Józef Ignacy Kraszewski

Polnischer Schriftsteller; Pseudonym Bogdan Boleslawita; einer verarmten Adelsfamilie entstammend, studierte er in Wilna (heute Vilnius, Litauen) Medizin und Philosophie. Als Anhänger der polnischen Unabhängigkeitsbewegung entging er während des Januaraufstands 1863 der Verhaftung und Verbannung nach Sibirien nur durch Flucht nach Dresden. 1863/64 ging er auf Reisen; 1868 machte er eine ausgedehnte Reise, die ihn in die Schweiz, nach Italien, Frankreich und nach Belgien führte, und er bereiste Deutschland. Seine Eindrücke schlugen sich in Artikeln nieder, die er in polnischen Zeitungen veröffentlichte. Später erschienen sie in Auszügen in seinem Buch Reiseblätter. 1869 wurde er sächsischer Staatsbürger. 1883, der Arbeit für den französischen Geheimdienst bezichtigt, wurde er in Berlin verhaftet, und nach seiner Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Festungshaft in Magdeburg inhaftiert. Wegen seines schlechten Gesundheitszustands entließ man Kraszewski vorzeitig gegen Kaution aus der Haft. Aus Angst vor einer neuerlich Inhaftierung floh er nach San Remo und schließlich 1887 nach Genf. Kraszewskis Werk umfaßt 600 Bände; u.a. wurde nach seiner Sachsentrilogie in der DDR der erfolgreiche Fernseh-Mehrteiler Sachsens Glanz und Preußens Gloria gedreht.

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Bild: Wolfgang Prokosch (04/2007)

Krakau, OT Kasimierz, Paulinerkirche

Bild: Wolfgang Prokosch (04/2007)

Krakau, OT Kasimierz, Paulinerkirche

Czeslaw Milosz

 1998 (Bild: Mariusz Kubik)

Polnischer Schriftsteller und Literaturwissenschaftler; schrieb bereits während seines Jurastudium erste Gedichte, 1933 erschien ein erster Band mit seinen Gedichten Poemat o czasie zastyglym, die ihn bekannt machten. Im gleichen Jahr schloß er an der Universität von Wilna (heute Vilnius, Litauen) sein Studium ab. In der Zeit zwischen dem Ende des Ersten und dem Beginn des Zweiten Weltkrieg zählte er zur polnischen literarischen und poetischen Avantgarde und war Gründungsmitglied der Wilnaer Poeten-Gruppe Zagary. Während der Zeit der Besatzung durch deutsche Truppen im Zweiten Weltkrieg war er im Untergrund tätig. Von 1945 bis 1951 war Milosz Kulturattaché in den USA und Frankreich. 1951 emigrierte er nach Paris und anschließend in die Vereinigten Staaten, wo er 1970 die amerikanische Staatsbürgerschaft annahm. Von 1961 bis 1978 war er Professor für Slawistik an der Berkeley Universität in Kalifornien. Inhalt seiner Lyrik sind existenzielle und (geschichts-) philosophische Probleme; in seinen Essays behandelte er die Lage der Intellektuellen im stalinistischen Polen und seine Lage als Emigrant. Milosz arbeitete auch als Übersetzer.

Werke u.a.: Verführtes Denken (1953), Das Tal der Issa (1955), Collected Poems (1988, dt. Gedichte).

Autobiographie: West- und östliches Gelände (1959).

Auszeichnungen u.a.: Nobelpreis für Literatur (1980).

Inschrift: Bene quiescas (Mögest du gut ruhen)

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Washington Irving

                         

US-amerikanischer Schriftsteller; der Sohn eines schottischstämmigen Kaufmanns schrieb bereits während seines Jurastudiums Essays und Erzählungen für New Yorker Zeitungen. Er kritisierte damals bereits in seinen Werke den Verlust der Beschaulichkeit in seiner Heimatstadt durch die Geschäftsgier der Yankees, während er die europäische Vergangenheit in romantischer Verklärung sah. 1815 ging er nach Europa und arbeitete ab 1818 als Teilhaber der Firma seines Bruders in Liverpool. Auch nach dem Konkurs der Firma blieb er in Europa, lebte u.a. in Dresden, London und Paris. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich wieder mit dem Schreiben. Nach einer Affäre mit Mary Shelley ließ er sich 1826 in Spanien nieder, wo er als amerikanischer Gesandter in Madrid arbeitete. Während seiner Zeit in Europa befreundete er sich u.a. mit dem irischen Dichter Thomas Moore und dem schottischen Schriftsteller Walter Scott, der ihn mit dem deutschen Märchen- und Sagenschatz bekanntmachte. Seine Erzählung The Legend of Sleepy Hollow (1819/20, dt. Die Sage von der schläfrigen Schlucht) geht auf Gottfried August Bürgers Ballade Der wilde Jäger und die Legende von Rübezahl zurück. Auch in der Kurzgeschichte Rip Van Winkle verband er Sagenmotiven der deutschen Romantik mit der Stilkunst des englischen Klassizismus Joseph Addisons (*1672, †1719) und Oliver Goldsmiths. Beide Erzählungen wurden in The sketch book of Geoffrey Crayon (1819-20, 7 Bde., dt. Gottfried Crayon's Skizzenbuch) veröffentlicht. Irving verwendete verschiedentlich die Pseudonyme Diedrich Knickerbocker und Geoffrey Crayon.

Werke u.a.: A History of New York (1809, dt. Die Handschrift Diedrich Knickerbockers des Jüngeren; auch: Humoristische Geschichte von New York), A History of the Life and Voyages of Christopher Columbus, 4 Bde., 18289, Oliver Goldsmith (2 Bde., 1849), Life of George Washington (5 Bde., 1855).

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Sleepy Hollow (New York), Sleepy-Hollow-Cemetery

Bild: Chris Kirkman (11/2003)
Bild: Finbarrjokane (04/2007)

Mika Toimi Waltari

Finnischer Schriftsteller; Sohn des lutherischen Pastors und Lehrers; studierte bis 1929 an der Universität Helsinki Theologie, Literaturwissenschaft und Philosophie. Danach arbeitete er zunächst als Journalist, Übersetzer und Literaturkritiker. Erste literarische Werke schuf er bereits 1925. Ab 1938 wirkte er als freier Schriftsteller und verfaße Lyrik, Erzählungen und Kriminalromane, die er z.T. unter Pseudonymen (Leo Arne, Kristian Korppi, Leo Rainio und Mikael Ritvala) veröffentlichte, vor allen Dingen aber historische Romane. Weltberühmt wurde er mit dem großangelegten Roman Sinuhe, egyptiläinen (1949, dt. Sinuhe, der Ägypter), mit dem er ein episches Meisterwerk schuf - angeregt durch Werk der altägyptischen Literatur aus dem Anfang der 12. Dynastie des Mittleren Reichs (ca. 1900 v. Chr.). Waltharis Werk wurde 1954 unter der Regie von Michael Curtiz mit Edmund Purdom (*1924, †2009) als Sinuhe, Victor Mature als Haremhab und Jean Simmons (*1929, †2010) als Merit verfilmt. Waltaris Werke wurden in 30 Sprachen übersetzt. Ab 1957 war er Mitglied der finnischen Akademie. 1970 verlieh ihm die Universität Turku den Doktortitel honoris causa.

Werke u.a.: Vieras mies tuli taloon (1937, dt. Ein Fremdling kam auf den Hof), Komisario Palmun erehdys (1940, dt. Kommissar Palmu), Ihmiskunnan viholliset (1964, dt. Minutus der Römer)

Papyrus Berlin 10499 mit dem Beginn der Geschichte von Sinuhe

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Helsinki, Hietaniemi Hautausmaa

Bild: Jukka Zitting (12/2004)

Samuel Taylor Coleridge

                          

Englischer Dichter, Literaturkritiker und Philosoph; der Sohn eines Pfarrers war im Internat von Christ's Hospital und dort Mitschüler von Leigh Hunt und Charles Lamb. Anschließend studierte er ab 1791 an der Universität von Cambridge Griechisch, Medizin und Philosophie. Von den Zielen der Französischen Revolution beeindruckt, plante er zusammen mit dem Dichter Robert Southey, den er 1794 kennenlernte, die Gründung einer Kommune in Neuengland nach radikaldemokratischen Prinzipien. Die Freundschaft mit William Wordsworth begründete eine fruchtbare literarische Partnerschaft, den Beginn der Romantik in England. 1798 erschien der gemeinsame Gedichtband Lyrical Ballads, der sein berühmtestes Gedicht The Rime of the Ancient Mariner (dt.: Der alte Seefahrer) enthält; viele der darin enthaltenen Wendungen haben Eingang in den Sprichwortschatz Englands gefunden. 1798/99 bereiste Coleridge zusammen mit Wordsworth Deutschland. Aufgrund seiner Erfahrungen setzte er sich intensiv mit der deutschen Literatur und Philosophie auseinander, u.a. mit den Werke August Wilhelm Schlegels, Friedrich Schellings, Immanuel Kants, Gotthold Ephraim Lessings und Friedrich Schillers. Nach seiner Rückkehr übersetzte er einen Teil von Schillers Wallenstein-Trilogie und verfaßte eine Lessing-Biografie. Von 1804 bis 1806 war er Sekretär des Gouverneurs von Malta. Nach der Trennung von seiner Frau lebte er einige Zeit bei Wordsworth und dessen Frau, ab 1808 überwiegend in London, wo er Vorlesungen über Shakespeare hielt und literarkritische und religionsphilosophische Werke verfaßte. Nachdem Coleridge sich zum Konservativen gewandelt hatte, kam es 1810 zum Bruch mit Wordsworth. Nach einem körperlichen Zusammenbruch (1813) wohnte er bis zu seinem Tode in London im Hause des Arztes James Gillman.

Werke u.a.: Kubla Khan (entstanden 1798, veröffentlicht 1816) Christabel (unvollendet, entstanden 1797 und 1800, veröffentlicht 1816), Dejection (1802), Biographia literaria (1817), On the constitution of Church and State, according to the idea of each, 1830).

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London Highgate, St. Michael’s Church

Bild: Pasi Räihä (04/2007)

Hinweis: Der Buchstabe “A” in Waltaris Namen auf dem Grabstein wurde bewußt mit Bezug auf seinen in der ägyptischen Geschichte angesiedelten Romans Sinuhe in Form einer Pyramide gestaltet .

Bilder: (c) Eddie Daley

Christina Georgina Rossetti

Englische Dichterin; der aus Italien stammende Vater hatte aus politischen Gründen seine Heimatstadt Neapel verlassen und in England Asyl erhalten. Die Mutter Frances war die Schwester des Physikers John William Polidori, der mit Lord Byron befreundet war. Christina, ihre Schwester Maria Francesca sowie ihre beiden Brüder Dante Gabriel und William Michael wurden zu Hause z.T. durch ihre Mutter unterrichtet. Die stets kränkelnde Christina verfaßte bereits sehr früh Gedichte. Ihre Werke weisen im Wesentlichen religiöse Züge auf, handeln vom Leid auf Erden, dem Jenseits, von Verzicht auf irdische Liebe und Gedanke an den Tod. Zu ihren bekanntesten Gedichten gehören When I Am Dead, My Dearest (s.u.) und Up-Hill. Wie überhaupt ihr Glaube ihr Leben bestimmte, so hat sie wohl auch aus religiösen Gründen ihre beiden Liebesbeziehungen aufgegeben. In den letzten 15 Jahren ihres Lebens, die sie als Einsiedlerin verbrachte, schrieb sie aber auch ihre schönsten Kindergedichte, wie sie überhaupt auch Balladen, Sonette, Liebesgedichte und Nonsensreime verfaßte. Obwohl sie einige ihrer frühen Gedichte 1850 in der präraffaelitischen Zeitschrift Germ veröffentlichte, gehörte sie dieser Bewegung nicht an.

pinxit Dante Gabriel Rossetti

 

 

       When I Am Dead, My Dearest

        When I am dead, my dearest,
        Sing no sad songs for me;
        Plant thou no roses at my head,
        Nor shady cypress tree:
        Be the green grass above me
        With showers and dewdrops wet;
        And if thou wilt, remember,
        And if thou wilt, forget.

        I shall not see the shadows,
        I shall not feel the rain;
        I shall not hear the nightingale
        Sing on, as if in pain:
        And dreaming through the twilight
        That doth not rise nor set,
        Haply I may remember,
        And haply may forget.

Werke u.a.: Goblin Market and Other Poems (1862), The Prince’s Progress and Other Poems (1866). Sing-Song: A Nursery Rhyme Book (1872).

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London, Highgate Cemetery (Western Section)

Josef Weinheber

 

 

Österreichischer Schriftsteller und Lyriker; Sohn eines Metzgers und einer Weißnäherin; nachdem sich die Eltern getrennt hatten, wurde der Neunjährige 1901 als Zögling in einer sog. Korrektionsanstalt in Mödling bei Wien untergebracht, die er erst 1909 wieder verlassen konnte. Anschließend nahm er diverse Gelegenheitsarbeiten an, bis er 1911 eine Laufbahn als Beamter bei der Post- und Telegraphenverwaltung in Wien begann, die er erst 1932 wieder aufgab, als sich literarischer Erfolg einstellte. Noch während seiner Zeit als Beamter war er ab 1919 Mitarbeiter der humoristische Zeitschrift Muskete, für die er Beiträge verfaßte, und 1920 sein erster Lyrikband Der einsame Mensch erschien. Jedoch als Künstler weitgehend unbeachtet, wurde er 1931 Mitglied der NSDAP in Österreich, da er sich Unterstützung in seinem Kampf gegen die “jüdische Unterwanderung des österreichischen Kulturbetriebs“ erhoffte, dem er seinen bisherigen Mißerfolg anlastete. Als jedoch 1934 sein Roman Adel und Untergang erschien, avancierte er zu einem der populärsten und anerkanntesten Lyriker jener Zeit; besonders sein teilweise im Wiener Dialekt verfaßtes Werke Wien wörtlich (1935) machte ihn in Österreich bekannt. Als sich ein “Anschluß” Österreichs an das Deutsche Reich abzeichnete, stand er dieser Entwicklung zunächst noch skeptisch gegenüber, nachdem er auf einer Reise durch das Reich im Jahre 1936, dem Jahr, in dem er Mitglied im Bund deutscher Schriftsteller Österreichs wurde, die Auswirkungen der Politik der Nazis beobachtet konnte. Nach dem erfolgten Anschluß Österreichs an das Reich im Jahre 1938 allerdings beteiligte er sich am sog. Bekenntnisbuch österreichischer Dichter, in dem das Ereignis begeistert begrüßt wurde. Bald schon gehörte Weinheber zu den von den Führern des Nationalsozialismus protegierten Autoren, da er insbesondere mit seiner Lyrik deren Vorliebe für großen Pathos traf. Ende August 1944 wurde er von Hitler in die Gottbegnadeten-Liste aufgenommen, die vom NS-Regime besonders anerkannte Schriftsteller enthielt und die darin Genannten zugleich vom Kriegsdienst freistellte. Weinheber, der wegen seiner Alkoholkrankheit gelegentlich abschätzig auch “Heurigenhölderlin” genannt wurde, und zunehmend unter Depressionen litt, nahm sich mittels einer Überdosis Morphium das Leben, als die Truppen der Roten Armee sich bereits Wien sehr genähert hatten.

Josef Weinhebers Werk umfaßt autobiographisch gefärbte Romane, so z.B. Das Waisenhaus (1924), aber hauptsächlich Lyrik.

Auszeichnungen u.a.: Wolfgang-Amadeus-Mozart-Preis (1936), Ehrenring der Stadt Wien (1942), Ehrendoktor der Universität Wien (1942)

Werke u.a.: Vereinsamtes Herz (1935), Späte Krone (1936), O Mensch, gib acht (1937), Zwischen Göttern und Dämonen (1938);

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Bild: Sandner (02/2011) Wikipedia.de
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Kirchstetten (NÖ), Im Garten seines Hauses

Stéphane Frédéric Hessel eigentl. Stefan Hessel

 

 

Französischer Autor, Schriftsteller und Journalist; Sohn des deutschen Schriftstellers Franz Hessel, der während seiner Studentenzeit in München-Schwabing von 1903 bis 1906 in Wohngemeinschaft mit Fanny Gräfin zu Reventlow und deren Lebensgefährten in der Kaulbachstraße 63 lebte (der wohlhabende Franz Hessel war es auch, der das Leben der Drei finanzierte) und dessen Frau Helen née Grund; 1924 kam er mit seinen Eltern und seinem älteren Bruder Ulrich nach Paris und wurde 1937, als er das hierfür notwendige Alter von zwanzig Jahren erreicht hatte, französischer Staatsbürger. 1939, zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde er Offizier in der französischen Armee und kam in Kriegsgefangenschaft, aber es gelang ihm die Flucht über Südfrankreich, Marokko und Portugal nach London, wo er im März 1941 eintraf. Dort schloß er sich im Mai dem 1940 von General Charles de Gaulle. ins Leben gerufenen Komitee Freies Frankreich an. 1944 wurde er in einer Spionagemission mit einem Lastensegler nach Frankreich eingeschleust. Schon wenig später, im Juli 1944, verhaftete ihn in Paris die Gestapo; er wurde in das KZ Buchenwald deportiert und als Spion zum Tode verurteilt. Vor diesem Schicksal rettete ihn Eugon Kogon, der die Idee hatte, ihn die Identität eines jungen Mannes anzunehmen lassen, der zwar nicht zum Tode verurteilt, aber an Typhus gestorben war. Unter dessen Namen Michel Boitel wurde Hessel in das Außenlager Rottleberode und später in das Lager Mittelbau-Dora überstellt, in dem Wernher von Braun die von ihm entwickelte “Vergeltungswaffe” V2 bauen ließ Als er 1945 mit anderen Gefangenen in das KZ Bergen-Belsen verlegt werden sollte, gelang ihm die Flucht aus dem Zug auf dem Weg dorthin, und Hessel, der ja perfekt Deutsch sprach, schlug sich nach Paris durch. Nach dem Krieg wurde er 1946 Diplomat. Er arbeitete am Text für die allgemeine Erklärung der Menschenrechte mit, die die Vereinten Nationen 1948 verabschiedeten. Später wurde Hessel UN-Botschafter in Genf. Unter dem sozialistischen Präsidenten François Mitterrand übernahm er dann Aufgaben im französischen Außenministerium. 2010 wurde Stéphane Hessel mit den beiden Essays Empört euch! und Engagiert euch! weltweit bekannt: Er kritisierte in ihnen die ausufernde kapitalistische Finanzwirtschaft und rief zum Protest auf. Die Essays waren mitverantwortlich für das Entstehen der Bewegung der Empörten, die zunächst in New York City, dann auch in London, Madrid, Frankfurt am Main und zahlreichen weiteren Städten gegen den Finanzkapitalismus und die Sparpolitik der Regierungen Front macht.

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Paris, Cimetière du Montparnasse 

Carl Amery eigentl. Christian Anton Mayer

 

 

Deutscher Schriftsteller und Publizist; der Sohn eines Historikers und Theologen wuchs in einem streng katholischem Umfeld auf. Nach dem Besuch von Schulen in Passau und Freising begann er als Stipendiat des Maximilianeums in München mit dem Studium Neuerer Sprachen und Literatur, das er jedoch abbrechen mußte, als er 1941 zum Kriegsdienst herangezogen wurde. Mit 21 Jahren geriet er in US-amerikanische Gefangenschaft und kam in Kriegsgefangenenlager in den Vereinigten Staaten. Nach seiner Entlassung und Rückkehr nach Deutschland im Jahre 1946 studierte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München und an der Catholic University of America in Washington Literaturwissenschaften. Ab 1950 lebte Amery als freier Schriftsteller in München. Im Jahr 1954, dem Jahr, als er sich der Gruppe 47 anschloß, erschien auch sein erster Roman Der Wettbewerb. Nach einer vorübergehenden Beschäftigung als Dramaturg war er von 1967 bis 1971 Direktor der Münchner Städtischen Bibliotheken. 1976 war er für ein Jahr Vorsitzender des Verbandes deutscher Schriftsteller. 1974 verließ er die Sozialdemokratische Partei und war einer der Gründer der Partei der Grünen, widmete sich in den 1970er Jahren v.a. Umweltproblemen und ökologischen Fragen und avancierte mit seinem Werk Natur als Politik. Die ökologische Chance des Menschen (1976) zum Vorreiter der Umweltbewegung. Mit seiner Streitschrift Die Kapitulation oder Deutscher Katholizismus heute, die 1963 erschien, und der neun Jahre später publizierten Schrift Das Ende der Vorsehung. Die gnadenlosen Folgen des Christentums wurde Amery als Vertreter eines kritischen Katholizismus bekannt und erwarb er sich den Titel als eines Linkskatholiken. Immer blieb er kritisch gegenüber den Etablierten in Gesellschaft, Kirche und Staat. In seinem letzten Werk Briefe an den Reichtum schrieb er über die großen Geldvermögen im "Herzen der Finsternis" des modernen Kapitalismus (Der Spiegel, 23/2005).

Amery schrieb neben Essays, Hörspielen und einem Theaterstück auch zeitkritische Utopien, sowie den Roman Der Untergang der Stadt Passau (1975).

Werke u.a.: Ich stehe zur Verfügung (1967), Das Königsprojekt (1974), An den Feuern der Leyermark (1979), Leb wohl geliebtes Volk der Bayern (1980), Die starke Position oder Ganz normale Mamus (1985), Die Wallfahrer (1986).

Auszeichnungen u.a.: Bundesverdienstkreuz I. Klasse (1987), Friedrich-Märker-Preis für Essayistik (1989), Literaturpreis der Stadt München (1991), Phantastik-Preis der Stadt Wetzlar (1991).

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Bilder: Claus Harmsen (stones & art, 04/2013)

München, Ostfriedhof

Bilder: Herbert Herterich (05/2013)
Bild: Josef Aschenbrenner (04/2017)
Schriftsteller LXXXVII

Omnibus salutem!