Karl Schwarzschild

Deutscher Astronom und Physiker; studierte ab 1890 in Straßburg Astronomie, wechselte 1892 nach München, wo er 1896 unter Hugo von Seeliger promovierte. Ein Jahr später ging er nach Wien und arbeitete dort zwei Jahre als Assistent an der Kuffner-Sternwarte. Dort befaßte er sich mit der Photometrie von Sternhaufen. Nach seiner Rückkehr nach München, habilitierte er dort. Ab 1901 war er Professor in Göttingen und ab 1909 Direktor des Astrophysikalischen Observatoriums in Potsdam. 1912 wurde er Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Aus dem Ersten Weltkrieg, zu dem er sich freiwillig gemeldet hatte, kehrte er als Invalide zurück.

Schwarzschild lieferte grundlegende Arbeiten zur Photometrie der Sterne, deren Bewegung und Verteilung, zur geometrischen Optik sowie zum Ausbau der allgemeinen Relativitätstheorie.

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Bild: Klaus Hübner (05/2007)

 Göttingen, Stadtfriedhof

Arthur Moritz Schoenflies

 

Deutscher Mathematiker; Großonkel von Walter Benjamin. Einer jüdischen Familie entstammend, studierte er bei Ernst Eduard Kummer (*1810, +1893) und Karl Weierstrass (*1815, +1897) von 1870 bis 1875 an der Universität in Berlin. Nach der Promotion im Jahre 1877 begann er dort als Lehrer zu unterrichten und habilitierte sich 1884. 1891 wurde er auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Angewandte Mathematik in Göttingen berufen. Schoenflies, der über Mengenlehre, Geometrie und Kristallographie arbeitete, wies 1891 aufgrund eines Hinweises von Felix Klein und zeitgleich mit Jewgraf Stepanowitsch Fjodorow nach, daß es gruppentheoretisch 230 Raumgruppen von Symmetrien der Kristallstrukturen gibt und führte die nach ihm benannten Schoenflies-Symbole zu ihrer Kennzeichnung ein. Damit hatte er eine Grundlage für die Beschreibung der Mannigfaltigkeit von Kristallstrukturen geschaffen. 1899 verließ er Göttingen, lehrte in Königsberg und ab 1911 als Professor an der Akademie der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in Frankfurt am Main. Schoenflies beendete seine Lehrtätigkeit 1922 an der Frankfurter Universität, deren Rektor und einer ihrer Gründer er war. Sein Nachfolger wurde Carl Ludwig Siegel.

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Bilder: Dieter Georg (05/2007)

Frankfurt am Main, Hauptfriedhof

Oswald von Nell-Breuning

 

Deutscher Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, Theologe (kath.); trat 1911 in die Societas Jesu (SJ) ein, wurde 1921 zum Priester geweiht. Ab 1928 war er Professor für christliche Gesellschaftslehre und Ethik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main. Nell-Breuning hat durch seine wissenschaftliche Arbeit wesentliche Grundlagen der katholischen Soziallehre gelegt, ihre Entwicklung über Jahrzehnte geprägt und sich in vielfältiger Weise für die politische Umsetzung ihrer drei Prinzipien (Personalität, Solidarität, Subsidiarität) als den Grundlagen einer sozialen Gesellschaft eingesetzt. Ab 1936 wurde ihm von den Nationalsozialisten Schreib- und Publikationsverbot erteilt. 1944 wurde er wegen angeblichen Vergehens gegen Devisenbestimmungen zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war er von 1948 und 1965 Mitglied des wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium und ab 1956 Hochschullehrer an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main.

Werke u.a.: Die soziale Enzyklika (1932); Mitbestimmung (1950), Wirtschaft und Gesellschaft heute (3 Bde., (1956-60), Arbeit vor Kapital (1980), Unsere Verantwortung. Für eine solidarische Gesellschaft (1987).

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Frankfurt am Main, Südfriedhof

Bilder: KN (13.05.2007)
Bild: Helen Aldridge (04/2007)

Uppsala, Dom

Carl von Linné eigentl. Carl Nilsson Linnaeus

Schwedischer Wissenschaftler; nach dem Studium der Medizin und Naturwissenschaften sowie anschließenden Forschungs- und Studienreisen ließ er sich als Arzt in Stockholm nieder; 1739 wurde er Präsident der Stockholmer Akademie der Wissenschaft, deren Gründung er angeregt hatte, 1741 Professor der Anatomie und Medizin in Uppsala und 1742 Professor der Botanik. Er gestaltete den botanischen Garten um und richtete ein naturhistorisches Museum ein. Seine erstmals 1735 erschienene Abhandlung Systema naturae (dt. Natursystem) ist die Grundlage der modernen biologischen Systematik. Er führte konsequent die binäre lateinische Bezeichnung (Nomenklatur) durch, die mit der Festlegung des Artbegriffs verbunden war (z.B. Hundsveilchen: Viola canina). Basis der linnéschen Klassifikation waren die Geschlechtsorgane (Staub- und Fruchtblätter) der Pflanzen (Einführung der Symbole und für männlich und weiblich), nach deren Verteilung, Zahl und Verwachsung er die zum Teil bis heute üblichen Diagnosen der systematischen Stellung in der Botanik entwickelte. Linné dehnte sein System auch auf die zu seiner Zeit bekannten Tiere und Minerale aus. Von der 12. Auflage seines Natursystems (1766) an stellte Linné dann erstmals den Menschen unter der Bezeichnung Homo sapiens in die Ordnung “Herrentiere” (neben den Schimpansen und den Orang-Utan).

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Magnus Hirschfeld

Deutscher Sexualforscher und Nervenarzt; studierte 1887 in Breslau Philosophie, dann ab 1888 schließlich Medizin in Straßburg, München, Heidelberg und Berlin. In den Fokus der Öffentlichkeit geriet er durch seine Gutachtertätigkeit bei Gericht in den Jahren 1907 bis 1909, als er u.a. Gutachten in drei, durch Maximilian Harden wegen der Vorwürfe homosexueller Neigungen Philipp Fürst zu Eulenburgs, eines Vertrauten Kaiser Wilhelms II., ausgelösten Prozessen gem. § 175 erstellte. Nach Ende des Ersten Weltkrieges, in dem er als Arzt in Lazaretten arbeitete, begründete er 1918 das Institut für Sexualwissenschaften in Berlin, das er bis 1933 leitete und in welchem die Sexualität des Menschen erforscht wurde. Dem Institut war die erste Eheberatungsstelle Deutschlands angegliedert. Hirschfeld propagierte eine Geburtenkontrolle, setzte sich für eine Liberalisierung der Scheidungsgesetze ein und war Vorkämpfer für die Aufhebung der Homosexualität als Strafrechtsdelikt (z.B. StGB §175). Von ihm stammt auch die Prägung des Begriffs Transvestit für Personen, die die Kleidung des jeweils anderen Geschlechts bevorzugen. Von einer Weltreise durch Nordamerika, Asien und den Orient, zu der er 1931 aufgebrochen war, kehrte Hirschfeld, der jüdischer Abstammung war und zuvor bereits mehrfach angegriffen worden war, nicht mehr nach Deutschland zurück, sondern ließ sich nach kurzen Aufenthalt in Ascona dauerhaft in Nizza nieder. Seine Werke fielen 1934 der nationalsozialistischen Bücherverbrennung zum Opfer. Rosa von Praunheim machte das Leben Hirschfelds zum Inhalt des Films Der Einstein des Sex (1999).

Werke u.a.: Die Homosexualität des Mannes und des Weibes (1918), Sexualpathologie (1914-1920), Sexualgeschichte der Menschheit (1929), Sittengeschichte des Weltkriegs (1930), Geschlecht und Verbrechen (1931).

Inschrift: Per scientiam ad iustitiam (Durch Wissen zur Gerechtigkeit).

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Nizza-Caucade, Cimetière

Bilder: Hartmut Riehm (05/2007)
Bild: Petri Aukia (05/2007)

Johannes Stark

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Deutscher Physiker; studierte Physik, Mathematik, Chemie sowie Kristallographie an der Münchner Universität. Nach der Promotion war er ab 1900 als Privatdozent in Göttingen tätig, bevor er dort 1906 außerordentlicher Professor wurde; 1908 wechselte er jedoch als ordentlicher Professor nach Aachen an die dortige Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH). Nach Professuren ab 1917 an der Universität Greifswald. 1919 wurde Stark, der über elektrischen Leitung in Gasen arbeitete und 1905 den Doppler-Effekt an Kanalstrahlen und 1913 bei Untersuchungen des Wasserstoffspektrums den nach ihm benannten Stark-Effekt entdeckte, wurde 1919 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Ab 1920 als Professor in Würzburg, trat er dort 1922 zurück, da er die Habilitation Ludwig Glasers, eines Gegners Albert Einsteins, unterstützte und dadurch in einen Konflikt mit seinen Kollegen geriet. Trotz des ihm verliehenen Nobelpreises gelang es ihm nicht, eine andere Berufung zu erlangen. Erst nach der “Machtergreifung” der Nationalsozialisten wurde Stark, der neben Philipp Lenard Anhänger einer nationalsozialistisch geprägten “deutschen Physik war, die u.a. die Relativitätstheorie als “jüdische Wissenschaft” angriff und die Quantentheorie ablehnte, 1933 Präsident der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin und bekleidete dieses Amt bis er 1939 in den Ruhestand ging. Nach Ende des Dritten Reichs  wurde er in Bayern vor Gericht gestellt, wobei u.a. Max von Laue, Werner Heisenberg und Arnold Sommerfeld als Zeugen gegen ihn aussagten; Einstein bezeichnete Stark als eine paranoide Persönlichkeit. 1947 wurde er als Hauptschuldiger eingestuft und zu vier Jahren Arbeitslager verurteilt.

Stark begründete 1904 die wissenschaftlichen Zeitschrift Jahrbuch der Radioaktivität und Elektronik, das er bis 1913 herausgab.

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Bilder: Heiko Bockstiegel (2012)

Berchtesgaden, Bergfriedhof

Max Freiherr von Oppenheim

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Deutscher Diplomat, Orientalist und Archäologe; Sproß der Kölner Bankiersfamilie Sal. Oppenheim; studierte Rechtswissenschaften an der Universität Straßburg und promovierte 1883 in Göttingen. Seine Bewerbung für den diplomatischen Dienst im Auswärtigen Amt (AA) wurde wegen seiner jüdischen Herkunft abgelehnt. 1892 zog er mittels Finanzierung des Vaters nach Kairo und erlernte dort während seines mehrjährigen Aufenthalts als Ministerresident die arabische Sprache. Er unternahm ausgedehnte Reisen nach Ostafrika und in den Nahen Osten, zeitweise auch in diplomatischer Funktion. Da er gute Beziehungen zu mehreren arabischen Stammesführern hatte aufbauen können und man im AA seinen Wert in dieser Hinsicht erkannte, wurde Max von Oppenheim 1896 zum Attaché am Kaiserlichen Generalkonsulat in Kairo berufen und 1900 zum Legationsrat ernannt. Kurz zuvor, im November 1899, hatte er am Siedlungshügel Tell Halaf im Nordosten des heutigen Syriens die Überreste der aramäischen Stadt Guzana entdeckt, womit er sich in der Archäologie einen Namen machte. Von 1910 bis 1913 leitete er die dortigen Ausgrabungen, die durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieg, in dem Oppenheim die islamische Bevölkerung des Nahen Ostens gegen England zu mobilisieren versuchte, unterbrochen wurden. Erst 1927 konnte er die Ausgrabungen wieder aufnehmen, die er bis 1929 leitete. 1939 reiste er zum letzten Mal nach Syrien. Den Holocaust und den Zweiten Weltkrieg überlebte er in Berlin, obwohl er – wenn auch katholisch getauft – als sogenannter Halbjude galt.

Max von Oppenheim hatte zahllose Fundstücke von seinen Ausgrabungen nach Berlin schaffen lassen. Am 15.7.1930 wurde dort in einer ehemaligen Fabrikhalle die Tell Halaf Ausstellung eröffnet. Eine Brandbombe zerstörte jedoch im Jahr 1943 das Gebäude und die Exponate verbrannten oder zerbarsten und galten viele Jahre als verschollen bzw. verloren. Zufällig wurden sie in den 1990er Jahren in einem Keller des Pergamonmuseums wiederentdeckt. Im Jahr 2001 entschloß man sich zum Versuch einer Restaurierung der Bildwerke. Dazu mussten 27.000 Teile sortiert und wieder zusammengefügt werden. Nach erfolgreichem Abschluß eröffnete im Jahr 2011 das Pergamonmuseum die Sonderausstellung die "Geretteten Götter", die in 28 Wochen 780.000 Besucher anzog.

Inschrift:

HIER RUTH IN GOTT EIN
MANN DER DIE WISSEN
SCHAFT, DEN ORIENT,
DIE WÜSTE UND DEN
VOM IHM ENTDECKTEN
UND AUSGEGRABENEN
TELL HALAF GELIEBT HAT

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Bild: Wilhelm Grünleitner (01/2012)

Landshut, Hauptfriedhof

Horst-Eberhard Richter

 

Deutscher Psychoanalytiker; wurde unmittelbar nach dem Abitur 1941 zur Wehrmacht mit Einsatz an der Ostfront und in Italien eingezogen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges studierte er Medizin, Philosophie und Psychologie und schloß nach der Promotion eine 4-jährige psychoanalytische Ausbildung am Berliner Psychoanalytischen Institut an, dem er später von 1959 bis 1962 als Leiter vorstand. Als an der Universität Gießen ein neuer Lehrstuhl für Psychosomatik eingerichtet wurde, erhielt Richter den Auftrag, dort eine Klinik für Psychosomatik aufzubauen. Dort bemühte er sich um die Anwendung psychoanalytischer Verfahren in Familien- und Sozialtherapie in enger Zusammenarbeit mit Vertreter verschiedener Wissenschaftszweige. Am Klinikum der Universität Gießen war Richter, der von 1964 bis 1968 Vorsitzender der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung war, im interdisziplinären Zentrum für klinische Psychosomatik, medizinische Psychologie und Soziologie von 1973 bis 1991, dem Jahr, in dem er emeritiert wurde, Direktor; anschließend leitete er bis 2002 das Sigmund-Freud-Institut in Frankfurt am Main. 2004 hatte er eine von Peter Ustinov gestiftete Gastprofessur an der Universität Wien inne.

Politisch engagierte er sich u.a. als Mitgründer der westdeutschen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges und Mitglied der globalisierungskritischen Organisation Attac).

Werke u.a.: Eltern, Kind und Neurose (1963, Die Gruppe (1972), Zur Psychologie des Friedens (1982), Bedenken gegen Anpassung. Psychoanalyse und Politik (1995), Wanderer zwischen den Fronten. Gedanken und Erinnerungen (2000), Das Ende der Egomanie. Die Krise des westlichen Bewusstseins (2002). 

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Berlin OT Charlottenburg, Waldfriedhof Heerstr

Bilder: Hans-Christian Seidel (05/2012)

Paul Emil Flechsig

Deutscher Hirnanatom und -pathologe; Sohn eines Diakons der katholischen Kirche; studierte an der Universität Leipzig von 1865 bis 1870 Medizin. Nach der Promotion zum Dr. med. (1870) , der Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) und der Habilitation für Physiologie (1875) wurde er auf den Lehrstuhl für Psychiatrie berufen, gründete nach Fertigstellung des Klinikhauptgebäudes 1883 das "hirnanatomische Laboratorium" und war von 1884 bis 1921 Ordinarius für Psychiatrie. Außerdem war Flechsig von 1894 bis 1895 Rektor an der Universität Leipzig. Einer seiner Patienten war der Schriftsteller Daniel Paul Schreber, Sohn von Moritz Schreber, Namensgeber der späteren Schreber- bzw. Kleingarten-Bewegung.

Flechsig beschäftigte sich mit der Lokalisierung der Denkvorgänge in den Hirnrindenfeldern und beschrieb anatomisch wichtige Gehirn- und Rückenmarksbahnen. Flechsig leistete bedeutende Beiträge zur Erforschung von Epilepsie, Chorea und Neurosyphilis.

Werke u.a.: Die Leitungsbahnen in Gehirn und Rückenmark auf Grund entwicklungsgeschichtlicher Untersuchungen dargestellt (1876), Die körperlichen Grundlagen der Geistesstörungen (1882), Plan des menschlichen Gehirns (1883), Gehirn und Seele (1896), Anatomie des menschlichen Gehirns und Rückenmarks auf myelogenetischer Grundlage (1920), Meine myelogenetische Hirnlehre (1927).

Inschrift: Geliebt und unvergessen

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Bild: Exspectabo (2011) Wikipedia.de
Bild: Exspectabo (2011) Wikipedia.de

Leipzig, Südfriedhof

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Wissenschaftl & Forschung XLIV

Omnibus salutem!