Ernst Alfred Cassirer

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Deutscher Philosoph und Pädagoge; studierte an den Universitäten von Berlin, Leipzig, München, Heidelberg und Marburg, übernahm 1919 den Lehrstuhl für Philosophie an der Universität Hamburg, wurde jedoch 1933 nach der Machtergreifung Hitlers seines Amtes enthoben und war gezwungen, über England und Schweden in die USA zu emigrieren. In der Folge lehrte er an den Universitäten von Oxford und Göteborg und erhielt 1941 eine Gastprofessur an der Yale University. 1944 wurde er ordentlicher Professor an der Columbia University. Aufgrund der Weiterentwicklung der Transzendentalphilosophie Immanuel Kants durch ihn wurde er das führende Mitglied der sogenannten Marburger Schule des Neukantianismus. Seine richtungsweisenden Arbeiten beschäftigen sich hauptsächlich mit erkenntnistheoretischen und wissenschaftsphilosophischen Fragen.

Werke u.a.: Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit (4 Bde., 1906-1957), Philosophie der symbolischen Formen (3 Bde., 1923-1929), Der Mythus des Staates (1946).

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Westwood (New Jersey), Cedar Park Beth-el Cemetrery

Herbert Marcuse

 

US-amerikanischer Philosoph deutscher Herkunft; der Sohn eines jüdischen Textilfabrikanten studierte von 1919 bis 1923 Philosophie und Nationalkonomie an den Universitäten von Berlin und Freiburg (Breisgau), an letzterer war er von 1928 bis 1932 Schüler von Edmund Husserl und Martin Heidegger; bevor er 1933 zunächst nach Genf und 1934 nach New York emigrierte, arbeitete er am Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main zusammen mit Theodor Adorno und Max Horkheimer; in den Vereinigten Staaten bekleidete er verschiedenen Ämter in der Regierung (Office of Strategic Services, Division of Research and Intelligence des State Departement), von 1951 bis 1954 am Russian Research Center der Harvard University wissenschaftliche Arbeit über den Sowjetmarxismus; von 1954 bis 1969 Professor der Politikwissenschaft, bis 1965 in Boston (Massachusetts), dann in San Diego (Kalifornien); Gastvorträge führten ihn zu mehrmonatigen Aufenthalten in Europa. Marcuse zählt zu den bedeutendsten Vertretern der kritischen Theorie und lieferte mit seinen Arbeiten zur spätkapitalistischen Wohlstandsgesellschaft die theoretische Basis für die Studentenbewegung der 1960er Jahre und die neue Linke. Marcuses Philosophie ist geprägt durch die DialektikHegels und die Philosophie Marx‘, die er mit einer dialektischen Geschichtstheorie zu verbinden sucht. In seinen Werken setzt sich Marcuse mit dem Zusammenhang der progressiven (Entwicklung von Wissenschaft und Technik) und regressiven (Faschismus, Entmenschlichung, destruktive Auswirkungen der Technik) Tendenzen in der zeithistorischen Entwicklung auseinander. Auf diesem Hintergrund entwirft er als politisches Projekt das Leitbild einer befreiten Gesellschaft, für die der philosophisch-aufklärerische Begriff der Vernunft und damit die Orientierung an individueller Selbstverwirklichung, Glück, Autonomie und Freiheit bestimmend ist und die Marcuse auf einem hohen Niveau der Produktivkräfte für realisierbar hält. Kennzeichnend für dieses utopische Modell sind die Vermittlung von materieller und geistiger Kultur. Eine solche Kulturtheorie entwirft Marcuse in Eros and Civilization (1955, dt. Triebstruktur und Gesellschaft) unter Rückgriff auf Sigmund Freuds Triebtheorie und die Dialektik der Aufklärung. In seinem zweiten Hauptwerk, One-dimensional Man (1964, dt. Der eindimensionale Mensch), beschäftigt er sich unter Rückgriff auf Marx kritisch mit der modernen Industriegesellschaft als einer verwalteten Welt, die er durch das Vorherrschen eines partikularistischen eindimensionalen Vernunftbegriffs (technologische Rationalität in allen Lebensbereichen) bestimmt sieht, die gleichwohl in den Randgruppen auch revolutionäre Kräfte auszuprägen vermag. In seinem Spätwerk wendet sich Marcuse dem Feminismus und besonders der Ästhetik (Die Permanenz der Kunst. Wider eine bestimmte marxistische Ästhetik, 1977) zu.

Werke u.a.: Hegels Ontologie und die Theorie der Geschichtlichkeit (1932), Reason and revolution. Hegel and the Rise of Social Theory (1941, dt. Vernunft und Revolution. Hegel und die Entstehung der Gesellschaftstheorie), Soviet Marxism. A Critical Analysis (1958, dt. Die Gesellschaftslehre des sowjetischen Marxismus), Kultur und Gesellschaft (2 Bde., 1965); Negations. Essays in Critical Theory (1968), Psychoanalyse und Politik (1968), An Essay on Liberation (1969, dt. Versuch über die Befreiung), Ideen zu einer kritischen Theorie der Gesellschaft (1969), Counterrevolution and Revolt (1972, dt. Konterrevolution und Revolte).

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Berlin, Friedhof der Dorotheenstädtischen und Friedrichwerderschen Gemeinden

Rudolf Steiner

~1882                      ~1905

Österreichischer Philosoph, Pädagoge und Naturwissenschaftler; Sohn eines Bahnbeamten: der Begründer der Anthroposophie studierte Mathematik, Naturwissenschaften und Philosophie in Wien. Von 1882-87 arbeitete er an der Herausgabe der naturwissenschaftlichen Schriften Goethes und war von 1884-89 außerdem als Hauslehrer tätig. 1890-97 war er Mitarbeiter am Goethe-und-Schiller-Archiv in Weimar. In dieser Zeit setzte er sich auch schriftstellerisch (Die Philosophie der Freiheit, 1894) mit der europäischen Geistesgeschichte auseinander, u.a. mit Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Johann Gottfried Fichte, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und mit zeitgenössischen Denkern wie Friedrich Nietzsche, Ernst Haeckel. Nach der Übersiedlung nach Berlin (1897) wurde er Mitherausgeber einer Literaturzeitschrift und begann mit einer umfangreichen Vortragstätigkeit, verbunden mit Reisen durch ganz Europa. Von 1902 bis 1912 war er Leiter der (indisch-orientalisch orientierten) Theosophischen Gesellschaft und Generalsekretär der deutschen Sektion, wurde jedoch wegen seiner Kritik an der Ausrufung eines neuen Weltheilands (J.Krishnamurti) durch die Theosophische Gesellschaft ausgeschlossen. 1913 begründete er die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft und initiierte den Bau des ersten Goetheanums für Mysterienspiele in Dornach. Unter dem Einfluß okkulter Erlebnisse und der indischen Theosophie wollte er das Christentum mit der Lehre von der absoluten “Herrschaft des Geistes über die Materie” vollenden. Er nahm bedeutenden Einfluß auf die Pädagogik sowie auf die Christengemeinschaft. Sein erstes Werk - Theosophie - hatte er bereits 1904 verfaßt. In ihm begründete er die Anthroposophie als umfassende Geisteswissenschaft, als Lehre von der Dreigliederung des Menschen in Leib, Seele und Geist. die Lehre von der Reinkarnation und des Karma, als ein Zusammenwirken von Geist und Stoff, Idee und Materie. 1919 verfaßte er zur Lösung der sozialen Frage einen Aufruf “an das deutsche Volk” und begründete eine Bewegung zur »Dreigliederung« des sozialen Organismus: Eine Trennung der Bereiche von Kultur, Wirtschaft und Politik soll zu Freiheit und sozialer Gerechtigkeit führen. Ab 1919 erfolgte der Aufbau der Freien Waldorfschulen mit einer eignen Vorschulerziehung und Pädagogik.

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Dornach, Goetheanum

Bilder: Dieter Georg (2004)

Hans Leisegang

 

Deutscher Philosoph; war 1925 außerordentlicher Professor an der Universität Leipzig und 1930 in Jena ordentlicher Professor. Aus politischen Gründen wurde er mehrfach seines Professorenamtes enthoben, und aufgrund seine ironische Äußerung 1934 auf dem Jenaer Marktplatz über Hitlers Trauerrede auf Hindenburg (“der Gefreite halte die Trauerrede für den Generalfeldmarschall“) erfolgte seine Suspendierung und Inhaftierung (1934/35). Er studierte daraufhin Physik, promovierte 1942 und arbeitete als technischer Physiker. Ab 1945 war er Professor der Philosophie an der Universität Jena, wurde aber auch hier wegen seiner Kritik an der damaligen Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) 1948 entlassen. man ihn 1948 aufgrund seiner Kritik an der SBZ. Er verließ daraufhin die SBZ und gang an die Freie Universität Berlin (FU) in West-Berlin, um als Ordinarius für Philosophie zu lehren. Leisegang arbeitete insbesondere über hellenistische Philosophie und über Gnosis.

Werke u.a.: Hellenistische Philosophie von Aristoteles bis Plotin (1923), Denkformen (1928).

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Bild: Hanns-Eckard Sternberg (2004)

Berlin-Dahlem, Städtischer Waldfriedhof

Bild: Hanns-Eckard Sternberg (2005)

Hermann Cohen

Deutscher Philosoph jüdischen Glaubens; Sohn eines Kantors; studierte ab 1861 an der Universität Breslau und in Berlin jüdische Theologie, Altertumswissenschaften und Philosophie. Er lehrte von 1876 bis 1912 Philosophie an der Universität in Marburg, ging danach in die Reichshaupstadt Berlin. Er begründete mit seinem Schüler Paul Natorp, der die Lehre stark modifizierte, die Marburger Schule des Neukantianismus. Die politische Philosophie seines ethischen Sozialismus hatte großen Einfluß auf die deutsche Sozialdemokratie. Verheiratet war er ab 1878 mit Martha Lewandowski, der Tochter des Komponisten Louis Lewandowski.

Werke u.a.: Kants Theorie der Erfahrung (1871), System der Philosophie (4 Bde., 1902-12).

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Berlin-Weißensee, Jüdischer Friedhof

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Leszek Kołakowski

 

 

Polnischer Philosoph;

war von 1953 bis 1968 Professor in Warschau. 1968 verließ er als Dissident sein Heimatland und war seit 1970 Professor in Oxford. Kolakowski behauptete, gegen die kommunistische Theorie besonders den Stalinismus gewendet, in seiner Philosophie des moralischen Bewußtseins die Existenz einer autonomen Welt der Werte; auch die revolutionäre Praxis müsse sich an ihnen messen lassen.

Werke u.a.: Der Mensch ohne Alternative (dt. 1960), Traktat über die Sterblichkeit der Vernunft (dt. 1967), Die Hauptströmungen des Marxismus. Entstehung, Entwicklung, Zerfall (3 Bde., 1976-78), Zweifel an der Methode (dt. 1977), Falls es keinen Gott gibt (dt. 1982); Horror metaphysicus (dt. 1989; 2002 unter dem Titel Der metaphysische Horror).

Auszeichnungen u.a.: Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (1977).

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Warschau, Cmentarz Wojskowy na Powązkach

Bild: Alina Zienowicz (10/2011) Wikipedia.org
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Jean-François Lyotard

 

 

Französischer Philosoph; nach dem Staatsexamen in Philosophie im Jahre 1950 arbeitete er als Lehrer an verschiedenen Oberschulen, darunter von 1950 bis 1952 in Algerien, das zu jener Zeit noch zu Frankreich gehörte. Von 1954 bis 1966 arbeitete er bei der Zeitschrift Socialisme ou Barbarie mit, und ab 1966 war er Professor der Philosophie an der Université de Paris  VIII in Vincennes/Saint-Denis.

In seinem Frühwerk Discourse figure (1971); sowie in Èconomie libidiale (1974, dt. Ökonomie des Wunsches) setzte er sich kritisch mit marxistischen und psychoanalytischen Modellen - speziell der Libidotheorie - auseinander Bekanntheit, auch international, erlangte Lyotard, beeinflußt von Edmund Husserl, zu dessen Phänomenologie er die Darstellung La Phénoménologie verfaßte und Ludwig Wittgenstein, vor allem als Theoretiker der Postmoderne 1979 mit seiner Schrift La condition postmoderne (Das postmoderne Wissen),

Werke u. a.: Das Patchwork der Minderheiten (1977), Apathie der Theorie (1979), Essays zu einer affirmativen Ästhetik (1982), Le différend (1983, dt. Der Widerstreit), Grabmal des Intellektuellen (1985), L'enthousiasme (1986, dt. Der Enthusiasmus), La postmoderne expliquée aux enfants (1986, dt. Postmoderne für Kinder), Die Transformatoren Duchamp (1987), Heidegger und die ”Juden" (1988), Das Inhumane (1989), Die Mauer, der Golf und die Sonne (1991), Die Phänomenologie (1993), Die Analytik des Erhabenen - Kant-Lektionen (1994), Kindheitslektüren (1995), Streitgespräche. Sprechen über Auschwitz (1996).

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Paris, Cimetière du Père Lachaise

Bild: MaximML (04/2014) Wikipedia.org
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Jakob Friedrich von Reiff

 

Deutscher Philosoph; Sohn eines Schmiedemeisters, Vater des Mathematikers und Physikers Richard Reiff.; besuchte von 1828 bis 1833 das evangelische Tübinger Stift und studierte Theologie (u.a. beim Haupt der Tübinger Schule, Ferdinand Christian Baur) und Philosophie. Er begann, ähnlich wie vor ihm David Friedrich Strauss, bereits als Repetent am Tübinger Stift seine philosophischen Vorlesungen und setzte diese seit 1840 als Privatdozent an der Universität Tübingen fort. In Tübingen wurde er 1844 zum außerordentlichen, 1855 zum ordentlichen Professor ernannt. 1863 bis 1864 fungierte er als Rektor der Universität Tübingen; die Emeritierung erfolgte 1877.

Reiff vertrat zunächst die seinerzeit vorherrschende Philosophie Georg Wilhelm Friedrich Hegels, entwickelte dann aber über eine Kritik an Hegels absolutem Idealismus einen eigenen philosophischen Standpunkt, den er in zwei Schriften darlegte: Der Anfang der Philosophie (1840) und Das System der Willensbestimmungen oder die Grundwissenschaft der Philosophie (1842),.

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Bild: Goesseln (2016) Wikipedia.de

Tübingen, Stadtfriedhof

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Karl Löwith

 

 

Deutscher Philosoph; Sohn eines Kunstmalers; im Ersten Weltkrieg Kriegsfreiwilliger, studierte er nach dem Ende des Krieges zunächst Biologie, dann Philosophie, promovierte 1923 und habilitierte sich 1928 bei Martin Heidegger. Von 1928 bis 1934 war er als Privatdozent an der Universität Marburg tätig und veröffentlichte Arbeiten über Ludwig Feuerbach, Karl Marx, Søren Kierkegaard und Friedrich Nietzsche. Als Jude zur Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ging Löwith 1934 zunächst als Stipendiat der Rockefeller-Stiftung nach Italien und emigrierte dann 1936 nach Japan, wo er an der Kaiserlichen Universität von Sendai lehrte, und von dort 1941, als Japan an der Seite des Deutschen Reiches in den Zweiten Weltkrieg eintrat, in die Vereinigten Staaten, wo er zunächst auf Vermittlung von Paul Tillich und Reinhold Niebuhr am Theologischen Seminar in Hartfort (Connecticut) lehrte. Zwischen 1949 und 1952 wirkte er als Professor an der New School for Social Research in New York, wo sein bedeutendes Werk Meaning in History (1949, dt. Weltgeschichte und Heilsgeschichte) entstand, in dem er, ausgehend von der zeitgenössischen Geschichtsphilosophie im Rückgang auf Mittelalter und Antike die biblisch-theologische Auslegung der Geschichte aufzeigte und den modernen Historismus kritisierte. Der Einsicht Friedrich Nietzsches folgend ist auch für ihn die moderne Geschichtsphilosophie "verkappte Theologie" Demgegenüber suchte er die Naturgebundenheit des Menschen aufzuzeigen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kehrte er nach Deutschland zurück und lehrte von 1952 bis zu seiner Emeritierung als Professor an der Universität Heidelberg.

Werke u.a.: Nietzsches Philosophie der ewigen Wiederkehr des Gleichen (1935), Von Hegel zu Nietzsche (1941), Weltgeschichte und Heilsgeschehen (engl. 1949, dt. 1953), Zur Kritik der christlichen Überlieferung (1966), Gott, Mensch und Welt in der Metaphysik von Descartes bis zu Nietzsche (1967). 

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Bilder: Klaus Paap (03/2017)

Heidelberg-Neuenhein, Friedhof

Philosophen VI

Omnibus salutem!