Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz (seit 1882)
Deutscher Naturforscher; der Sohn eines Lehrers studierte Medizin am königlich medizinisch-chirurgischen Institut in Berlin, arbeitete anschließend ab 1843 als Militärarzt in Potsdam, wurde jedoch auf Alexander von Humboldts Empfehlung 1848 vorzeitig aus dem mit dem Studium verknüpften Militärdienst entlassen. 1849 erhielt er einen Ruf als Professor der Physiologie und Pathologie nach Königsberg. 1855 übernahm er den Lehrstuhl für Anatomie und Physiologie in Bonn, 1858 den Lehrstuhl für Physiologie in Heidelberg. 1870 wurde Helmholtz zum Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften ernannt. Ab 1888 wurde er erster Präsident der neu gegründeten Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Charlottenburg. 1842 entdeckte er den Ursprung der Nervenfasern aus den Ganglienzellen und maß 1850 erstmals die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Nervenerregung. Auf dem Gebiet der Musik wurde er mit seinem Werk Die Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik (1863) Begründer der modernen musikalisch-akustischen Forschung. Auf dem Gebiet der Physik formulierte Helmholtz unabhängig von Julius Robert Mayer und James Prescott Joule (*1817, +1889) das Prinzip von der Erhaltung der Energie (Über die Erhaltung der Kraft, 1847). Durch Untersuchungen zur Elektrodynamik seit 1870 wurde er zum Vorkämpfer der maxwellschen Theorie und stellte die Bedeutung des Prinzips der kleinsten Wirkung (1884-94) klar heraus. 1881 führte er den Begriff der freien Energie ein, ebenso den des Elementarquantums der Elektrizität und veröffentlichte 1882/83 seine Studien Zur Thermodynamik chemischer Vorgänge und untersuchte meteorologische Phänomene. Zugleich mit Charles Babbage (*1792, †1871) erfand er 1850 den Augenspiegel, das Ophthalmometer und 1857 das Telestereoskop. Er modifizierte den klassischen Wahrnehmungsbegriff, indem er die von den Sinnesorganen gelieferten Informationen auf dem Hintergrund seiner physiologischen Untersuchungen nicht mehr als Abbilder der wahrgenommenen Gegenstände, sondern bloß als Zeichen für diese interpretierte (Schlußtheorie der Wahrnehmung). Anders als Kant ging Helmholtz nicht davon aus, daß es feste Anschauungsformen gäbe. Deshalb hielt er es für möglich, nichteuklidische Geometrien anschaulich zu machen. Andere erkenntnistheoretische Untersuchungen galten dem Zählen und Messen. Er war einer der einflußreichsten Vertreter des empiristisch-naturwissenschaftlichen Fortschrittsdenkens im Deutschland des 19. Jahrhunderts.
Verheiratet war von Helmholtz seit 1861 mit Anna, née von Mohl, die in Berlin einen vielbesuchten Salon unterhielt.
Inschrift: DER GEIST DER WAHRHEIT WIRD EUCH IN ALLE WAHRHEIT LEITEN. EV. IOH. XVI
Berlin, Neuer Friedhof Wannsee
Deutscher Chirurg; studierte zunächst Naturwissenschaften an der Universität vom Marburg, dann Medizin in Jena und Leipzig. Nacj seiner Promotion arbeitete er zunächst kurzzeitig als Landarzt in der Nähe von Erfurt, bevor er als Assistent an das Kasseler Diakonissenkrankenhaus und noch im selben Jahr .als Assistent an die Chirurgie des Erfurter Krankenhauses wechselte, wo er 1902 Erster Assistenzarzt wurde. Ab 1903 arbeitete Sauerbruch kurz im Krankenhaus Berlin-Moabit und ging noch im selben Jahr an die Chirurgische Universitätsklinik in Breslau, wo er als Assistent von Johannes von Mikulicz-Radecki nach mehreren Mißerfolgen mit der von ihm entwickelten Unterdruckkammer (Druckdifferenzverfahren) die Thoraxchirurgie, d. h. die Operation am offenen Brustkorb, begründete. Dort wurde er 1905 als Chirurg habilitiert. und wechselte anschließend an das Greifswalder Klinikum. 1908 wurde er Professor in Marburg und kam dann über Zürich und München (1918-28) nach Berlin an die Charité. Sauerbruch begründete die Thoraxchirurgie (Einführung des Druckdifferenzverfahrens) und entwickelte eine neuartige Hand- und Unterarmprothese (Sauerbruchhand), die durch Benutzung der Muskeln des Amputationsstumpfes willkürlich bewegt werden kann. Seine Beteiligung im November 1933 an dem öffentlichen Brief “An die Ärzteschaft der Welt", in dem sich Wissenschaftler und Ärzte zum Nationalsozialismus bekannten, seine Ernennung durch Göring zum Staatsrat, seine Berufung in den Reichsforschungsrat, der u.a. Forschungen der SS befürwortete und unterstützte sowie seine Zustimmung in seiner Eigenschaft als Generalarzt des Heeres zu Versuchen mit Senfgas an KZ-Häftlingen, führten im Oktober 1945 zur Entlassung aus dem Amt des Berliner Gesundheitsstadtrats. Zwar hatte er sich gegen die vom Nazi-Regime durchgeführte Euthanasie gewandt und war kurzzeitig im Zusammenhang mit der Verschwörung des 20. Juli 1944 verhaftet worden, andererseits wandte er sich nach dem Krieges expliziert gegen eine Aufarbeitung der Beteiligung deutscher Ärzte an Verbrechen im Dritten Reich. Einem breiteren Publikum wurde Sauerbruch posthum durch den Film Sauerbruch - Das war mein Leben (1954) bekannt, in dem Ewald Balser die Rolle des Professors darstellte.
Deutscher Politikwissenschaftler, Hochschullehrer; Sohn eines Seeoffiziers, Enkel eines Lübecker Bürgermeisters; studierte Nationalökonomie und Geschichtswissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität (heute Humboldt-Universität). Nach Abschlu0 seiner Studien wurde er Mitarbeiter des Reichsaußenministers und DVP-Chefs Gustav Stresemann. Nach der “Machtergreifung” durch die Nationalsozialisten trat Eschenburg, der Mitglied einer jüdischen Anwaltssozietät war - aus opportunistischen Gründen, wie er später selbstkritisch feststellte - als Anwärter der Schutzstaffel der NSDAP (SS) bei und wurde am 6.3.1934 SS-Mann (daß er wenig später wieder austrat, wie er später angab, wird für wenig wahrscheinlich gehalten). Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war er zunächst als Flüchtlingskommissar für das Land Württemberg-Hohenzollern tätig, war von 1947 bis 1951 Stellvertreter des Innenministers von Württemberg-Hohenzollern und Geschäftsführer von Industrieverbänden. 1951 wurde er Staatsrat und Honorarprofessor für Politikwissenschaft und 1952 – trotz fehlender Habilitation – Ordinarius für Politikwissenschaft an der Eberhard Karls Universität Tübingen und von 1961 bis 1963 Rektor dieser Universität. Er war Gründungsdirektor des Instituts für Politikwissenschaft. von 1961 bis 1963 Rektor dieser Universität. Eschenburg schrieb über das politisches System und die Verwaltung der Bundesrepublik Deutschland; Herausgeber der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte von 1953 bis 1977.
Werke u.a.: Herrschaft der Verbände? (1955), Zur politischen Praxis in der Bundesrepublik Deutschland (3 Bde., 1961-72), Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (1983), Spielregeln der Politik (1987), Also hören Sie mal zu. Geschichte und Geschichten 1904 bis 1933 (1995), Letzten Endes meine ich doch Erinnerungen 1933-1999 (2000).
Tübingen, Bergfriedhof
Deutscher Nervenarzt und Psychologe; Sohn eines Papierfabrikanten; studierte Kunstgeschichte, dann Medizin; war im Ersten Weltkrieg Arzt in Straßburg, dann als Militärchirurg in Frankreich an der Front eingesetzt; nach dem Ende des Krieges war er ab 1919 zunächst Assistent von Karl Wilmanns an der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg. Dort betreute er eine Sammlung mit Bildwerken von Geisteskranken, die Emil Kraepelin angelegt hatte. Als er die Stelle 1921 verließ, war die Sammlung von Werken psychisch Kranker auf mehr als 5.000 Arbeiten von ungefähr 450 “Fällen“ angewachsen. 1922 veröffentlichte er eine Auswahl in dem Bildband Bildnerei der Geisteskranken. Prinzhorn arbeitete anschließend für kurze Zeit an Sanatorien in Zürich, Dresden und Wiesbaden, bevor er sich 1925 in Frankfurt am Main niederließ und dort eine psychotherapeutische Praxis führte. Zwischen 1930 und 1932 publizierte er in der konservativen Zeitschrift Der Ring eine Reihe von Artikeln über den Nationalsozialismus, dem er nahestand.
Werke u.a.: Leib-Seele-Einheit, Persönlichkeitpsychologie (1927), Psychotherapie. Voraussetzungen, Wesen, Grenzen. Ein Versuch zur Klärung der Grundlagen (1929), Persönlichkeitspsychologie. Entwicklung einer biozentrischen Wirklichkeitslehre vom Menschen (1932)
München, Waldfriedhof (Alter Teil)
Deutscher Rechtslehrer und Kriminalpolitiker; Vetter von Franz Liszt und Sohn Eduard von Liszts, selbst Jurist, studierte ab 1869 in Wien, u.a. bei Rudolf von Jhering, und machte nach seiner Habilitation im Jahre 1876 in Graz rasche Karriere, die ihn 1879 auf den juristischen Lehrstuhl nach Gießen führte, 1888 nach Marburg, wo er das erste kriminalistische Seminar, die Kriminalpolitische Vereinigung und am Aufbau der Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft mitwirkte, 1889 nach Halle a.d. Saale und schließlich 1898 nach Berlin. Er war Mitbegründer der deutschen soziologischen Strafrechtsschule, setzte sich für die empirische Erforschung der Ursachen und Erscheinungsformen des Verbrechens ein und forderte statt Vergeltungsstrafe eine auf die Erziehung und Sicherung abgestellte Strafe. 1908 wurde er in das preußische Abgeordnetenhaus und 1912 in der Deutschen Reichstag gewählt. Liszt starb nach längerer Krankheit in seiner jahrelangen hessischen Sommerfrische.
Werke u.a.: Lehrbuch des deutschen Strafrechts (1881), Das Völkerrecht, systematisch dargestellt (1898).
Heidelberg, Bergfriedhof
Österreichischer Kulturhistoriker und Publizist; studierte ab 1934 Geschichte, Kunstgeschichte und Germanistik an der Wiener Universität, wo er 1938 promoviert wurde. Unmittelbar nach dem “Anschluß” Österreichs an das Deutsche Reich wurde er als Gegner des Nationalsozialismus verhaftet und nach der Freilassung in den Folgejahren immer wieder inhaftiert. 1940 zur Wehrmacht einberufen, nahm er als Soldat am Zweiten Weltkrieg teil. Nach dem Ende des Krieges war er bis 1961 Redakteur der Wochenzeitschrift Die Furche und von 1961 bis 1971 Chefdramaturg des Wiener Burgtheaters und parallel dazu ab 1962 Professor an der Universität Wien.
Werke u.a.: Aufgang Europas (2 Bde., 1949), Europäische Geistesgeschichte (1953), Europa - Mutter der Revolutionen (1964), Gottes erste Liebe (1967), Der Glaube des Adolf Hitler (1968), Kreuzzüge – gestern, heute, morgen? (1969), Abschied von Höllen und Himmeln (1970), Der Kampf um österreichische Identität (1980).
Inschrift: Wer von den Sterblichen wagt es, von des Toten bleichenden Anlitz hinwegzunehmen die Hand der göttlichen Gnade.
Wien, Zentralfriedhof
Berlin, Neuer Friedhof Wannsee
Julius Wilhelm Theodor Curtius
Deutscher Chemiker; Sohn eines Industriellen; Bruder des Politikers Julius Curtius; studierte u.a. Chemie in Heidelberg und Leipzig, promovierte 1882 und wirkte anschließend als Professor in Kiel, Bonn und war schließlich ab 1897 in Heidelberg Nachfolger Victor Meyers. Curtius untersuchte v.a. Stickstoffverbindungen und entdeckte das Hydrazin, und ihm gelang die Darstellung der Diazoverbindungen, deren Reaktionsfähigkeit den Weg zu weiteren organischen Synthesen öffnete, 1887 des Hydrazins und 1890 der Azide, die Entdeckung der explosiblen Stickstoffwasserstoffsäure sowie die Entdeckung des nach ihm benannten Abbaus von Carbonsäuren zu Aminen.
In seiner Freizeit komponierte er, sang in Konzerten und war aktiver Bergsteiger. Mit dem Bergführer Christian Klucker gelangen ihm u.a. 1883 die Erstbesteigungen des Piz Bacone im Fornogebiet und 1888 der Sciora di Dentro im Bergell. Außerdem stiftete er dem Schweizer Alpen-Club die 1889 am Fornogletscher im Bergell erbaute Fornohütte.
Heidelberg, Bergfriedhof
Schwedischer Astronom; einer Adelsfamilie entstammend; studierte an der Universität Uppsala, an der er von 1730 bis 1744 als Professor für Astronomie tätig war. 1740 baute er dort das Observatorium (1740), zu dessen Direktor er ernannt wurde. 1733 veröffentlichte Celsius seine Sammlung mit 316 Beobachtungen des Nordlichtes. 1736/7 nahm er unter P.L. M. de Maupertuis an einer französischen Expedition nach Lappland teil, um geodätische Messungen vorzunehmen, deren Ergebnis auf die Abplattung der Erde an den Polen schließen ließ.
Observatorium Uppsala
Celsius führte das heute überwiegend in Gebrauch befindliche Thermometer mit der Skala von 100 Grad zwischen dem Gefrier- und dem Siedepunkt von Wasser ein.
Uppsala, Gamla Uppsala Kyrka
Hinweis: Gekennzeichnet durch den Pfeill ist die Erinnerungstafel an den Astronomen, dessen sterbliche Überreste unter dem Kirchenboden beigesetzt wurden.
Schwedischer Physikochemiker; war ab 1864 Dozent an der Universität Uppsala, ab 1895 Professor an der Hochschule in Stockholm und ab 1905 Direktor des Stockholmer Nobelinstituts für physikalische Chemie. Seit 1882 war er mit der Entwickung der Lehre von der elektrolytischen Dissoziation beschäftigt, d.h. dem Nachweis , daß in Wasser gelöste Salze als Ionen vorliegen. Die Salze zerfallen im Wasser vielfach nicht vollständig in Ionen, sondern nur – abhängig von der Konzentration – zu einem bestimmten Prozentsatz; Arrhenius prägte hierfür das Wort Aktivitätskoeffizient. Die Arrheniusgleichung gibt die Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeiten von der jeweiligen Temperatur an (Säure-Base-Theorie). Für diese Arbeit erhielt er 1903 den Nobelpreis für Chemie.
Uppsala, Gamla Kyrkogården
Deutscher Physiker, Mathematiker, Astronom und Geodät; Sohn eines Bauern; besuchte zwei Jahre die Lateinschule in Feuchtwangen und bildete sich ab 1796 im Selbststudium besonders auf dem Gebiet der Mathematik weiter. 1797 ging er nach Berlin und hatte dort das Glück, bei dem Astronomen Johann Elert Bode an der Berliner Sternwarte als Geometer eingestellt zu werden. In dieser Zeit beschäftigte sich Soldner intensiv mit astronomischen und geodätischen Fragen. 1804 veröffentlichte Soldner eine Schrift, in der er aufgrund von Erkenntnissen Newtons die Krümmung des Lichts durch die Wirkung der Schwerkraft der Sonne berechnete - mit erstaunlich großer Genauigkeit. Von 1804 bis 1806 leitete er die Vermessung des seinerzeit preußischen Ansbach, das 1806 dann an das neugegründete Königreich Bayern fiel.. 1808 kam er dann auf Initiative von Joseph von Utzschneider, der seit 1807 als Geheimer Finanzreferendar im Dienste des bayerischen Staates fungierte, nach München und arbeitete dort als Trigonometer bei der neu geschaffenen königlichen. Steuervermessungskommisson 1810/11 legte er der Kommission seine Schrift mit dem Titel Über die Berechnung eines geodätischen Dreiecksnetzes und die Ermittlung der sphärischen Koordinaten der Dreieckspunkte vor. 1815 wurde er zum Hofastronomen und übernahm im April 1816 die Leitung der Königlichen Sternwarte in Bogenhausen, die im Jahre 1819 in Betrieb ging. Gemeinsam mit Joseph von Fraunhofer, mit dem er eng befreundet war, beschäftigte er u.a. mit der Spektroskopie. Als von Soldner aufgrund eines Leberleidens seinen Aufgaben ab 1828 nicht mehr voll umfänglich nachkommen konnte, führte sein junger Assistent Johann von Lamont unter seiner Aufsicht die Geschäfte der Sternwarte.
Johann Georg von Soldner entwickelte für exakte Landvermessungen das nach ihm benannte Koordinatensystem, das in weiten Teilen Deutschlands noch bis ins 20. Jahrhundert benutzt wurde.
München, Bogenhausener Friedhof
Im Vordergrund der Grabstein Ernst Blochs.
Omnibus salutem!