Bild: Mark  Yearian (07/2009)

Chicago, Rosehill Cemetery

Charles Gates Dawes

              

US-amerikanischer Politiker (Republikanische Partei); von Haus aus Rechtsanwalt und Bankier; von 1923 bis 1924 war er Vorsitzender der internationalen Sachverständigenkommission, die über die deutsche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beriet; Anlaß für das Gutachtens waren die aufgrund der Kriegsschäden von Deutschland zu leistenden Reparationszahlungen. Das Ergebnis war der sog. Dawesplan, für den er 1925 den Friedensnobelpreis erhielt. Der Plan sah Zahlungen von jährlich 2,5 Mrd. Goldmark vor. Um eine Staatspleite zu vermeiden, wurde der Weimarer Republik eine internationale Anleihe (800 Mio. Goldmark) zur Überbrückung und zur Stabilisierung der deutschen Währung gewährt. 1929/30 wurde er durch den Youngplan ersetzt. Von 1925 bis 1929 war er Vizepräsident der Vereinigten Staaten unter dem republikanischen Präsidenten Calvin Coolidge, und anschließend bis 1932 Botschafter in London. Anschließend war er bis zu seinem Tode Chairman of the Board der City National Bank and Trust Co. in Chicago.

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Friedrich August Karl Julius von Holstein

Deutscher Diplomat; mecklenburgischem Uradel enstammend, der Vater war preußischer Offizier und Kammerherr; von 1853 bis 1856 studierte er Rechtswissenschaften an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin und wurde zunächst am Stadtgericht Berlin als Auskultator und Referendar tätig, bevor er sich Ende 1860 der diplomatischen Laufbahn zuwandte und Attaché an der deutschen Gesandtschaft in Sankt Petersburg unter dem damaligen Gesandten Otto von Bismarck wurde. Weitere Stationen in diesem Dienst waren von 1863 bis 1867 Rio de Janeiro, London, Washington, Stuttgart, Florenz und ab 1867 Kopenhagen. Ab 1870 in der politischen Abteilung des Auswärtigen Amte (AA) tätig, wurde er bei Ende des Deutsch-Französischen Krieges nach Versailles entsandt und war für die Übersetzung der Kapitulationsdokumente zuständig. Ab 1876 war Holstein Vortragender Rat im Auswärtigen Amt. Aufgrund des engen Kontakt zu Bismarcks und zu dessen ältestem Sohn Herbert gelangte Holstein zu erheblichem Einfluß und einer Schlüsselstellung im AA. Ab 1885 distanzierte er sich allmählich von seinem Dienstherrn, wurde Gegner der rußlandfreundlichen Politik Bismarcks und demontierte dessen Geflecht von Bündnissen: Und insbesondere nach dessen Entlassung wurde er zur Zentralfigur der deutschen Außenpolitik. Als außenpolitischer Ratgeber der Kanzler von Leo von Caprivi (*1831, †1899) und Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst (*1819, †1901) setzte er die Nichtverlängerung des Rückversicherungsvertrags mit Rußland gegen die uspr. Intension Caprivis und Wilhelms II. durch, um sich mehr Großbritannien annähern zu können. Jedoch scheiterte ein engeres Verhältnis - trotz der verwandtschaftlichen Verhältnissen der beiden Regenten - an Wilhelms Ambitionen zur See und den kolonialen Träumen des Deutschen Reichs, die Holstein übrigens nicht befürwortete, sich andererseits aber auch nicht offen gegen diese Tendenz einsetzte. Tatsächlich kam es 1904 zwischen Großbritannien und Frankreich zu einer “Entente cordial”. Da Holstein seinen Einfluß sozusagen aus dem Hintergrund einsetzte, bezeichnete der Publizist Maximilian von Harden ihn als “Graue Eminenz”. Nachdem seine Politik gescheitert war, reichte er am 14.4.1896 seinen Rücktritt ein, der von Kaiser und Kanzler angenommen wurde.

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Berlin, Invalidenfriedhof

Bilder: Dieter Müller (06/2010)

Hinweis: Da Holsteins Grab während der Zeit der Existenz der DDR im sog. Todesstreifen an der Berliner Mauer lag, ging es verloren. Erst im Herbst 2009 wurde es “wiederhergestellt”.

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Jouy-en-Josas b. Versailles

Léon Blum

 

Französischer Politiker und Schriftsteller; gründete 1902 mit Jean Jaurès den Parti socialiste français, hatte 1905 großen Anteil an der Einigung der französischen Sozialisten in der SFIO und stieg zum unbestrittenen Führer dieser Partei auf. 1936/37 und 1938 war er Ministerpräsident von Volksfrontregierungen; von 1943 bis 1945 war Blum in Deutschland interniert; 1946/47 war er nochmals Ministerpräsident. 

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Nikolaj Wiktorowitsch Podgornij (auch Podgorny)

 

Sowjetischer Politiker; studierte von 1923 bis 1926 in Kiew am Technischen Institut für Ernährungsindustrie der Nationalen Technischen Universität der Ukraine ein Ingenieurswissenschaften; Podgornij, der vom damaligen ukrainischen Parteichef (1938–1949) Nikita Chruschtschow gefördert wurde, war 1930 KPdSU beigetreten. Von 1939 bis 1940 war er Stellvertretender Minister für Lebensmittelindustrie in der Ukrainischen SSR und von 1940 bis 1942 Stellvertretender Minister für die Lebensmittelindustrie der UdSSR. Von 1942 bis 1944 amtierte er als Direktor des Moskauer Instituts für die Lebensmittelindustrie, und erneut war er von 1944 bis 1946 Stellvertretender Minister für Lebensmittelindustrie in der Ukrainischen SSR. Nach dem Ende des Großen Vaterländischen Krieges vertrat er bis 1950 bei der Zentralregierung der UdSSR in Moskau die Interessen der Ukraine. Nach Chruschtschows Weggang aus der Ukraine im Jahre 1949 stieg er dort in der Parteihierarchie auf und wurde schließlich 1957 Erster Sekretär der KP der Ukraine. 1960 wurde er Vollmitglied des Präsidiums der KPdSU; von 1966 bis 1977 war er Mitglied des Politbüros der KPdSU, von 1965 bis 1977 Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR, d.h. Staatsoberhaupt der Sowjetunion. Sein Rücktritt aus dem Amt des Staatsoberhaupts und Mitglieds des Politbüros erfolgte am 24.5.1977 nach einem Machtkampf mit Leonid Breschnew, der das Amt des Staatsoberhauptes in Personalunion mit dem des Generalsekretärs der KPdSU übernahm.

Auszeichnungen u.a.: Held der Sowjetunion, Leninorden.

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Thomas Cromwell

 pinxit Hans Holbein d.J. (Ausschnitt)

Englischer Staatsmann; 1. Earl of Essex; Sohn eines Brauers und eines Schmiedes; Urgroßonkel Oliver Cromwells (dessen Vater stammte von Thomas Cromwells älterer Schwester Catherine ab); trat nach längeren Reise durch Italien um 1520 in die Dienste Kardinals Wolseys. Nachdem Wolsey bei König Heinrich VIII. in Ungnade gefallen war, da es ihm nicht gelungen war, die Zustimmung des Papstes zur Ehescheidung Heinrichs VIII. von Katharina von Aragón zugunsten seiner Geliebten Anna Boleyn zu erreichen, und 1529 abgesetzt und des Hochverrats angeklagt wurde, gewann Cromwell Heinrichs Gunst. Am 12.4.1533 wurde er zum Schatzkanzler, ein Jahr darauf zum königlichen Sekretär ernannt. Nachdem er zum vicar general (Generalvikar) der englischen Kirche ernannt worden war, damit Stellvertreter des Königs mit absoluter Gewalt über die Kirche, plante er die staatskirchliche Gesetzgebung des Königs, löste die Klöster auf und wurde durch seine Verwaltungsreformen zum Begründer des modernen englischen Zentralstaates. Sein Vorgehen brachte ihm den Beinamen “Hammer der Mönche” bzw. “Sendbote des Teufels” ein. Am 17.4.1540 wurde er zum Earl of Essex und zum Lord Great Chamberlain (Großsiegelbewahrer) erhoben. Die Vermittlung der Ehe Heinrichs mit Anna von Kleve, die dieser nur unwillig einging, sowie die Intrigen der katholischen Partei unter dem Herzog von Norfolk und Bischof Gardiner führten schließlich zu seinem Sturz. Cromwell wurde des Hochverrats und der Ketzerei angeklagt, zum Tode verurteilt und am 28.7.1540 auf dem Tower Hill hingerichtet.

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London, Chapel Royal of St Peter ad Vincula

Hinweis: Das Grab befindet sich innerhalb des Gebäudes. Im Vordergrund befindet sich die Hinrichtungsstätte.

Moskau, Friedhof am Neujungfrauenkloster

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Berlin, Städt. Friedhof Wilmersdorf

Georg Friedrich Karl Freiherr von Hertling (seit 1914:Graf)

            1908

Deutscher Politiker (Zentrumspartei); Sohn eines hessischen Hofgerichtsrates; studierte Philosophie in München, Münster und Berlin, wo er 1864 promovierte. Nach der Habilttion wurde er 1880 außerordentlicher Professur an der Universität Bonn und lehrte ab 1882 in München, wobei er sich vor allem mit der katholischen Sozialphilosophie befaßte. 1876 war er Mitbegründer der Görres-Gesellschaft;

Von 1875 bis 1890 und von 1896 bis 1912 war er Mitglied des Reichstags (MdR) in der Zentrumsparteiund seit 1909 Vorsitzender der Fraktion. 1912 wurde er bayerischer Ministerpräsident, 1917/18 Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident; am 30.9.1918 trat er von diesem Posten zurück.

 

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Bilder: Heiko Bockstiegel (07/1996)

Ruhpolding, Friedhof, Grabkapelle

Martha Elisabeth Selbert née Rohde

 

 

Deutsche Politikerin (SPD) und Juristin; zweite von vier Töchtern eines Bäckers, Berufssoldaten und nachmaligen , Gefangenenaufsehers in einer Jugendstrafanstalt; wuchs in einer vom christlichen Glauben stark geprägten Familie auf; Da ihr der Zugang zu einem Gymnasium aus finanziellen Gründen nicht ermöglicht werden konnte, besuchte sie ab 1912 die Kasseler Gewerbe- und Handelsschule des Frauenbildungsvereins mit dem Ziel, den Beruf einer Lehrerin zu ergreifen. Aber auch dieses Absicht scheiterte wegen fehlender finanzieller Möglichkeiten, so daß sie zunächst als Auslandskorrespondentin in einer Import-Exportfirma arbeitet. Als nach Beginn des Ersten Weltkrieges diese Stelle gestrichen wurde, war sie als Postbeamtenanwärterin im Telegraphendienst der Reichspost tätig. Dort lernte sie ihren späteren Mann Adam Selbert kennen, der Vorsitzenden des Arbeiter- und Soldatenrates in Niederzwehren war und sie zu politischen Veranstaltungen mitnahm. 1918 wurde sie Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und bereits 1919 in das Gemeindeparlament von Niederzwehren gewählt, wo sie im Finanzausschuß tätig war. 1925 holte sie im Selbststudium das Abitur nach und begann ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften zunächst an der Universität Marburg, bevor sie nach Göttingen wechselte, wo sie ihr Studium bereits nach sechs Monaten erfolgreich abschließen konnte 1930 promovierte sie über das Thema Zerrüttung als Ehescheidungsgrund. Sie forderte u.a. von dem damals geltenden Schuldprinzip bei Ehescheidungen abzugehen (erst 1977 wurde das Gesetz entspr. geändert). Nach der “Machtergreifung” durch die Nationalsozialisten verlor ihr Mann nicht nur seine Stellung, er wurde auch in “Schutzhaft” genommen. Sie legte 1934 ihr Zweites Staatsexamen ab und beantragte sofort die Zulassung zu Anwaltschaft. Am 15.12.1934 wurde sie gegen große Widerstände aus dem Justizapparat, so z.B. seitens Otto Palandt1, Präsident des Reichsjustizprüfungsamtes, am Oberlandesgericht zugelassen (ab 1935 wurden nur noch Anträge männlicher Bewerber auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bewilligt). Nach dem Ende der Naziherrschaft war sie 1945/46 Mitglied der Verfassungsberatenden Versammlung im damaligen Groß-Hessen und von 1946 bis 1958 Mitglied des Hessischen Landtages für die SPD. Sie gilt als eine der vier “Mütter des Grundgesetzes“: Als Mitglied des Parlamentarischen Rates (1948/49) ist es besonders ihrem Engagement zu verdanken, daß die Gleichberechtigung der Geschlechter als eines der Grundrechte in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland (Artikel 3, Absatz 2) verankert wurde. Ihr Versuch, ein Bundestagsmandat zu erlangen, scheiterte; Selbert zog sich Ende der 1950er Jahre aus der Politik zurück und arbeitete wieder als auf Familienrecht spezialisierte Anwältin in ihrer eigenen Kanzlei in Kassel, bis sie sich in ihrem 85. Lebensjahr aus dem Arbeitsleben zurückzog und in Vergessenheit geriet.

2014 ließ die ARD unter dem Titel Sternstunde ihres Lebens über die Entstehung des Artikels 3, Absatz 2 des GG mit Iris Berben (*1950) in der Rolle von Elisabeth Selbert einen Spielfilm produzieren.

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1 Otto Palandt bezeichnete die Frauen in seiner Kommentierung der NS-Justiz-Ausbildungsordnung als "justizuntaugliche Geschlecht"

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Bild: Code (03/2014) Wikipedia.de
Bild: Code (03/2014) Wikipedia.de

Kassel OT Niederzwehren, Friedhof

Giacomo Matteotti

 

Italienischer Politiker; Sohn eines Eisen- und Kupferhändlers; der die Gewinne in Häuser und Grundstücke reinvestierte und damit reich geworden war; schon als junger Mann engagierte Matteotti sich politisch; auf der Universität von Bologna, wo er ab 1907 Rechtswissenschaften studierte, kam er in Kontakt mit der sozialistischen Bewegung und wurde nach dem Vorbild seines Vater, der von 1886 bis 1897 Stadtrat von Polsine war, Mitglied der Partito Socialista Italiano (Sozialistische Partei Italiens). Als der Erste Weltkrieg ausbrach, vertrat er die Meinung, Italien müsse unbedingt neutral bleiben. Diese Einstellung und sein Aktivismus gegen den Krieg führte zu einer dreijährigen Verbannung in eine Berggegend in der Nähe von Messina. 1919 wurde er erstmals für den Wahlreis Ferrara in die Camera dei deputati des Parlaments gewählt und 1921 und 1924 wiedergewählt. Im Jahr 1921 veröffentlichte er eine berühmte Inchiesta socialista sulle gesta dei fascisti in Italia (Sozialistische Untersuchung der Taten der Faschisten in Italien), in der die Gewalttaten der faschistischen Einsatzgruppen während des Wahlkampfes im Jahre 1921 erstmals publik gemacht wurden. Im Oktober 1922 wurde Matteotti aus der Sozialistischen Partei Italiens, in der der Sozialdemokrat Filippo Turati begann Reformen durchführte, ausgeschlossen. Er und weitere Verbannte gründete daraufhin eine neue sozialistische Einheitspartei Partito Socialista Unitario (PSU) und wurde deren Generalsekretär. Beunruhigt durch die zunehmenden Aktivitäten der Faschisten hielt er am 30. Mai 1924 eine Rede, in der er vor dem erstarkenden Faschismus und der damit verbundenen Gefahr für die Demokratie eindringlich warnte. Er versuchte den Zuhörern auch zu vermitteln, daß die Verbesserung der wirtschaftlichen und finanziellen Bedingungen des Landes, das sich langsam von den Verwüstungen des Krieges erholte, nicht das Verdienst der Faschisten sei, wie diese immer wieder behaupteten; gab aber auch zu, daß es hauptsächlich Spekulanten und Kapitalisten seien, die am meisten vom Aufschwung profitierten, während die Mittelklasse und das Proletariat proportional weniger an diedem beteiligt seien. Benito Mussolini, “il duce” (Führer) der Faschisten, war durch Matteottis Aktivitäten sehr beunruhigt, so daß dieser am 10. Juni 1924 von sechs squadristi, den Fasci di Combattimento (faschistischen Kampfbünden) angehörenden camicie nere (Schwarzhemden) aus Rom entführt und ermordet wurde. Erst am 16. August wurde seine Leiche in der macchia della Quartarella, einem Wald in der Gemeinde Riano, 25 km nördlich von Rom entfernt, aufgefunden1. Matteottis brutale Ermordung löste in Italien zunächst einen deutlichen Stimmungswandel in großen Teilen der Bevölkerung aus, die die Ermordung in direktem Zusammenhang mit den Faschisten sahen, und die Popularität Mussolins erlitt einen deutlichen Einbruch.. Es gelang ihm jedoch in einer Rede vor den Abgeordneten am 3. Januar 1925 die Initiative zurückzugewinnen. In der Folge der sogenannten Matteotti-Krise begann Mussolini mit einer konsequenten Unterdrückung der Opposition, der Einschränkung der Pressefreiheit und dem Aufbau der Geheimpolizei OVRA.

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1 Drei der sechs mutmaßlichen Mörder wurden im März 1926 zu je fünf Jahren Gefängnis verurteilt, aber bereits nach zwei Monaten von König Vottorio Emanuel III. begnadigt. Allerdings wurde das Verfahren  1947 wieder aufgerollt und die noch lebenden drei Mörder zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt.

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Bild: Threecharlie (11/2010) Wikipedia.it

Fratta Polesine (Prov. Rovigo), Cimitero

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Ernst Niekisch

 

 

Deutscher Politiker und Publizist; arbeitete zunächst als Volksschullehrer in Augsburg, war seit 1917 Mitglied der SPD, von 1919 bis 1922 der USPD, sowie 1918/19 Vorsitzender des Zentralen Arbeiter- und Soldatenrates in München; als Herausgeber der Zeitschrift Der Widerstand (1927-34) vertrat Niekisch, der 1932 vor einer Machtübernahme durch Hitler warnte, einen “Nationalbolschewismus”. 1937 wurde er verhaftet und 1939 vom Volksgerichtshof u.a. wegen Hochverrats zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt. Nach 1945 wurde er Mitglied der KPD, später der SED und deren Abgeordneter der ersten Volkskammer der DDR. Von 1948 bis 1954 war er Professor an der Humboldt-Universität Berlin, legte 1954 sämtliche Ämter nieder, schied aus der SED aus und ließ sich in Berlin (West) nieder.

Werke u.a.: Hitler - ein deutsches Verhängnis (1932), Erinnerungen eines deutschen Revolutionärs (1958-74).

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Adelheid Popp, née. Dworak

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Österreichische Frauenrechtlerin und Sozialistin; schwierigen sozialen Verhältnissen entstammend: Ihr alkoholkranker Vater - von Beruf Weber - starb, als sie sechs Jahre alt war. Ihre aus Böhmen stammende Mutter, die Fabrikarbeiterin Anna, née Kubeschka, brachte fünfzehn Kinder zur Welt, von denen zehn das Kindesalter nicht erreichten. Die kleine Adelheid mußte bereits ab dem achten Lebensjahr arbeiten, um zum Familienunterhalt beizutragen: Ab ihrem zehnten Lebensjahr, nachdem sie die Schule hatte verlassen müssen, als Dienstmädchen und Näherin, ab 1883 als Fabriksarbeiterin zunächst in einer Fabrik für Bronzeerzeugnisse, dann in einer korkbearbeitenden Fabrik, mit der Folge von Erschöpfungserscheinungen, die im Krankenhaus behandelt werden mußten, wo sie - wie sie später erzählte. erstmals zur Ruhe kommen konnte. Nachdem sie mit sozialdemokrattischen Ideen durch einen Kollegen ihres Bruders in Berührung gekommen war, begann sie, sich für soziale themen zu interwessieren und sozialdemokratische Zeitungen zu lesen. Erstmals an einer politischen Versammlung nahm sie im Dezember 1889 in einem Gasthaus teil, zu der ihr Bruder mitgenommen hatte - dort war sie die einzige Frau. Im selben Jahr wurde sie Mitglied des Wiener Arbeiterinnen-Bildungsvereins und in den Vorstand gewählt. Ab 1890 sprach Adelheid Popp auf zahlreichen Versammlungen in allen Teilen der Monarchie.über die Situation der Arbeiterinnen und erregte damit großes Aufsehen., so daß sich sehr bald führende Sozialisten begannen, für sie zu interessieren, u.a. Friedrich Engels, August Bebel und Viktor Adler, dessen Frau Emma ihr Sprach- und Rechtschreibeunterricht gab. Aber sie geriet wegen ihrer damals radikalen Ansichten hinsichtlich der Stellung der Frau in der Gesellschaftbald in Visierder Geheimpilizei und kam mehrmals ins Gefängnis. 1892 wurde sie verantwortliche Redakteurin der österreichischen Arbeiterinnen-Zeitung, deren Mitbegründerin und Herausgeberin sie ab 1919 war. Ab 1893 wurde sie auch Vorsitzende des Lese- und Diskutierklubs Libertas. 1902 gründete sie gemeinsam mit anderen den Verein sozialdemokratischer Frauen und Mädchen. 1909 erschien anonym ihre Jugendgeschichte einer Arbeiterin mit einem Vorwort von August Bebel, das in sozialistischen Kreisen zu einem vielgelesenen Buch wurde. 1918 erfolgte ihre Wahl in den Parteivorstand, sowie ihre Wahl in den Wiener Gemeinderat, dem sie bis 1923 angehörte. 1919 wurde sie Abgeordnete des Nationalrat, dem sie bis 1934 angehören wird. Außerdem wurde sie Nachfolgerin von Clara Zetkin Vorsitzende des Internationalen Frauenkomitees. 1929 in Wien erschien „Der Weg zur Höhe“, eine Geschichte über die sozialdemokratische Frauenbewegung. 1920 reichte sie mit anderen ersten weiblichen Nationalratsabgeordneten ein Hausgehilfinnengesetz ein, das die Tagesarbeitszeit von 16 auf 13 Stunden beschränken soll und eine 14-tägige Kündigungsfrist vorsieht. 1933 legte die Begründerin der proletarischen Frauenbewegung in Österreich, Adelheid Popp, alle ihre Parteifunktionen aus Altersgründen nieder.

Adelheid Popp war seit 1893 mit dem Politiker und engem Freund und Mitarbeiter von Viktor Adler, Julius Popp (†1902), verheiratet.

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Bild: Haeferl (04/2016) Wikipedia.de
Bild: Haeferl (04/2016) Wikipedia.de

Wien, Zentralfriedhof

Politiker LXIV

Omnibus salutem!