Frankfurt am Main, Neuer Jüdischer Friedhof
Deutscher Anatom und Anthropologe; Sohn eines Gothaer Gymnasialprofessors; studierte nach dem Besuch des Gothaer Gymnasium Illustre ab 1769 Medizin an der Universität Jena, bevor er 1772 sein Studium an der Universität Göttingen fortsetzte und dort 1775 mit der Arbeit De generis humani varietate nativa (dt. Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte) promoviert wurde. 1776 wurde er außerordentlicher Professor der Medizin und Inspektor der Naturaliensammlung in Göttingen, 1778 ordentlicher Professor.
Blumenbach gilt als wesentlicher Begründer der Zoologie und Anthropologie als wissenschaftliche Disziplinen. Bedeutend war er auch als Gegner der Präformationslehre, als Vertreter des Vitalismus sowie als Rassentheoretiker und einer der Begründer des wissenschaftlichen Antirassismus.
Göttingen, Albani-Friedhof
Georg Heinrich Otto Volger gen. Senckenberg
Deutscher Naturwissenschaftler, Geologe, Mineraloge und Politiker; Sohn des Pädagoge und Geschichtsschreiber der Stadt Lüneburg. Wilhelm Friedrich Volger; studierte an der Universität Göttingen zunächst Rechtswissenschaften, wechselte aber nach einem Semester zu den Fächern Geologie und Mineralogie, in denen er sich auch habilitierte. 1849 wurde er Lehrer der Naturgeschichte im Kloster Muri im Aargau. In dieser Zeit veröffentlichte er umfangreiche illustrierte Werke zur Naturkunde. Sein erstes Werk, das Lehr- und Lesebuch für den öffentl. und Privatunterricht umfaßte 1.226 Seiten und mehr als 2.000 eingedruckte Holzschnitte. 1851 erhielt er einen Ruf als Professor an die ETH Zürich. Dort arbeitete er vor allem über die Geschichte der Erdbeben in der Schweiz. Sein Versuch, für die verschiedenen Formen von Kristallen deutsche Bezeichnungen einzuführen, fanden in der Fachwelt keinerlei Anklang. 1856 kehrte Volger nach Deutschland zurück und erhielt eine Stelle im Naturhistorisches Museum (heute Forschungsinstitut und Naturmuseum Senckenberg), wo er 1859 als Dozent für Geologie und Mineralogie an der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft wurde. Er gründete dort am 23.10.1859 das Freie Deutsche Hochstift (FDH) als freie Akademie zur Pflege von Wissenschaft und Kunst. In der Satzung von 1863 wurde das FDH als ”Allgemeine Deutsche Gelehrten- und Künstlergesellschaft“ bezeichnet, die jedem offenstand und demokratisch organisiert. Die Mitgliedschaft konnte von jedem ”Freund Deutscher Wissenschaft, Kunst und allgemeiner Bildung“ erworben werden, war also im Gegensatz zu den bestehenden akademischen Einrichtungen dieser Zeit nicht an Stand oder Bildungsgrad gebunden. Otto Volger war Mitglied der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte und wurde 1863 auch als Mitglied der Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher aufgenommen.
Im Jahre 1863 erwarb das Freie Deutsche Hochstift auf Volgers Veranlassung Goethes Elternhaus am Frankfurter Großen Hirschgraben.
Frankfurt am Main, Hauptfriedhof
Österreichischer Verhaltensforscher und Publizist; wuchs in einer sozialdemokratisch ausgerichteten und sehr bildungsinteressierten Familie auf und zeigte schon als Kind großes Interesse an Tieren. Nach der Volksschule in Klosterneuburg besuchte er mehrere Gymnasien, unter anderen das Wasa-Gymnasium - er entwickelte “dann eine mehr und mehr ablehnende Einstellung zu Lehrern und dem gängigen Lehrbetrieb” -, das er als 17-Jähriger ohne Abschluß, um Photograph zu werden, um wie sein schwedisches Vorbild, der Ornithologe und Tierphotograph Bengt Berg Tiere, insbesondere Vögel, in freier Wildbahn zu beobachten und deren Verhalten photographisch festhalten. Er besuchte die 3-jährige Graphische Lehr- und Versuchsanstalt, Fachrichtung Photographie, die er erfolgreich abschloß (erst 1956 holte er die Matura (Abitur) im Zuge einer “Berufsreifeprüfung”' an der Universität Wien mit Berechtigung zum Studium von Psychologie und Zoologie nach). Mitte der 1930er Jahre begann er mit der Erforschung der noch wenig erforschten Flora und Fauna am Neusiedlersee, den er bereits als 14-Jähriger bei einem Ausflug mit seinen Eltern kennengelernt hatte. Später war er bei seinen Exkursionen zum Neusiedlersee häufig von Freunden begleitet, besonders auch aus dem Kreis der Roten Falken, einer sozialistisch geprägten Jugendorganisation, und als die Sozialdemokratische Partei durch den austrofaschistischen Staat 1934 verboten wurde und sich dann auch die Roten Falken auflösen mußten, wechselte Koenig mit seiner Gruppe zu den Pfadfindern. 1939 publizierte er das Buch Wunderland der wilden Vögel, und im selben Jahr war er einer der wissenschaftlichen Berater bei einem Filmprojekt der UFA über den Neusiedler See. Dem folgten eigene Filme im Auftrag des Reichsbundes für Vogelschutz. 1943 wurde er im Zweiten Weltkrieg in Deutschland stationiert, und holte seine Frau Lilli, née Frischauf, die er im Mai 1943 in Wien geheiratet hatte, zu sich nach Berlin. Zunächst wurde er in der Fliegerbildschule Neubiberg bei München ausgebildet und später in Frankreich, Sizilien und Rußland eingesetzt. Im Frühjahr 1945 kehrt er aus der russischen Kriegsgefangenschaft schließlich nach Wien zurück. Gleich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg 1945 gründete er mit seiner Frau die Biologische Station Wilhelminenberg bei Wien. Dieses Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (später im Rahmen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften) leitete Otto Koenig selbst. Die Idee zur Gründung eines solchen Forschungsinstituts war bereits 1936 nach einem Gespräch mit Konrad Lorenz entstanden. 1952 erschien die erste grundlegende Arbeit der Öko-Ethologie im deutschsprachigen Raum Ökologie und Verhalten der Vögel des Neusiedlersee-Schilfgürtels.
Koenig, der sein Studium nie abgeschlossen hatte, leistete Bedeutendes für den Natur- und Wildtierschutz in Österreich, erhielt zahlreiche Auszeichnungen und wurde 1962 zum Professor ernannt.
Mit seinen Fernsehsendungen im ORF, die von 1956 bis zu seinem Tod im Jahr 1992 unter verschiedenen Titeln liefen (anfangs Wunder der Tierwelt, später Rendezvous mit Tieren, zuletzt Rendezvous mit Tier und Mensch), wurde der passionierte Bart- und Khakiträger in ganz Österreich bekannt.
Klosterneuburg (Niederösterreich), Friedhof Obere Stadt
US-amerikanischer Arzt und Immunologe; entwickelte den inaktivierten Polioimpfstoff gegen Kinderlähmung (Poliomyelitis). Sohn russisch-jüdischer Eltern - der Vater war Damenschneider - die zunächst in Ost-Harlem, dann in der Bronx und schließlich in Queens wohnten. Bereits im alter von 15 Jahren immatrikulierte er sich im September 1930 am City College of New York (CCNY). Als einer der besten Studenten schloß er dort mit dem Bachelor of Science in Chemie ab und erhielt ein Stipendium für das Medizinstudium an der New York University School of Medicine. Obwohl von seiner Mutter gewünscht, beschloß er jedoch, nicht als praktizierender Arzt zu arbeiten, sondern sich der Forschung zu widmen. Zwei Monate nach dem Abschluß arbeitete er zunächst als Voluntär im Labor von Dr. Thomas Francis jr., der kurz zuvor Mitglied der Medizinischen Fakultät geworden war, nachdem er für die Rockefeller Foundation gearbeitet und den B-Typ des Influenzavirus entdeckt hatte. Durch Francis wurde Salk in die Welt der Virologie eingeführt. Nachdem er 1939 zum Medical Doctor promoviert worden war, ging er im selben Jahr an das Mount Sinai Hospital in New York, wo er erneut im Labor von Francis bis 1941 arbeitete, bevor er auf Vermittlung des inzwischen an die University of Michigan School of Public Health gewechseltenFrancis ein Stipendium des National Research Council erhielt, wo über ein von der Armee in Auftrag gegebenes Projekt zur Entwicklung eines Influenza-Impfstoffs geforscht wurde. Francis war es auch, der ihn als ”wichtigen Forscher auf einem Gebiet, das für die nationale Verteidigung von höchster Bedeutung war“ erklärte, so daß Salk nicht zum Kriegsdienst herangezogen wurde, sondern im Frühjahr 1942 die Arbeit an der University of Michigan-Ann Arbor aufnehmen konnte und mit der Erforschung von Poliomelitis, auch als Kinderlähmung bekannt., beginnen konnte. 1947 erhielt Salk sein eigenes Labor an der Medizinischen Fakultät der Universität von Pittsburgh.
Nach erfolgreichen Tests an Labortieren injizierte Salk am 2. Juli 1952 mit Unterstützung des Personals des D.T. Watson Home for Crippled Children 43 Kindern seinen Impfstoff mit inaktiven Viren, und einige Wochen später den Wirkstoff Kindern an der Polk State School for the feeble minded. 1954 testete er den Impfstoff an etwa einer Million Kindern, den sogenannten “polio pioneers” Am 12.4.1955 wurde der Impfstoff schließlich als sicher angekündigt: “The vaccine works. It is safe, effective, and potent”. Binnen kurzem konnte die Verbreitung von Polio in den USA auf ein Fünftel zurückgedrängt werden und ist heute in den Industrienationen nahezu ausgerottet. Dieser Erfolg ist allerdings auch auf die von Albert Sabin entwickelte Schluckimpfung zurückzuführen, die die Angst vor der Spritze nimmt.
1967 eröffnete er in La Jolla, einem Vorort von San Diego (Kalifornien), ein eigenes wissenschaftliches Institut, dessen erster Direktor er war; heute ist das Salk Institute for Biological Studies ein international renommiertes biomedizinisches Forschungszentrum. In den letzten Jahren seines Lebens bemühte sich Salk um die Entwicklung eines HIV-Impfstoffs. 1987 gründete Salk das Pharmaunternehmen IRC (Immune Response Corporation) zur Erforschung eines experimentellen Impfstoffs, der die Immunantwort bei HIV-Infektion verstärken sollte. Der Impfstoff wurde als HIV-1 immunogen, ”Salk vaccine“ und als AG1661 bekannt. Der geplante Handelsname war Remune, welcher Name ebenfalls in der Öffentlichkeit publik wurde. Nach seinem Tode wurde die IRC von Pfizer übernommen, die Entwicklung wurde allerdings 1999 wegen fehlender Wirksamkeit eingestellt.
Verheiratet war Jonas Salk ab 1939 mit der Sozialarbeiterin Donna Lindsay; das Paar hatte drei Söhne: Peter, Darrell und Jonathan. Nach der Scheidung im Jahre 1968 heiratete Salk 1970 die Künstlerin Françoise Gilot, die frühere Geliebte Pablo Picassos.
San Diego, El Camino Memorial Park
Deutscher Altphilologe; Sohn des Psychiaters Otto Snell; studierte nach dem Abitur am Johanneum Lüneburg zunächst Rechtswissenschaften und Nationalökonomie in Edinburgh und Oxford, wo er, als der Erste Weltkrieg ausbrach, interniert wurde. Nach dem Ende des Krieges studierte er Klassische Philologie im holländischen Leiden, in Berlin, München und Göttingen, wo er 1922 promoviert wurde, bevor er 1925 an der Universität Hamburg über Die geistesgeschichtliche Stellung der aischyleischen Tragödie habilitierte. Danach ging er als deutscher Lektor nach Pisa. Von 1931 bis 1959 hatte er in Hamburg den Lehrstuhl für Klassische Philologie inne und setzte sich mit griechischer Geistesgeschichte, Dichtung und Metrik auseinander. Bereits 1944 hatte er in Hamburg die heute noch arbeitende Forschungsstelle Thesaurus Linguae Graecae begründet. Außerdem war Snell Herausgeber des Lexikons des frühgriechischen Epos (seit 1955). Er verfaßte u.a. Die Entdeckung des Geistes (1946).
Seit 1989 wird zum Gedächtnis des Gründers und Ehrenmitglieds der Gesellschaft der Bruno-Snell-Preis zweijährlich auf Vorschlag der Mitglieder für herausragende Arbeiten junger Forscher im Bereich des griechisch-römischen Altertums vergeben.
Hamburg, Friedhof Ohlsdorf, Anonymer Urnenhain beim Riedemann-Mausoleum
Julius Wilhelm Richard Dedekind
Deutscher Mathematiker; Sohn des Braunschweiger Juristen und Hochschullehrers Julius Dedekind; besuchte das Martino-Katharineum Braunschweig, studierte ab 1848 Mathematik am dortigen Collegium Carolinum und setzte das Studium ab 1850 in Göttingen fort, wo er bei Carl Friedrich Gauß im Wintersemester 1850/51 über die Methode der kleinsten Quadrate hörte, die Dedekind als eine der schönsten Vorlesungen in Erinnerung behielt, die er je hörte, und im folgenden Semester über höhere Geodäsie. 1852 promovierte er bei Gauß als dessen letzter Schüler über die Theorie Eulerscher Integrale nach nur vier Semestern. Mathematik hörte er vor allem bei Moritz Abraham Stern und Georg Ulrich an dem gerade neu von Stern eingerichteten mathematisch-physikalischen Seminar und Physik bei Wilhelm Weber und Johann Benedict Listing. 1854 habilitierte er sich ebenfalls in Göttingen, kurz nach Bernhard Riemann, mit dem er befreundet war.
Braunschweig, Hauptfriedhof
Friedrich Ernst Peter Hirzebruch
Deutscher Mathematiker; ältestes von vier Kindern eines Musiklehrers. Nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft - er war noch kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges eingezogen worden - begann er bis 1950 Studien der Mathematik, Physik und Mathematischen Logik an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster und an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. 1950 wurde er mit der Arbeit “Über vierdimensionale Riemannsche Flächen mehrdeutiger analytischer Funktionen von zwei komplexen Veränderlichen“ zum Dr. rer. nat. promoviert. Anschließend ging er als wissenschaftlicher Mitarbeiter bis 1952 an die Universität Erlangen. Von 1952 bis 1954 war er Mitglied des Institute for Advanced Study in Princeton, danach Stipendiat bis 1955. Im selben Jahr erfolgte seine Habilitation in Münster, danach war er Assistenzprofessor an der Princeton University bis 1956, bevor er bis 1993 als. Ordentlicher Professor für Mathematik an der Universität Bonn tätig war.
Friedrich Hirzebruch war Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts (MPI) für Mathematik in Bonn, das 1980 aus dem 1969 von ihm gegründeten Sonderforschungsbereich Theoretische Mathematik an der Universität Bonn hervorging, und leitete das MPI von 1981 bis 1995. Außerdem war Hirzebruch Präsident der Deutschen Mathematiker-Vereinigung 1961/1962 und 1990, Präsident der European Mathematical Society (EMS) von 1990 bis 1994 sowie Vorsitzender des wissenschaftlichen Rates des Internationalen Banach-Zentrums für Mathematik von 1993 bis 2002. Er hatte über 50 Doktoranden.
In der Fachwelt bekannt wurde Hirzebruch aufgrund seiner wegbereitenden Arbeiten in der modernen algebraischen Geometrie unter Anwendung topologischer Methoden als auch als Wissenschaftsorganisator, der sich an führender Stelle um die internationale Verflechtung der deutschen Mathematiker nach dem Zweiten Weltkrieg verdient gemacht hat.
Verheiratet war Friedrich Hirzebruch war seit 1952 mit Ingeborg, née Spitzley; aus der Ehe gingen drei Kinder hervor.
Auszeichnungen u.a.: Ehrendoktorwürden von 15 deutschen und ausländischen Universitäten und Akademien, Wolfspreis (1988), Lobatschewskij-Preis der Akademie der Wissenschaften der UdSSR (1990). Stefan-Banach-Medaille der Polnischen Akademie der Wissenschaften (1999), Alfried-Krupp-Wissenschaftspreis (2000), Georg-Cantor-Medaille der Deutschen Mathematischen Gesellschaft (2004).
Bonn, Poppelsdorfer Friedhof
Konrat Julius Fürchtegott Ziegler
Deutscher Klassischer Philologe; einer Breslauer Kaufmannsfamilie entstammend; nahm nach dem Abitur am Elisabet-Gymnasium 1902 ein Studium der Geschichte, Archäologie und Klassischen Philologie an der Universität Breslau auf. Im Herbst 1904 unternahm er im Auftrag seines Professors Franz Skutsch eine zweimonatige Studienreise nach Rom, wo er das einzige erhaltene Manuskript der Schrift De errore profanarum religionum des Iulius Firmicus Maternus untersuchte und ihm einige Verbesserungen der Textrekonstruktion gelangen. Im Oktober 1905 wurde Konrat Ziegler bei Skutsch aufgrund der am 20. Juli verteidigten Dissertation De precationum apud Graecos formis quaestiones selectae zum Dr. phil. promoviert. 1906 absolvierte er das Staatsexamen für die Fächer Geschichte, Latein und Altgriechisch im Lehramt an höheren Schulen, wandte sich dann aber einer universitären Karriere zu. Seine Einleitung zu De errore profanarum religionum wurde 1907 der Universität Breslau als Habilitationsschrift vorgelegt, die Habilitation selbst erfolgte im Oktober dieses Jahres bei Franz Skutsch. Daraufhin erhielt Ziegler vom preußischen Staat ein Stipendium in Höhe von 500 Mark für eine Reise nach Italien, wo er Handschriften von Plutarchs Biographien verglich. Im Dezember 1909 wurde Ziegler zum etatmäßigen außerordentlichen Professor ernannt. Nach dem Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg (zunächst als Dolmetscher, später als Presseattaché der deutschen Gesandtschaft in Bulgarien) wurde er 1920 persönlicher Ordinarius in Breslau. 1923 wechselte Ziegler als Nachfolger von Johannes Mewaldt an die Universität Greifswald, wo er 1926/1927 Dekan der Philosophischen Fakultät und 1928/1929 Rektor der Universität war. 1919 war er Gründungsmitglied der linksliberale Partei Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und in ihrem Hauptvorstand tätig, gehörte dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold (einem politischen Wehrverband zum Schutz der demokratischen Republik) sowie der Deutschen Friedensgesellschaft an und war außerdem Vorstand des Vereins zur Abwehr des Antisemitismus. Während seiner Greifswalder Zeit geriet der überzeugte Demokrat daher zunehmend in Konflikt mit nationalistischen und monarchistischen Kreisen, wobei er sich bereits 1924 im ”Greifswalder Flaggenstreit“ gegen den Prorektor der Universität stellte. Aufgrund seines konsequenten Eintretens für die Weimarer Republik wurde er am 2. 5.1933 nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten beurlaubt und im September von den neuen Machthabern entlassen, übersiedelte mit der Familie nach Berlin, wo er weiterhin wissenschaftlich tätig blieb. Erst als er 1938 einem befreundeten jüdischen Bankier bei der Flucht ins Ausland und dem heimlichen Nachtransport von dessen Vermögen geholfen hatte, wurde Ziegler am 5.1.1939 verhaftet, kam in Untersuchungshaft in Moabit, bevor er im Mai 1940 aufgrund seiner angeblichen “Weltfremdheit und ein[em] ungewöhnliche[n] Maß an Hilfsbereitschaft“, die durch das Gericht als mildernde Umstände ausgelegt wurden, zu einer Geld- und Gefängnisstrafe verurteilt wurde; die Haftstrafe wurde schließlich auf Bewährung auf vier Monate verkürzt. Ein Dienststrafverfahren im folgenden Jahr wurde eingestellt, allerdings belegte der Propagandaminister Joseph Goebbels ihn mit einem totalen Publikationsverbot. Dennoch arbeitete er weiter an seiner Plutarch-Biographie, die im Jahr 1949 publiziert wurde. Nachdem er am 22.11.1943 ausgebombt worden war, zog er mit seiner Familie nach Osterode am Harz. Da seine private Bibliothek bei dem Bombenangriff in Berlin verloren gegangen war, halfen ihm zwei Lehrer der örtlichen Städtischen Oberschule mit ihren privaten Beständen an Fachliteratur aus, so daß er - wenn auch eingeschränkt - seine Arbeit fortsetzen konnte. Nach dem ende des Zweiten Weltkrieges wurde er von der britischen Besatzungsmacht zum Landrat des Kreises Osterode am Harz ernannt, eine Funktion, die er bis November 1946 ausübte. Die Universität lehnte Berufung Zieglers zum Honorarprofessor ab, er erhielt 1946 nur einen Lehrauftrag; erst 1950 wurde er zum Honorarprofessor ernannt. Erst nachdem im Dezember 1949 wurde das 1940 verhängte Urteil gegen Ziegler aufgehoben worden war und er damit offiziell rehabilitiert war, wurde ihm 1953 - rückwirkend zum SS 1951 das Gehalt entpflichteten Hochschullehrers bewilligt. Seminare und Vorlesungen hielt er bis zum Wintersemester 1957/1958, sprang aber auch danach noch gelegentlich bei Personalmangel ein. Ab 1965 wurde er offiziell als ordentlicher Emeritus der Göttinger Universität geführt. In Göttingen war Ziegler kommunalpolitisch für die SPD aktiv (Ratsherr von 1948 bis 1964) und setzte sich insbesondere für die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus ein.
Neben einem breiten Spektrum an eigenen Forschungen zur griechischen und lateinischen Literatur der Antike hat er besonders aufgrund der Herausgabe der letzten Bände des Ausführlichen Lexikons der griechischen und römischen Mythologie (1923–37) und eines bedeutenden Teils von Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (1946–74) wissenschaftliche Bekanntheit erworben.
Auszeichnungen u.a.: Ehrendoktor der Aristoteles-Universität Thessaloniki (1964), Großer Verdienstorden des Landes Niedersachsen (das Bundesverdienstkreuz hatte er mit der Begründung abgelehnt, er wolle nicht dieselbe Auszeichnung erhalten, mit der vor ihm bereits Hans Globke, ein Kommentator der Nürnberger Gesetze, ausgezeichnet worden war), Ehrenbürger von Göttingen (1969), Ehrenmitglied der Society for the Promotion of Hellenic Studies in London (1969), “Gerechter unter den Völkern“ in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem (posthum 2001).
Göttingen, Stadtfriedhof
Deutscher Physiker; Sohn eines aus Amsterdam nach Frankfurt am Main übersiedelten Juweliers; besuchte das 1870 von der Polytechnischen Gesellschaft, einer Frankfurter Bürgerstiftung, gegründete, und dem nach dem Tierarzt, Agrarwissenschaftler und Pädagogen.August Anton Wöhler, Vater des Chemikers Friedrich Wöhler, benannten Frankfurter Realgymnasium Wöhlerschule und nahm 1884 an der Technischen Hochschule Darmstadt (heute Technische Universität Darmstadt) das Studium der Elektrotechnik auf, das er in Berlin fortsetzte. 1885 wechselte er das Studienfach und studierte Physik, um im Frühjahr 1886 nach Straßburg zu wechseln. In Straßburg hörte er vor allem die Vorlesungen von August Kundt, dem er als Assistent nach Berlin folgte und bei dem er 1889 an der Universität Berlin mit seiner Arbeit über Die selective Reflexion der Metalle promovierte. 1892 konnte er sich an der Universität Berlin habilitieren und wurde dort Privatdozent. Ab 1895 war er als Nachfolger von Karl Adolph Paalzow außerordentlicher Professor für Physik und ab 1900 ordentlicher Professor an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg (heute Technische Universität Berlin), danach ab 1903 an der Militärtechnischen Akademie in Berlin. Seine Experimente führte er meist an der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt im Labor von Ferdinand Kurlbaum durch. 1906 folgte er Paul Drude als Professor für Physik und Direktor des Physikalischen Instituts an der Berliner Universität. 1907 wurde er ordentliches Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften, 1908 korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen sowie 1918 korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Zu den Schülern von Heinrich Rubens gehörten u.a. Gustav Hertz, Marianus Czerny und Gerhard Hettner.
Berlin-Schöneberg, Alter St. Matthäus Kirchhof
Sir James Young Simpson 1st Baronet
Schottischer Arzt; ging zunächst bei seinem Vater, einem Bäcker, in die Lehre, bildete sich jedoch - unterstützt durch seinen Bruder - als Autodidakt weiter, erhielt ein Stipendium und immatrikulierte sich als 14-Jähriger 1825 an der Universität Edinburgh, um einen Abschluß in Kunst zu erlangen. 1827 wechselte er dann jedoch zur Medizin, machte seinen Bachelor of Medicine, Bachelor of Surgery, wurde 1830 Lizenziat des Royal College of Surgeons in Edinburgh und erhielt 1832 seinen MD (Medical Doctor). Bereits während des Studiums hatte er zusätzlich Vorlesungen und Kurse u.a. des schottischen Chirurgen Robert Liston belegt, und aufgrund der Qualität seiner Doktorarbeit über Entzündungen wurde er Assistent John Thomson, Professor für Pathologie. Danach wirkte er als Hausarzt in Stockbridge, einem Stadtteil von Edinburgh. Im Alter von 28 Jahren trat er die Nachfolge von James Hamilton als Professor für Medizin und Geburtshilfe an der Universität von Edinburgh an.
Simpson verbesserte das Design von Geburtszangen, die bis heute in Fachkreisen als "Simpson's Forceps" bekannt sind. Als Begründer der Chloroform-Anästhesie war sein wichtigster Beitrag die Einführung der Anästhesie bei der Geburt. Am Abend des 4.11.1847 hatte er mit zwei Freunden in einer privaten Runde Chloroform als Narkosemittel getestet, wobei Simpsons Freund David Waldie die Anwendung bei schmerzhaften Eingriffen wohl im Oktober 1847 bereits vorgeschlagen hatte.
1838 entwarf er den Lufttraktor, den frühesten bekannten Vakuumextraktor zur Unterstützung der Geburt, die Methode wurde jedoch erst mit der Erfindung des Ventouses (Saugnapf) über ein Jahrhundert später populär.
Auswirkung des flüssigen Chloroforms (zeitgenössische Darstellung)
Edinburgh, Warriston Cemetery
Unten: Vor der Renovierung der Grabstätte
Deutscher Journalist und Historiker polnischer Herkunft; wuchs in seiner Geburtsstadt auf, wo sein Vater David Stadtrat und Eigentümer eines Betriebs für Bäckereimaschinen war. engagiert sich in der bürgerlich-zionistischen Jugendbewegung, später in der sozialistisch-bündischen Jugend. Er besuchte das jüdische Gymnasiums schließt sich ein illegales Studium an der Fernschule Berlin (Ingenieurtechnik) an.
Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 wurde die Stadt von der Wehrmacht besetzt und das väterliche Unternehmen ”arisiert“; David Lustiger wurde zunächst als Angestellter weiter beschäftigt. Anfang 1943 wurde die jüdische Bevölkerung Będzins im Ghetto Będzin interniert, während es der Familie Lustiger gelang, sich zunächst in einem Keller zu verstecken. Nach der Auflösung des Ghettos im August 1943 kam er in verschiedene Arbeitslager. Als ab Sommer 1944 die Konzentrationslager in die Nähe der vorrückenden Front gerieten und evakuiert wurden, gelang ihm im April 1945 die Flucht während eines sog. Todesmarsches, geriet jedoch in die Hände von Angehörigen des sogenannten Volkssturms, konnte jedoch abermals entkommen und wurde von US-amerikanischen Soldaten aufgegriffen, für die er als Dolmetscher der US Army arbeitete Lustiger überlebte u.a. die Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald seine Schwester das KZ Bergen-Belsen, während sein Vater im KZ Auschwitz-Birkenau ermordet wurde. Von 1945 bis 1948 war er Redakteur der Zeitung "Unterwegs" im Lager für "Displaced-Persons" im Frankfurter Stadtteil Zeilsheim. Danach gründete er in Frankfurt am Main als Textilfabrikant ein erfolgreiches Unternehmen für Damenmoden. Erst nach “40 Jahren des Schweigens“, wie er es selbst formulierte, begann Lustiger, zur jüdischen Geschichte vor allem im 20. Jahrhundert zu publizieren und widmete sich besonders der deutsch-jüdischen Geschichte, dem Spanischen Bürgerkrieg, dem jüdischen Widerstand sowie der Verfolgung der Juden in der Sowjetunion unter Stalin, vor allem in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Er war Mitbegründer der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main und Vorstandsmitglied der Budge-Stiftung.. Vom Sommersemester 2004 bis zum Sommersemester 2006 war er Gastprofessor am Fritz Bauer Institut in Frankfurt am Main.
Omnibus salutem!