Horst Ludwig Meyer

 

 

Deutscher Terrorist; von Beruf Starkstromtechniker; gehörte mutmaßlich der Kommandoebene der 3. Generation der Rote Armee Fraktion (RAF) an. Dieser Gruppierung wurde u.a. zur Last gelegt, an den Anschlägen auf MTU-Chef Ernst Zimmermann, den Diplomaten Gerold von Braunmühl, den Siemens-Vorstand Karl-Heinz Beckurts und gegen den Gefängnisneubau von Weiterstadt bei Darmstadt beteiligt gewesen zu sein. Später allerdings ergaben sich auch von Seiten des Bundeskriminalamtes (BKA) und des Verfassungsschutzes Zweifel an der Mittäterschaft Meyers und seiner Frau Barbara an den genannten Taten sowie überhaupt an einer Zugehörigkeit zum Kreis der Illegalen. Sie sollen sich zu der Zeit gar nicht in Deutschland aufgehalten haben, sondern vermutlich im Libanon. 1999, ein Jahr nach Auflösung der RAF, wurde Horst Ludwig Meyer zusammen mit Andrea Klump (*1957) in Wien bei dem Versuch der Festnahme von Beamten der Polizei erschossen, als er eine Waffe zog und einen Beamten verletzte. Im gleichen Jahr verübte eine Gruppe mit dem Namen "Verfechter von Horst Ludwig Meyer" einen Anschlag mit Molotowcocktails auf die österreichische Botschaft in Kopenhagen.

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Stuttgart, Dornhaldenfriedhof

Jeanne Françoise Julie Adélaïde Récamier née Bernard

                1825

Französische Salondame; er Vater, ein Notar, wurde wegen seiner Ehefrau, einer blonden Schönheit, vom Finanzminister des König in eine bedeutende Stelle nach Paris berufen, während die kleine Tochter zunächst im Institut der Benediktinerinnen in Lyon verblieb. Dort wuchs sie streng behütet auf, bis die Mutter die Zeit für gekommen sah, ihre Tochter in Paris in die Gesellschaft einzuführen, in der sie sofort für Aufsehen sorgte. Als Julie, die später Juliette genannt wurde, 15 Jahren alt wurde, hielt ein Nachbar der Familie, der reiche, wesentlich ältere Bankier Jacques Récamier bei der Mutter, deren Intimus er war, um die Hand der Tochter an und erhielt sie; das Paar heiratete im Herbst des Jahres, in dem Marie Antoinette die Guillotine bestieg (1793). In Paris unterhielt sie lange Zeit einen Salon, der ein Treffpunkt der oberen Gesellschaftsschicht, aber auch der Kritiker und der Gegner Napoléons, der sie 1811 aus Paris verbannte, wurde. Zu den Besuchern des Salons zählte u.a. Madame de Staël, mit der sie sehr befreundet war, neben Schriftstellern auch Militärs, wie die Generäle Jean-Victor-Marie Moreau und Jean-Baptiste Bernadotte, der als Kronprinz von Schweden auf Seiten der Alliierten gegen Napoléon kämpfte. Außerdem pflegte sie einen ausgedehnten Briefwechsel mit fast allen bedeutenden Persönlichkeiten ihrer Zeit. Die Vernachlässigung des in privaten Angelegenheiten sehr empfindsamen Napoléon rächte sich später: Als das Bankhaus ihres Mannes in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, verweigerte Napoléon, obwohl er es gekonnt hätte, die Hilfe zur Rettung des Hauses; Récamier ging in Konkurs. Sie mußte ihr Leben in Luxus und ihren Salon aufgeben, und schließlich floh sie nach dem Tode ihrer Mutter 1807 zu ihrer Freundin Germaine de Staël, ebenfalls eine Gegnerin Napoléons, der inzwischen Kaiser geworden war, nach Coppet an den Genfer See. Dort lernte sie den Prinzen August von Preußen, Neffe Friedrichs II. , kennen, in den sie sich verliebte und der sie heiraten wollte. Germaine de Staël, die ihre eigenen politischen Interessen verfolgte, förderte diese Verbindung, die schließlich aber scheiterte; Juliette und der Prinz blieben jedoch Freunde. Sie schenkte ihm das von François Gérard gemalte Bild, das sie im Alter von 25 Jahren in einem Chiffonkleid à la grècque zeigt. 1911 verbannte sie Napoléon aus Frankreich. Sie lebte in Lyon, Rom und im Königreich Neapel bei der FamilieMurat, kehrte jedoch nach dem Sturz Napoléons 1814 nach Paris zurück und eröffnete ihren Salon wieder. Dort umwarb Benjamin Constant sie, der früher schon Besucher ihres pinxit François Gérard (1802)Salons gewesen war, schrieb ihr glühende Liebesbriefe, die er in seinem “Intimen Tagebuch” offenbarte; sie aber wandte sich dem Schriftsteller François-René de Chateaubriand zu, dessen Charme sie erlag. Beide suchten in ihren älteren Tagen ein stilles Glück, das ihnen zuvor nicht vergönnt gewesen war.

Die letzten 30 Jahre ihres Lebens verbrachte Juliette Récamier, die als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit galt und von bedeutenden Künstlern gemalt wurde, u.a. von Jacques-Louis David, der sie auf einer Recamière malte, dem nach ihr benannten Möbelstück, in einer kleinen, aus zwei Zimmern bestehenden Wohnung im dritten Stock, ab 1829 in einer größerer, in der Abbaye-aux-Bois, einem Konvent in der rue de Sèvres, wo sie nach wie vor Berühmtheiten empfing, u.a. Balzac, Hugo, Lamartine und Stendhal besuchten sie, auch Constant kam vorbei und täglich Chateaubriand. Als an Ostern 1849 in der unmittelbaren Nachbarschaft zur Abtei die Cholera ausbrach, klagte sie wenig später über Übelkeit und starb nach kurzem, aber heftigem Leiden.

   

Wohnung in der Abbaye-aux-Bois

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Paris, Cimetière de Montmartre-

Bild: Udo Trimper (06/2007)

Carola Stern née Erika Assmus

 

Deutsche Journalistin und Publizistin; wie viele andere auch, war sie im Dritten Reich Mitglied im Bund Deutscher Mädchen (BDM), einer Teilorganisation der Hitler-Jugend, wurde jedoch in der nationalsozialistischen Jugendorganisation Jungmädel-Gruppenführerin, aber mit auch zunehmend kritischer Einstellung. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde im US-amerikanisch besetzten Sektor Berlins vom Counter Intelligence Corps (CIC) als Agentin angeworben, wurde auftragsgemäß Mitglied im Jugendverband der DDR, der Freien Deutschen Jugend (FDJ), trat später der Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) bei und erhielt eine Dozentur in der Parteihochschule der SED. Als ihre Identität durch Verrat aufgedeckt wurde, flüchtete sie 1951 nach West-Berlin, wo sie bis 1959 an der an der damaligen Deutschen Hochschule für Politik und der Freien Universität Berlin Politik studierte. Zweimal Entführungsversuchen des Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) entgangen, legte sie sich das Pseudonym Carola Stern zu. 1961 war sie Mitbegründern der westdeutschen Sektion von amnesty international, deren Vorsitz sie innehatte. Von 1960 bis 1970 arbeitete sie als Lektorin bei dem Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch und war zwischen 1970 und 1985 für den WDR tätig, wo sie zeitweise die Programmgruppe Kommentare und Feature beim WDR leitete. Seit 1976 war Carola Stern, die neben ihren verschiedenen Tätigkeiten immer wieder Bücher veröffentlichte, Mitherausgeberin der Zeitschrift L '76, 1980 umbenannt in L '80, zusammen mit Heinrich Böll und Günter Grass, in denen u.a. auch die Verfolgten des Prager Frühlings eine Plattform fanden. Spektakulär war ihr Bekenntnis “Wir haben abgetrieben“, das sie mit anderen zusammen in einem Artikel des Wochenmagazins Stern vom 6. Juni 1971 abgegeben hatte. Im Jahr 2000 unterzeichnete sie zusammen mit Hartmut von Hentig (*1925) und Günter Grass einen Aufruf, die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter nicht weiter zu verschleppen. Verheiratet war Carola Stern mit dem einstigen WDR-Journalisten Heinz Zöger.

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Benz (Usedom), Friedhof

Harold Adrian Russell Kim Philby

Britischer Geheimagent; der Sohn des britischen Kolonialbeamten und Arabienforschers Harry St. John Bridger Philby (*1885, †1960) studierte in Cambridge, wo er Burgess (*1911, †1963), Donald Duart Maclean (*1913, †1983) und Anthony Blunt (*1907, †1983) kennenlernte und sich dem Kommunismus zuwandte. 1934 wurde er in Österreich vom sowjetischen Geheimdienst als Spion angeworben. Seit 1940 im britischen Secret Intelligence Service (SIS) tätig, wo er zunächst Ausbilder in subversiver Propaganda war, stieg er dort rasch auf und war seit 1944 Chef der antisowjetischen Spionageabwehrabteilung des MI6 und damit Stellvertreter des britischen Geheimdienstes. Dort arbeitete für ihn der spätere Spitzenagent der Sowjets, Rudolf Abel (*1903, †1971), als Funker. 1946 wurde er mit dem Order of the British Empire, ausgezeichnet. 1949 wurde er zum obersten Repräsentanten des britischen Geheimdienstes in den Vereinigten Staaten ernannt und war Verbindungsoffizier zwischen SIS und dem neu gegründeten CIA. Von Washington aus unterrichtete er die Sowjetunion u.a. über den amerikanischen Plan, bewaffnete antikommunistische Agenten nach Albanien zu senden. Als Burgess und Maclean untertauchten, geriet er 1951 in Verdacht, sie informiert zu haben und selbst für die Sowjetunion zu spionieren, wurde jedoch von der britischen Regierung 1955 mangels Beweisen von allen Anschuldigungen freigesprochen. 1952 ging er zwangsweise in den Ruhestand. Von 1956 an arbeitete er erneut als Agent des MI6 in Beirut, wo er nach seiner Enttarnung durch einen Überläufer des KGB 1962 erneut verhört wurde. 1963 gelang es Philby jedoch, von Beirut aus in die UdSSR zu entkommen, wo er Asyl erhielt, sowjetischer Staatsbürger wurde und für den KGB arbeitete.

Philby war mit Graham Greene befreundet, allerdings hatte der offiziell das MI6 bereits verlassen hatte, als Philby enttarnt wurde.

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Moskau, Kunzewskojer Friedhof

Bilder: Steffen Giesler (10/2007)
Bilder: Kay (08/2012)

Jean Lambert Tallien

                     

Französischer Journalist und Revolutionär; Sohn des Haushofmeister des Marquis de Bercy; nahm nach seiner Ausbildung, die de Bercy förderte, eine Stelle als Schreiber in einem Büro eines Rechtsanwalts an, später wirkte er in der Pariser Finanz- und Handelskammer. 1790 wurde er Sekretär des Abgeordneten Brostaret, 1791 arbeitete er bei der Zeitung Moniteur mit. Nach der mißlungenen Flucht Ludwigs XVI. im Juni 1791 wurde Tallien Herausgeber des L’Ami des citoyens, journal fraternel, worin er die Monarchie im Stile Jean-Paul Marats heftig bekämpfte. Am 15.4.1792 richtete Tallien das Fest der Freiheit zu Ehren der amnestierten Soldaten der Meuterei von Nancy aus. Am 10.8.1792 nahm Tallien am Sturm auf die Tuilerien teil. Danach erfolgte seine Wahl zum Mitglied des Generalrats und zum Schriftführer der Pariser Commune. Im September 1792 wurde Tallien vom Département Seine-et-Oise in den Konvent gewählt. Tallien stand auf seiten der Bergpartei (La Montagne) und stimmte für die Hinrichtung Ludwigs XVI. Im Februar 1793 verurteilte er die Anklageschrift gegen Marat und forderte “den Wohlstand der notleidenden Bevölkerung“. Im März 1793 begab er sich als ”Sondergesandter” in das Departement Indre-et-Loire und in die aufständische Vendée. Danach kehrte Tallien nach Paris zurück und beteiligte sich vom 31. Mai bis 2. Juni 1793 am Sturz der Girondisten. Im Herbst 1793 ließ Tallien den Jakobinerklub von Bordeaux schließen und das Revolutionstribunal auflösen, wofür er sich im Mai 1794 in Paris vor Robespierre verantworten mußte. Am 11.6.1794 versuchte er gemeinsam mit Bourdon de l'Oise, das Gesetz zur Gründung des Großen Terrors zu vertagen und wurde am nächsten Tag von Robespierre mit den Worten getadelt: “Tallien est un de ceux qui parlent sans cesse avec effroi et publiquement de guillotine, comme d'une chose qui les regarde, pour avilir et pour troubler la Convention nationale”; ein anderer nannte ihn einen “conspirateur”. Tallien fühlte, daß sein Kopf bedroht ist. Zwar wurde er am 29.7.1794 in den Wohlfahrtsausschuß gewählt, jedoch zwei Monate später wieder abgewählt. Er geriet in Gegensatz zu Robespierre. Am 9 Thermidor unterbrach er in der Nationalversammlung zunächst die Rede von Saint-Just und hinderte anschließend den “Unbestechlichen” (i.e. Robespierre) daran zu sprechen. Nach dem Tod Robespierres und dessen Anhängern wurde Tallien zu einem der führenden Persönlichkeiten der Thermidor-Reaktion. Er forderte die Köpfe von Billaud-Varenne und von Collot d’Herbois und mittels seiner wieder erstandenen Zeitung L'ami des citoyen, griff er die Jakobiner an und forderte die Schließung des Jakobinerklubs, was in der Nacht vom 27. auf den 28. Juli 1794 erfolgte (die Auflösung erfolgte am 24.12.1794). Zwischen April und August 1795 war er wieder Mitglied des Comité de salut public, des Wohlfahrtsausschusses, und dort zuständig für den Handel und die Versorgung der Bevölkerung. Zu dieser Zeit hatte er sich schon von der Rechten distanziert und sich dem republikanischen Lager zugewandt und prangerte die neuen royalistischen Bestebungen von Abgeordneten an. Tallien formierte mit Fréron und Rovère die ”Jeunesse dorée“ mit dem Ziel auf die Nationalversammlung und auf die öffentliche Meinung Druck auszuüben. Im März 1795 wurde Tallien zur Westarmee beordert, wo er Standgerichte zur Hinrichtung der in Quiberon gelandeten Royalisten einsetzte. Als Abgeordneter des Départements Seine-et-Oise verurteilte er die Bereicherung am Eigentum von unschuldig Hingerichteten.

Nach seiner Rückkehr nach Frankreich im Jahre 1802 und seiner Scheidung im selben Jahr war er zunächst ohne Beschäftigung. Erst aufgrund von Interventionen seitens Fouchés und Talleyrands konnte er ein Amt als Konsul in Alicante antreten, das er jedoch nur für vier Monate innehatte. Er erkrankte an Gelbfieber und verlor ein Thérése TallienAuge. Zurück in Paris erhielt er eine Rente, die er auch nach der Restitution weiter erhielt. Im Jahre 1816 wurde die Verbannung des “Königsmörders” wegen seines schlechten gesundheitlichen Zustands zwar aufgehoben, aber er starb von allen verachtet an Lepra.

Verheiratet war Tallien mit Thérésa Cabarrus (*1773, †1835). Sie war in Bordeaux als Ausländerin - sie war spanischer Herkunft - gefangengenommen worden, Tallien lernte sie, als er dort in einer Mission tätig war, kennen, ließ sie freisetzen; sie folgte ihm nach Paris, wo sie erneut inhaftiert wurde. Nach dem Umsturz vom 9. Thermidor (27.7.1794) wurde sie mit seiner Hilfe aus dem Gefängnis befreit und von ihren zahlreichen Bewunderern als ”Notre-Dame de Thermidor“ gefeiert. Am 26.12.1794 heiratete Tallien Thérésa, die in der Folge großen Einfluß auf seine Karriere während der bis 26.10.1795 andauernden Convention thermidorienne gewann. Nach der Scheidung von ihm heiratete sie François Joseph Philippe de Riquet de Caraman-Chimay, den Ururenkel von Pierre-Paul Riquet, dem Erbauer des Canal du Midi. Sie ist die Urgroßmutter der Gräfin Henry Greffulhe née Élisabeth de Caraman-Chimay, die als Fürstin von Guermtes in Marcel Prousts À la recherche du temps perdu (dt. Suche nach der verlorenen Zeit) in die Literaturgeschichte einging.

Inschrift auf der rechten Stele:

Au moment de la révolution, tous les citoyens devoient être soldats: tous devoient instinctivement combattre pour conquérir la liberté. Losque la révolution est terminée, lorsque l'édifice gothique de l'ancien gouvernement est détruit & que les représentans du peuple ont établi sur les bases immuables de la justice & de l'égalité, une constitution qui doit assurer le bonheur des générations futures, & préparer la chute des despotes, alors il reste encore aux bons citoyens une fonction importante a remplir, celle de propager les lumières & l'instruction, sans laquelle il est impossible de conserver la liberté. L'ami des citoyens journal fraternel par J. L. Tallien, 5 octobre 1791 [dt. Im Augenblick der Revolution müssen alle Bürger Soldaten sein. alle haben instinktiv für die Eroberung der Freiheit zu kämpfen. Wenn die Revolution beendet ist, wenn der gothische Bau des alten Regimes zerstört ist und wenn die Vertreter des Volkes auf den unerschütterlichen Grundfesten des Rechts und der Gleichheit eine Verfassung erstellt haben, die den kommenden Generationen das Glück sichert und den Sturz der Despoten vorbereitet, dann bleibt den guten Bürgern noch eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, nämlich diejenige, Aufklärung und Bildung zu verbreiten, ohne die es unmöglich ist, die Freiheit zu bewahren].

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Bilder: Herbert Herterich (01/2013)

Paris, cimetière du Père Lachaise

Marc-Antoine Jullien gen. Jullien fils

 

Französischer Revolutionär und Literat; Sohn eines Abgeordneten des Départements Drôme in der Nationalversammlung und der Rosalie née Ducrolay; trat 1785 in das Collège de Navarre ein, wo seine Studien bei Ausbruch der Französische Revolution beendet wurden. Seine patriotisch eingestellte Mutter ermunterte ihn, den Beruf eines Journalisten zu ergreifen; 1790 wurde er Mitarbeiter amJournal du Soir und im Folgejahr Mitglied im Jakobinerklub. Im Frühjahr 1792 wurde er vom Marquis de Condorcet als Vermittler zwischen den englischen Liberalen und den Girondisten nach London entsandt. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich wurde er zunächst zum aide-commissairem (Hilfskommissar) ernannt, im Januar 1793 dann zum commissaire des guerres (Kriegskommissar) der Pyrenäen-Armee. Anschließend ging er nach Toulouse und Tarbes, wo er rege revolutionäre Aktivitäten entwickelte und dadurch die Aufmerksamkeit Robbespierres weckte. Im August wieder in Paris, wurde er ein enger Freund Robespierres und im September durch den Wohlfahrtsausschuß auf eine Mission in die an der Atlantikküste gelegenen Häfen entsandt. Im Februar 1794 denunzierte er die Ausschreitungen Jean-Baptiste Carrier in Nantes, wo dieser Gefangene in Massen auf grausamste Weise hinrichten ließ, sowie diejenigen Talliens, der in Bordeaux mit übertriebener Härte und Grausamkeit die Verfolgung der aus Paris geflüchteten Girondisten durchführte. Nach seiner erneuten Rückkehr nach Paris wurde er in das Exekutivkomitee des öffentlichen Bildungswesen berufen. Nach erneuter Entsendung nach Bordeaux ließ er dort die noch verbliebenen Girondisten verhaften. Nachdem er auf dem Rückweg nach Paris im Juli 1794 von der Verhaftung Robbespierres erfahren hatte, schwor er, um seinen Kopf zu retten, seiner Freundschaft zu dem Verhafteten ab, kam aber dennoch in Haft, wo er den Journalisten und linksrevolutionären Agitator François Noël Babeuf gen. Gracchus Babeuf kennenlernte. Im Oktober 1795 kam er frei, wurde aber wenig später erneut verhaftet; er entschloß sich daraufhin, sich dem Journalismus zuzuwenden. Als solcher begleitete er Napoléon auf dessen Italienfeldzug und dessen Zug nach Ägypten. Erkrankt, kehrte er von dort vorzeitig zurück und erhielt einen Posten in der Militärverwaltung. Nach einem Treffen mit Madame de Staël, die bei Napoléon wegen einer despektierlichen Äußerung über dessen Angebetene Joséphine de Beauharnais in Ungnade gefallen war, fiel auch er in Ungnade und wurde nach Italien strafversetzt. Auf dem Weg dorthin lernte er Johann Heinrich Pestalozzi kennen und begann in der Folge dieser Begegnung mit dem Verfassen von pädagogischen Schriften (1813 wird er ein zweibändiges Werk veröffentlichen über Pestalozzi veröffentlichen). Nach dem Sturz Napoléons begann er wieder, politische Artikel zu verfassen und leitete mehrere restaurationsfeindliche Zeitungen.

Verheiratet war Jullien seit 1801 mit Sophie Juvence Nioche, mit der er sechs Kinder hatte, darunter eine Tochter, Antoinette Stephanie, Mutter des späteren Journalisten und Politikers Édouard Lockroy. Der jüngste, Pierre-Adolphe, starb im Jahre 1873; er baute als Chefingenieur Straßen und Brücken, darunter die Bahntrasse von Paris nach Lyon.

Werke u.a.: Essai sur l’emploi du temps, Revue encyclopédique (1817-35).

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Bilder: Herbert Herterich (01/2013)

Paris, cimetière du Père Lachaise

Hinweis: Talliens ursprüngliches Grab galt lange als verschollen; es wurde erst 1932 wiederentdeckt, obwohl es in alten Führern eindeutig in der 14. Division lokalisiert war. Im selben Jahr bettete man seine sterblichen Überreste in die 10. Division um. 

Éléonore Élisabeth Duplay

Viertes von fünf Kindern des Tischlermeisters Maurice Duplay (*1736), eines überzeugten Befürworters der Revolution und Jakobiner, und der Françoise Eléonore Vaugeois, Tochter eines Tischlers, die er 1766 Charlotte Robespierregeheiratet hatte; Schwester der Éléonore Duply, der Verlobten Maximilien de Robespierres, der ihr immer beistand, wenn ihre Eltern mit ihr grollten. Am 24.4.1793 lernte sie Philippe-François-Joseph Le Bas (*1764, †1794) kennen, als Charlotte Robespierre (*1760, †1834), die Schwester des “Unbestechlichen” - sie wohnte mit ihrem Bruder in einem Haus der Familie Duplay - sie zu einer Sitzung des Nationalkonvents eingeladen hatte. Vier Monate später, am Philippe-François-Joseph Le Ba26. August heiratete die noch nicht 20-Jährige Le Bas, wobei Jacques-René Hébert die Hochzeit zelebrierte. Am 28.6.1794 kam der gemeinsame Sohn Philippe Le Bas zur Welt, der einst Erzieher des späteren Napoléon III. und Direktor des Institut de France werden sollte. Nach dem Sturz Robespierres wurde die gesamte Familie Duplay noch am selben Tag in das Sainte-Pélagie Gefängnis gebracht, wo ihre Mutter sich am Fensterkreuz erhängte, während sie und ihre Schwester Éléonore erst nach einigen Monaten dank des Einflusses von Joseph Fouché wieder aus der Haft entlassen wurden. Le Bas nahm sich am 28.7.1794 (10. Thermidor II), dem Tag als er - wie seine politischen Freunde - guillotiniert werden sollte, mit einem Pistolenschuß wenige Minuten vor seiner Festnahme das Leben, nachdem sie vom französischen Nationalkonvent für vogelfrei erklärt worden waren1. Élisabeth, die keinerlei Reue zeigte, sondern lieber sterben würde (“plutôt mourir”), verdiente ihren Lebensunterhalt als Wäscherin, Im Januar 1798 heiratete sie ein zweites Mal, und zwar Charles, den Bruder ihres ersten Mannes, mit dem sie noch zwei Kinder hatte. Nach dem Tode von Charles zog sie sich zu ihrer Tochter Caroline nach Rouen zurück, die dort mit dem Eigentümer des Hôtel du Nord verheiratet war. In Rouen besuchte sie u.a. der Historiker Jules Michelet, der sie in seiner Geschichte der Französischen Revolution als "lebendig und charmant” und in der Lage Robespierre immer wieder anzufeuern, beschrieb.

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1 Auf dem bekannten Bild von der Hinrichtung von Robespierre u.a. am 28.7.1794 liegt sein lebloser Körper im Vordergrund vor der Guillotine.

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Bilder: Herbert Herterich (01/2013)

Paris, cimetière du Père Lachaise

oben: Daten seines Vaters

John Adams

 

Englischer Matrose; heuerte unter dem Namen Alexander Smith auf der unter dem Befehl von Leutnant William Bligh stehenden dreimastigen Segelschiff HMS Bounty der britischen Marine an. Als es am 28.4.1789 südlich von Tofua (Tongainseln) auf dem Schiff zu einer Meuterei unter Führung des 2. Offiziers Fletcher Christian (*1764, †1793), in deren Folge Kapitän Bligh und achtzehn Gefolgsleute auf hoher See in einem offenen Boot ausgesetzt wurden, gehörte Adams zu den Meuterern. Am 20. Januar 1790 ging er mit dem Rest der Meuterer der Bounty auf der Pitcairn Insel an Land. Um ihre Spuren zu verwischen, setzten sie anschließend das Schiff in Brand (die Überreste des Seglers sind noch heute in der Bounty Bucht unter der Wasseroberfläche zu sehen). Auf der Insel war er einer der geistigen Gründerväter der Pitcairner Gemeinschaft, in der es zunächst erhebliche Spannungen und gewaltsame Auseinandersetzungen gegeben hatte, bei denen 1793 Christian von einem Tahitianer, der sich als Sklave behandelt sah, ermordet und 1799 sogar Mord untereinander führten. Erst danach begann Adams sich zu besinnen, an der Bibel zu orientieren und die Kinder zu unterrichten. Nachdem Pitcairn per Zufall im Jahre 1808 durch den amerikanischen Robbenjagd-Segler Topaz entdeckt worden war, wurde Adams in Bezug auf die Meuterei amnestiert. Am 17.12.1825 heiratete er Teio (Mary) die ihm bereits 1804 einen Sohn geboren hatte, der auf den Namen Georges getauft worden war.

John Adams Haus und Grab auf Pitcairn (Aquarell von Edward Fanshawe, 12. August 1849)

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Bild: Makemake (10/2000) Wikipedia.de GFDL

Adamstown (Pitcairn Island)

Hinweis: Die ursprüngliche aus Holz bestehende und mit Blei bedeckte Grabmarkierung wurde, nachdem man sie durch den jetzigen steinernen Grabstein ersetzt hatte, nach England gebracht, wo er im National Maritime Museum in Greenwich zu sehen ist.

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Sonstige LVIII

Omnibus salutem!