Warlam Tichonowitsch Schalamow
Russischer Schriftsteller; Sohn eines Priesters; nach Beendigung der Schule im Jahre 1923 arbeitete er zunächst als Gerber in einer Lederfabrik in Moskau und begann danach 1926 ein Studium der Rechtswissenschaften an der Lomonossow-Universität. Als er Lenins Testament, in dem jener Stalin kritisch beurteilt hatte, veröffentlichte, wurde er verhaftet, verbüßte bis März 1929 eine Haftstrafe in dem berüchtigten Moskauer Butyrka-Gefängnis und wurde anschließend zu drei Jahren Haft in einem Konzentrationslager und fünf Jahren Verbannung in den Norden der Sowjetunion verurteilt, wo er bis 1931 in einer Holzfabrik arbeiten mußte. Nach der Teilnahme am Bau eines Chemiekombinats in Berezniki kehrte er 1932 nach Moskau zurück. Angeregt durch die Bekanntschaft mit Wladimir Majakowskij und den Schriftsteller Sergej Tretjakow (*1892, †1939) erschienen erste Publikationen. Nach einer weiteren Verhaftung wegen “konterrevolutionärer trotzkistischer Tätigkeit” kam er für fünf Jahre in ein sog. Besserungsarbeitslager, mußte in Sibirien, in der Region Kolyma, in dem Goldbergwerk “Partisan“ arbeiten. Nachdem er immer wieder verhaftet und verurteilt wurde, erfolgte 1953 nach dem Tode Stalins schließlich seine Rehabilitation. 1954 begann er mit der Arbeit an den Erzählungen aus Kolyma (1954-70). Erste Gedichte erschienen 1957 in Moskauer Zeitschriften. Schalamow starb in einer Nervenheilanstalt.
Moskau, Kunzewoer Friedhof
Britischer Schriststeller irischer Abstammung; Vater des 2008 mit einem Oscar als bester Hauptdarsteller ausgezeichneten Schauspielers Daniel Day Lewis (*1957), der mit der Tochter Arthur Millers verheiratet ist; studierte an der Universität in Oxford, an der er später von 1951 bis 1956 Professor of Poetry sein sollte. Dort schloß er sich einem marxistisch geprägten Schriftstellerkreis an. Seinen ersten Gedichtband veröffentlichte er 1925. Nach Abschluß seines Studiums arbeitete er zunächst als Lehrer, bis er sich ab 1935 als freier Schriftsteller betätigte. Um seinen Lebensunterhalt zu sichern, verfaßte er unter dem Pseudonym Nicholas Blake Kriminalromane. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wandte sich er sich von der marxistischen Ideologie ab und in seiner Dichtung privaten Lebensbereichen zu. 1968 wurde er von der britischen Krone zum Poet laureate ernannt.
Werke u.a.: The Magnetic Mountain (1933).
Stinsford, St. Michael's Churchyard
US-amerikanischer Schriftsteller italienischer Abstammung; verbrachte einen Großteil seiner Kindheit in Waisenhäusern und bei Pflegefamilien. Während einer Haftzeit - er war wegen Diebstahls zu drei Jahren verurteilt - begann er zu lesen und wurde zu einem Bewunderer des Dichters Percy Bysshe Shelley und verfaßte erste Gedichte. 1950 nach New York zurückgekehrt, lernte er Allen Ginsberg kennen, der ihn mit sog. Beat-Autoren zusammenbrachte, denen er nach einer Zeit als Matrose 1956 nach San Francisco folgte. Zusammen mit Jack Kerouac, und Ginsberg veranstaltete er 1957 einige unkonventionelle Lesungen und Interviews und bereiste Mexiko sowie West- und Osteuropa. Beisetzen ließ er sich neben dem von ihm bewunderten Shelley.
Rom, Cimitero Acattolico per gli Stranieri - Friedhof an der Cestiuspyramide
Deutsche Autorin, Cartoonistin, Sozialwissenschaftlerin; in Ludwigshafen aufgewachsen, begann sie ihr Berufsleben nach dem Studium der Soziologie und Psychologie in Berlin und Promotion als Wissenschaftlerin. Als solche veröffentlichte sie ein Fachbuch über Farbpsychologie und –gestaltung: Wie Farben wirken. Dann war sie auch als Cartoonistin tätig. Berühmt aber wurde sie mit ihrem Roman Beim nächsten Mann wird alles anders, der 1987 beim Frankfurter S. Fischer Verlag veröffentlichte wurde und sich rasch zu einem Bestseller entwickelte. Mit dem witzig geschriebenen Werk traf sie den Nerv der damals 30Jährigen, die an ihren Beziehungskisten arbeiteten. Der Roman wurde mit Dominic Raacke und Antje Schmidt 1988 verfilmt. Für ihr Kinderbuch Die wahre Geschichte von allen Farben gab es 1995 eine Nominierung für den Deutschen Kinderbuchpreis. Ihre Bücher wurden auch in den Vereinigten Staaten, in China und Japan und in anderen Ländern gelesen. Verheiratet war sie mit Mediensoziologen und ehemaligen Professor an der Frankfurter Universität, Dieter Prokop.
Werke u.a.: Der Mann, der's wert ist (1993), Erst die Rache, dann das Vergnügen (1997), Wie man allseits beliebt wird, glücklich und schlank – oder: Vom Sinn des Lesens (2001), Das unerwartete Geschenk vom Weihnachtsmann und von Frau Glück und Herrn Liebe (2002), Welchen soll ich nehmen? (2004).
Frankfurt am Main, Hauptfriedhof
Deutsche Schriftstellerin; nach dem Schulabschluß machte sie im elterlichen Hotel in Reichenbach bei Görlitz eine Ausbildung. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, als die russischen Truppen gegen Schlesien vorrückten, mußte sie ihre Heimat verlassen. Sie kam zunächst in die Lüneburger Heide nach Tostedt, ging später nach Hamburg und Buxtehude und ließ sich schließlich auf Dauer in Nottensdorf nieder. Sie begann ihre während des Krieges gemachten Erfahrungen niederzuschreiben und hielt Erinnerungen an ihre verlorene Heimat fest. 1956 wurden ihre ersten Erzählungen Wir wollen Freundschaft schließen, Nina (1956) und Die Töchter des Königsbauern (1959) publiziert; erfolgreich aber war sie mit ihrer Kinderbuchfigur “Schnüpperle”. Viele ihre Geschichten wurden in Schulbücher aufgenommen und liegen als Übersetzungen in 20 Fremdsprachen vor.Sie war aber auch als Herausgeberin von Märchen- und Weihnachtsgeschichten tätig und engagierte sich in der Leseförderung für Grund- und Sonderschulen. 1970 wurde sie als erste deutsche Jugendbuchautorin in den PEN-Club aufgenommen.
Werke u.a.: Sturm über dem Kaukasus (1963), Schnüpperle - 24 Geschichten für die Weihnachtszeit (1969), Schnüpperle auf Reisen und andere neue Geschichten (1994).
Buxtehude, Friedhof der St.-Petri-Gemeinde
Deutsche Schriftstellerin; die Tochter eines Müllermeisters besuchte nach dem Schulabschluß das Franzburger Lehrerseminar, arbeitete anschließend als Hauslehrerin und begann schon früh, Verse zu schreiben. 1898 zog sie nach Berlin und war als Redakteurin des Deutschen Familienblattes tätig. 1911 folgte sie ihrem Mann Dr. Max Müller, einem Agrarwissenschaftler, den sie 1904 geheiratet hatte, ins japanische Sapporo, wo dieser eine Gastprofessur angenommen hatte. Unmittelbar nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges, in dem Japan Kriegsgegner Deutschlands war, kehrte das Ehepaar ins Deutsche Reich zurück, wo die Ehe zerbrach. Um der aus der Scheidung resultierenden Armut zu entgehen, versuchte sie ihre Einkünfte aufzubessern, indem sie Vortragsreisen unternahm und Leseabende veranstaltete. In dieser Zeit erschien Mudder Möllersch' Reis na Berlin (1920). 1924 zog sie nach Mecklenburg zurück, ließ sich in Zingst nieder. Ihr vor dem Krieg in plattdeutschem Dialekt verfaßte Gedicht über die Ostseewellen, erschien unter dem Titel Mine Heimat 1907 in dem Sammelband Schelmenstücke. Der Dirigent des Züricher Arbeiter-Männergesangvereins, Simon Krannig, vertonte das Gedicht, worauf sich das Lied rasch populär war - zu spät allerdings, als das sie von den Tantiemen hätte profitieren können: fast erblindet, arm und einsam starb sie in einem Altersheim in Franzburg.
Inschrift: Hier ist mine Heimat hier bün ick to Hus.
Zingst, Friedhof
Französischer Schriftsteller; Sohn eines Schusters und einer Büglerin wuchs in Armut auf, und als sein Vater wegen einer Krankheit seinem Beruf nicht mehr nachgehen konnte, mußte Jean die Schule verlassen, um die Familie finanziell zu unterstützen. Das Trauma des Ersten Weltkriegs - mit 19 Jahren wurde er zum französischen Militär eingezogen und verlor seinen Freund bei Kämpfen - ließ ihn zu einem konsequenter Pazifisten werden. In seinem 1931 erschienenen Buch Le grand troupeau verarbeitete er die erlebten und erlittenen Schrecken des Krieges. Nach dem Krieg begann er in einer Bank zu arbeiten, schrieb aber parallel zu seiner Arbeit bereits an Romanen. 1930 erschienen seine Romane Colline und Naissance de l’Odyssée (dt. Die Geburt der Odyssee), die ihn ad hoc bekannt machten und ihn in den Stand setzten, sich nunmehr ganz der schriftstellerischen Arbeit zu widmen. Er schuf Werke, in denen er das einfachen Volk und dessen engen Kontakt zur Natur, insbesondere derjenigen der Provence, thematisierte. Später wandte er sich allerdings historischen Themen zu. Früh auch wandte er sich dem Film zu, nachdem er in den 1930er Jahre die Wirkung von Filmen auf das Publikum beobachtet hatte. Als erstes drehte er einen Dokumentarfilm, 1942 folgte der Versuch, seinen Roman Le Chant du monde filmisch umzusetzen; er führte den Versuch allerdings nicht zu Ende. In den 1950er Jahren arbeitete er mit Alain Allioux für den Film L'Eau vive von François Villiers zusammen, Drehbücher für andere Regisseure folgten. Andererseits adaptierten aber auch Regisseure Gionos Werke für den Film, so basieren drei Filme Marcel Pagnols auf Arbeiten Gionos. 1953 wurde Jean Giono für sein Lebenswerk mit dem Prix littéraire du Prince-Pierre-de-Monaco ausgezeichnet, 1954 wurde er Mitglied der Académie Goncourt. 1961 war er Vorsitzender der Jury des Filmfestivals von Cannes.
Wegen seiner strikten pazifistischen Einstellung, die auch in seinem 1937 erschienenen BuchRefus d'obéissance (1937) zum Ausdruck kommt, erregte er im Vorkriegs-Frankreich, in dem die Emotionen hochgingen, nicht nur Unmut; am 14.9.1939 wurde er verhaftet und eine kurze Zeit lang eingesperrt, weil er sich gegen jegliche Gewalt - auch gegenüber den Deutschen - aussprach. Damit galt Giono als Sympathisant des Nationalsozialismus. Nach der Befreiung Frankreich von der deutschen Besatzung im Jahre 1944 wurde der Vorwurf erhoben, er habe mit der Vichy-Regime Marschall Petains zusammengearbeitet. welches mit den deutschen Besatzern kollaborierte. Er wurde wiederum verhaftet und diesmal für fünf Monate ins Gefängnis gesteckt, ohne daß es zu einer Klageerhebung bzw. Verurteilung gekommen wäre. Zugleich kam sein Name auf eine der seinerzeit üblichen “Schwarzen Listen”, was dazu führte, daß es Giono bis 1947 nicht erlaubt war, seine Werke zu publizieren, obwohl seine Verteidiger sein Verhalten mit seiner pazifistischen Einstellung begründeten, die eben keinerlei gewaltsames Handeln oder Eingreifen zuließe.
Werke u.a.: Pan-Trilogie: Colline (1929, dt. Der Hügel), Un de Baumugnes (1929, dt. Der Berg der Stummen), Regain (1930, dt. Ernte); , Der Husar auf dem Dach (1951), Das unbändige Glück (1957).
Inschrift: Où je vais personne ne va, personne n’est jamais alle, personne n’ira. J’y vais seul. Le pays est vierge et il s’efface derrière mes pas. [Wo ich gehe, geht niemand, ging jemals jemand, wird niemand gehen. Ich gehe allein. Das Land ist eine Jungfrau, und es verschwindet hinter meinen Schritten].
Manosque (Provence), Cimetière comunal
Emil Ludwig eigentl. Emil Cohn
Schweizer Schriftsteller deutsch-jüdischer Herkunft; Sohn eines Augenarztes; konvertierte 1902 zum Christentum über (die Vornamen seiner Kinder hatte der Vater aber schon vorher geändert, um sie vor Anfeindungen zu bewahren). Ludwig studierte Rechtswissenschaften und promovierte auch zum Dr. iur., schlug dann aber eine journalistische und schriftstellerische Laufbahn ein. 1906 siedelte er in die Schweiz über. 1914 arbeitete er als Journalist in London und war während des Ersten Weltkriegs als Korrespondent für das Berliner Tageblatt in Wien und Istanbul tätig. 1920 erschien sein sehr erfolgreiches dreibändiges Werk Goethe. Er zog 1922 wieder in die Schweiz, erwarb eine Villa in Moscia und arbeitete als freier Schriftsteller; es erschien in der Folge eine Reihe populärer Biographien; Ludwig wurde zu einem der auflagestärksten Schriftsteller der Zeit: Seine im Herbst 1925 bei Rowohlt veröffentlichte Biographie Wilhelms II., verkaufte sich innerhalb kürzester Zeit mit 200 000 Exemplare. Ludwigs Biographien kamen bei den Lesern so gut an, da er in seinen populärwissenschaftlichen, nicht immer der historischen Wahrheit verpflichteten Biographien dramatische Spannung mit psychologischer Analyse zu verbinden verstand. Sein Erfolg brachte ihm im Laufe der Zeit aber auch viele Neider ein. So war er bei seinen Kollegen nicht sehr beliebt und wurde viel kritisiert; auch galt er als überheblich. Kurt Tucholsky äußerte sich dazu: Emil Ludwig hats nicht leicht. Er müßte eigentlich ein Rundschreiben an seine Kritiker schicken: “Entschuldigen Sie bitte, daß ich so viel Erfolg habe.” 1932 erwarb Ludwig die Schweizer Bürgerrecht, um dem im Deutschen Reich zunehmenden Kesseltreiben gegen seine Person und Werke, zu entgehen. 1940 zog er in die USA, nach Südkalifornien, und publizierte in Zusammenarbeit mit der US-Regierung antifaschistische Texte. Nach dem Kriegsende kehrte er wieder in die Schweiz zurück , wo er - in Deutschland immer noch angefeindet - einsam in seinem Domizil in Moscia starb.
Ludwig verband in seinen populärwissenschaftlichen, nicht immer der historischen Wahrheit verpflichteten Biographien dramatische Spannung mit psychologischer Analyse. Nach der “Machtergreifung” durch die Nationalsozialisten wurden seine Bücher, die 1932 eine Auflage von 2,5 Millionen in 20 verschiedenen Sprachen erreichte, verboten und mit der Begründung verbrannt; ein Student warf sie am 10.5.1933, bei der Bücherverbrennung auf dem Opernplatz in Berlin, mit den Worten ins Feuer:: “Gegen Verfälschung unserer Geschichte und Herabwürdigung ihrer grossen Gestalten, für Ehrfurcht vor unserer Vergangenheit! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Emil Ludwig und Werner Hegemann!“. Aufsehen erregte sein Interview mit Stalin, zu dem er 1931 nach Moskau gereist war und das 1932 zunächst in der Sowjetunion veröffentlicht wurde.
Werke u.a.: Napoleon (1906), Michelangelo (1930), Schliemann - Geschichte eines Goldsuchers (1932), Roosevelt - Studie über Glück und Macht. (1938), Stalin (1945), Der entzauberte Freud (1946)..
Ascona, Cimitero Comunale
Omnibus salutem!