Österreichischer Physiker und Philosoph; der Sohn eines Steuerbeamten studierte in Wien und war Professor in Graz, München, Leipzig und schließlich ab 1895 in Wien auf dem Lehrstuhl für Physik. Er wandte als Erster die Gesetze der Statistik (Boltzmann-Statistik) auf die Moleküle eines Gases an (kinetische Gastheorie); u.a. entdeckte er die Beziehung zwischen Entropie und Wahrscheinlichkeit und begründete das Stefan-Boltzmann-Gesetz. Er litt unter Arbeitsüberlastung mit der Auswirkung eines schweren Nervenleidens. Er setzte seinem Leben durch Selbsttötung ein Ende. Bei Boltzmann studierte u.a. ab 1901 Lise Meitner.
Werke u.a.: Wissenschaftliche Abhandlungen (3 Bde., 1909).
Wien, Zentralfriedhof
Deutscher Chirurg; Sohn eines Pastors; arbeitete nach dem Studium an den Universitäten von Greifswald, Göttingen und Berlin von 1853 bis 1860 zunächst als Assistent von Bernhard von Langenbeck an der Charité in Berlin; danach ging er als Professor nach Zürich auf den chirurgischen Lehrstuhl. Angebote der Universitäten Rostock (1862) und Heidelberg (1864) lehnte er ab, wechselte jedoch 1867 als Leiter der Zweiten Chirurgischen Klinik im Allgemeinen Krankenhaus nach Wien. Während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 wirkte er als in den Lazaretten von Weißenburg und Mannheim. Nach dem Ende des Krieges kehrte er nach Wien zurück.
heodor Bilroth im Hörsaal, (pinxit A. F. Seligmann, um 1880)
Billroth führte mehrere neuartige Operationsmethoden ein, u.a. im Bereich der Magen- und Kehlkopfoperationen, darunter 1871 die erste Ösophagektomie (Entfernung der Speiseröhre) und 1873 die erste Laryngektomie (Entfernung des Kehlkopfs). Am bekanntesten ist jedoch seine – nach vielen fehlgeschlagenen Versuchen – erste erfolgreiche Magenresektion (teilweise Entfernung des Magens), die ihm 1881 bei einem Magenkrebspatienten gelang. Zwei Formen der Magenresektion, Billrothresektion (Billroth I und Billroth II) wurden nach ihm benannt. Auch ein wasserdichter Verbandsstoff trägt nach ihm den Namen Billroth-Batist.
1872 war Theodor Billroth Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH).
Deutscher Mineraloge; studierte Mathematik, Physik und Chemie an der Universität Halle (Saale), war ab 1818 Professor in Graz, später in Freiberg und Wien, führte ein auf bloße äußere Kennzeichen gegründetes Mineralsystem und 1812 die Mohssche Härteskala ein, erkannte die Notwendigkeit schiefwinkliger Koordinatensysteme für monokline und trikline Kristalle.
Julius Ritter Wagner von Jauregg
Österreichischer Arzt und Psychiater; studierte ab 1874 Medizin an der Universität Wien, schloß das Studium 1880 mit Promotion ab, war von 1889 bis 1893 Professor in Graz und von 1893 bis 1928 in Wien; entwickelte eine Methode zur Behandlung der progressiven Paralyse, indem er Geisteskranken zu therapeutischen Zwecken fieberhafte Krankheiten einimpfte; konnte aber erst 1917 mit Impfmalaria ein erfolgreiches und gefahrloses Heilmittel (Heilfieber) entwickeln. Kein Ruhmesblatt in seiner Karriere war das Ausstellen eines Attests, in dem er den seinerzeit bekanntesten Volksschauspieler Alexander Girardi - ohne ihn überhaupt untersucht zu haben - auf Betreiben dessen Ehefrau für geisteskrank erklärte. Erst nachdem sich die Schauspielerin und Freundin Kaiser Franz Josephs, Katharina Schratt, für ihn verwandte, wurde Girardi wieder aus der Nervenheilanstalt entlassen und rehabilitiert. Der Vorfall leitete die “Neurologie-Reform“ ein.
Auszeichnungen u.a.: Nobelpreis für Physiologie oder Medizin (1927).
Österreichischer Mathematiker; studierte von 1826 bis 1828 am Institutum Geometricum in Pest und erhielt 1828 ein Ingenieursdiplom. 1828 schrieb er sich dann an der Philosophischen Fakultät der Universität ein und wurde 1831 zum Adjunkt am Lehrstuhl für Physik ernannt. Petzval, der zwischen 1828 bis 1835 parallel zu seinem Studium als städtischer Ingenieur im Dienste der Stadt Pest arbeitete, wurde 1853 Professor in Pest für Höhere Mathematik. 1837 wurde er auf den Lehrstuhl für Mathematik gerufen und arbeitete bis 1877 als ordentlicher Professor für Mathematik. Neben seiner Professorentätigkeit beschäftigte er sich mit Mechanik, Ballistik, Optik und Akustik. Er verbesserte die photographische Optik, indem er die erste, allen bislang vorliegenden Portraitlinsen weit überlegene Linse entwickelte, die von Friedrich Voigtländer 1840 ausgeführt wurde.
Österreichischer Kinderarzt und Allergieforscher, wurde 1909 Professor in Baltimore, 1910 in Breslau und 1911 in Wien; zusammen mit Bela Schick stellte er 1905 die Lehre von der Serumkrankheit und 1906 von der Allergie auf, 1907 erfand er die Kutan- nach ihm benannte Pirquet-Reaktion zur Diagnose von Tuberkulose und organisierte nach 1918 breite Maßnahmen zur Behebung der Kriegsfolgen in der ärztlichen Versorgung von Kindern. Sein Privatleben verlief weniger erfolgreich: Seine Frau wurde von seiner Familie nicht akzeptiert, war psychisch labil und zudem Barbiturat-abhängig. von Piquet nahm sich gemeinsam mit seiner Frau das Leben durch Zyanidvergiftung.
Österreichischer Röntgenologe; beteiligte sich maßgebend am Ausbau der Röntgendiagnostik und -therapie, konstruierte zusammen mit I. Robinsohn einen Durchleuchtungstisch und, nachdem er erkannt hatte, daß die Schädigung von der Dosierung der Strahlung abhängig ist, Dosier- und Messinstrumente, gab eine Röntgenstrahleinheit (die sog. Holzknecht-Einheit) an. Holzknecht starb an den Folgen von Röntgenschädigungen.
Werke u.a.: Lehrbuch Röntgenologische Diagnostik der Erkrankung der Brusteingeweide (1901), Röntgendiagnostik des Magenkrebses (1905), Handbuch der theoretischen und klinischen Röntgenkunde (2 Bde., 1929).
Wien, Feuerhalle Simmering, Urnenhain
Wien, Zentralfriedhof
Wien, Zentralfriedhof
Wien, Zentralfriedhof
Wien, Zentralfriedhof
Wien, Zentralfriedhof
Französischer Chemiker, Mediziner und Politiker; Sohn eines Gastwirts; als Napoléon im Februar 1815 aus dem Exil in Elba zur “Herrschaft der Hundert Tage” nach Frankreich zurückkehrte, komponierte er ein Lied zu dessen Ehren und wird aus dem Seminar in Avignon wegen Disziplinlosigkeit relegiert, aber im Collège der Stadt aufgenommen. 1816 ging er nach Paris, um Jura zu studieren. Später war er Professor an den collèges Stanislas und Sainte-Barbe, wurde aber aus dieser Stellung entlassen, nachdem er Pamphlete für die Republikaner verfaßt hatte. Um weitere Studien zu finanzieren arbeitete er als Finanzrevisor, und er entfernte sich mit der Zeit immer weiter von den konfessionellen und moralischen Einstellungen seiner Familie, wurde zum Freidenker. Als 1821 sein Buch Les Missionnaires, das im krassen Gegensatz zur herrschenden Moral stand, erschien, rief es einen veritablen Skandal hervor. Im Folgejahr wandte er sich der Medizin zu und verfaßte zahlreiche Artikel über die Pflanzen- und die Tierwelt, wobei er bereits das Mikroskop intensiv verwendete. Er wurde Mitglied der Carbonari, einer in Italien gegründeten Vereinigung, die die Befreiung des Landes von französischer und österreichischer Herrschaft anstrebte. Während der sogenannten Julimonarchie von 1830 bis 1848, in der Louis Philippes der letzte König Frankreichs war, wurde er verhaftet, war jedoch nach dessen Sturz einer der Kandidaten für die Präsidentschaft der Zweiten Republik in Dezember 1848. Bevor es dazu kommen konnte, wurde er wegen seiner Beteiligung an dem Versuch der Revolte vom 15. Mai 1848 und März 1849 wieder inhaftiert. Nach dem Putsch Louis Napoléons (des späteren Napoléon III., am 2.12.1851 wurde seine Strafe in Verbannung umgewandelt. Erst 1862 konnte er nach Frankreich zurückkehren, Im Jahr 1869, während die liberale Phase des Zweiten Kaiserreiches unter Napoléon III. (1851-70) wurde er zum stellvertretenden Debütierten von Lyon gewähl (1875 war er dann Debütierter für Marseilles). Er blieb auch während der Dritten Republik, die nach der Pariser Kommune von 1871 entstanden war, Republikaner.
Raspails Forschungen umfaßten mehrere Disziplinen und führten zur Entdeckung der Mikroben und der Zellstrukturen - eine Entdeckung, die erst vierzig Jahre später gewürdigt wurde. Er prägte den Begriff omnis cellula e cellula (Jede Zelle stammt von einer [vorher erxistierenden} Zelle ab), eine Erkenntnis, die später Rudolf Virchow zugeschrieben werden wird. Raspail gilt als ein früher Verfechter einer verbesserten Hygiene, setzte sich aber auch für eine gute Ernährung ein.
Der längste Boulevard in Paris, der sich durch das 7e, 6e und 14e Arrondissement zieht, wurde ihm zu EhrenBoulevard Raspail genannt, ebenso die Metrostation Raspail.
Mit der lateinischen Inschrift an der Fassade seines Hauses in Auteuil wird an sein Schicksal erinnert: In patria carcer, laurus in exilio [dt. Im Vaterland Gefängnis, Lorbeeren im Exil]
van Goghs Stillleben: Zeichenbrett, Pfeife, Zwiebeln und Siegelwachs (rechts Raspails Manuel annuaire de la santé 1834 (dt. Jahrbuch zur Gesundheit" von 1834).
Paris, Cimetière du Père-Lachaise.
Deutscher Jurist, Staatsrechtslehrer; Sohn von Georg Jellinek und dessen Gemahlin Elfriede, née Wertheim, einer Frauenrechtlerin; studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Heidelberg, Freiburg und Berlin, promovierte 1908 bei Paul Laband an der Universität Straßburg und habilitierte 1912 bei Otto Mayer an der Universität in Leipzig. Danach wirkte er zunächst als Privatdozent in Leipzig, bevor er 1913 außerordentlicher Professor wurde. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, in dem er als Soldat an der Front war, wurde er in der jungen Weimarer Republik 1919 zum ordentlichen Professor für Öffentliches Recht an die Universität Kiel berufen, deren Rektor er von 1928 bis 1929 war. Dann folgte er einem Ruf nach Heidelberg als Ordinarius auf den Lehrstuhl für Staatsrecht. 1935 wurde er von den Nationalsozialisten wegen seiner jüdischen Wurzeln in den Ruhestand gezwungen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er rehabilitiert und konnte auf seinen Lehrstuhl zurückkehren. Im selben Jahr wurde er Richter am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg und am Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg. Walter Jellinke hatte nach 1945 maßgebenden Einfluß auf die Gestaltung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, und als Mitglied im Vorbereitenden Verfassungsausschuß wirkte er maßgebend am ersten Entwurf der Verfassung des Landes Hessen mit.
Werke u.a.: Der fehlerhafte Staatsakt und seine Wirkungen (1908), Verwaltungsrecht (1928).
Heidelberg, Bergfriedhof
John von Neumann eigentl. Johann Baron von Neumann [ung. Margittai Neumann János]
US-amerikanischer Mathematiker österreichisch-ungarischer Herkunft; einer jüdischen Bankiersfamilie enstammend, der Vater, königlich ungarische Regierungsrat, war 1913 in den ungarischen Adelsstand erhoben worden; besuchte in seiner Geburtsstadt das humanistische deutschsprachige Lutheraner-Gymnasium. Von 1921 bis 1923 studierte er Chemieingenieurwesen zunächst in Berlin und dann bis zu seinem Diplom an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich, wandte sich dann aber der Mathematik zu. Da er wegen der Kontigentierung der Zulassung für Juden keinen Studienplatz in Budapest bekam, besuchte er Mathematikkurse bei Hermann Weyl und George Pólya an der ETH.
John von Neumann leistete bedeutende Beiträge zur mathematischen Logik, Funktionalanalysis, Quantenmechanik und Spieltheorie und gilt als einer der Väter der Informatik. Auf Neumann geht die heute übliche mengentheoretische Definition der Ordnungszahlen zurück. Er arbeitete zur Funktionalanalysis, begründete mit Oskar Morgenstern die Spieltheorie und lieferte Beiträge zur Automatentheorie (lernende Automaten). In den 1940er Jahren entwickelte er die Idee des programmgesteuerten elektronischen Rechners, des sog. Von-Neumann-Rechner, und war wesentlich an der Konstruktion des Großrechners ENIAC (Electronic Numerical Integrator and Calculator) beteiligt. Ab 1943 arbeitete er maßgeblich am amerikanischen Atombombenprojekt, dem Manhattan-Projekt in Los Alamos mit. Asl absoluter Gegner des Kommunismus und der Sowjetunion befürwortete er im Falle eines drohenden Krieges den sog. atomaren Erstschlag.
Princeton, New Jersey
Omnibus salutem!