Deutscher Publizist, Anarchist; der Sohn eines jüdischen Schuhwarenhändlers studierte Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte, brach 1893 das Studium ab und veröffentlichte im selben Jahr seinen einzigen Roman Der Todesprediger. Um die Jahrhundertwende wandte er sich unter dem Einfluß Pjotr Kropotkins und Leo Tolstois zunehmend einem radikalen Sozialismus und dem Anarchismus zu und wurde im Februar 1892 Mitglied des "Vereins Unabhängiger Sozialisten". Im August 1893 auf dem Internationalen Sozialistischen Arbeiterkongress der II. Internationale in Zürich trat Landauer als Delegierter der Berliner Anarchisten für einen "anarchistischen Sozialismus" ein. Wegen seiner politischen Aktivitäten wurde er mehrmals verhaftet. 1906 gründete er zusammen mit Martin Buber und Erich Mühsam den Sozialistischen Bund und war von 1909 bis 1915 Herausgeber der Zeitschrift Der Sozialist. Nach der Novemberrevolution 1918 gehörte der undoktrinärer, radikaler Sozialist in München dem Zentralarbeiterrat an und wurde nach der Ausrufung der Räterepublik am 7.4.1919 als Volksbeauftragter für Volksaufklärung Mitglied der Münchener Räterepublik, um aber schon wenige Tage später (16.4.1919) von allen seinen politischen Ämtern zurückzutreten. Nach der gewaltsamen Niederschlagung der Räterepublik wurde Landauer am 1.5.1919 verhaftet und im Zuchthaus Stadelheim von Freikorpssoldaten ermordet.
Das neue Landauer Denkmal auf dem Waldfriedhof, Alter Teil, aufgestellt am Ort des alten Gustav-Landauer-Denkmals.
München, Neuer Israelitischer Friedhof
Hinweis: Die Urne mit den sterblichen Überresten Landauers wurde bis 1923 in der Urnenhalle in Schwabig aufbewahrt, dann auf dem Waldfriedhof beigesetzt. Mitglieder der Freie Arbeiter Union Deutschland (FAUD), eine Organisation des deutschen Anarchosyndikalismus, organisierten eine Sammlung, um einen würdigen Grabstein zu errichten, der schließlich in Form eines mächtigen Obelisken zwei Jahre später aufgestellt werden konnte. 1933 wurde aufgrund eines Beschlusses des Münchner Stadtparlaments über “die Zerstörung der Grabdenkmäler marxistischer Revolutionäre” der Obelisk zerstört, die Urne exhumiert, die Grabstätte aufgehoben und die Urne an das jüdische Rabbinat geschickt (zynischerweise wurden die Kosten für diese barbarische Tat der jüdischen Gemeinschaft in Rechnung gestellt). Die jetzige Grabstätte wurde erst 1946 auf Betreiben Gundula Landauers, einer der beiden Töchter aus Landauers zweiter Ehe mit der Lyrikerin Hedwig Lachmann, angelegt. Als Stein dient ein Fragment des Obelisken vom Waldfriedhof. Bis dahin waren die Urnen Landauers und die seines Freundes Kurt Eisner in der ”Selbstmörderecke” des jüdischen Friedhofs gelagert.
Britischer Pfarrer; nach ihm wurde der “Webb Ellis Cup” benannt, den der jeweiligen Siegermannschaft bei den jährlich stattfindenden Rugby-Union-Weltmeisterschaften erhält. 1823 soll er während eines Fußballspiels in Rugby (Grafschaft Warwickshire) an der dortigen Public School den Ball regelwidrig ("with a fine disregard for the rules of football") unter den Arm genommen und ihn ins Tor getragen haben, als die Mannschaft das Fußballspiel zu verlieren drohte. Dieses Ereignis soll schließlich 1848 zur Einführung der “Rugby School Rules” geführt haben, nach denen es durchaus in Ordnung ist, mit dem Ball zu laufen (“running with the ball”). Webb Ellis wird von einigen somit als Erfinder des Rugby angesehen, was historisch wohl nicht den Tatsachen entsprechen dürfte.
Nach seinem Abschluß in Rugby studierte er ab 1826 Theologie an der Universität von Oxford. Nach Beendigung des Studiums war er zunächst Kaplan der Pfarrei St George in der Albemarle Street in London, später Rektor ebenfalls in London an der Kirche Saint Clement Danes. 1855 übernahm er eine Dorfpfarrei in der Grafschaft Essex.
Menton, Cimetière du Vieux Chateau
Frederick Douglass eigentl. Frederick Augustus Washington Bailey
US-amerikanischer Abolitionist und Schriftsteller; wurde als Sklave auf einer der Plantagen des Colonel Lloyd in Maryland geboren, floh 1838 in den Norden der USA. Douglass, der in der Abolitionistenbewegung (i.e. Befreiungsbewegung) engagiert war, wurde durch seine Zeitschrift North Star (1847-63, 1870-73) bekannt und durch seine zahlreichen Vortragsreisen zum führenden farbigen Vorkämpfer für die Befreiung der Sklaven. Als bedeutendes Werk zum Thema Sklaverei gilt sein autobiographisches Buch Narrative of the Life of Frederick Douglass, an American Slave (dt. Aus dem Leben des Frederick Douglass als Sklave in Amerika, von ihm selbst erzählt), das 1845 kurz nach seiner Flucht aus Maryland erschien.
Rochester (New York), Mount Hope Cemetery .
Russische Anarchistin; wanderte 1885 in die USA aus: dort wurde Goldmann, die die russischen Revolutionärinnen stets als ihre Vorbilder sah, in der anarchistischen Bewegung führend tätig und arbeitete eng mit dem aus dem damals zu Polen gehörenden Vilnius stammenden Anarchisten Alexander Berkman (*1870, †1936) [Bild mit Helen Harris] zusammen, der 1882 einen Attentatsversuch auf den US-amerikanischen Industriellen Henry Clay Frick unternommen hatte und zu anderthalb Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Nachdem sie die Regierung mehrmals in öffentlichen Reden angegriffen hatte, wurde sie 1893 wegen Anstiftung zum Aufstand festgenommen und zu einer Haftstrafe verurteilt. Nach ihrer Freilassung 1894 hielt sie sich zunächst in Europa auf, kehrte jedoch bald in die Vereinigten Staaten zurück, wo sie zwischen 1906 und 1917 die anarchistische Monatszeitschrift Mother Earth herausgab. Während des Ersten Weltkrieges vertrat sie eine radikal-pazifistische Position und verurteilte den Krieg als imperialistisch. 1917 wurde sie zusammen mit Berkman wegen Verstoßes gegen das amerikanische Einberufungsgesetz zu einer Geld- und Haftstrafe verurteilt. Nach dem Ende ihrer Haftzeit wurden die beiden 1919 in die Sowjetunion abgeschoben. Zunächst noch bedingungslose Anhängerin der Sowjetregierung, begann Emma Goldman bald die sowjetische Führung scharf zu kritisieren und wurde deshalb aus der UdSSR ausgewiesen. In der Folge lebte sie zeitweise in Großbritannien; während des Spanischen Bürgerkrieges arbeitete sie in London und Madrid für die republikanische Regierung.
Autobiographie: Living my Life (1931).
Chicago, German Waldheim Cemetery
US-amerikanischer Publizist und Humorist; Sohn eines österreichisch-jüdischen aus Österreich stammenden Emigranten und einer in Ungarn geborenen Mutter, die kurz nach seiner Geburt in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wurde. Buchwald verbrachte Kindheit und Jugend in Waisenheimen und bei Ersatzfamilien. Die High School brach er ab und ging im Alter von siebzehn Jahren zur Armee. Während des Zweiten Weltkrieges war er von 1942 bis 1945 bei der Reserve des US-Marine Corps. In den 1940er Jahren war er bei der Zeitschrift Variety als Kolumnist tätig war, 1949 ging er nach Paris und arbeitete dort bis 1962 für den New York Herald Tribune. In ihr berichtete er in seiner Kolumnensammlung Paris After Dark v.a. über das Nachtleben der französischen Hauptstadt. Ab 1951 folgte die Kolumne Mostly About People, später Europe’s Lighter Side. Insgesamt verfaßte der als "König der Satire" gefeierte Buchwald mehr als 8.000 Kolumnen und schrieb 30 Bücher. 1982 erhielt Buchwald den Pulitzer-Preis für seine satirischen Kommentare in seinem Buch While Reagan Slept.
Vineyard Haven (Martha’s Vineyard), West Chop Cemetery
Erste Ehefrau Claude Monets; sie hatte, bevor sie Monet um das Jahr 1865 herum kennengelernte, schon als Modell gearbeitet. Sie zogen zusammen, obwohl Monets Vater die Verbindung mißbilligte, weil Camille aus einfachen Verhältnissen stammte, und lebten in Véteuil in bedrückender Armut. Sie wurde sein bevorzugtes Modell. Eines seiner ersten Bilder war 1866 La Femme en robe verte, ein Bild das er ursprünglich Camille genannt hatte. Es errang auf dem Salon von 1866 große Bewunderung und wurde von dem Kunst- und Literaturkritiker Arsene Houssaye für 800 Franken erworben. 1867 wurde ihr erste Kind, Jean, geboren. Am 26. Juni 1870 heiratete Claude Monet schließlich seine langjährige Geliebte. 1878 wurde das zweite Kind geboren, Michel. Die Geburt hatte Camille, bei der 1875 Krebs diagnostiziert worden war, sehr geschwächt, so daß sie im Folgejahr starb. Obwohl Monet seine Frau nicht immer sehr gut behandelt hatte und wohl damals schon Alice Hoschedé seine Geliebte war, traf ihn ihr früher Tod, sie war gerade einmal 32 Jahre alt geworden, schwer. Ein letztes Mal malte er sie auf dem Totenbett.
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Camille en la playa de Trouville (1870)
Vétheuil (Dép. Oise), Kirchfriedhof
Mary Alice Lilly Tucholsky née Gerold
Zweite Ehefrau Kurt Tucholskys, einer bürgerlichen deutschbaltischen Rigaer Familie entstammend; lernte Tucholsky während des Ersten Weltkrieges kennen, als sie als Hilfsdienstfreiwillige in der Artillerie-Fliegerschule Ost in Alt-Autz im damaligen Kurland (heute Auce, Lettland) eingesetzt und er dort in der Verwaltung tätig war. Sie sah ihn allerdings erst im Januar 1920 in Berlin wieder, als er schon längst mit der Ärztin Else Weil (*1889, †1942), die einst eine der ersten Medizinstudentinnen in Preussen war, zusammen war, die er im Mai 1920 heiratete. Dennoch hielt er die Beziehung zu ihr aufrecht, und nachdem er von Else geschieden war, heiratete er sie am 30.8.1924. Sie lebten nicht immer zusammen, schrieben sich aber regelmäßig - auch wenn er immer wieder Beziehungen zu anderen Frauen hatte; im August 1933 wurde die Ehe schließlich geschieden. Einen Monat vor seinem Tode setzte er sie als Alleinerbin ein, so daß sie nach seinem Tode seinen Nachlaß betreute und später das Kurt-Tucholsky-Archiv und 1969 gemeinsam mit Fritz J. Raddatz in Hamburg die Kurt-Tucholsky-Stiftung gründete, die nach ihrem Tode Sachwalterin des Nachlasses wurde.
Inschrift: Man hat nur einmal im Leben geliebt. Kurt Tucholsky
Rottach-Egern, ev. Friedhof
US-amerikanische Pilotin; wuchs auf einem Bauerhof, auf dem sie geboren wurde, auf, bevor ihre Familie Anfang der 1900er Jahren nach San Francisco übersiedelte. Dort arbeitete sie als Journalistin, zog dann im Jahre 1903 nach New York und verfaßte als Theaterkritikerin für Leslie's Illustrated Weekly und andere Magazine mehr als 250 Artikel über einen Zeitraum von neun Jahren. Ab 1910 begann sie sich für die Fliegerei zu interessieren, nachdem auf Long Island am Belmont Park International Aviation Tournament teilgenommen hatte und dort John Moisant, damals ein bekannten Flieger und Betreiber einer Fliegerschule, und dessen Schwester Matilde kennengelernt hatte. Am 1.8.1911 machte sie ihren Flugschein im Aero Club of America als erste Frau in den Vereinigten Staaten. Im selben Jahr schrieb sie Drehbücher und entwickelte Szenarien, die in Stummfilme einflossen, die die Firma Biograph Studios mit dem Regisseur D. W. Griffith unter Beteiligung der Schauspieler(innen) Florence La Badie, Wilfred Lucas und Blanche Sweet realisierte; in einem der filme wirkte sie in einer kleinen Rolle selber mit. Am 16.4.1912 startete sie um 5:30 Uhr morgens vom südenglischen Dover, überquerte den Kanal in 59 Minuten und landete ca. 40 Kilometer von Calais entfernt auf dem Strand von Hardelot-Plage (Pas-de-Calais).So war sie die erste Frau, die den Ärmelkanal, den Louis Blériot 1909 erstmals in umgekehrter Richtung überquert hatte, im Alleinflug überquerte. Allerdings wurde dieses Ereignis von den Meldungen vom Untergang der RMS Titanic in der Nacht zuvor aus den Medien weitgehend verdrängt. Nach ihrer Rückkehr nach New York plante Quimby weitere Schau- und Wettbewerbsflüge. Ihr nächster und zugleich letzter Flug fand am 1.7.1912 statt. Quimby flog an diesem Tag in Begleitung von William Willard, dem Organisator der Veranstaltung, in ihrem brandneuen Zwei-Platz Bleriot Eindecker zunächst in einer Höhe von 1.000 Metern in Richtung des in Boston Habour gelegenen Boston Light, einem Leuchtturm auf der Little Brewster Island, und flog dann wieder in Richtung des Flugplatzes. In einer Höhe von 460 Metern schmierte das Flugzeug aufgrund heftiger Turbulenzen urplötzlich ab, wobei die beiden nicht angeschnallten Insassen von ihren Sitzen gehoben, aus dem Flugzeug geschleudert wurden und ca. 10 Meter vom Strand entfernt in das dort nur 1,20 Meter tiefe Wasser stürzten, während das Flugzeug weiter über Schlamm glitt, bis es zum Stillstand kam. Sowohl Quimby als auch ihr Flugbegleiter Willard waren schwer verletzt und konnten nur noch tot geborgen werden.
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Harriet Quimby in dem von John Bevins Moisant entwickelten Flugzeug, auf dem sie das Fliegen erlernte.
Valhalla, Kensico Cemetery
Hinweis: Die sterblichen Überreste von Harriet Quimby wurden zunächst auf dem Woodlawn Cemetery in der New Yorker Bronx beigesetzt, bevor sie hierher überführt wurden.
Berliner Original; wollte eigentlich Radrennfahrer werden, wurde jedoch im Alter von 16 Jahren schwer verletzt, als er bei einer Probefahrt mit einem Rennrad bei nasser Straße stürzte, unter eine fahrende Straßenbahn rutschte und ein Bein verlor. Fortan mußte er Gehhilfen benutzen, was ihm den Spitznamen “Krücke” eintrug. Aber seine Liebe zum Radsport endete damit nicht; er wurde Stammgast beim Berliner Sechstagerennen, das bereits ab 1911 jährlich (manchmal auch zweimal im Jahr) in dem im Jahr zuvor fertiggestellten Sportpalast in Berlin stattfand und bei dem sich auch zahlreiche Berühmtheiten als Gäste einfanden. 1923 hatte der Kapellmeister Otto Kermbach die Idee, das von Siegfried Translateur bereits im Jahre 1892 komponierte Instrumentalstück, den Walzer Wiener Praterleben aufzuspielen, und machte diesen Walzer mit seinem Orchester in kürzester Zeit als Sportpalastwalzer bekannt. “Krücke” immer auf dem sog. Heuboden, den billigen Plätzen ganz oben, und mit flotten Sprüchen und Zwischenrufen dabei, begleitete das Stück mit schrillen Pfiffen und fiel damit allmählich auf, machte nicht nur dem Sportpalastwalzer auch außerhalb der Veranstaltung populär, sondern damit auch sich selber bekannt. Schließlich war Krücke so bekannt, daß zu seiner Hochzeit in einer Kreuzberger Kneipe über achtzig Gäste kamen, darunter zahlreiche Prominente, so z.B. die Schauspielerin Fritzi Massary oder sogar der Polizeipräsident Berlins. Später betrieb er einen Zigarrenladen, den ihm Max Schmeling eingerichtet hatte; er hatte dem Boxer den Titel eines Weltmeisters vorhergesagt: “Woll’n wa wetten, Maxe?” Der Sportpalastwalzer mit der Pfeiff-Einlage “Krückes” war da längst zur Hymne aller Sechstagerennen rund um den Globus geworden.
Berlin-Neukölln, St. Thomas-Friedhof, Neuer Teil
Luise Nordmann gen. Harfenjule
Deutsche Straßensängerin; Berliner Original; kam blind auf die Welt, konnte aber nach einer Augenoperation wenigsten auf einem Auge, wenn auch stark vermindert, sehen. Da sie als Kind, gefördert durch einen Gönnen, Unterrichtung im Singen und Harfespielen erhielt, konnte sie später selbst für ihren Lebensunterhalt, wenn auch in sehr bescheidenem Umfange, sorgen, indem sie u.a. in Berliner Hinterhöfen auftrat. 1865 heiratete sie Emil Nordmann, einen Puppenspieler, und trat mit ihm in einem Wandertheater auf. Nachdem ihr Mann 1871 gestorben war, zog sie mit ihrer Schwägerin nach Schöneberg (heute zu Berlin) und lebte dort in einer Kellerwohnung und zog, da die kleine Rente ihres Mannes zum Leben nicht ausreichte, wie schon vor ihrer Verheiratung, bis zu ihrem Tode - mit ihrer Harfe und angetan mit einem blumengeschmücktem Strohhut - durch die grauen Hinterhöfe der Reichshauptstadt und spielte zu ihren Lieder wie:.
Emsig dreht sich meine Spule
Immer zur Musik bereit,
Denn ich bin die Harfenjule
Schon seit meiner Kinderzeit
Klabund setzte der Harfenjule literarisch ein Denkmal durch die Veröffentlichung seines Gedichtbandes Die Harfenjule, Neue Zeit- Streit- und Leidgedichte (1927).
Berlin-Steglitz, Luther-Friedhof
Omnibus salutem!