Bilder: Hartmut Riehm (06/2006)

Armand Jean du Plessis,Herzog von Richelieu

  • geb. 9.9.1585 auf Schloß Richelieu (Dép. Indre-et-Loire)
  • gest. 4.12.1642 in Paris

Französischer Staatsmann und Kardinal; der Vater, François du Plessis, den er schon sehr früh verlor (19.7.1590), entstammte einem mäßig begüterten Landadel, während seine Mutter Suzanne de La Porte, eine Bürgerliche, die Tochter eines Advokaten, war, der bei seinem Tode nur Schulden hinterließ. Richelieu war zunächst für eine militärische Laufbahn bestimmt, wurde seitens der Familie in die geistliche pinxit Philippe de Champaigne ~1640Laufbahn gedrängt, nachdem sein Bruder Alphonse-Louis du Plessis sich geweigert hatte Bischof von Luçon in der Vendée, die Einnahmequelle aber erhalten werden sollte. Richelieu, von eher schwacher und kränklicher Natur, widersetzte sich diesem Wunsche nicht. Ostern 1607 wurde er in Rom zum Bischof von Luçon in der Vendée (bis 1624) geweiht. Als Vertreter des Klerus bei den Generalständen von 1614 wurde er beauftragt u.a. zwischen dem Adel und dem Tiers État, dem Dritten Stand, zu vermitteln, als dieser die Abschaffung der Paulette (Steuer) forderte und jener daraufhin der Versammlung fernblieb, und er unterstützte die Politik der Regentin Maria von Medici, die ihn 1616 zum Staatssekretär ernannte. Anläßlich der am 23.2.1615 stattfindenden Schlußsitzung hielt Richelieu die Abschlußrede für den geistlichen Stand, die viel beachtet und allgemein gelobt wurde, zumal der Präsident des Dritten Standes, Miron, gewandt an den Adel, die Stimmung mit seinen geradezu hellsichtigen Worte verdunkelt hatte: “Euer Leben, edle Herren, verläuft in verwegenem Spiel, in Völlerei, Verschwendung, öffentlichen und privaten Gewalttätigkeiten, der alte Glanz Eure alten Standes ist verdunkelt...” und an den König gewandt: “Wenn eure Majestät keine Abhilfe schafft, so könnte es so kommen, daß dem armen Volk die Schuppen von den Augen fallen und es begreift, daß ein Soldat nichts anderes ist als ein Bauer mit einer Waffe in der Hand, und es könnte vorkommen, daß ein Winzer mit einer Hakenbüchse über die Schulter plötzlich erkennen könnte, daß es nun daran ist, aus dem Amboß zum Hammer zu werden”. Für Richelieu war es der Beginn einer glänzenden Karriere, obwohl er nach dem Sturz des Günstling Marias, des Marquis d'Ancre, 1617 entlassen und zeitweise verbannt wurde. Der Herzog von Luynes, zunächst Falkner, dann Günstling Ludwigs XIII., rief Richelieu jedoch an den Hof zurück, um im Konflikt zwischen dem König und dessen Mutter zu vermitteln. Im April 1624 wurde er zum Ersten Minister im Staatsrat ernannt, eine Position, die er bis zu seinem Tode innehatte. Das Ziel, das er fortan verfolgte, war die Beseitigung der Sonderstellung Richelieu b.d. Belagerung La Rochellesder Hugenotten, die nach seiner Meinung sozusagen einen Staat im Staates und damit ein Hindernis auf dem Wege zu einem absolutistischen Gemeinwesen bildeten, die Reduzierung des Einflußes des Hochadels und die Befreiung Frankreichs aus der Umklammerung durch den spanisch-habsburgischen Gegner.

Richelieu bei der Belagerung La Rochelles

Nach dem Fall La Rochelles (1627/28), der ihnen als Stützpunkt diente und gleichsam ein Einfalltor Englands darstellte, waren die Hugenotten gezwungen, ihre bisherigen Sonderrechte aufzugeben; religiös wurden sie allerdings weiterhin geduldet und konnten ihre kirchliche Organisation lt. dem sog. Gnadenedikt von Alès (1629) beibehalten. Als nächstes schaltete Richelieu seine adligen Gegner aus und beraubte damit Maria ihres politischen Einfluß (sog. Journée des Dupes/Tag der Geprellten, 10.11.1630); da auch der König sich für ricelieu entschieden hatte, wurde sie am 23.2.1631 nach Compiègne geschafft und dort unter Hausarrest gestellt, konnte aber entkommen und überschritt die Grenze nach Belgien am 30.7.1631). Um auch den Einfluß der Habsburger einzugrenzen, verbündete er sich mit den Graubündener in ihrem Kampf von 1624 bis 1626 um das Veltin und griff in den Mantuanischen Erbfolgekrieg (1628-31) ein. Obwohl katholisch, unterstützte er die Opposition der deutschen Fürsten gegen den ebenfalls katholischen Kaiser und schloß mit dem protestantischen Schwedenkönig Gustav II. Adolf den Vertrag von Bärwalde, (1631). Mit der 1635 erfolgten Kriegserklärung an Spanien und den Kampf gegen den Kaiser verhinderte er den Sieg der Habsburger und deren Verbündeten im Dreißigjährigen Krieg. Hiermit und der Beendigung der Vorherrschaft Habsburgs und der Reform der Verwaltung legte Richelieu die Grundlagen für die Blüte des Absolutismus unter Ludwig XIV. und die Vormachtstellung Frankreichs im Europa des 17. Jahrhunderts. Seine Politik blieb jedoch auch in Frankreich nicht ohne Widerstand. Es kam immer wieder zu Verschwörungen und Attentate. Diese Ereignisse stellen den Hintergrund der Geschichten um die drei Musketiere dar, die Alexandre Dumas (père) in seinem Roman 1834 erschienenen gleichnamigen Roman - nicht immer historisch korrekt - behandelte.

Richelieus Rückfahrt in einer Barke auf der Rhône während der Rückfahrt vom Pyrenäenfeldzug (pinxit Paul Delaroche, 1829)

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Paris, Chapelle de la Sorbonne

Jules Mazarin eigentl. Giulio Mazarini

                           

  • geb. 14.7.1602 in Pescina (Prov. L’Aquila)
  • gest. 9.3.1661 in Vincennes

Französischer Staatsmann und Kardinal (seit 1641); Herzog von Nevers (seit 1659); war der Sohn des Hutmachers Pietro Mazarini, der, nachdem die Firma in Konkurs gegangen war, von Palermo nach Rom übersiedelt war, wo er die Patentochter des Connetablen Marc Antonio Colonna, Ortenisa Rufalini, heiratete, zu einigem Ansehen und Wohlstand aufstieg und in den vornehmen Stadteil Trevi zog. Von 1609 bis 1619 besuchte Mazarin das Jesuitenkolleg in Rom, sollte anschließend an der Sapienza, der ältesten Universität Roms studieren; da aber mehr den Freuden des Lebens zugewandt, hielt es sein Vaterfür besser, ihn - als “camerata” unter die Obhut des vier Jahre älteren Girolamo Colonna gestellt - nach Spanien zu senden, wo gerade Philipp IV. König geworden war. An der Universität von Salamanca studierte er Rechtswissenschaften. Hier las er Niccolò Machiavellis Werk Il Principe, das in Italien von der Inquisition verboten war, und erkannte das Prinzip notwendigen zielgerichtenten Handelns .1622 bestand das Examen als Doktor beider Rechte. Als sich Mazarini in die schöne Tochter eines Notars verliebte und sie heiraten wollte, schickte Colonna ihn mittels eines Tricks zurück nach Rom, von wo er nicht wieder zurückkehren konnte. 1623 trat er in die Truppe der Befreiung des Veltlins, das Papst Gregor XV, neutralisieren, d.h. von den Spaniern befreien und mit päpstlichen Truppen besetzen wollte, ein und wurde zum Hauptmann ernannt. Nach dem Tode Gregors XV. trat er 1624 in die Dienste Papst Urbans VIII. und assistierte päpstlichen Legaten in diplomatischen Missionen. 1634 wurde er als päpstlicher Nuntius nach Paris entsandt, nachdem er dort bereits im Januar/Februar 1631 im Auftrage Urbans Vertragsverhandlungen geführt hatte, sowie von April bis Juli des Jahres 1632, als ihn König Ludwigs XIII. in der Kapelle des Schlosses Saint Germain empfing. Bereits zu dieser Zeit wirkte er auch für die Politik Kardinal Richelieus. Nach seiner Rückkehr nach Rom erfolgte seine Ernennung zum Protonotar. 1634 wurde er nochmals nach Frankreich entsandt; am 25. August verließ er nach einem feierlichen, zu Ehren Ludwig des Frommen (franz. Saint Louis) abgehaltenen Gottesdienstes und vom Papst mit allen Vergünstigungen ausgestattet, Rom in Richtung Avignon, das noch bis 1791 zum Vatikan gehörte. In Florenz erreichte ihn die Nachricht, daß er zum außerordentlichen Nuntius für Frankreich ernannt worden sei. In Avignon hielt er sich nicht lange auf, reiste gleich nach Paris weiter, wo er am 26. November nach einer insgesamt abenteuerlichen Reise eintraf; dort wurde er jetzt feierlich als Vertreter des Papstes empfangen (tatsächlich war er bereits zwei In der Großen Galerie seines PalastesWochen vorher - incognito - dort eingetroffen). Mazarini änderte jetzt seinen Namen in Mazarin (1638 kehrte er noch einmal nach Rom zurück, verließ es ein Jahr später, am 14. Dezember, wieder und wird nie wieder dorthin zurückkehren). 1640 trat er in die Dienste Richelieus. 1641 erfolgte seine Ernennung zum Kardinal. Nach Richelieus Tod wurde er leitender Minister Ludwigs XIII.. Aufgrund der von Mazarin fortgeführten Politik Richelieus der Beschneidung der Rechte des Hochadels, bildete dieser mit der hohen Richterschaft in den Provinzen, aber auch mit Teilen des Volkes, besonders desjenigen in Paris, die Fronde, ein Bündnis gegen den zunehmenden Absolutismus. Als sich die Situation 1648 in bewaffneten Aufständen zuspitzte, war Mazarin, der - beschäftigt mit auswärtigen Angelegenheiten - sich der Gefahr zunächst nicht bewußt war, obwohl sich der Unmut hauptsachlich gegen ihn als “Ausländer” richtete1, zweimal gezwungen ins Ausland zu fliehen: 1651 floh er auf das Schloß Brühl bei Köln2, das dem Erzbischof Maximilian von Bayern gehörte. Am 24.12. kehrte er auf Bitten von Ludwig XIV., der im September volljährig geworden war und die Regentschaft übernommen hatte, wieder nach Frankreich zurück. 1652 ging er in die Champagne ins Exill. 1658 gelang es ihm schließlich, die Opposition niederzuwerfen und die Position der Krone nicht nur wieder zu festigen, sondern noch zu verstärken. Ludwig XIV. stattete Mazarin daraufhin bis zu seinem Tod mit fast uneingeschränkten Befugnissen aus. Im 1648 in Münster geschlossenen sog. Westfälischen Frieden sowie am 7.11.1659 geschlossenen Pyrenäenfrieden, für den er die Tochter Philipps IV., die Infantin Maria Theresia an Ludwig XIV. vermittelte, gewann er weite Gebiete für Frankreich und begründete dessen europäische Vormachtstellung. Zuvor hatte er bereits im gegen den Kaiser gerichteten überkonfessionellen Rheinbund von 1658 die westlichen Teile Deutschlands, die Niederlande und Schweden unter französischen Einfluß gebracht. 

Als Mazarin sein Ende herannahen fühlte, ließ er sich – schon länger leidend – am 6.2.1661 nach Vincennes bringen, wohin ihm der gesamte Hof folgte. Am 7.3., zwei Tage vor seinem Tode und dem Tag, an dem er sein Testament unterzeichnete, bat er Ludwig XIV. zu einer langen Unterredung. Während dieses Gespräches gab der Kardinal seinem König zehn Ratschläge, die sein Sekretär festhielt: 10 Ratschläge, “die ich [Ludwig] so gut ich konnte in mich aufgenommen habe”. Die Ratschläge - es waren mehr Gebote - fielen auf fruchtbaren Boden: Nach dem Tode Mazarins übernahm Ludwig XIV. die Zügel der Regierung in eigene Hände.

Mazarin wurde eine langfristige Beziehung zu Anna von Österreich, die nach dem Tode ihres Gemahls für ihren minderjährigen Sohn Ludwig (XIV.) die Regentschaft übernommen hatte, zugesagt. Die Intrigantin Marie de Rohan, Hofdame Annas, verbreitete sogar das Gerücht, Anna und Mazarin hätten heimlich geheiratet. Aber zugleich behauptete sie, es nicht zu wissen. Daß Anna, streng katholisch am spanischen Hof erzogen, eine solchen Gefahr für ihr Seelenheil aussetzenMaria Laurawürde, gilt eher als unwahrscheinlich; insbesondere letztere Behauptung aber ist äußerst unwahrscheinlich; Mazarin würde sich wohl sechs Wochen vor seinem Tode zum Priester weihen lassen wollen, wenn er verheiratet wäre.

Nach und nach, bis zum Jahre 1653, hatte sich Mazarin seine beiden Schwester, Signora Martinazzi und Signora Mancini sowie seine Neffen und Nichten aus Italien nach Paris geholt; sie wohnten im Palais Royal und wurden migemeinsam mit OlympiaHortensiaLudwig erzogen. Die Mädchen, Mazarinetten genannt, Töchter seiner jüngeren Schwester Geronima Mazarini (*1614, †1656), wurden von ihrem Onkel Mazarin “gewinnbringend untergebracht: Die jüngste, Laura (*1635/36, †1657), heiratete 1651 Louis I. de Bourbon, duc de Vendôme, Maria Mancini wurde die erste große Liebe Ludwigs, auf den sie einen großen Einfluß gewann, und heiratete 1661 den Großkonnetabel von Neapel, Lorenzo Onofrio Fürst Colonna, Olympia (*1639, †1708) wurde 1657 mit Eugen Maria AnnaMoritz von Savoyen-Carignan verheiratet (sie war die Mutter des später berühmten Prinzen Eugen), Hortensia (*1646, †.713 od. 1699) , zunächst Mätresse des englischen Königs Karl II., heiratete 1661 den späteren Herzog Armand de La Porte, Marquis von La Meilleraye, Maria Anna (*1649, †1714) wurde 1662 mit dem Neffen des Marschalls Turenne, Godefroy Maurice de La Tour d’Auvergne, verheiratet.

Hortense Mancini, eine der Nichten Mazarins äußerte sich über ihn in ihren Memoiren: ”Nie hatte jemand in der Öffentlichkeit so sanfte Manieren und im Familienkreis so rauhe. Alle unsere Gedanken und Neigungen waren den seinen entgegengesetzt. Mein Bruder und meine Schwester Marie sagten, als die Nachricht von seinem Tod eintraf, zueinander: ”Gott sei Dank ist er krepiert!“ Offen gesagt, ich war auch nicht sehr betrübt”.

Alexandre Dumas (père) machte Mazarin und dessen Zeit zum Inhalt und Hintergrund seines Romans Vingt ans après (1845, dt. Zwanzig Jahre später).

Ludwig XIV. von Frankreich und Philipp IV. von Spanien auf der Fasaneninsel anläßlich des sog Pyrenäenfrieden 1659 mit Spanien. Personen i. d. Mitte von links: Philipp von Orleans; Anna von Österreich; Mazarin; Ludwig XIV. und Philipp IV. - einander die Hand gebend; Maria Theresia von Österreich, die Ludwig 1560 heiraten wird

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Nach der Melodie “Es lebe Heinrich IV.” sang man überall in Paris:

Un vente de Fronde
S’leve ce martain.
Je crois qu’il gronde
Contre le Mazarin
[Ein Fronde-Wind hat sich heute morgen erhoben. Ich glaube, er bläst gegen den Mazarin]

2 Mazarin verließ das Palais-Royal und Paris in der Nacht vom 6. auf den 7. Februar. Um einer möglichen vorzeitigen Entdeckung der Flucht, einer Verhaftung und Anklage durch die Frondeure zu entgehen, sandte er zugleich fünf weitere, wie er selbst mit roten Kleidung und mit Federhut angetane Männer an die fünf Stadttore von Paris. Er selber verließ die Stadt durch die Port Richelieu. Als das Gerücht aufkam, auch die Königin wolle mit dem Thronfolger fliehen, um Mazarin zu folgen, wurden ihre Räume daraufhin in der Absicht durchsucht, festzustellen, ob Ludwig noch anwesend sei.

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Paris, Palais de l’Institut de France (ehem. Palais Mazarin)

Bild: KN (22.08.2006)

Franz Adickes

adickes_liebermann_bd pinxit Max Liebermann

  • geb. 19.2.1846 in Hasefeld (Niedersachsen)
  • gest. 4.2.1915 in Frankfurt am Main

Deutscher (Lokal-) Politiker; studierte in Heidelberg und war zunächst Bürgermeister in Dortmund und Oberbürgermeister in Altona. Während seiner Amtszeit als Oberbürgermeister in Frankfurt am Main ,vom 14.10.1890 bis 1.10.1912, in der die Stadt sich zur modernen Großstadt entwickelte, wurden zahlreiche der umliegenden Gemeinden eingemeindet, u.a. zum 1. Juli 1900 Niederrad und Seckbach und zum 1. April 1910 Berkersheim, Ginnheim, Hausen, Heddernheim, Eschersheim, Niederursel, Praunheim und Rödelheim. Zudem entstanden neue Wohngebiete (West-, Ost- und Nordend) und ein zweites Ringstraßensystem, der sog. Alleenring (Adickes- und Miquelallee) sowie der Frankfurter Osthafen. In Adickes' Amtszeit fielen außerdem der Bau der Festhalle, die Gründung des Völkerkundemuseums am Sachsenhäuser Mainufer und die Skulpturensammlung im Liebieghaus. Auf seine und Wilhelm Mertons Initiativen geht die Gründung Frankfurter Johann Wolfgang Goethe-Universität zurück. Die Einwohnerzahl Frankfurts stieg, bis Adickes die Amtsgeschäfte aus gesundheitlichen Gründen im Oktober 1912 abgab, von 180.000 auf 425.000.

Merton und Dr. Adickes (sitzend) im Sommer 1914

 

 

     
frankfurt_langerfranz_bd

Der “Lange Franz”, das nach Franz Adickes benannte Neue Rathaus

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Frankfurt am Main, Hauptfriedhof

Bilder: Jorge Karpati

Simón José Antonio de la Santísima Trinidad Bolívar Palacios y Blanco

  • geb. 24.7.1783 in Caraca (Neugranada, heute Venezuela)
  • gest. 17.12.1830 in Santa Marta (Kolumbien)

Lateinamerikanischer Politiker und Freiheitskämpfer; der Sohn einer reichen Kreolenfamilie wurde von einem Privatlehrer, mit dem er später Europa bereiste, erzogen. Nach dem Tod seiner Eltern ging er 1799 nach Spanien, wo er 1802 María Teresa Rodríguez del Toro y Alaysage, die bereits 1803 an Gelbfieber verstarb, heiratete und in die Heimat zurückkehrte, gefolgt von Aufenthalten in Frankreich und Deutschland. Von einer weiteren Europareise kehrte er, angetan von den Ideen der Französischen Revolution und dem nordamerikanischen Freiheitskampf, 1807 in das damalige Neugranada zurück. In einer Zeit wachsenden Nationalbewußtseins in Süd- und Mittelamerika und dem Wunsch nach Unabhängigkeit vom spanischen Königreich, schloß sich Simón Bolívar einer Widerstandsjunta in Caracas an. Von einer Mission in London zu diplomatischen Verhandlungen kehrte Bolívar 1811 zusammen mit Francisco de Miranda zurück, den die Junta zum Oberbefehlshaber der venezolanischen Streitkräfte ernannte. Ein von Bolívar und Miranda beeinflußter Kongreß beschloß am 5.7.1811 die Loslösung von Spanien. 1812 mußte sich de Miranda überlegenen spanischen Truppen ergeben und wurde gefangengenommen, während Bólivar nach Cartagena floh, wo er das “Manifest von Cartagena” verfaßte. Von Neugranada (dem späteren Kolumbien) aus nahm Bolívar den Kampf wieder auf und konnte am 4.8.1813 in Caracas einziehen. Im August 1814 rief er die Zweite Venezolanische Republik aus, was ihn den Ehrentitel “El Libertador” einbrachte. 1815 mußte er allerdings erneut vor den spanischen Truppen weichen, begab sich zunächst nach Jamaika und später nach Haiti. Im Dezember 1816 landete Bolívar wiederum in Venezuela und konnte sich nunmehr gegen die Spanier behaupten. Im Februar 1819 wählte ein Kongreß in Angostura, der heutigen Ciudad Bolívar, ihn zum Präsidenten mit diktatorischer Gewalt. Nach einem spektakulären Zug über die Anden schlug er die Spanier in der Schlacht bei Boyacá im August 1819 und vereinigte Neugranada mit Venezuela zur Republik Großkolumbien unter seiner Präsidentschaft. Im Juli 1822 kam es in Guayaquil zu einem Treffen mit dem argentinischen General José de San Martín, der den Befreiungskrieg im Süden Lateinamerikas organisierte und Argentinien und Chile von der spanischen Herrschaft befreite. Mit ihm zusammen gelang es ihm schließlich auch den Widerstand der Spanier in Peru zu brechen. Am 6.8.1824 siegte Bolívar bei Junín über die Spanier, während Antonio José de Sucre sie in der letzten entscheidenden Schlacht am 7.12.1824 bei Ayacucho niederrang. 1825/26 war Bolívar Diktator von Hochperu, das sich von Buenos Aires gelöst hatte und am 6.8.1825 auf Veranlassung des Peruanischen Kongressen nach ihrem Befreier in Bolivien umbenannt wurde. Im August 1827 wurde er auch von Peru zum Präsidenten auf Lebenszeit gewählt, und Peru schloß sich der großkolumbianischen Republik an. Bolívar, der aufgrund der Streitigkeiten und langjährigen Kämpfe befürchtete, daß die vereinten Länder in Anarchie verfallen könnten, hielt aus diesem Grunde eine Diktatur für notwendig. Als die Opposition gegen sein persönliches Regiment wuchs und zum Abfall Venezuelas und Perus führte, dankte er am 27.4.1830 ab. Wie recht er hatte, zeigte sich schon bald nach seinem Tode in Santa Marta, wo er an einem Lungenleiden starb und zunächst beigesetzt wurde, als die Republik Großkolumbien zerbrach und sich aus dem Staatenverbund die heutigen Staaten Ecuador, Venezuela und Kolumbien bildeten.

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Caracas (Venuzuela), Kathedrale

Bilder: Dieter Müller (08/2006)

Berlin-Nikolassee, Evangelischer Friedhof

Peter Lorenz

 

  • geb. 22.12.1922 in Berlin
  • gest. 6.12.1987 in Berlin

Deutscher Politiker (CDU); nach Reichsarbeits- und Wehrdienst arbeitete er nach Ende des Zweiten Weltkriegs zunächst als Sachbearbeiter beim Magistrat von Berlin und ab 1947 als freier Journalist und studierte anschließend Jura an der Humboldt-Universität und der Freien Universität Berlin und wirkte ab 1965 als Notar und von 1967 bis 1977 als Justitiar des RIAS Berlin. Außerdem gehörte er dem Berliner Abgeordnetenhaus von 1957 bis 1980 an. Zweimal trat er erfolglos als Spitzenkandidat der Berliner CDU - er war Mitglied der Partei seit 1945 - für das Amt des Regierenden Bürgermeisters an. Unmittelbar vor der zweiten Wahl wurde er am 27.2.1975 von Mitgliedern der Bewegung 2. Juni entführt, die mit dieser Aktion die Freilassung der Inhaftierten Horst Mahler, Verena Becker, Gabriele Kröcher-Tiedemann, Ingrid Siepmann, Rolf Heißler und Rolf Pohle erpreßten: die Gefangenen wurden am 2.3.1975 in Begleitung von Heinrich Albertz, der sich als Geisel zur Verfügung gestellt hatte, nach Aden im Jemen ausgeflogen (außer Mahler, der sich weigerte). Gegen den Rat der SPD und Bundeskanzler Helmut Schmidt, die überzeugt waren, daß ein Eingehen auf die Forderungen der Entführer, von diesen als “Freibrief” für weitere Aktionen dieser Art angesehen würden, setzten sich die Konservativen durch, und Peter Lorenz wurde daraufhin am 4. März auf freien Fuß gesetzt (er meldete sich bei seiner Frau von einer Telefonzelle aus). Tatsächlich folgten dieser Entführung und Freipressung weitere Entführungen hochrangiger Personen durch Mitglieder der RAF.

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Bild: Dieter Georg (05/2007)

Lauritz Lauritzen

 

  • geb. 20.1.1910 in Plön
  • gest. 5.6.1980 in Bad Honnef

Deutscher Politiker (SPD); studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Freiburg im Breisgau und Kiel. Während des Dritten Reichs war er zwar Mitglied der Reiter-SA, aber kein Mitglied der NSDAP. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war er in verschiedenen politischen Ämtern tätig, bis er von 1954 bis 1963 das Amt des Oberbürgermeisters von Kassel und innehatte und anschließend bis 1966 in der von Ministerpräsident Georg August Zinn geführten Landesregierung Hessischer Minister für Justiz und Bundesangelegenheiten wurde. Im Kabinett der Großen Koalition unter Führung von Kurt Georg Kiesinger wurde er am 1.12.1966 als Bundesminister für Wohnungswesen und Städtebau in die Bundesregierung berufen, ein Amt, das er auch unter Bundeskanzler Willy Brandt beibehielt. Am 7.7.1972 wurde er zusätzlich mit den Aufgaben des Bundesministers für Verkehr sowie des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen betraut. Nach der Bundestagswahl 1972 behielt er ab dem 15.12.1972 nur noch das Amt des Bundesministers für Verkehr. Mit dem Rücktritt von Willy Brandt schied auch Lauritzen am 7.5.1974 aus der Bundesregierung aus.

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Hinweis: Der Leichnam Mazarins blieb zunächst in der Sakristei der Sainte Chapelle von Vincennes. Nachdem in der Kapelle des Collège des Quatre Nations (seit 1801 L’Institut de France), das er hatte erbauen lassen und das seine umfangreiche Bibliothek und seine Bildersammlungen enthielt, das Grab fertiggestellt war, wurde er am 9.9.1684 feierlich dorthin überführt. Seine Eingeweide verblieben in der Sainte Chapelle von Vincennes.

Martin Friedrich Rudolph von Delbrück

 

  • geb. 16.4.1817 in Berlin
  • gest. 1.2.1903 in Berlin

Deutscher Politiker; Sohn von Johann Friedrich Gottlieb Delbrück, einem Erzieher der Kronprinzen Friedrich Wilhelms (IV.) und Wilhelm (I.); studierte in Berlin Rechtswissenschaften; besuchte aber auch Vorlesungen des Historikers Leopold von Ranke. Nach Abschluß seiner Studien schlug er 1837 die preußische Beamtenlaufbahn ein. Seit 1849 war er maßgebend an der Wirtschaftspolitik im preußischen Handelsministerium (ab 1859 dessen Direktor), dem er seit 1844 angehörte, beteiligt. Dort setzte er sich vor allem für eine Freihandelspolitik ein und gilt als Förderer des Deutschen Zollvereins. So wirkte er u.a. auch am Handelsvertrag mit Frankreich von 1862 und an ähnlichen Verträgen mit Belgien und Italien mit. Ab 1867 war er Präsident des Bundes-, dann von 1871 bis 1876 des Reichskanzleramtes, seit 1868 auch preußischer Staatsminister und seit 1867 Präsident des Bundeskanzleramts des Norddeutschen Bundes. 1870 führte er die Verhandlungen mit den süddeutschen Höfen, die schließlich zur Gründung des Deutschen Reichs führten. Durch Erlaß vom 21.12.1872 wurde er mit der teilweisen Stellvertretung des Reichskanzles betraut. Am 1.6.1876 trat er, nachdem Preußen zunehmend von der Politik des Freihandels abrückte, zurück. Von 1879 bis 1881 war er fraktionsloses Mitglied des Reichstags (Wahlkreis 3. Sachsen-Weimar, Neustadt a.O.-Auma-Weida-Blankenhain-Jena) und als solcher ein entschiedener Gegner der Schutzzollpolitik Otto von Bismarcks.

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Berlin, Friedhof d. Dorotheenstädt.u. Friedrichswerdersche Gemeinde

Władysław Gomułka

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  • geb. 6.2.1905 in Krosno (Galizien, Österreich-Ungarn, heute Polen)
  • gest. 1.9.1982 in Warschau

Polnischer Politiker; arbeitete zunächst als Schlosser, trat bereits in jungen Jahren in die kommunistische Partei Polens ei und wandte sich dann ganz der politischen Tätigkeit zu. Seit den späten 1920er Jahren Gewerkschaftsfunktionär, und wegen seiner politischen Aktivitäten diverse Male im Gefängnis. 1942 ging er in den Untergrund und war gegen die deutsche Besatzungsmacht aktiv. 1943 betrieb er als Generalsekretär der KP (1943-48) den Zusammenschluß der polnischen kommunistischen Partei mit den Sozialisten zur Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR) und wurde deren Generalsekretär. 1945 bis 1949 war er stellvertretender Ministerpräsident und Minister für die “im Westen wiedergewonnenen Gebiete". Da er gegenüber der von Stalin geforderten Politik eine unabhängigen Weg Polens zum Sozialismus einschlug, wurde er 1949 auf Druck des stalinistischen Zweigs im polnischen ZK und Politbüro, besonders auf Betreiben Bolesław Bieruts, zum Rücktritt von allen seinen Ämtern gezwungen, aus der Partei ausgeschlossen, verhaftet und von 1951 bis 1954 inhaftiert. Nach dem Tode Stalins wurde er rehabilitiert und war ab 1956 Erster Sekretär der PZPR und Mitglied ihres Politbüros, bis er Ende 1970 nach schweren Unruhen, die aufgrund der zunehmend schlechten wirtschaftlichen Lage Polens ausgebrochen waren, zurücktreten mußte. Noch kurz vor seinem Rücktritt wurde der Grundlagenvertrag mit der sozialliberalen Regierung unter Bundeskanzler Willy Brandt vereinbart.

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Bild: Cezary Piwowarski (03/2008) Wikipedia.pl
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Warschau, Cmentarz Wojskowy na Powązkach

Bolesław Bierut

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  • geb. 18.4.1892 in Rury Brigidkowskie bei Lublin (Polen)
  • gest. 12.3.1956 in Moskau

Polnischer Politiker; Sohn eines Dorflehrers; machte eine Ausbildung zum Drucker und schloß sich bereits 1918 der kommunistischen Partei an. 1927 wurde er Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Polens. Nachdem er wegen seiner politischen Aktivitäten bereits in den 1920er Jahren mehrfach im Gefängnis gesessen hatte, wurde er als KP-Aktivist 1933 zu sieben Jahren verurteilt, jedoch 1938 vorzeitig entlassen, woraufhin er sich daraufhin in die Sowjetunion absetzte. 1944 kehrte er nach Polen zurück und betrieb die Grundlagen der Machtergreifung durch die Kommunisten in Polen. Bis 1947 hatte er den Vorsitz im Nationalrat inne. Als Staatspräsident ab 1947 und als Vorsitzender der neu formierten Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR) von 1948 bis 1954 betrieb er maßgeblich mit Rückendeckung Stalins, dessen Vertrauter er war, die Sowjetisierung des Landes und hatte wesentlichen Anteil am Sturz Gomulkas, der einen von der Sowjetunion unabhängigen sozialistischen Kurs einschlagen wollte. Von 1952 bis 1954 war er Ministerpräsident und von 1954 bis zu seinem Tod Erster Sekretär der PZPR. Er starb, während er sich anläßlich des XX. Parteitags der KPdSU in Moskau aufhielt, auf dem Nikita Chruschtschow mit dem Stalinismus abrechnete..

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Warschau, Cmentarz Powazkowski

Bilder: Ken Gilbert (08/2013)
Politiker XXXI

Omnibus salutem!