie die geltende Ordnung infrage stellte. Zudem sank in den breiten kleinbürgerlichen Schichten der Lebensstandard, die Lebenshaltungskosten überstiegen die Einkünfte; eine allgemeine Unzufriedenheit machte sich breit. Aufgrund zunehmender Probleme trug Finanzminister de Calonne dem unerfahrenen und nicht wirklich problembewußten Ludwig XVI. im Sommer 1786 die gravierende Finanzsituation des Staates vor und schlug eine umfassende Reform der veralteten Staatsverfassung vor, die u.a. eine oberste Überwachungsbehörde und eine jährliche Veröffentlichung des Staatshaushaltes vorsah. Da dies einem Mißtrauen in die Zuverlässigkeit der Krone gleichkam und die Lebensfrage des königlichen Absolutismus anschnitt, ließ der König ihn fallen. Unter dem Eindruck der amerikanischen Freiheitsideen und -rechte, die im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg eingesetzte französische Soldaten in die Heimat mitbrachten, mehrten sich im Herbst 1887 kritische Stimmen, die das Ende des System für unvermeidlich hielten und im Winter 1787/88 die Teilnahme der bürgerlichen Gesellschaft an der Lösung der Schicksalsfragen der französischen Nation forderten. Zwar sah sich Ludwig XVI. im Februar 1787 genötigt, eine Notabelversammlung einzuberufen, die die steuerliche Gleichbehandlung alle Untertanen beschließen sollte; die Versammlung war jedoch ausschließlich durch Vertreter des Ersten Standes gebildet, der seine traditionellen Ansprüche durchzusetzen wußte, indem jeder Eingriff in die Steuerprivilegien verweigert wurde. Ludwig XVI. war auch nicht in der Lage, von "oben" her Reformen durchzusetzen, die nach Kriegen, falscher Finanzpolitik und einem verschwenderischen Hof sowie der Weigerung des Ersten Standes sich an den gestiegenen Finanzbedarf zu beteiligen und daraus resultieren wirtschaftlichen Problemen, zunehmend gefordert wurden. Dramatisch wurde die Situation als Frankreich, der seinerzeit bevölkerungsstärkste und wohlhabendste Staat Europas, im Jahr 1788 von schweren Naturereignissen gebeutelt wurde. Eine extreme Dürre zerstörte die Ernten, ein von der Normandie bis in die Champagne reichender zerstörerischer Hagelsturm verwüstete 180 Meilen fruchtbaren Landes, der Winter von 1788 auf 1789 war der schwerste seit achtzig Jahren, der Frühling 1789 brachte verheerende Überschwemmungen, der Sommer eine Hungersnot in fast allen Provinzen. Der mit England geschlossene Zollvertrag überschwemmte Frankreich mit billigeren als den einheimischen Industrieprodukten, so daß fast die Hälfte der französische Arbeiter ihre Arbeitsplätze verlor. Im März 1789 weigerte sich die Bauern, Steuern abzuführen, was die Angst vor einem Staatsbankrott mehrte. In dieser prekären Situation erfolgte als letzter Versuch im Frühjahr 1789 die Einberufung der zuletzt 1614 zusammengetretenen Stände, um die zunehmenden Spannungen einvernehmlich abzubauen. Dieser Versuch scheiterte. Die Vertreter des weitgehend rechtlosen Dritten Standes erklärten sich am 17 .Juni 1789 zur Vertretern des gesamten Volkes und legten mit dem sog. Ballhausschwur den Eid ab, bis zum endgültigen Beschluß einer Verfassung nicht mehr auseinandergehen zu wollen. Aus Furcht vor einem von den Abgeordneten ausgelösten Volksaufstand, gab der König den Mitgliedern der abseits stehenden Stände den Befehl, sich der neckerbdNationalversammlung anzuschließen. Weder die Abgeordneten noch die Pariser Bürger glaubten an eine Sinnesänderung des Königs - zumal es Gerüchte über Truppenkonzentrationen gab; die am 11. Juli 1789 erfolgte Entlassung des aus der Schweiz stammenden liberalen und populären Finanzministers Jacques Necker (l.) bewirkte am 14. Juli 1789 eine Zusammenrottung der Massen, die sich teilweise bewaffnet hatten, vor dem Stadtgefängnis, der Bastille, die von dessen Kommandeur schließlich kampflos übergeben wurde.

In der Folge der Französischen Revolution kam es wegen unterschiedlicher Auffassungen und Machtansprüchen in allen Landesteilen zur Schreckensherrschaft, dem "terreur", der u.a. auch Ludwig XVI. und dessen Frau, Tochter der österreichischen Erzherzogin Maria Theresia, Marie Antoinette, zum Opfer fielen. Robespierre ließ aber auch ehemalige Mitstreiter hinrichten u.a. Danton und Hébert, bis er schließlich selber durch eine Verschwörung im Konvent gestürzt und mit seinem Bruder und vielen seiner Anhängern guillioniert wurde (die Revolution frißt ihre eigenen Kinder).

Anmerkungen:

revolutionkoenigtumzoom  Dekret vom 21.9.1792: ”Das Königreich ist abgeschafft.”  dantonhaftbefehl zoomHaftbefehl gegen Danton u.a.

cordaybrief2 zoom Abschiedsbrief von Charlotte Corday, der Marat-Attentäterin, an ihren Vater, vom 16.7.1793.

Girondisten

Gruppierung gemäßigter Republikaner der Französischen Revolution, benannt nach den Abgeordneten vornehmlich aus dem Département Gironde kommend; zu ihren Führern gehörten Jean-Marie Roland (Vicomte de la Platière) und Marquis de Condorcet; unter ihnen hatten sich zahlreiche Adelige versammelt, die erkannt hatten, daß sich die Situation im Frankreich des Ancien Régime grundlegend verändern müsse und die mit den ursprünglichen Zielen der Revolution einhergingen. Sie vertraten das wohlhabende, nationalistische Bürgertum der Provinz und traten zunächst für ein repräsentatives Königtum ein. Obwohl sie und die Jakobiner zusammen nur 20 Prozent der Abgeordneten im Konvent stellten, hatte sie den größten Einfluß auf alle Beschlüsse und deren Einfluß auf das Geschehen in Frankreich und indirekt in andere europäischen Staaten. Gemäß ihrer Vorstellung von einem selbstbestimmten Staat riefen sie zum Kampf gegen Österreich und Preußen auf (Kriegserklärung am 4.4.1792), die die volle Restitution Ludwigs XVI. erreichen wollten und setzten zusammen mit den Jakobinern im eigenen Land den Sturz der Monarchie durch. Im Nationalkonvent verloren sie die Macht an die jakobinische Bergpartei; am 2.6.1793 wurde im Konvent die Ächtung der Girondisten durchgesetzt, und die meisten ihrer Abgeordneten wurden hingerichtet.

Jakobiner

Mitglied des Jakobinerklubs, eines der vielen zu Beginn der Französischen Revolution ursprünglich als Debattierklubs entstandenen Klubs, dessen Name sich von seinem Tagungsort, dem ehemaligen Dominikanerkloster Saint-Jacques, ableitet, im Fortschreiten der Revolution jedoch zunehmend an Bedeutung gewann. Er hatte im Gegensatz zu der ”Partei” der Girondisten hauptsächlich Angehörige des Dritten Standes, den Sansculotten, als Sympathisanten. Maximilien de Robespierre nutzte den Klub zur Durchsetzung seiner politischen Ideen und Verfolgung seiner Feinde. Ein Ausschluß aus ihm war oftmals gleichbedeutende mit Verhaftung und anschließender Hinrichtung des Ausgeschlossenen. Nachdem Robespierre am 27.Juli 1794 gestürzt und am 28. Juli 1794 hingerichtet worden war, verlor er zunehmend an Bedeutung und wurde der Pariser Jakobinerklub am 11. November 1794 geschlossen.

Sansculotten

Name für diejenigen Franzosen aus dem Dritten Stand (Bauern, Handwerker und Bürgertum), die im Gegensatz zu den Adeligen mit ihren sansculottesKniebundhosen (culottes), lange Hosen trugen, sich benachteiligt fühlten und sich während der Französischen Revolution gegen König und Aristokratie stellten.

 

 

 

Sansculotten mit Jakobinermütze

 

 

Wohlfahrtsausschuß

[franz.: Comité de salut public]; während der Französischen Revolution vom Nationalkonvent am 25.3.1793 gegründet, diente er als dessen Exekutivorgan. Seine Aufgaben waren u.a. die öffentlichen Wohlfahrt und die allgemeine Verteidigung. Nach Beseitigung der gemäßigteren Girondisten (Mitte 1793) gelang es den Jakobinern (u.a. Maximilien de Robespierre, Georges Jacques Danton) sich der Kontrolle über den Ausschuß zu bemächtigen; der Wohlfahrtsausschuß entartete zum Organ der jakobinischen Schreckensherrschaft, die schließlich zum Sturz und zur Hinrichtung Robespierres und seiner Anhänger führte. Im Oktober 1795 wurde der Wohlfahrtsauschuß aufgelöst.

Club des Cordeliers (formal Société des droits de l'homme et du citoyen, ”Gesellschaft der Menschenrechte und der Bürger”)

während der Französischen Revolution in dem früheren Kloster der Cordeliers in Paris 1790 gegründeter radikaler politischer Klub. Ihm gehörten als führende Köpfe Jean.-Paul Marat, Georges Jacques Danton, Camille.Desmoulins, Jacques-René Hébert und Pierre-Gaspard Chaumette an. Ziel des Clubs war es, die Revolution voranzutreiben, dabei Regierung und gesetzgebende Versammlung zu beobachten und gegebenenfalls unter Druck zu setzen. 1793 zeichnete sich eine Teilung ab: in eine gemäßigte Faktion, die "Nachsichtigen" bzw. Indulgenten (auch Dantonisten), während die Dantonisten den revolutionären Terror eindämmen und einen Frieden im Ersten Koalitionskrieg herbeiführen wollten, neigten die Hébertisten zu einer Verschärfung der revolutionären Maßnahmen, um der zunehmenden sozialen Krise Herr zu werden. Unter anderem nahm unter ihrem Druck der Konvent das loi des suspects (Gesetz über die Verdächtigen) und das loi du maximum général (allgemeines Höchstpreisgesetz) an. Die ultralinke Gruppe stützte sich dabei insbesondere auf die mittellosen Sansculotten. Nach Schließung des Jakobinerklubs im November 1794, schlossen sich aber deren vehementesten Vertreter (sog. Kreter) den Cordeliers an. In Reaktion darauf, sorgten die Thermidorianer aber für seine endgültige Schließung am 20. Pluviose III (20. Februar 1795).

Kubanische Revolution

1902 hatten die USA Kuba in die Unabhängigkeit entlassen, sich jedoch bis 1934 ein Interventionsrecht vorbehalten (der Flottenstützpunkt Guantánamo besteht bis auf den heutigen Tag). Sich auf dieses stützend, griffen die Vereinigten Staaten immer wieder bei inneren Unruhen (1906, 1913 und 1917) militärisch ein. Das Wirtschaftsleben Kubas geriet immer mehr in Abhängigkeit von nordamerikanischem Kapital. Unter Präsident G. Machado (1925-33) kam es nach schweren wirtschaftlichen Rückschlägen zur Besserung der Zustände, doch führten die Weltwirtschaftskrise und scharfe diktatorische Maßnahmen 1933 zu seinem Sturz. Der eigentliche Machthaber wurde 1934 General Fulgencio Batista y Zaldvar, der als Präsident (1940-44, erneut seit 1952) diktatorisch regierte. Fidel Castro Ruz versuchte am 26.7.1953 das Batista-Regime durch einen Putsch zu stürzen. Als dieser mißlang führte Castro einen Guerillakrieg und zwang Batista am 1.1.1959 schließlich, außer Landes zu fliehen. Castro, der seit Februar 1959 Ministerpräsident war, proklamierte einen sozialistischen Staat, führte eine Bodenreform durch und verstaatlichte die Wirtschaftsbetriebe, er brachte die Medien unter seine Kontrolle und ließ nur noch eine Staatspartei zu. Die Konfiszierung amerikanischen Eigentums auf der Insel und Castros enge Anlehnung an die UdSSR führten zunächst zum Ausschluß aus der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und schließlich zu Spannungen mit den USA, die schließlich in der Kubakrise gipfelten. Aufgrund der für südamerikanische Verhältnisse vorbildlichen sozialen Leistungen (medizinische Versorgung, Beseitigung des Analphabetentums) erlangte der sog. Fidelismus in den 1960er und 1970er Jahren erheblichen Einfluß in diesen Staaten. Zudem unterstützte Castro die Guerillabewegungen in Lateinamerika durch Ernesto Che Guevara und kommunistische Befreiungsbewegungen in Afrika. Die umfassenden politischen Entwicklungen in Europa ab Ende der 1980er Jahre (Glasnost und Perestroika / Ausbleiben der Hilfe aus dem Ostblock) erhöhten die wirtschaftlichen Schwierigkeiten Kubas, so daß es immer wieder zu Auswanderungswellen kam. Obwohl Castro bis zu seinem Abtritt an seinen kommunistischen Positionen festhält, entstand seit den 1990er Jahren eine Schattenwirtschaft, die die Kluft zwischen arm und reich verschärfe.

Vietnamkrieg

Bezeichnung für mehrere Auseinandersetzungen in Süd-Ostasien im 20. Jahrhundert:

Seit 1887 standen Vietnam (Annam, Cochinchina und Tongking), Kambotscha sowie ab 1893 Laos unter der Bezeichnung Indochina unter der Kolonialverwaltung Frankreichs. Nachdem Japan am 2.9.1945 an Bord der Schlachtschiffes Missouri förmlich kapituliert hatte und sich die japanische Truppen aus den besetzten Gebieten zurückgezogen hatten, versuchte Frankreich seine Kolonialherrschaft in Indochina wieder herzustellen. Es besetzte den südlichen Teil Vietnam und nahm seinen Regierungssitz in Saigon. Zuvor hatte Ho-Chi-Minh am 2.9.1945 in Hanoi bereits die Demokratische Republik Vietnam (DRV) ausgerufen. Frankreich versprach Nordvietnam einen unabhängigen Status innerhalb der Union Française, jedoch kam es bereits im gleichen Jahr zu einem Konflikt über die Zollhoheit zwischen der Kolonialmacht und der vietnamesischen Verwaltung in dessen Verlauf der Hafen von Haiphong am 23.11. bombardiert wurde und mehr als 6.000 Zivilisten zu beklagen waren. Es begann ein Guerillakrieg gegen das von der Taktik der Vietminh trotz besserer technischen Ausrüstung überforderte französische Expeditionscorps, zumal das kommunistische China die vietnamesischen Kombattanten, die von der Landbevölkerung unterstützt wurden, mit Waffen und anderem Material ausstattete. Trotz Unterstützung durch US-amerikanische Berater und Finanzhilfen gelang es den Franzosen nicht, den Krieg zu gewinnen; am 7.5.1954 kapitulierte das französische Expeditionskorps nach verlustreichen Kämpfen in der Festung Dien Bien Phu. Bei den bereits am 8.5. in Genf begonnenen Waffenstillstandsverhandlungen wurde schließlich am 21.7.1954 ein Waffenstillstandsabkommen erzielt und Vietnam entlang des 17. Breitengrades mit der Bedingung geteilt, innerhalb von zwei Jahren gesamtvietnamesische Wahlen abzuhalten und die Wiedervereinigung der beiden Teile des Landes herbeizuführen. Frankreich verzichtete auf weitere Ansprüche im südostasiatischen Raum. Der Versuch des Vietcong durch Guerillaeinsätze Südvietnam zu infiltrieren, führte schließlich zur 2., der amerkanischen Phase des Vietnamkrieges. Der Indochinakrieg hatte insgesamt zwischen 600.000 und 900.000 Opfer gefordert.

Heute versteht man unter dem Begriff allgemein die amerikanische Phase. Aufgrund der in den US-Administration herrschenden sog. Dominotheorie (fortschreitende Ausbreitung des Kommunismus besonders in Süd-Ostasien) bauten die Amerikaner unter John F. Kennedy ihre Militärpräsenz in Südvietnam ab 1963 verstärkt aus. Der unter Präsident Lyndon B. Johnson von den USA lancierte sog. Tongking-Zwischenfall am 2.8.1964 gab diesen den Anlaß, die Truppen vor Ort nach und nach und nach auf ca. 540.000 Mann (1969) zu verstärken und aktiv in den Konflikt einzugreifen. Entgegen der ständigen Wiederholung seitens des Oberkommandierenden in Vietnam, William Westmoreland, und der hardliner, daß es “ein Licht am Ende des Tunnels gäbe”, gelang es den US-Truppen trotz Flächenbombardierungen, Napalmeinsatz und chemischer Entlaubung mittels des chemischen Wirkstoffs Agent Orange der Wälder nicht, den nordvietnamesischen Widerstand niederzuringen, sondern alle diese Maßnahmen führten im Gegenteil zu einer innerpolitischen Solidarisierung. Weltweit kam es zu heftigen Protesten gegen die Kriegsführung und Übergriffen auch auf die Zivilbevölkerung (My-Lai). In den Vereinigten Staaten führten die trotz militärischer Übermacht hohen Verluste zu zunehmender Kritik an der Einmischung in Vietnam. Eine sich steigernde Unzufriedenheit entstand u.a. auch deshalb, weil die Vereinigten Staaten erstmalsin einem Krieg, den sie führten, nicht mehr junge Männer aus allen Schichten des Volkes einzogen (so noch während des Koreakrieges), sondern vielmehr fast ausschließlich solche aus den unteren Schichten, noch dazu sehr junge Männer; das Durchschnittsalter des gemeinen Vietnam-Soldaten war 18 Jahre. Da sich außerdem die wiederkehrenden optimistischen Verlautbarungen der US-Administration über das Ende des Kriege sich nicht bewahrheiteten - ganz im Gegenteil zeigte die für die USA völlig überraschende, zum vietnamesschen Neujahrsfest beginnende Tet-Offensive des Vietcong deren absoluten Durchhaltewillen - wuchs der Druck auf die Regierung stetig.Die Einstellung der Flächenbombardements auf Nordvietnam führten ab Mai 1968 schließlich zu Verhandlungen. Der angestrebte und nach und nach durchgeführte Abbau der US-amerikanischen Truppenpräsenz führte zu einer ”Vietnamisierung” des Krieges, d.h. Ausbau der südvietnamesischen Truppenstärke. Johnsons Nachfolger im Amt des US-Präsidenten, Richard Nixon, führte zwar gemäß seines Versprechens während des Wahlkampfs amerikanische Truppen in die Heimat zurück, nahm aber die desaströsen Bombardierungen wieder auf. Erst das Waffenstillstandsabkommen vom 27.1.1973 führte schließlich zum Abbau des gesamten amerikanischen Personals in Südvietnam, während jedoch ca. 145.000 nordvietnamesische Truppen auf südvietnamesische Territorium verblieben. Verhandlungen zwischen dem nationalen Versöhnungsrat - bestehend aus Vertretern der Saigoner Regierung, der FNL und Oppositionellen - zur Durchführung allgemeiner Wahlen in Südvietnam, blieben erfolglos.

Durch den Versuch beider Seiten, ihre Einflußsphären zu vergrößern, trat der Konflikt in die dritte Phase. Besonders durch die Einstellung jeglicher finanziellen Unterstützung aus den Vereinigten Staaten zogen sich die südvietnamesischen Regierungstruppen zurück und lösten sich schließlich auf. Nach Rücktritt des südvietnamesischen Präsidenten Nguyen Van Thieu (21.4.1975) wurde Südvietnam von Truppen der FNL besetzt. Am 2.7.1976 kam es zur Wiederherstellung eines gesamtvietnamesischen Staates unter kommunistischer Führung (Sozialistische Republik Vietnam). Das gegen Vietnam erhobene Handelsembargo wurde erst Anfang 1994 aufgehoben, am 5.8.1995 wurden wieder volle diplomatische Beziehungen zwischen den Ländern hergestellt.

Ca. eine Million auf vietnamesischer Seite gefallene Soldaten, zwei Millionen tote Zivilisten, weitere zwei Millionen verletzte und verstümmelte Menschen und ca. 58.000 auf amerikanischer Seite gefallene Soldaten waren die unmittelbaren Folgen dieses Krieges - abgesehen von den posttraumatische Belastungsstörung, unter der viele der jungen Männer, die aus dem brutalen Krieg in die Heimat zurückkehrten, litten Etwa zwei Millionen Menschen waren den giftigen Chemikalien ausgesetzt, deren Auswirkung bis heute reichen; Millionen von noch nicht entdeckten und entsorgten Kampfmitteln verseuchen die Erde.

Tonkin-Zwischenfall

Bezeichnung für ein sich vor der Küste des damaligen Nordvietnam im August 1964 ereigneten Gefecht zwischen einem US-amerikanischen Kriegsschiff und nordvietnamesischen Schnellbooten, bei dem angeblich das US-amerikanische Kriegsschiff angegriffen worden war. Der Zwischenfall wurde von der US-Regierung unter dem damaligen Präsidenten Lyndon B. Johnson als Begründung für die sogenannte Tonkin-Resolution angeführt, aufgrund derer die USA ihr Engagement in den Feindseligkeiten zwischen dem kommunistischen Norder Vietnam und Südvietnam ausweiteten. 1971 kam durch die Veröffentlichung der sog. Pentagon-Papers durch den Pentagon-Mitarbeiter Daniel Ellsberg ans Licht, daß der Zwischenfall von den Amerikanern provoziert worden war.

Ungarischer Volksaufstand

Bezeichnung für die Ereignisse in Ungarn vom 23.10. bis etwa 15.11.1956. Stark beeinflußt von der Regimekritik des Petofi-Kreises (Mitglied u.a. Georg Lukács), wurden in einer Kundgebung in Budapest von Studenten mehr demokratische Freiheiten eingefordert. Die Demonstrationen gewannen sehr schnell an Dynamik und führten zu einem Aufstand, dem sich Armee und Polizei anschlossen. In der Nacht vom 23. auf den 24.10. wurde Imre Nagy erneut Ministerpräsident. Er stellte das Mehrparteiensystem von 1947 wieder her, versprach freie Wahlen, kündigte am 1.11.die Mitgliedschaft im Warschauer Pakt auf und proklamierte die Unabhängigkeit Ungarns. Daraufhin wurde der ungarische Volksaufstand auf Veranlassung von János.Kádár durch Einsatz sowjetischen Militärs ab 5.11. niedergeschlagen. Der Aufstand kostete 2.652 Menschen das Leben (239 Hingerichtete, darunter auch Imre Nagy, der erst 1989 rehabilitiert wurde).

Prager Frühling

Bezeichnung für den Liberalisierungs- und Demokratisierungsprozeß in der ČSSR von Januar bis August 1968 unter Alexander Dubček (”Sozialismus mit menschlichem Antlitz”). Die Bewegung wurde durch die militärische Intervention der UdSSR und vier weiterer Staaten des Warschauer Paktes (zwei Divisionen der Nationalen Volksarmee, der NVA, wurden auf DDR-Territorium in der Nähe der tschechischen Grenze in Bereitschaft gehalten, durften jedoch nicht einmarschieren) am 20./21.8.1968 gewaltsam niedergeschlagen (94 Todesopfer). Als treibende Kraft für die Anwendung der Breschnew-Doktrin als Legitimierung für die Intervention setzte sich vor allem Walter Ulbricht ein.

 

Junge Prager mit der tschechischslowakischen Fahne während des Einmarsches sowjetischer Truppen in die Hauptstadt am 21.8.1968 

 

 

 

Berliner Mauer

Obwohl Walter Ulbricht noch auf einer Pressekonferenz am 15.6.1961 in Ost-Berlin alle Gerüchte über den Bau eine Mauer an der Sektorengrenze zum sowjetisch besetzten Teil Berlins abstritt: ”Ich verstehe Ihre Frage so, daß es in Westdeutschland Menschen gibt, die wünschen, daß wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR dazu mobilisieren, eine Mauer aufzurichten. Mir ist nicht bekannt, daß eine solche Absicht besteht. Die Bauarbeiter unserer Hauptstadt beschäftigen sich hauptsächlich mit Wohnungsbau, und ihre Arbeitskraft wird dafür voll eingesetzt. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!”, waren die Vorbereitung hierzu bereits in vollem Gange. Am Morgen des 13. 8. 1961 begannen Bauarbeiter unter Bewachung von Grenztruppen der DDR mit der Errichtung des ”antifaschistischen Schutzwalles”. Die DDR-Regierung versuchte mit dieser drastischen Maßnahme die sog. Republikflucht ihrer Bürger zu stoppen (von der Gründung der DDR im Jahre 1949 bis zum 13.8.1961 verließen über 2,5 Millionen Menschen das Staatsgebiet der DDR, die in der Bundesrepublik integriert werden mußten.). Insgesamt wurden an der Berliner Mauer ca. 250, an der Grenze zur DDR insgesamt 1.098 Menschen getötet.

Die Sowjetregierung hatte der DDR bereits im Frühsommer 1961 freie Hand hinsichtlich einer Abriegelung des Ostsektors gegen über Westberlins signalisiert, und die Westalliierten waren durch Geheimdienstberichte über eventuell bevorstehende Sperraktionen informiert worden; sie sahen aber keine Notwendigkeit einzuschreiten, weil sie die essentiellen Interessen des Westens, insbesondere den freien Zugang nach Westberlin und die Überlebensfähigkeit Berlins, nicht ernsthaft gefährdet sahen. Die USA gaben durch den Besuch John F. Kennedys lediglich moralische Unterstützung.

Dier Mauer wurde erst im November 1989 durch eine mißverstandene Äußerung des SED-Politmitglieds Günter Schabowski geöffnet und leitete die Wiedervereinigung Deutschlands ein.

Imaginisten

[von lat. imago, das Bild] Russische avantgardistische Dichtergruppe (etwa 1919-24 in Moskau), die für die Konzentration der poetischen Aussage auf das Bild als wesentlichstes Element der Dichtung eintrat. Als ihr bedeutendster Vertreter gilt Sergej Jessenin.

Chinesische Kulturrevolution

Die Große Proletarische Kulturrevolution wurde von Mao Zedong 1966 ausgelöst, als er seine in der Partei seit 1958/59 nach den Fehlschlägen des Großen Sprungs nach vorn und der Volkskommune geschwächte Position wieder herzustellen trachtete, indem er die Pragmatiker um das Staatsoberhaupt Liu Shaoqi und den Generalsekretär der KPCh Deng Xiaoping hiermit auszuschalten versuchte. Offiziell richtete sie sich gegen die Denk- und Lebensweise westlicher und traditioneller chinesischer Ausprägung. Vorbereitet wurde sie bereits seit Herbst 1965, indem kritische Intellektuelle diffamiert wurden, ausgelöst schließlich im Frühjahr 1966 durch die linksgerichtete Gruppe um Mao, um seine Frau Jiang Qing und den Verteidigungsminister Lin Biao. Millionen Studenten und Schüler, die in den Roten Garden organisiert waren, terrorisierten mit zunehmender Tendenz zunächst in den Großstädten alle Kritiker Maos. Alle Intellektuellen (Wissenschaftler, Ärzte etc.) wurden ihrer Ämter enthoben, aufs Land geschickt oder eingekerkert. Alte Kulturgüter wurden zerstört. Die Aktionen führten schließlich zur Zerschlagung des Machtapparats und zur Entmachtung Liu Shaoqis und Deng Xiaopings. Um Mao herum entstand ein einzigartiger Personenkult. Als die Roten Garden ihre Ziele auch in die Provinzstädte hineintrugen und es 1967/68 zu Widerstand mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen kam, versuchte die Armee, die zunehmend an Einfluß gewann, die z.T. blutigen Aktionen zu disziplinieren. Den Höhepunkt schien die Kulturrevolution erreicht zu haben, als auf dem IX. Parteitag (1. bis 27.4.1969) eine kulturrevolutionär orientierte Führungsgruppe gewählt und Lin Biao zum Nachfolger Mao Zedongs ernannt wurde. Dennoch hielten die Auseinandersetzungen durch die Ambitionen Lin Baos, 1971 die Macht zu ergreifen und das Wiedererstarken der pragmatischen Kräfte um Zhou Enlai bis zum Tode Maos im Jahre 1976 und dem Sturz der sogenannten Viererbande um Jiang Qing an.

Die aus der durchgeführte Verteilung von Grund und Boden an die Bauern in den Jahren zwischen 1950 und 1953 resultierenden erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten und das Fehlschlagen der 1953 bis 57 betriebenen Kollektivierungspolitik, führten dazu, daß die Partei 1958/59 die Politik einer engen Anlehnung an die der UdSSR als ungeeignet aufgab. Statt dessen wurde die sofortige Verwirklichung des von Karl Marx proklamierten Endziels, des Kommunismus, angestrebt. Der zweite Fünfjahresplan, der 1958 beginnen sollte, trat jedoch niemals in Kraft; statt dessen wurde im Mai 1958 die Politik des Großen Sprungs nach vorn propagiert. Die Erwartungen schienen sich zunächst zu erfüllen. Die wirtschaftlichen Zahlen erwiesen sich jedoch als völlig fiktiv. Um die Krise in Wirtschaft und in Partei zu meistern, wurde im gesamten Land zu einer gewaltigen propagandistischen Kraftanstrengung aufgerufen, mit der man innerhalb von 15 Jahren Englands wirtschaftlichen Status erreichen und überholen wollte. Lt. Mao sei der Fortschritt nicht durch die richtigen technischen Maßnahmen und wissenschaftlichen Erkenntnisse zu erreichen, sondern allein durch ein richtiges, ”rotes” Bewußtsein. Innerhalb kürzester Zeit kam es zum völligen Zusammenbruch des Wirtschaftslebens mit der Folge von Millionen Hungertoten (zwischen 14 und 30 Millionen). Diese Ereignisse zwangen Mao zum Einlenken zugunsten einer sowjetorientierten Politik unter deren Verfechtern Liu Shaoqi und Deng Xiaoping. Deren Machtzuwachs und die Gefährdung Maos Machtanspruchs führten schließlich in die Kulturrevolution (1966-78).

1923, drei Jahre nach ihrer Gründung im Jahre 1921, wurde die KPCh durch die Komintern (Kommunistische Internationale = Vereinigung aller kommunistischer Parteien) angewiesen, mit der nationalistischen Guomintang (Nationale Volkspartei, hervorgegangen aus der von Sun Yatsen [Sun Yixian] 1912 gegründeten Geheimgesellschaft Tongmenghui) ein politisches Bündnis einzugehen, um gemeinsam das wegen eines Fehlens einer Zentralregierung in China herrschende Chaos zu beenden. Es kam zu einer Einheitsfront zwischen den Kommunisten unter Maos und den Nationalisten unter Tschiang Kai-schek (Jiang Jieshi) Führung. Als Tschiang Kai-schek jedoch ab 1927 gegen die Kommunisten in den Städten vorging und die Zahl der Mitglieder rapide abnahm, zerbrach das Bündnis, und Mao errichtete 1931 in der südöstlichen Provinz Jiangxi einen Stützpunkt, von dem aus er zunächst erfolgreich Guerillaangriffe auf Tschiangs Truppen durchführte. Nachdem jedoch der Stützpunkt in den Bergen von Truppen der Guomindang 1934 umzingelt worden war, begann Mao im Oktober mit der Roten Armee unter großen Verlusten eine Absetzbewegung von der Provinz Jiangxi nach Jan’an in der Provinz Shaanxi, die im Oktober 1935 erreicht wurde. Obwohl es sich um eine Flucht vor der Guomindang  handelte, war dieser Lange Marsch, an dem ca. 300.000 Menschen teilnahmen, von der Kommunistischen Partei Chinas später zum Heldenmythos stilisiert, für den späteren Weg zur Macht von großer ideologischer und politischer Bedeutung.

 

Mao Zedong mit Zhou Enlai (r.) und Lin Biao während des Langen Marsches.

 

Als die wirtschaftliche Situation sich trotz der weitgehenden Überwindung der Lasten aus Krieg und Bürgerkrieg zu Beginn der 1950er Jahre negativ entwickelte und sich Unmut aufgrund der zunehmenden Arbeitslosigkeit in Form von Streiks zunächst auf dem Lande und dann auch in den Städten breitmachte, verlor Mao Zedong an Autorität innerhalb der Partei. In dieser Situation ergriff er nach bewährtem Muster die Initiative, indem er die Massen 1956/57 zur Kritik an der Partei aufrief (”Laßt hundert Blumen blühen, laßt hundert Schulen miteinander weitstreiten”). Als die Kritik in einem auch für Mao überraschendem Maße ausbrach und zunahm, brach er die Politik einer Liberalisierung des geistigen Lebens unmittelbar ab. In der Folge wurden mehr als 300.000 Personen als Rechtsabweichler gebrandmarkt und in Umerziehungslager geschickt. Die Liberalisierung wurde durch ihr Gegenteil abgelöst: die Ära der Anti-Rechts-Kampagne begann und mündete letztendlich in die Große Proletarische Kulturrevolution.

Ostpolitik

Bis zu der in den 1960er Jahren unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) eingeleiteten, in der Vertragsdiplomatie (Ostverträge) der sozialliberalen Koalition (1969-82) gipfelnden Außenpolitik gegenüber der UdSSR, Polen und der Tschechoslowakei, beharrte die Bundesrepublik auf den Grenzen von 1937 und der Nichtanerkennung der DDR sowie dem Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik Deutschland (sog. Hallstein-Doktrin). Die neue Ostpolitik, besonders unter Willy Brandt, gegen die v.a. Franz Josef Strauß (CSU) opponierte, hatte eine Versöhnung mit den osteuropäischen Staaten zum Ziel. Teil der Ostpolitik war der sog. Grundlagenvertrag, der am 21.12.1972 in Ost-Berlin unterzeichnet wurde und normale gutnachbarliche Beziehungen auf der Grundlage der Gleichberechtigung bringen sollte (u.a. mit der Folge von Erleichterungen im Personenverkehr zwischen dem Menschen in der Bundesrepublik und denen der DDR).

Konfuzianismus

Auf Konfuzius zurückgehende, neben Daoismus und Buddhismus einflußreichste philosophische Richtung in China und Ostasien; war in China seit der Han-Dynastie (202 v.Chr.-220 n.Chr.) bis zum Ende des Kaisertums (1912) geistiges Fundament in Ostasien und verbindliche Staatsdoktrin. Der Konfuzianismus ist praktische, moralische Philosophie, zentrales Anliegen ist die Einbettung des Einzelnen in Familie, Staat und Moral im Sinne der chinesischen Tradition. Die Fünf Beziehungen zwischen Fürst und Staatsdiener, Vater und Sohn, Mann und Frau, älterem und jüngerem Bruder, Freund und Freund werden durch die Tugenden der Menschenliebe, der Gerechtigkeit und Ehrerbietung bestimmt. Pietät bildet die Grundlage für das Familienleben wie für den Staat. Sie äußert sich in der Hochhaltung des Ererbten, der Riten, der Musik und der literarischen Bildung und erstreckt sich über den Tod hinaus (Ahnenverehrung). Aus Verschmelzung einheimischer und buddhistischer Elemente entstand der Neokonfuzianismus der Song-Zeit (960-1279). Die Staatsethik war aristokratisch. Der Konfuzianismus wurde von einer Geistes-Aristokratie vertreten, die an die Stelle des Geburtsadels trat.

Bolschewiki

[Большевики; aus dem russischen bolsche = mehr: Mehrheitler], der seit der Spaltung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands (1903) von Lenin geführte größere Parteiflügel (im Unterschied zum kleineren, den Menschewiki, dem gemäßigten Flügel der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands), entwickelte sich seit 1912 zur selbstständigen Partei (Kommunistische Partei der Sowjetunion: KPdSU), während die Menschewiki allmählich aus allen politischen Gremien verdrängt (im Juni 1918 Ausschluß aus dem Gesamtrussischen Zentralen Exekutivkomitee der Sowjets) und zunehmend verfolgt wurden und im Untergrund wirkten oder ins Exil gingen.

Risorgimento

[italienisch: Wiedererstehung], Epoche der italienischen Geschichte ab Beginn des 19. Jahrhunderts, besonders aber von 1815 bis 1870, die durch das Streben nach nationaler Einheit und Rückgewinnung der kulturellen Bedeutung gekennzeichnet war. Der Name geht auf die von Camillo Benso Cavour 1847 mitgegründete Zeitschrift Il Risorgimento zurück. Als Träger der Anfänge gelten der Philosoph Giovanni Battista Vico, der Dichter Vittorio Alfieri, die Staatsmänner der Reformen von Giulio Alberoni bis Bernardo Tanucci. Als geistiger Führer der radikalrepublikanischen Richtung der Bewegung gilt Giuseppe Mazzini.

Guillaume-Affäre

Bezeichnung für den innenpolitischen Wirbel, den die Enttarnung des DDR-Agenten Günter Guillaume und seine Verhaftung am 24.4.1974 auslöste. Guillaume war 1956 im Auftrag des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS) in die Bundesrepublik Deutschland gekommen und hatte ab 1970 im Bundeskanzleramt (ab Oktober 1972 als persönlicher Referent des Bundeskanzlers in Parteiangelegenheiten) gearbeitet. Vor dem Hintergrund der Guillaume-Affäre legte Willy Brandt am 7.5.1974 sein Amt als Bundeskanzler nieder, zumal Herbert Wehner gegen ihn intrigierte, da er wegen dieser Affäre und Gerüchten über Liebschaften Schaden für die Partei befürchtete; 1994 erschienen posthum seine Notizen zum Fall G (u.a. auch Abrechnung mit Herbert Wehner).

Skagerrak-Seeschlacht

Das Skagerrak ist ein Teil der Nordsee, zwischen Dänemark (Jütland), Norwegen und Schweden, in seinem nördlichen Teil 725 m tief (Norwegische Rinne). Dort fand am 31.5./1.6.1916 die einzige große Seeschlacht zwischen der deutschen und der britischen Flotte im Ersten Weltkrieg statt. Die Tatenlosigkeit der von Wilhelm II. vor dem Kriege hochgelobten und hochgerüsteten modernen Flotte führte mit der Dauer des Krieges immer mehr zur Unzufriedenheit der Matrosen und Seeoffiziere. Daher entschloß sich die Marineführung die britische Homefleet anzugreifen. Trotz taktischer Erfolge der deutschen Flotte unter Admiral Reinhard Scheer mußte sie angesichts der britischen Übermacht die Schlacht abbrechen, die damit unentschieden blieb. Deutschland verlor 11 seiner 110  Schlachtschiffe und 1.545  Soldaten, während die Briten unter John Rushworth Jellicoe 14 ihrer 149  Schiffe und 6.274  Mann verloren.

Untergang der Lusitania

lusitaniabdDie Lusitania, ein britisches, 1906/07 in Clydebank gebautes Dampfschiff der Cunard-Linie, wurde im Ersten Weltkrieg – am 7. Mai 1915 – 8-10 Meilen vor Old Head of Kinsaleschwiegerbd an der irischen Südküste von dem deutschen U-Boot U 20 unter seinem Kommandanten Kapitänleutnant Schwieger von einem Torpedo getroffen und sank innerhalb von 20 Minuten, wobei 1.198  Menschen ums Leben kamen, darunter 128  Amerikaner. Die Torpedierung erfolgte ohne Vorwarnung, da in den vorausgegangenen Monaten immer mehr britische Handelsschiffe mit Bordkanonen ausgerüstet waren, und es zu Versenkungen von deutschen U-Booten gekommen war.

Vom 12.5.1913 bis zum 21. Juni 1913 war die Lusitania zwangsweise durch die Admiralität außer Dienst gestellt worden, weil im Trockendock in Liverpool umfangreiche Armierungsarbeiten vorgenommen werden sollten, u.a. wurden Geschützsockel auf dem Promenaden- und Shelterdeck montiert. Als am 4.8.1914 auch zwischen Deutschland und England der Krieg ausbrach, wurde dieLusitania unverzüglich der Admiralität übergeben und die Bewaffnung montiert. Die Lusitania wurde als bewaffneter Hilfskreuzer in das Flottenregister der britischen Admiralität eingetragen und lusitanianoticedamit für den Krieg gerüstet. Zudem wurde, obwohl Passagierschiff, in New York für England bestimmte Munition an Bord genommen; beides war dem deutschen Nachrichtendienst bekannt. Die deutsche Botschaft hatte in Anzeigen in amerikanischen Morgenzeitungen noch am Tag des Auslaufens vor dem Besteigen des Schiffes gewarnt. Diese Warnung wurde jedoch nicht ernstgenommen.

Churchill hatte schon länger auf eine Verschärfung des Seekrieges gedrängt, wollte zudem den Eintritt der USA in den Krieg. Skrupellos hatte er in einem geheimer Notiz verkündet: ”... es wichtig, neutrale Schiffe in unsere Küstengewässer zu ziehen, um die USA in den Krieg zu verwickeln...” U 20 hatte bereits auf seiner Fahrt Schiffe in britischen Gewässern versenkt. Trotzdem warnte die Admiralität die in diesen Gebieten operierenden Handelsschiffe nicht hinreichend. Um Gerüchten über die wahren Vorgänge zu verschleiern, wurde nach der Tragödie zunächst Kapitän der Lusitania, Turner, angeklagt. Schließlich schob man die volle Verantwortung der deutschen Seekriegsführung zu. Jedenfalls war ein Ziel Churchills erreicht: die Beteiligung der USA an dem Krieg in Europa, da der amerikanischer Präsident Woodrow Wilson, von Haus aus Pazifist und strikt gegen eine Beteiligung an dem Krieg, sich nicht länger dem öffentlichen Druck widersetzen konnte, zumal Deutschland den vorübergehend eingestellten uneingeschränkten U-Bootkrieg wieder aufnahm. Am 6.  April 1917 erklärten die Vereinigten Staaten Deutschland den Krieg.

Anzeige vom 22. April 1915

 

Mainzer Republik

auch Rheinische Republik genannt: Bezeichnung für die am 18.3.1793 durch den Rheinisch-Deutschen Nationalkonvent in Mainz während der französischen Besetzung 1792/93 zwischen Landau und Bingen ausgerufenen ersten deutschen Freistaat. Nach der Kapitulation von Mainz im 1.Koalitionskrieg (21.10.1792) wurde auf Betreiben des 450 Mitglieder umfassenden Mainzer Jakobinerklubs, insbesondere des Völker- und Naturkundlers Georg Forsters (*27.11.1754 in Nassenhuben b. Danzig, †10.1.1794 in Paris; Grab verschollen), der Rheinisch-Deutsche Nationalkonvent gewählt, der die Republik ausrief und am 21.3.1793 deren Anschluß an Frankreich beschloß. Während Forster, der einst zusammen mit seinem Vater Johann Reinhold Forster Begleiter James Cooks auf dessen 2. Weltreise war, darüber in Paris noch verhandelte, eroberten preußische und österreichische Truppen das Stadtgebiet Mainz im April 1793 und das Mainzer Umland am 23.7.1793 zurück.

Spanischer Bürgerkrieg

Militärische Auseinandersetzung in den Jahren von 1936 bis 1939 zwischen nationalistisch-faschistischen und konservativ-traditionalistischen Kräften auf der einen und republikanischen Truppen auf der anderen Seite. Im Spanischen Bürgerkrieg entluden sich die Spannungen zwischen zentralistischem und autonomistischem Staatsdenken, zwischen traditionell-katholischen und liberal-sozialistischen Auffassungen. Hinzu kamen die Gegensätze zwischen Großgrundbesitzern, Bauern und Arbeitern. General Francisco Franco Bahamonde löste im Juli 1936 in Spanisch-Marokko durch einen Putsch den Aufstand gegen die Republik aus, der dann auf das spanische Mutterland übergriff; Franco gewann Andalusien und stieß durch die Extremadura nach Kastilien vor; auf seiner Seite griffen Truppen des faschistischen Italien und des nationalsozialistischen Deutschland (Legion Condor, Zerstörung von Guernica-Luno) ein, auf Seiten der Republikaner, die militärtechnische Hilfen der UdSSR erhielten, zahlreiche Freiwillige aus vielen Nationen (Internationale Brigaden), u.a. Ernest Hemingway als Journalist. Versuche auf internationaler Ebene, die Einmischung ausländischer Mächte zu unterbinden, scheiterten. Nach der vergeblichen Belagerung von Madrid (November 1936 bis März 1937) eroberte Franco 1937 Malaga, Bilbao, Santander und den Rest Asturiens; im Winter 1937/38 siegte er in den Kämpfen um Teruel. Der Durchbruch der Truppen Francos von Teruel zum Mittelmeer (damit Zweiteilung des noch verbliebenen republikanischen Herrschaftsgebietes) und die Eroberung Kataloniens (Januar/Februar 1939) entschieden den Spanischen Bürgerkrieg; Madrid wurde am 28.3.1939 kampflos besetzt. Am 1.4.1939 verkündete Franco das Ende des Bürgerkrieges. Die Zahl der Todesopfer betrug zwischen 600.000 und 800.000 Menschen, davon mehr als die Hälfte Zivilisten. Zum Symbol für den mit großer Grausamkeit geführten Krieg wurde Pablo Picassos Bild Guernica, das an die vollständige Zerstörung der baskischen Kleinstadt Guernica durch Bombardierung durch Flugzeuge der Legion Condor.

Meistersinger

Meist in Städten seßhafte, bürgerliche Dichter-Handwerker des 15. und 16.  Jahrhunderts, die sich in Singschulen organisierten, das Hauptsingen in Kirchen und das Zechsingen in Kneipen durchführten. Vorläufer der Meistersinger waren die fahrenden Spruchdichter des 13. und 14.  Jahrhunderts, die sich als “Meister” bezeichneten. Die erste Meistersängerschule wurde 1315 in Mainz durch ”Meister” Frauenlob (i.e. Heinrich von Meißen), zugleich einem der letzten Minnesänger, gegründet. Es folgten weitere Schulen u.a. in Nürnberg, Ulm, Regensburg, Augsburg, Prag, Breslau und Danzig. Zu den bekanntesten Meistersingern zählt der Schuhmache Hans Sachs aus Nürnberg, der eine große Zahl von Theaterstücken, Liedern und Prosawerken schuf. Weitere herausragende Meister waren Hans Folz, der 1480 den Meistersang grundlegend reformierte, und Hans Rosenplüt. Die Meistersinger, die ihr Werk als Konkurrenz zur höfischen Musik sahen, waren zunftmäßig streng hierarchisch organisiert: Auf der untersten Stufe stand der “Singer”, der lediglich mit den Regeln der Komposition vertraut war. Der “Sänger” oder “Dichter” verfaßte eigene Texte auf bestehende Melodien, als “Meister” galt der Schöpfer eines neuen Tones (d.h. Text und Melodie). Die “Merker” als künstlerische Zensoren standen an der Spitze dieser Hierarchie. Die Kunst der Meistersinger war streng reglementiert in der so genannten Tabulatur. Die vom Minnesang übernommene dreiteilige Form basierte auf achtsilbigen Versen, die zwei Takten entsprachen. Obwohl die Meistersinger im Leben des mittelalterlichen Bürgertums eine große Rolle spielten, war ihnen kein dauerhafter musikalischer und literarischer Erfolg beschieden. Ihnen kam jedoch entscheidende Bedeutung bei der Überlieferung von Volksliedern zu, z.B. im Locheimer Liederbuch (um 1450). Ende des 16.  Jahrhunderts kam die Meistersingerei allmählich zum Erliegen, doch die letzte Schule in Nürnberg hatte als Anachronismus bis 1770 Bestand. Von Albert Lortzing stammt das Singspiel Hans Sachs (1840), die Oper Die Meistersinger von Nürnberg (1868) von Richard Wagner handelt von einem Wettstreit der Meistersinger in einer mittelalterlichen Stadt. Der deutsche Komponist Georg Christoph Wagenseil beschäftigte sich intensiv mit der Geschichte der Meistersingerei und veröffentlichte dazu seine Schrift Von der Meistersänger holdseliger Kunst (1697).

Nazarener

Ursprünglich Spottname (wegen ihrer langen, wallenden, in der Mittel gescheitelten Haare wie die Jesus Christus’) für eine Gruppe von deutschen Malern der Romantik, die 1809 in Wien den Lukasbund gründeten, der die Ethik und Religiosität des Mittelalters wiederbeleben wollte. Sie lebten ab 1810 in dem römischen Kloster San Isidoro nach dem Vorbild mittelalterlicher Bruderschaften und malten dort gemeinsam die Fresken der Casa Bartoldy (heute Bode-Museum, Berlin) und des Casino Massimo (1816-1829). In der Überzeugung, daß die Kunst seit der Hochrenaissance nur eine leere Zurschaustellung von Kunstfertigkeit sei, suchten sie vor allem bei italienischen Malern wie Raffael, Fra Angelico und Perugino, aber auch bei der Malerei Albrecht Dürers Anregungen. Die begabtesten unter ihnen waren Johann Friedrich Overbeck, Julius Schnorr von Carolsfeld oder Peter von Cornelius. Als ihre besten Arbeiten gelten heute Landschaften und Portraitzeichnungen. Groß war der Einfluß der Nazarener auf religiöse Kleingraphik, Bilderbibeln und Kinderbücher des 19.  Jahrhunderts.

Aggiornamento

[ital.: Tagesangleichung] Leitmotiv von Johannes XXIII. zur Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65). Der Papst wollte die Kirche modernisieren, sie auf die Fragen der Gegenwart einstellen, die Kirche der Welt öffnen, die Welt der Kirche öffnen.

Enzyklika

[griech.: ἐγκύκλιος, enkyklios = rund] an alle Gläubigen gerichtetes Rundschreiben des Papstes, in der Regel in lateinischer Sprache verfaßt und nach den Anfangsworten zitiert. Die Enzykliken bilden bedeutsame Dokumente der kirchlichen Verkündigung und hatten in jüngster Zeit zum Gegenstand besonders Fragen der Ethik und Seelsorge (Veritatis splendor; Evangelium vitae), Ökumene (Ut unum sint), Theologie und Philosophie (Fides et Ratio) und der katholischen Soziallehre.

Boxer

[chinesisch: 義和團運動 Yihequan = Faust(kämpfer) für Gerechtigkeit und Harmonie] eine zunächst von den unteren Volksschichten getragene Reformbewegung, dann ein fremdenfeindlicher religiöser Geheimbund in China, der durch das Niederbrennen von Missionsstationen, die Ermordung des Gesandten des kaiserlichen Deutschland, Baron von Ketteler, und die mit Billigung der chinesische Regierung erfolgte Belagerung des Legationsviertels in Peking 1900 den Boxeraufstand auslöste. Dieser wurde durch ein aus acht Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Österreich-Ungarn, Rußland und USA) zusammengesetztes Militärkorps niedergeschlagen. In dem sog. Boxerprotokoll (1901) wurden die von den Staaten diktierten Sühnebedingungen fixiert (u.a. erhebliche Reparationszahlungen, Recht der Interventionsstaaten zur Stationierung von Truppen an zwölf strategisch wichtigen Punkten zwischen Peking und der Küste, Entsendung boxereinscheiner boxerflugblchinesischen Sühnemission nach Deutschland). Die Niederlage der auch von der chinesischen Kaiserin unterstützen Boxer, die schmachvollste Demütigung in der chinesischen Geschichte, läutete das Ende des chinesischen Kaisertums ein.

Verabschiedung des deutschen Expeditionskorps nach China durch Kaiser Wilhelm II. in Bremerhaven am 27.7.1900 (rechts).

Hetzblatt gegen ”die fremden Teufel” (links)

 

Dolchstoßlegende

Die nach dem Ersten Weltkrieg vor allen Dingen durch Erich Ludendorff verbreitete These, daß Teile der deutschen Heimatbevölkerung, besonders aber Gruppen der sozialistischen Linken oder sogar die ganze Sozialdemokratie, durch ihre revolutionäre Tätigkeit das ”im Felde unbesiegte” deutsche Heer ”von hinten erdolcht” und dadurch den Zusammenbruch Deutschlands verschuldet hätten. Die Dolchstoßlegende entwickelte sich schon 1919 zur Kampfparole der politischen Rechten. Obwohl bald durch Untersuchungen (Dolchstoßprozeß 1925) entkräftet, wurde sie propagandistisch von den Nationalsozialisten gegen die Weimarer Republik und ihre Regierungen gebraucht. In der Forschung gilt die Dolchstoßlegende als widerlegt

Petition of Right

(engl.: Bittschrift um die Herstellung des Rechtes), Bittschrift des englischen Parlaments an König Karl I. vom Mai 1628. In ihr forderten die Parlamentarier unter der Führung von Sir Edward Cokes den König auf:

Die Petition war zum Teil eine Reaktion auf Karls Praxis, das Geld, das ihm das Parlament nicht mehr bewilligen wollte, direkt von seinen Untertanen einzutreiben, um seine kostspieligen Kriege im Ausland finanzieren zu können. Wer die Zahlung verweigerte, wurde willkürlich verhaftet. Karl nahm die Petition an und erhielt als Gegenleistung vom Parlament die Bewilligung der Mittel für seine Außenpolitik. Die Petition wurde zum festen Bestandteil der englischen Verfassung.

Bürgerkrieg in England

Elisabeth I. folgten auf dem Thron Englands zwei Stuarts, Jakob I. (1603-25) und Karl I., die in einen Gegensatz zum Parlament und der katholischen Kirche gerieten. Bereits unter Jacob I., dem Sohn Maria Stuarts, einem Anhänger des absoluten Königtums, der sich auf die anglikanische Kirche stützte, entstand ein schwerer Konflikt mit dem Parlament, der an Schärfe unter seinem Nachfolger Karl I. zunahm. Zum Verfassungs- und Sozialkonflikt trat der Kampf zwischen der Bischofskirche und den radikalen calvinistischen Gruppierungen der Puritaner, die die Reinigung der Kirche von England von katholisierenden Elementen betrieben. Schon 1620 waren die Pilgrim Fathers, radikale Puritaner, aufgrund des Glaubenszwanges in die Neue Welt emigriert und hatten die erste dauerhafte Kolonie in New England gegründet. Später folgten ihnen andere Puritaner, Täufer siedelten auf Rhode Island und in Connecticut, englische Katholiken in Maryland.

Oliver Cromwell in der Schlacht von Naseby (pinxit Charles Landseer)

Als Karl I. auch in Schottland das anglikanische Kirchensystem durchsetzen wollte und zusätzlich eine Rebellion in Irland ausbrach, verschärften sich die Gegensätze zwischen Parlament und Krone so sehr, daß es schließlich 1642 zum Ausbruch eines Bürgerkrieges kam, in dem sich nach den Schlachten bei Marston Moor 1644 und Naseby 1645) schließlich die radikalen Puritaner und Independenten gegen die Royalisten durchsetzten. Der König wurde angeklagt und 1649 hingerichtet, das Oberhaus und das Königtum abgeschafft. Bis zur Restaurierung des englischen Königtums 1660 bestand eine Staatsform, die ganz entscheidend von der Person Oliver Cromwells, des Führers der New Model Army, geprägt war, der seit der Verfassung vom Dezember 1653 als ”Lord Protector” eine gleichsam monarchische Stellung einnahm, obwohl er den ihm 1657 vom Parlament angebotenen Königstitel ablehnte.

 

 

Cancan oder Chahut

[franz.: Lärm, Getöse], nach der Juli-Revolution von 1830 in Paris aufgekommener Gesellschaftstanz in rasantem 2/4-Takt. Er geht zurück auf einen aus Algier stammenden Sprungtanz. Unter der Bezeichnung Quadrille parisienne wurde er in den Pariser Ballsälen getanzt, die wüste, alle Sittenregeln sprengende Form der Ausführung brachte ihn jedoch schnell in Verruf und setzte ihn als öffentliches Ärgernis auch der behördlichen Verfolgung aus. Umso größere Triumphe feierte er dafür im Varieté, wo er chorisch von Frauen, u.a. von Louise Weber, als Bühnenschautanz dargeboten wurde und bis in unser Jahrhundert hinein eine Attraktion im Pariser Nachtleben blieb. Noch heute unvergessen ist er aber vor allem durch Jacques Offenbach (1819-1880), der ihn immer wieder in seine Operetten eingebaut hat (das heute immer wieder als Cancan gespielte Stück aus Orpheus in der Unterwelt, 1858, wurde von Offenbach allerdings als Galop infernal überschrieben). Henri de Toulouse-Lautrec machte ihn durch seine Plakat berühmt.

Dreikaiserbund

Informelles Bündnisverhältnis zwischen dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn und Rußland, das Otto von Bismarck bei der Dreikaiserzusammenkunft (Berlin, 9.-11.9.1872) mit dem Hinweis auf die gemeinsamen Interessen (Verteidigung der Monarchie gegen republikanische Tendenzen) erreichte: Das Prinzip der ”monarchischen Solidarität” gegen Demokratie und Sozialismus sollte alle anderen Gegensätze überbrücken (Kern der weiteren Außenpolitik Bismarcks); am 22.10.1873 kam es auf dieser Basis zum Dreikaiserabkommen; am 18.6.1881 in Berlin durch das Dreikaiserbündnis (Neutralität bei Angriff einer 4. Macht) erneuert; wurde seit 1876 durch die österreichisch-russische Rivalität auf dem Balkan unterhöhlt. Sein Scheitern in der Balkankrise veranlaßte Bismarck zum Rückversicherungsvertrag (1887).

Calvinismus

Im Gegensatz zur Theologie Martin Luthers hat gemäß der Institutio des Johannes Calvins Gott alle irdische Wirklichkeit bereits zum Anfang der Zeit geschaffen, d.h. bestimmt und damit gewußt, was sich wie entwickelt. Gemäß dieser ”Prädestination” habe der Mensch keinen Einfluß auf seinen Lebensweg. Daher könne man am Erfolg eines Menschen auf seine Erwählung schließen, an seinem Scheitern bzw. Mißerfolg seine Verdammnis. Letzterer mag sich noch so sehr um ein moralisch einwandfreies Leben bemühen, aus ihm könne nie ein Auserwählter werden. Wegen dieser für den Menschen dadurch bestehenden Ausweglosigkeit wird der Calvinismus immer wieder heftig kritisiert (The dismail theology of Calvinism in George Orwells The English People).

Jansenisten

Anhänger der von Cornelius Jansen (*1585, †1638), Bischof von Ypern, ausgehenden katholischen Reformbewegung im 17./18.Jahrhndert v.a.in Frankreich Theologie und Spiritualität stark geprägt hat, jedoch wegen der Überbetonung der Gnade 1653 (von Innozenz X.), 1705 und 1713 (von Klemens XI.) einerseits päpstlich verurteilt, andererseits vom französischen Absolutismus, wegen der Gewissensfreiheit, die über jegliche Machtwillkür gesetzt wurde, mit Mißtrauen betrachtet wurde. Das Kloster Port-Royal des Champs, der Sammelpunkt des französischen Jansenismus, wurde 1709 aufgehoben. In der Aufklärung spielte der Jansenismus als Gegenbewegung zu den Jesuiten eine wichtige Rolle, verlor jedoch nach deren Vertreibung (1761) aus Frankreich an Bedeutung. Der Jansenismus geht auf die Lehren des Augustinus zurück und beinhaltet den Glauben, daß der Mensch von Geburt an gerettet oder verdammt ist, je nachdem er über die Gnade verfügt oder nicht. (s.a. Prädestinationslehre im Kalvinismus).

Kreisauer Kreis

Eine von Helmuth James Graf von Moltke nach 1933 auf dem Moltke’schen Gut bei Kreisau gegründete Gesprächsgruppe von Intellektuellen, der sich ab 1940 zu einem Zentrum des Widerstands gegen den Nationalsozialismus entwickelte. Die Mitglieder des Kreisauer Kreises diskutierten vor allen Dingen über Maßnahmen einer staatlichen und gesellschaftlichen Neuordnung Deutschlands nach dem Sturz des Nazi-Regimes. Es bestanden jedoch auch Kontakte zu der Verschwörung von Mitgliedern des Militärs (um Stauffenberg), die diesen Sturz durch die Ermordung Hitlers selbst herbeizuführen suchten, was in die gescheiterte Erhebung vom 20. Juli 1944 mündete. An dieser waren auch Teile des Kreisauer Kreises aktiv beteiligt. Danach wurden viele Mitglieder verhaftet und hingerichtet. Den Begriff ”Kreisauer Kreis” kreierte die Gestapo.

Devotio moderna

[lat.: neue Frömmigkeit]: eine aus den Niederlanden und Flandern stammende, der deutschen Mystik verwandte religiöse Bewegung des 14./15.Jahrhunderts. Eines vagen und leeren Lebens überdrüssig, gründete der wohlhabende und gelehrte Magister Geert Groote (*1340, †1384) zusammen mit Florens Radewijns (*1350, †1400) in Deventer das Haus der Fraterherren oder Brüder vom gemeinsamen Leben und später die Klerikerkongregation der Augustiner-Chorherren von Windesheim bei Zwolle. Diese Gemeinschaften verstanden sich als Abbild der urkirchlichen Apostelgemeinde, die die Verweltlichung und Unsittlichkeit in der katholischen Kirche geißelten, was zu Zusammenstößen mit der Amtskirche führte. Hatte sich die Frömmigkeit bis dato überwiegend auf mönchisch-klösterliche Ideale beschränkt, so sollte ein praktisches Weltchristentum der tätigen und helfenden Liebe (Krankenpflege, Armenfürsorge, Schulen) an deren Stelle treten. Die schlichte, religiöse und auf das Praktische gerichtete Einstellung der devotion moderna wirkte tief auf die Menschen im Nordeuropa des 15. Jahrhunderts. Die Bewegung nahm jedoch in dem Maße ab, in dem die Reformation ab dem 16. Jahrhundert zunahm. Ein bedeutender Vertreter der devotio moderna war Thomas von Kempen, der das Hauptwerk der devotio moderna verfaßte, die imitatio Christi.

Relativitätstheorie

die von dem Physiker Albert Einstein 1905 als Spezielle und 1916 als Erweiterung zur Speziellen als Allgemeine Relativitätstheorie entwickelte, die Physik revolutionierende Theorie der Struktur des vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuums, eine Theorie, die dem gesunden Menschenverstand entgegenzustehen scheint, da die Zeit nicht überall gleich schnell vergeht, der Raum durch Masse gekrümmt ist und der Alterungsprozeß mit zunehmender Geschwindigkeit langsamer abläuft. Anstoß zu diesen Überlegungen waren Messungen der Lichtgeschwindigkeit, die Albert Michelson (*1852, †1931) und 1887 Edward Morley (*1838, †1923) durchzuführen versuchten. Diese stellten fest, daß die Geschwindigkeit des Lichtes immer gleich schnell war, obwohl man erwartet hatte, daß die Lichtbewegung unterschiedlich sei, je nachdem, ob - von der Erde aus gesehen - sich das Licht von der Erde in Bahnrichtung bewegt oder oder auf diese zubewegte. Diese Feststellung widersprach der Lebenserfahrung. Das scheinbare Paradoxon der konstanten Lichtgeschwindigkeit (Invarianz) ließ sich dann lösen, wenn man sich von der scheinbar selbstverständlichen Vorstellung einer absoluten Zeit verabschiedet. Denn wenn sich beim Übergang von einem Bezugssystem zum anderen die Lichtgeschwindigkeit nicht ändert, dann muß sich etwas anderes ändern: die Zeit. Eine Zeitangabe kann also immer nur relativ zu einem bestimmten Bezugssystem gelten, die Vorstellung einer absoluten Zeit ist demnach eine Illusion. Diese Folgerung ist der Grundgedanke Einsteins speziellen Relativitätstheorie. Eine weitere Folgerung aus der - speziellen - Relativitätstheorie ist das Anwachsen der trägen Masse eines bewegten Körpers mit seiner Geschwindigkeit und die Äquivalenz von Masse m und Energie E, ERuhe=mc2 (c=Lichtgeschwindigkeit). Das bedeutet u.a., daß die Geschwindigkeit, mit der das Licht sich ausbreitet, nicht überschritten werden kann, da die Masse mit zunehmender Geschwindigkeit ebenfalls zunimmt und unendlich anwachsen würde. Da die Lichtgeschwindigkeit mit annähernd 300.000 km in der Sekunde sehr hoch ist, läßt sich nur mit hohem technischen Aufwand feststellen, daß die Geschwindigkeit des Lichts nicht nur stets gleich, sondern tatsächlich auch begrenzt begrenzt ist. Zahlreiche Voraussagen Einsteins sind von der modernen Physik bestätigt worden. Seine lebenslange Suche nach einer Weltformel blieb allerdings bislang erfolglos.

Théodicee - θεοδικία

[von griech.: θεός theós (Gott) und δίκη díke (Gerechtigkeit); Gerechtigkeit Gottes): Titel des gleichnamigen Hauptwerkes von Gottfried Wilhelm Leibniz von 1710, in dem der Widerspruch zwischen der Liebe Gottes zu den Menschen und dem Bösen in der Welt theologisch und philosophisch diskutiert und aufgeklärt wird: ”Warum läßt Gott das Böse in der Welt zu?” Leibniz sah das Böse als einen bloßen Mangel an Gutem, von Gott im Rahmen seiner Schöpfung als Mittel zur Prüfung und Bewährung zugelassen, damit schließlich auch aus ihm Gutes entspringe.

Der von dem antken Philisophen Plotin (*205, †270) beeinflußte Kirchenlehrer und Philosoph Augustinus suchte Antwort darauf, weshalb Gott als die größte Kraft des Guten, das Böse entstehen lassen konnte. Für Augustinus ist das Böse ein Mangel an Gutem oder eine Perversion des Guten: Gott ist das Gute schlechthin und alles, was von ihm geschaffen wurde, ist im Wesentlichen gut. Nach Augustinus kann es deshalb nichts geben, was vollkommen böse ist.

Katholische Aktion

die bis zum 2. Vatikanischen Konzil übliche Bezeichnung der auf die Enzyklika Ubi Arcano Papst Pius' XI. zurückgehenden und fest in die hierarchischen Strukturen der Kirche eingebundenen Laienaktivitäten in der katholischen Kirche (sog. Laienapostolat).

Konklave

[von lat.: clavis (verschließbarer Raum); conclave, is (n) (Gemach, Zimmer)]: im Kirchenrecht der Ort, an dem sich die Kardinäle versammeln, aus deren Mitte der zu wählenden neue Inhaber des Stuhles Petri kommen wird, aber auch der Zustand der nach dem Tod eines Papste herbeigeführt wird, um in Abgeschiedenheit von äußeren Einflüssen den neuen Papst zu bestimmen.

Agnostizismus

[von griech.: ἀγνοεῖν, agnoein = nicht wissen]: philosophische Richtung, wonach das wahre Sein, die Dinge an sich, insbesondere das Göttliche, nicht erkennbar sind, jedoch nicht unbedingt nicht existieren und geleugnet werden.

Nominalismus

[von lat.: nomen = Name, Bezeichnung]: philosophische Richtung der Scholastik, derzufolge Allgemeinbegriffe als bloße Namen der Dinge aufgefaßt werden, also keiner Realität außerhalb des Denkens entsprechen. Im sog. Universalienstreit richtete sich der Nominalismus gegen den Begriffsrealismus und Platonismus, wonach allein Einzeldinge und Individuen bestehen. Begründer und Verfechter des Nominalismus war Pierre Abélard.

Reichsunmittelbarkeit

Im Heiligen Römischen Reich bis 1806 die staatsrechtliche Stellung der Gebiete und Personen, die Kaiser und Reich unmittelbar unterstanden: Reichsfürsten, -städte, -dörfer, -ritter und -beamte. Diese Stellung hatte eine bedeutende Auswirkungen auf die Entscheidungen der jeweiligen Organe, so konnte beispielsweise ein Graf, unabhängig von seinem Herzog, für seine Herrschaftsgebiet die Glaubensrichtung frei, nur dem Kaiser und Reich verpflichtet, wählen.

Bekennende Kirche

Seit 1934 die Bewegung innerhalb der evangelischen Kirche Deutschlands, die der nationalsozialistisch bestimmten Haltung der Deutschen Evangelischen Kirche und den von ihr gestützten Deutschen Christen entgegentrat. Hervorgegangen aus dem von Martin Niemöller 1933 in Berlin-Dahlem gegründeten Pfarrernotbund, der verfolgte Pfarrer unterstützte, seine Mitglieder zur alleinigen Bindung an die Bibel und die Bekenntnisse verpflichtete und die Sammlung von Laien in Bekennenden Gemeinden begann, breitete sich die Bekennende Kirche in allen Teilen Deutschlands aus. Sie wandte sich auf den Bekenntnissynoden von Barmen (Mai 1934, Barmer Theologische Erklärung), Dahlem (Oktober 1934) und Augsburg (Juni 1935) insbesondere gegen die Abschaffung des Alten Testaments und gegen den Arierparagraphen. Auf der 2. Bekenntnissynode in Dahlem wurde der Notstand der Kirche erklärt und den Bruderräten (als Notkirchenregiment) wurden die wichtigsten Aufgaben der Kirchenleitung übertragen. In Bekenntnisfragen erklärte sich die Bekennende Kirche für allein rechtmäßig und verneinte den Macht- und Rechtsanspruch der Reichskirche. Ihre Haltung wurde vom nationalsozialistischen Regime als politische Reaktion verstanden. Die Bekennende Kirche hielt aber trotz Amtsenthebungen von Pfarrern und Theologieprofessoren, Verfolgung und Inhaftnahme von Pastoren und Laien, Zeitschriften- und Bücherverbot u.a. den Widerstand aufrecht und wuchs über die Bedeutung einer rein kirchlichen Bewegung hinaus. Nach 1945 wirkte die Bekennende Kirche führend bei der Neuordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland mit. Wichtige Persönlichkeiten der Bekennenden Kirche waren die Bischöfe Theophil Wurm (*1868, †1953) und Hans Meiser (*1881, †1956) , Präses Karl Koch (*1876, †1951), die Pastoren Friedrich von Bodelschwingh, Hans Christian Asmussen (*1898, †1968) sowie die Theologen  Karl Barth und Dietrich Bonhoeffer (*1906, †1945).

Rote Kapelle

Von der Gestapo geprägte Bezeichnung für ein Netz der von dem polnischen Publizisten und Obersten des sowjetischen Geheimdienstes Leopold Trepper (*1904, †1982) ab 1938 von Brüssel aus aufgebauten und zum Teil kommunistisch gelenkten Spionage- und Widerstandsgruppen im nationalsozialistischen Deutschland und in den besetzten Gebieten in den Jahren 1938 bis 1942. Trepper warb als Inhaber einer Trenchcoat-Handelsfirma Agenten in Belgien, Frankreich und den Niederlanden an. Aufgrund seiner Erkenntnisse hatte er Stalin vor dem bevorstehenden deutschen Überfall auf die Sowjetunion gewarnt, ohne daß dieser die Warnung ernst nahm. Ab 1941 operierte die Rote Kapelle im Reich selber. Zu ihr gehörte u.a. ein Kreis von Künstlern, Intellektuellen, Konservativen und Kommunisten um den Oberregierungsrat im Reichswirtschaftsministerium Arvid von Harnack und den Oberleutnant im Luftfahrtministerium Harro Schulze-Boysen (*1909, †1942). Die deutsche Spionageabwehr zerschlug die Rote Kapelle am 31. August 1942 verhaftete etwa 600 Personen, die der Zugehörigkeit zur Roten Kapelle verdächtigt waren. Im Dezember 1942 wurden über 50 Todesurteile gegen die ”Landesverräter und Bolschewisten” der Roten Kapelle vollstreckt.

Weiße Rose

Name für eine aus einem studentischen Freundeskreis hervorgegangene Widerstandsgruppe in München, die 1942/43 aus religiös-sittlich motivierter Protesthaltung mit insgesamt sechs Flugblättern sowie mit Wandparolen gegen das nationalsozialistische Regime auftrat. Sie forderte Studentenschaft und Bevölkerung zum Widerstand und zur moralischen Erneuerung Deutschlands auf. Schritte zur Ausdehnung in andere Städte Deutschlands (u.a. Ulm) und Österreichs sowie zum aktiven Widerstand blieben im Ansatz stecken. Die führenden Mitglieder (u.a. Sophie und Hans Scholl, Willi Graf, Christoph Probst, Kurt Huber wurden ab 18.2.1943 verhaftet und wenige Tage später hingerichtet. Der Name Weiße Rose wurde von Hans Scholl gefühlsmäßig und willkürlich gewählt als Formel und Programm (lt. Gestapo-Verhörprotokoll vom 20.1.1943).

Blauer Reiter

Name einer 1911 in München gegründeten Künstlergemeinschaft, der u.a. Franz Marc, Wassily Kandinsky, Gabriele Münter, August Macke, Paul Klee, Alexej von Jawlensky, Alfred Kubin angehörten. Der Name entstammt dem 1911 von Kandinsky geschaffenen gleichnamigen Bild, das 1912 das Titelbild zum Almanach Der blaue Reiter wurde. Die Künstler des Blauen Reiters erstrebten eine Erneuerung der Kunst aus den Ursprüngen, ohne jedoch einen gemeinsamen Stil wie z.B. die Maler der Brücke ausgebildet zu haben. Der Erste Weltkrieg beendete die Aktivitäten des Blauen Reiters, dessen Ideen in vielen Bereichen der abstrakten Malerei weiterwirkten.

Manchestertum

auch Manchesterkapitalismus genannt, ist die regide, kompromißlose Form des Kapitalismus unter absolut freien Handelsbedingungen, die jegliches steuerndes Eingreifen des Staates auschließen. Die Bezeichnung geht auf die Stadt Manchester zurück, deren Handelskammer zusammen mit der Manchester-Partei 1838-1846 erfolgreich gegen die Einführung von Getreidezölle kämpfte. Das Manchestertum stand diametral dem Merkantilismus gegenüber, der gezielte dirigistische Eingriffe des Staates zur Steuerung und Stärkung der Handels- und Wirtschaftskraft erlaubte.

Versailler Vertrag

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges (1914-18) wurde seitens der Siegermächte über die Folgen des Krieges und die von Deutschland zu erwartenden Reparationen für die Kriegsfolgen beraten und die sog. Pariser Vorortverträge zwischen der Entente und den Mittelmächten vereinbart, die den Krieg auch völkerrechtlich beendeten. Der sog. Versailler Vertrag ist ein Teil dieser Verträge. Er wurde am 28.6.1919 im Versailler Schloß zwischen dem Deutschen Reich und 26 alliierten und assoziierten Mächten unterzeichnet und trat am 10.1.1920 in Kraft. Er war insofern ein Diktat, als die Mittelmächte keinerlei Mitspracherecht eingeräumt worden war (einige Länder ratifizierten den Vertrag nicht oder beendeten den Kriegszustand mit dem Deutschen Reich durch Sonderverträge).

Auf das Deutsche Reich bezogen enthielt der Vertrag gravierende Bestimmungen: Deutschland verlor durch Gebietsabtretungen 70.579 km2 Territorium mit etwa 7,3 Mio. Einwohnern; das Heer wurde auf 100.000 Mann, die Marine auf 15.000 Mann mit umfangmäßig eingeschränkter Flotte beschränkt; die Wehrpflicht, der Generalstab und die Kriegsakademie wurden abgeschafft; Forderungen auf gewaltige Reparationen wurden mit der deutschen Alleinschuld am Ersten Weltkrieg begründet; deutsches Eigentum im Ausland wurde ersatzlos konfisziert.

In der öffentlichen Meinung, sowohl von rechts als auch von links, wurde der Versailler Vertrag trotz später beschlossener Revidierung mancher Artikel weiterhin als ein Diktat angesehen (Diktat von Versailles). 1933 brach die nationalsozialistische Reichsregierung der Vertrag (der im übrigen schon während der Weimarer Republik in Teilen unterlaufen worden war); offiziell wurde er am 30. Januar 1937 beendet.

APO

[außerparlamentarische Opposition). In den 1960er Jahren entstand in der Studentenschaft und unter gewissen Gruppen Jugendlicher eine zunehmende Unzufriedenheit über die politische und gesellschaftliche Situation in der Bundesrepublik Deutschland, die von diesen als verkrustet und repressiv bezeichnet wurde. Als 1966 eine aus CDU/CSU und SPD bestehende Große Koalition mit Kurt Georg Kiesinger als Kanzler gebildet wurde, entwickelte sich außerhalb des Parlament politischer Widerstand gegen die Notstandsgesetze, die Hochschulreform (”Unter den Talaren der Muff von tausend Jahren”) und die zunehmende Pressekonzentration, besonders durch die sogenannte Springer-Presse (Bild-Zeitung etc.). Unzufriedenheit hatte sich auch dadurch gebildet, daß nach dem Kriege zunächst keine echte Aufarbeitung der Ereignisse im Dritten Reich stattfand und zudem in führenden Positionen der Bundesrepublik auch solche Personen saßen, die bereits im Nazi-Unrechtstaat leitende Funktionen inne hatten (u.a. der an der Kommentierung der Nürnberger Rassegesetze mitwirkende Hans Globke als leitender Staatsekretär unter Bundeskanzler Adenauer oder der Ministerpräsident Baden-Würtembergs, Hans Filbinger, der im Zweiten Weltkrieg als Marinerichter Standurteile zu verantworten hatte). Unter Führung des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) und Rudi Dutschke entwickelte sich die APO rasch zu einer antiautoritären Bewegung, die durch provokative, oft in Straßenschlachten besonders in West-Berlin und Frankfurt am Main mündenden Aktionen gesellschaftliche Veränderungen zu erreichen suchte. Als Studenten anläßlich des Staatsbesuches des Schahs gegen das Unrechtsregime in Iran protestierten und bei einer Demonstration am 2.6.1967 in West-Berlin der Student Benno Ohnesorg von der Kugel des Kriminalobermeister Karl-Heinz Kurras, von hinten getroffen, getötet wurde, breitete sich die Protestbewegung nunmehr über nahezu alle Universitätsstädte aus. Es kam zu demonstrativen Sitzblockaden (sog. sit.ins) auf Hauptverkehrsstraßen, Brandanschlägen gegen Auslieferungszentren der Springer-Presse, zu Attacken auf Kaufhäuser (Hertie in Frankfurt am Main) als Ausdruck der Ablehnung des Konsumterrors und zu auf beiden Seiten zunehmender Gewaltanwendung. Nach einem am 11.4.1968 erfolgten Attentat auf Rudi Dutschke kumulierten die Demonstrationen in einem Sternmarsch auf Bonn, an dem ca. 30.000 Personen teilnahmen, um u.a. gegen die Notstandsgesetze zu protestieren, die schließlich am 30.5.1968 verabschiedet wurden (aus dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen im Jahre 1968 leitet sich der Begriff der ”Achtundsechziger”, als derjenigen ab, die tatsächlich oder moralisch an diesen Ereignissen teilnahmen). Während die Bewegung Ende 1969 verebbte, glitten kleine der aus der APO kommenden Gruppen in den Terrorismus ab (Baader-Meinhof-Gruppe, RAF).

Carboneria

[ital.] die, um 1808 in Süditalien entstandener politischer Geheimbund, der für die Unabhängigkeit Italiens kämpfte und sich für eine liberale Verfassung einsetzte. Mitglied war u.a. Giuseppe Mazzini.

Kant-Laplace-Theorie

Bezeichnung für zwei Theorien zur Entstehung unseres Sonnensystems: während sich gemäß Immanuel Kants Theorie von 1755 hochverdünnte, aus kosmischen Gaswolken bestehende Materie durch Gravitation gleichzeitig zu Sonne und den Planeten verdichtete, entstand nach Pierre Simon Laplaces Nebularhypothese von 1796 zunächst die Sonne, aus der heraus aufgrund ihrer schnellen Rotation Masse ins All herausgeschleudert wurde, die sich abkühlte und schließlich zu Planeten verdichtete. Vor ihnen hatte bereits Emanuel von Swedenborg eine dieser Ansichten entsprechenden Theorie entwickelt.

Kirchenschisma

[von griech.: σχίσμα schisma (Trennung)], Aufhebung der kirchlichen Einheit (Kirchenspaltung). Das bekannteste ist das abendländische Schisma von 1378 bis 1417, das durch das vom 5. November 1414 bis zum 22. April 1418 tagende Konstanzer Konzil, in dem u.a. die Auseinandersetzung mit den Lehren des Johannes Hus zu lösen war, beigelegt wurde, und bei dem zwei (zeitweise drei) Päpste gleichzeitig Anspruch auf den Stuhl Petri erhoben.

Ihren Anfang nahm die drei Jahrzehnte währenden Kirchenspaltung, als Gregor XI. am 27.3.1378 in Rom starb und sich das am 7.4. zusammengetretene, aus zunächst 16 Kardinälen bestehende Konklave nicht auf einen Kandidaten einigen konnte. Unter dem Druck von Außen wählten schließlich die verbleibenden 12 Kardinäle den Erzbischof von Bari, Bartolomeo Prignano, der sich Urban VI. nannte, zum Papst. Bereits der Wahlverlauf hatte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl aufkommen lassen, und als Urban die absolute Anerkennung forderte, reagierten die Kardinäle mit einem neuen Konklave in Fondi und wählten dort am 20.9. Kardinal Robert von Genf als Klemens VII. zum Papst, der nach Avignon ging. Er wurde zwar von sämtlichen Kardinälen und dem größten Teil der kurialen Verwaltung unterstützt, konnte sich jedoch in Italien nicht durchsetzen.

Aristotelismus

Sammelbegriff für die Übernahme, Aus- und Umbau der Lehren des Aristoteles durch die Schüler und Nachfolger des griechischen Philosophen. Von den Neuplatonikern wurden seine Werke mit Kommentaren versehen. Durch Vermittlung der arabischen (al-Kindi, al-Farabi, Ibn Sina, Ibn Ruschd) und jüdischen (Abraham Daud, Maimonides, Levi ben Gerson, Crescas) Philosophen gelangten sie gegen Ende des 12 .Jahrhunderts in das übrige Abendland. Sie wurden im 13.Jahrhundert ins Lateinische übersetzt und besonders von Thomas von Aquin in die christliche Philosophie der Scholastik aufgenommen. Obwohl der Aristotelismus seit René Descartes und der Entwicklung der neuzeitlichen Naturwissenschaft an Bedeutung verlor, regte seine Lehre noch Gottfried Wilhelm Leibniz, Christian Wolff, Georg Wilhelm Friedrich Hegel u.a. entscheidend an und wirkt in wissenschaftstheoretischen Grundlagendiskussionen fort.

Panlogismus

[griech.: aus πᾶν / pan = alles und λόγος / logos = Wort, Lehre, Vernunft] philosophische Lehre, nach der die Vernunft als das eigentlich Wirkliche und die Welt als deren Materialisierung angesehen wird; vertreten z.B. im Idealismus Georg Wilhelm Friedrich Hegels (”alles Wirkliche ist vernünftig”).

Novemberaufstand in Polen

Die immer wieder erfolgten Teilungen Polens (1772, 1773 und 1795) und die damit verbundene, bis in das 20. Jahrhundert hinein herschende Fremdbestimmung, insbesondere die Russifizierung von Teilen des Landes führten wegen der sich daraus entwickelnden Spannungen im Nationalbewußtsein immer wieder zu Aufständen, deren einer die sogenannte Novemberrevolution 1830/31 war. Der Aufstand begann am 29.November 1830 mit einem, allerdings mißlungenen Anschlag einer jugendlichen Verschwörergruppe auf die Residenz des Großfürsten Konstantin Pawlowitsch im Schloß Belvedere. Verhandlungen zur Verhinderung weiterer Gewaltanwendung scheiterten einerseits am Einspruch Zar Nikolaus’ I., andererseits an dem Unwillen der inzwischen aufgeputschten Bevölkerung, deren radikale Kräfte auf eine absolute Unabhängigkeit Polens beharrten und schließlich am 24.1.1831 der Dynastie des russischen Zarenhaus der Romanows die Berechtigung aberkannten, weiterhin Anrechte auf den polnischen Thron zu erheben. Daraufhin verhängte der Zar den Kriegszustand und ließ seine Truppen unter Feldmarschall Graf Diebitsch einmarschieren. Die polnische, neu gebildete Nationalregierung konnte eine militärische Niederlagen nicht mehr abwenden. Nikolaus ließ die Rädelsführer in absentia zum Todes verurteilen, ihre Familien verloren alle Besitztümer. Schließlich wurde im Februar 1832 die polnische Verfassung von 1815 durch das sog. Organische Statut des Königreichs Polen ab-, der Reichstag und das polnische Heer aufgelöst. Besonders in Westpolen wurde die Verwendung der polnischen Sprache bei Behörden untersagt, polnische Kleinadelsfamilien wurde gegen ihren Willen in den Kaukasus und nach Sibirien umgesiedelt. Als Folge des Aufstandes kam es zur ”Großen Emigration”, d.h. die Teilnehmer an der Revolution und die anschließend Verfolgten verließen das Land und sammelten sich in der Mehrheit in Paris.

Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation (Sacrum Romanum Imperium Nationis Germanicae)

Die amtliche Bezeichnung für die politisches Konstruktion Westeuropas, die vom Hochmittelalter bis zum 6.8.1806 bestand, als Kaiser Franz II. unter dem Druck Napoléons das Heilige Römische Reich für aufgelöst erklären mußte. Sie basierte auf der universalistischen Tradition des Römischen Reiches (Imperium Romanum). Das Heilige Römische Reich (Sacrum Romanum Imperium) - der Zusatz Deutscher Nation (Nationis Germanicae) entstand nach 1442 - war seit 962 unter Kaiser Otto I. mit dem Reich nördlich der Alpen verbunden. Zur staatsrechtlichen Folge gehörte die Bestätigung des Königs bzw. Kaisers durch den Papst in Rom, was später immer wieder zu Auseinandersetzungen führte (Investiturstreit).

Komintern

Abkürzung für Kommunistische Internationale, Abkürzung KI, auch III. (Dritte) Internationale genannt, eine auf Anregung von Lenin im März 1919 in Moskau gegründete Vereinigung aller kommunistischen Parteien, die als Vollstreckerin des Kommunistischen Manifests und der Ersten Internationale als Endziel die Weltrevolution anstrebte. Seit Mitte der 1920er Jahre geriet die Komintern in den Machtkampf zwischen Stalin und seinen Gegnern innerhalb der KPdSU, aus dem Stalin siegreich hervorging und die zu einem Instrument seiner Außenpolitik wurde. Erst wegen der gegen Nazi-Deutschland geschlossenen der Allianz mit den Westmächten während des Zweiten Weltkrieges ließ Stalin die Komintern im Mai 1943 auflösen.

Adoptivkaiser

Begriff für die römische Kaiser, deren Familien nicht in Rom oder Italien, sondern in Spanien beheimatet waren. Unter ihrer Regierung wuchsen Bedeutung und Eigenständigkeit der Provinzen gegenüber dem römisch-italienischen Mutterlande.Trajan war der erste der drei Adoptivkaiser; ihm folgten Antoninus Pius und Mark Aurel als letzter nach.

Sechstagekrieg

Bezeichnung für den bewaffneten Konflikt zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn Ägypten, Jordanien und Syrien, der - von Itzhak Rabin als Oberbefehlshaber der Armee vorbereitet und durchgeführt - am 5. Juni 1967 mit einem konzentrierten Präventivschlag begann und mit dem Israel anfangs durch gezielte Luftangriffe die arabischen Luftstreitkräfte am Boden vernichtete. Danach besetzten die israelischen Truppen den Gazastreifen und stießen in den Sinai vor. Nach Einstellung der Kampfhandlungen am 10, Juni hatte Israel die Sinai-Halbinsel, das Westjordanland, Ost-Jerusalem sowie die Golanhöhen und ein Gebiet mit 1,5  Millionen dort lebenden Arabern besetzt.

4. Israelisch-Arabischer Krieg (sog. Jom-Kippur-Krieg)

war eine Phase Teil des Nahostkonflikts. Nachdem am 15.5.1948 das britische Mandat über Palästina erloschen war und der Jüdische Nationalrat am 14.5.1948 den unabhängigen Staat Israel ausgerufen hatte, kam es zwischen dem neuen Staat und seinen arabischen Nachbarstaaten zu mehreren kriegerischen Auseinandersetzungen. Der Konflikt erfuhr nach dem Angriff Ägyptens und Syriens am 6. 10.1973 auf den Sinai, den Israel im Sechstagekrieg erobert hatte, eine Verschärfung, die in eine erneute militärische Auseinandersetzung mündete. Innerhalb weniger Tage hatten die israelischen Truppen, nachdem die Syrien zuvor innerhalb weniger Stunden die Golanhöhen besetzt und die Ägypter den Suezkanal überschritten hatten, die gegnerischen Truppen vor allen Dingen mittels ihrer schlagkräftigen Luftwaffe geschlagen. Am 16.10. überschritten die israelischen Truppen ihrerseits den Suezkanal. Aufgrund der Resolution 338 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und des politischen Druck der Vereinigten Staaten kam es am 22. Oktober 1973 zum Waffenstillstand.

Gaza-Jericho-Abkommen

Bezeichnung für die Declaration of Principles (DOP) für die am 13.9.1993 in Washington unterzeichnete Rahmenvereinbarung (Grundsatzerklärung über eine Teilautonomie der Palästinenser im Gazastreifen und in der Stadt Jericho) zwischen dem Staat Israel und der Palestinian Liberation Organisation (PLO), mit der Verhandlungen über einen vorübergehenden Friedensprozeß im Nahostkonflikt einleitet wurden. In ihr wurde - unter israelischer Oberhoheit - eine vorläufige palästinensische Teilautonomie für die von Israel besetzten Gebiete vereinbart. Nachdem die Vereinbarung zunächst von der Knesset und schließlich vom PLO-Zentralrat gebilligt worden war, traten beide Partner in erneute Verhandlungen, die im Kairoer Abkommen bzw. ”Abkommen über die palästinensische Teilautonomie im Gazastreifen und im Gebiet von Jericho” vom 4.5.1994 zu einer Präzisierung der Autonomierechte führten.

Hugenotten (Les huguenots)

Seit ca. 1560 Bezeichnung für die französischen kalvinistischen Protestanten. Nachdem der auf Johannes Calvin zurückgehende Kalvinismus auch in Frankreich immer mehr Anhänger fand, wurde ihnen freie Religionsausübung zunächst durch das sog. Januaredikt von 1962 toleriert, wenngleich zunächst nur außerhalb der Städte. Aber schon im März 1562 begannen nach dem Blutbad von Wassy die sog. Hugenottenkriege.

 Massaker von Wassy

Trotz diverser Niederlagen konnten sie - auch durch den Einfluß Admiral Gaspard de Colignys, der an ihrer Spitze stand, auf König Karl IX. – ihren Glauben weiterhin ausüben, wenn auch eingeschränkt auf einige Gebiete (z.B. La Rochelle in der Vendee). Die Verfolgung, Vertreibung und Ermordung zahlreicher Hugenotten, die auch von Papst Pius V. unterstützt wurden, begann jedoch nach der berüchtigten Bartholomäusnacht im Jahre 1572, in deren Verlauf auch Coligny getötet wurde. Heinrich von Navarra nahm seinen Platz ein, hatte jedoch Katharina von Medici und Heinrich III., der 1585 alle bisherigen Privilegien widerrief, zu starken Widersachern. Im 8. Hugenottenkrieg ließ Heinrich III. 1588 die Anführer der Hugenotten ermorden und verbündete sich schließlich mit Heinrich von Navarra, der nach der Ermordung des letzten Valois als Heinrich IV. König von Frankreich wurde. Um die Gefahr eines Auseinanderbrechen der nationalen Einheit Frankreich zu verhindern, trat Heinrich 1593 zum Katholizismus über und erließ 1598 das Edikt von Nantes, durch das zunächst die freie Religionsausübung und politische Sonderrechte restituiert wurden. Der Konflikt zwischen den Parteien schwelte jedoch weiter und entlud erneut sich in den Kriegen von 1621/22 und 1625 bis 1629. Der französische Kardinal Richelieu entzog den Hugenotten schließlich die bislang gewährten politischen Sonderrechte, gestattete jedoch auch weiterhin die Religionsausübung. Die auferlegten Einschränkungen und die de facto Aufhebung des Edikt von Nantes zwangen die Hugenotten jedoch, Frankreich zu verlassen und sich u.a. auch in Deutschland anzusiedeln. Dieser Exodus war hauptsächlich für den Niedergang der Wirtschaftskraft Frankreich verantwortlich. Erst der vonNapoléon 1804 erlassene Code Napoléon stellte die vollständige Gleichberechtigung der Hugenotten innerhalb Frankreichs her.

Etwa 200.000 Hugenotten flogen aus Frankreich, um sich eine neue Heimat in der Schweiz, den Niederlanden, in England, in Irland und in den skandinavischen Ländern sowie in Rußland und den Vereinigten Staaten zu suchen. Auch in Deutschland siedelten sie sich an, 1597 ließen sich Hugenotten in Hanau nieder Um 1685 kamen fast 50.000 Hugenotten nach Deutschland, die sich auf Hessen und das dünn besiedelte Preußen, wo ihnen Kurfürst Friedrich Wilhelm mit dem Edikt von Potsdam besondere Privilegien gewährte, und besonders Berlin, wo um 1700 jjeder dritte Einwohner ein Hugenotte war, und andere Regionen verteilten. Dank ihrer guten Ausbildung und ihrem Leistungswillen gelang es ihnen, sich rasch zu integrieren, wenn es auch unter der einheimischen Bevölkerung immer wieder zu Neid und Anfeindungen kam.

Bartholomäusnacht

auch Pariser Bluthochzeit genannt; die Nacht zum 24.8. (Bartholomäustag) 1572, in der Admiral Gaspard de Coligny u.a. Führer der Hugenotten, die sich anläßlich der Hochzeit des protestantischen Heinrich von Navarra (des späteren König Heinrich IV. von Frankreich) mit Margarete von Valois in Paris zusammengefunden hatten, zusammen mit Tausenden von Glaubensgenossen auf Befehl Katharinas von Medici, die den wachsenden Einfluß Colignys auf ihren Sohn fürchtete, ermordet wurden, nachdem zuvor ein Anschlag auf den Admiral mißlang, die Hugenotten sich um den Verwundeten versammelten und in Aufruhr geraten waren. Als die Garden des Königs und die des Herzogs von Guise, der der Anführer der katholischen Liga war, Coligny in seinem Haus ermordet hatten, begann das Massaker, dem ca. 50.000 Hugenotten zum Opfer fielen.

Ermordung der Hugenotten am 24. August 1572 (links vor dem Toreingang beugt sich Katharina von Medici über einen Haufen von Leichen).

Goldene Bulle

[lat.: bulla = Kapsel, mit einer Kapsel versehene Siegelurkunde]; wichtigstes Grundgesetz des Heiligen Römischen Reiches, von Kaiser Karl IV. vorgelegt, auf den Reichstagen zu Nürnberg und Metz 1356 angenommen. Die sieben Kurfürsten erhielten verschiedene Privilegien (Unteilbarkeit der Kurlande, Primogenitur [i.e. Nachfolgeordnung nach dem Erstgeburtsrecht]) und wurden endgültig als Wähler des deutschen Königs bestätigt. Ferner enthielt die Goldene Bulle Bestimmungen über den Landfrieden, Beschränkungen des Fehderechts sowie das Verbot, andere Bündnisse als Landfrieden abzuschließen.

Trotzkismus

Bezeichnung für eine auf dem Marxismus fußende, von Leo Trotzkij entwickelte politische Theorie über die Revolution in Rußland, die Weltrevolution und die darauf beruhende politische Bewegung. Trotzkij ging davon aus, daß eine Revolution in dem überwiegend agrarisch strukturierten Rußland nur durch das Proletariat durchgeführt werden könne, das die bürgerliche Revolution direkt durch eine proletarische fortsetzen und weltweit ausdehnen müsse. In einer ”permanenten Revolution” sollte das Bewußtsein der Menschen verändert und somit traditionelles Gedankengut, das eine Wieder-Etablierung priviligierter Bürokratien verhindern sollte, ausgeschaltet werden. Folgerichtig hielt er dabei am proletarischen Internationalismus fest und kritisierte die Bürokratisierung der Partei durch Stalin, der mit seiner Theorie vom ”Aufbau des Sozialismus in einem Lande” ein erbitterter Gegner des Trotzkismus war. 1938 wurde auf Anregung Trotzkijs die IV. Internationale gegründet.

Emser Depesche

Im Frankreich Napoléons III. wurde der Sieg Preußens über Österreich 1866 bei Königgrätz-Sadowa wie eine französische Niederlage empfunden, da durch die Kräfteverschiebungen in Europa das Sicherheitsbedürfnis und der Einfluß Frankreichs tangiert worden war. Die rasche Friedensregelung hatte Napoléon zudem der Möglichkeit beraubt, linksrheinische Gebiete für Frankreich als Ausgleich für diese veränderten Verhältnisse zu fordern. Trotz der Konferenz in London, in der im Mai 1867 die Unabhängigkeit Luxemburgs garantiert wurde, bestanden die Spannungen zwischen Preußen und Frankreich weiterhin, zumal Frankreich im Bunde mit Österreich und Italien versuchte, Preußen einzukreisen und der katholischen Hohenzollern-Sigmaringen-Linie mehrmals die spanische Königskrone angeboten wurde. Als im Juli 1870 bekannt wurde, daß Otto von Bismarck die Annahme der spanischen Krone durch Erbprinz Leopold, einem entfernten Verwandten des preußischen Königs durchgesetzt hatte, verstärkten sich die Spannungen, auch dann noch, als die Familie Hohenzollern-Sigmaringen nach Abstimmung mit dem preußischen König Wilhelm I. schließlich auf die Thronkandidatur verzichtete. Frankreich verlangte eine Garantie dieses Verzicht für alle Zeiten und gab seinem Botschafter Graf Benedetti die Anweisung, dies in einem persönlichen Gespräch mit Wilhelm in Bad Ems zu erreichen, was dieser jedoch ablehnte und jede weitere Unterredung verweigerte. Bismarck wies er an, die Presse ”in geeigneter Form” zu unterrichten. Bismarck kam dieser Anweisung jedoch in so stark verkürzter Darstellung in der Emser Depesche nach, daß sich die französische Regierung düpiert fühlte. Unter dem starken Druck der französischen Öffentlichkeit ließ Napoléon mobil machen und erklärte Preußen am 19. Juli 1870 den Krieg, der sich wegen diverser Bündnisverträge Preußens mit deutschen Staaten zu einem Krieg gegen ganz Deutschland ausweitete, 1871 mit einem Sieg Preußens mit dem Ende des französischen Kaiserreiches endete und schließlich zur Einheit Deutschland führte.

 Treffen Wilhelms I. mit Graf Benedetti in Bad Ems

 

 

 

Westfälischer Frieden

Sammelbegriff für die Friedensverträge, die zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges zwischen dem Kaiser und den deutschen Reichsständen einerseits und Frankreich (Friede von Münster) sowie Schweden (Friede von Osnabrück) andererseits. Er wurde am 24.10.1648 nach vierjährigen Verhandlungen von 148 Gesandten abgeschlossen und war bis 1806, als Kaiser Franz II. auf Druck Napoléons I. die römisch-deutsche Kaiserwürde niederlegte, Reichsgrundgesetz.

Kreuzzüge

Vordergründig aus religiösen, zur Rückeroberung der heiligen Stätten von islamischer Herrschaft, Ausbreitung bzw. Wiederherstellung des katholischen Glaubens, aber sehr stark aus wirtschaftlichen und politischen Motive heraus geführte Kriege. So war durch die Eroberungen der Türken im 11. Jahrhundert der Bestand des Oströmischen Reiches gefährdet; zudem drohte die Abschneidung der Pilgerwege nach Jerusalem. Daher hatte bereits Papst Gregor VII. im Jahre 1074 eine Eroberung der heiligen Stätten geplant. Insgesamt wurden sieben vom 11. bis 13.Jahrhundert geführte Kriegszüge der abendländischen Christenheit durchgeführt.

Erstellt unter teilweiser Verwendung von Texten aus der PC-Bibliothek 3.0. sowie wikipedia.org.

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