Johann Heinrich Daniel Zschokke

                         

Schweizerischer Schriftsteller deutscher Herkunft; Urgroßvater des Bildhauers Alexander Zschokke (*1894, †1981); bevor er ab 1790 Philosophie und Theologie an der Universität Frankfurt (Oder) studierte, war er als Schauspieler tätig. Nach der Promotion im Jahre 1792 war er bis 1795 Privatdozent für Philosophie; anschließend unternahm er Reisen durch Deutschland, Frankreich und die Schweiz, wo er sich 1796 dauerhaft niederließ und Leiter einer Erziehungsanstalt in Reichenau (Kanton Graubünden) wurde. Er arbeitete an der Verbesserung des Schulwesens, und wurde -zunehmend politisch aktiv - Wortführer des Liberalismus. In der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts zählte er zu den beliebtesten und meistgelesenen Dichtern deutscher Sprache. Er schrieb eine große Zahl Romane, Erzählungen, Dramen und historische Werke, darunter eine mehrbändige Geschichte Bayerns, eine Geschichte der Schweiz und eine Geschichte Graubündens, und gründete und redigierte elf Zeitungen und Zeitschriften, u.a. die Wochenzeitung Der aufrichtige und wohlerfahrene Schweizer-Bote (1798-1800, 1804-36). Außerdem war der vielseitig begabte Zschokke zwischen 1804 und 1829 Vorstand der staatlichen Wälder und Bergwerke im Kanton Aargau. Seit 1805 war er Nanny Nüsperli verheiratet, mit der er - damals nicht unüblich - 12 Söhne und eine Tochter hatte.

Werke u.a.: Graf Monaldeschi (1790), Abällino, der große Bandit (1793), Hans Dampf in allen Gassen (1814), Das Goldmacher-Dorf (1817), Des Schweizerlandsgeschichte für das Schweizer Volk (1823), Bilder aus der Schweiz (5 Teile, 1825-26).

Zurück zur Personenliste           

Bilder: Dr. Werner Ort

Aarau, Friedhof Rosengarten

Gilbert Keith Chesterton

                    

Englischer Schriftsteller; der Sohn eines Immobilienhändlers arbeitete nach Beendigung der St. Paul’s School sowie der Slade School of Art als Journalist für Londoner Zeitungen. Zunächst liberal eingestellt, wandelte sich seine Weltanschauung zum Konservativen. Allerdings war er einer der wenigen Intellektuellen in England, die sich gegen den Burenkrieg aussprachen. Nach seiner Verheiratung mit Frances Blogg (1901) zog er nach Beaconsfield. Ab 1905 bis in die 1930er Jahre hinein schrieb er wöchentlich eine Kolumne in The Illustrated London News. 1916 wurde er Herausgeber des Magazins The New Witness, dessen Namen er später in G. K.’s Weekly veränderte. Chesterton Œuvre ist umfangreich und breit gefächert: er verfaßte Gedichte, parodistische Detektiverzählungen, phantastische Geschichten, Monographien und Essays sowie literaturhistorische Schriften u.a. zu Werken von Charles Dickens, William Blake, Robert Browning und Geoffrey Chaucer. In Deutschland ist er fast ausschließlich wegen seiner Pater-Brown-Kriminalromane bekannt, die dort mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle in den 1960er Jahren und in Großbritannien 1954 mit Alec Guinness verfilmt wurden. 1922 trat Chesterton, der aus einer der Gemeinschaft der Unitarier angehörenden Familie stammte, unter großem Medienrummel zum katholischen Glauben über. Posthum verlieh Papst Pius XI. ihm den Ehrentitel “Defensor fidei” (Verteidiger des Glaubens).

Werke u.a.: The Napoleon of Notting Hill (1904, dt. Der Held von Notting Hill), The Man Who Was Thursday (1908, dt. Der Mann, der Donnerstag war. Eine Nachtmahr), The Ball and the Cross (1909, dt. Ballspiel mit Ideen), The Flying Inn (1914, dt. Das fliegende Wirtshaus), Verteidigung des Unsinns (1909), Das Geheimnis des Pater Brown (1927).

Zurück zur Personenliste           

Bilder: Iain MacFarlaine (2004)

Beaconsfield, Katholischer Friedhof

Upton Beall Sinclair jr.

 

US-amerikanischer Schriftsteller; der Sohn eines Alkoholikers wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf, obwohl seine in New York lebenden Großeltern vermögend waren. Diese zwiespältigen Erfahrungen machten ihn sensible für die sozialen und politischen Mißstände in seiner Heimat und ließen ihn zu einem der wichtigsten Chronisten seiner Zeit heranreifen. Zur Finanzierung seines Studiums am New York City College verfaßte er Witze, Groschenromane und Erzählungen für diverse Magazine und Zeitungen. Aus den Erlösen konnte er dann auch ein Studium an der Columbia Universität finanzieren. Sinclair, der etwa 90 Bücher schrieb, scheiterte zwar als Kandidat der Sozialistischen Partei für verschiedene Ämter, äußerte aber in seinen Werke immer wieder Kritik an den sozialen und politischen Zuständen z.B. am Zeitungswesen, verurteilte die Prohibition wegen deren sozialen Verwerfungen in der Geselleschaft etc. In seinem Roman The Jungle (1906, dt. Der Sumpf) prangerte er die katastrophalen hygienischen Zustände der Schlachthöfe von Chicago sowie die missliche soziale Lage der dort beschäftigten Arbeiter an (der Roman war zunächst von den Verlagen abgelehnt worden, so daß er ihn auf eigene Kosten publizieren mußte). Als der Stoff 1914 verfilmte wurde, wurde Sinclair schlagartig bekannt; außerdem bewirkte der Roman, daß eine staatliche Untersuchungskommission eingesetzt wurde und Lebensmittelgesetze erlassen wurden. Theodore Roosevelt prägte auf ihn und andere sozialkritische Autoren den Schimpfnamen Muckraker (Nestbeschmutzer). Zwischen 1940 und 1953 erschienen 11 Romane der Lanny-Budd-Serie, in denen er seine antifaschistische Haltung und desillusionierende Sicht der Sowjetunion zum Ausdruck brachte.

Werke u.a.: The Jungle (1906, dt. Der Sumpf), King Coal (1917, dt. König Kohle), Oil! (1927, dt. Petroleum), Alkohol (1931), World’s End (1940, dt. Weltende), Dragon’s Teeth (1942, dt. Drachenzähne), Presidential Mission (1947, dt. Im Auftrag des Präsidenten), The Cup of Fury (1956, dt. Becher des Zorns).

Lebenserinnerungen: The Autobiography of Upton Sinclair (1962).

Auszeichnungen u.a.: Pulitzerpreis (1943).

Zurück zur Personenliste          

Washington DC, Rock Creek Cemetery

Bild: Thomas Schuman (05/2006)

Clarence Malcolm Lowry

 

 

Britischer Schriftsteller; fuhr als 18Jähriger zur See; die während dieser Zeit gesammelten Erfahrungen verarbeitete er später in seinem ersten Roman Ultramarine (1933, dt. Ultramarin). Nach einem Studium in Cambridge arbeitete er als freier Schriftsteller, hielt er sich in Mexiko auf, wo ab 1936 sein Hauptwerk, der Roman Under the Volcano (1947, dt. Unter dem Vulkan) entstand. In diesem symbolhaften Werk beschreibt Lowry, der selber Alkoholiker war, den letzten Lebenstag eines unheilbar Alkoholabhängigen: synonym für das Verhalten einer Zivilisation, die sich in tragischer Weise auf den Weltkrieg zubewegt. Lowry lebte lange Zeit in British Columbia und anderen Teilen Kanadas, von wo aus er den nordamerikanischen Kontinent bereiste. Erst 1954 kehrte er wieder nach England zurück. Heimgekehrt und gesundheitlich zerrüttet, gelang es ihm nicht mehr, weitere Romane zu vollenden (vielmehr wurden die Fragmente posthum ediert und publiziert). Lowry starb an einer Überdosis Schlaftabletten.

Werke u.a.: Hear us o Lord from Heaven Thy Dwelling Place (posthum 1961, dt. Hör uns, o Herr, der Du im Himmel wohnst), Dark as the Grave wherein my Friend is Laid (posthum 1968, dt. Dunkel wie die Gruft, in der mein Freund begraben liegt), October Ferry to Gabriola (posthum 1970, d. Oktoberfähre nach Gabriola).

Zurück zur Personenliste           

Ripe, St John the Baptist Churchyard

Bild: Nic (09/2007)

Michail Jurjewitsch Lermontow

lermontow2_bd                                    lermontow_bd

lermontow_us

Russischer Dichter; der Sproß einer alten russischen Adelsfamilie, der seine Jugend auf dem Anwesen seiner Großmutter verbrachte, besuchte von 1830 bis 1832 die Moskauer Universität, wechselte dann aber an eine Militärschule in Sankt Petersburg und diente anschließend als Kornett in dem Leibgarde-Husarenregiment in Zarskoje Selo. Da er in den letzten 16 Zeilen seines Gedichts смерть поэта (1837, Smertj poeta, dt. Der Tod des Dichters), mit dem er erstmals an die Öffentlichkeit trat, Zar Nikolaus I. der Unterdrückung von Freiheit und Kunst beschuldigte und dessen Einfluß indirekt die Schuld an Alexander Puschkins Tod gab, wurde er in den Kaukasus strafversetzt, wo er den Literaturkritiker Belinskij kennenlernte. 1838 wurde ihm die Rückkehr nach Sankt Petersburg gewährt; als er an einem unerlaubten Duell mit dem Franzosen Ernest de Barante teilnahm, wurde er 1840 jedoch erneut in den Kaukasus, nach Pjatigorsk, versetzt. Dort kam er bei einem auf einem Hügel in der Nähe der Stadt stattfindenden Duell, das aufgrund eines Streits mit dem Offizier Nikolai Martynow (*1815, †1875), der ein Bekannter der Familie war, ausgelöst wurde, schon nach dem ersten Pistolenschuß im Alter von nur 28 Jahren ums Leben. Nach Puschkin, den er sehr verehrte, gilt Lermontow als Hauptrepräsentant der russischen Romantik. Lermontows Lyrik wurde oft auch vertont. Mit seinen Schriften sorgte er außerdem für eine Wiederbelebung der russischen Volksdichtung, wobei sein Hauptinteresse jedoch der Dichtung galt.

Werke u.a.: Maskerade (1835), Der Dämon (1840), Ein Held unserer Zeit (1840).

Zurück zur Personenliste           

Tarkchani (Oblast Pensa), auf dem Lermontow-Anwesen

Hinweis: Lermontow wurde zwei Tage nach seinem Tode zunächst auf dem Friedhof von Pjatigorsk beigesetzt, dann aber auf das Anwesen der Familie überführt und dort am 23.4.1841 beigesetzt..

Gabriele, Principe de Montenevoso D’Annunzio (seit 1924)

                                

Italienischer Schriftsteller; der Sohn eines reichen Landbesitzers studierte in Florenz und an der Universität La Sapienza in Rom. 1881 ließ sich D’Annunzio, der bereits im Alter von 16 Jahren mit dem Gedicht Primo vere, das er auf eigene Kosten drucken ließ, an die Öffentlichkeit trat, und ein Jahr später mit dem Gedichtband Canto nuovo (1882) zu erstem Ruhm gelangte, in Rom nieder und arbeitete dort bis 1889 als Journalist für die Zeitung Tribuna. Ab 1897 begann er, sich politisch zu engagieren, war von 1898 bis 1900 Abgeordneter der Konservativen im Parlament. D’Annunzio, der auf großem Fuße lebte, floh 1910 vor seinen Gläubigern ins “freiwillige Exil” nach Frankreich. Nach seiner Rückkehr 1915 propagierte er Italiens Eintritt in den Krieg gegen die Mittelmächte (Deutsches Reich, Österreich-Ungarn, das Osmanische Reich und Bulgarien). Nach Ende des Krieges, an dem er als Flieger teilgenommen hatte, lancierte er eine spektakuläre Aktion: Im September 1919 besetzten eine Gruppe Freischärler sowie Teile der regulären Armee die Hafenstadt Fiume (heute Rijeka), um die Internationalisierung des Hafens zu verhindern; erst aufgrund der Intervention der italienischen Regierung zog er sich im November 1920 aus der Stadt und an den Gardasee zurück, wo er bei Gardone Riviera die einem Deutschen gehörende und im Krieg beschlagnahmte Villa okkupiert hatte. Da D’Annunzio manchen nationalkonservativen Kreisen als die akzeptablere Alternative zu Benito Mussolini galt, versuchte er 1922, vom König den Auftrag zur Bildung einer Regierung zu erlangen, scheiterte jedoch mit diesem Vorhaben. In der Folgezeit stand er dem Faschismus, namentlich Mussolini, zeitweise nahe, zog sich jedoch nach einem Unfall in seine Villa Cargnacco in das Privatleben zurück. Von seinen vielen Liebesbeziehungen war v.a. die Bindung an die Schauspielerin Eleonora Duse für seine Dichtung von Bedeutung. Ihr widmete er widmete er mehrere seiner Stücke.

Werke u.a.: L'innocente (1892, dt. Der Unschuldige), Trionfo della morte (1894, dt. Triumph des Todes), La Gioconda (1898), La città morta (1898, dt. Die tote Stadt), Francesca da Rimini (1901), Le novelle della Pescara (1902, dt. Die Novellen der Pescar), La nave (1908, dt. Das Schiff), Le martyre de St. Sébastien (1911, dt. Das Martyrium des heiligen Sebastian, von Claude Debussy vertont).

Zurück zur Personenliste           

Gardone, Il Vittoriale

Bild: Karie (08/2005)

Eugene Gladstone O’Neill

 

US-amerikanischer Dramatiker; Sohn eines bekannten irisch-amerikanischen Schauspielers begleitete diesen in seiner Jugend auf seinen Theatertourneen. 1906 begann er ein Studium an der Princeton University, brach dieses jedoch nach einem Jahr ab und arbeitete anschließend als Angestellter, um in der Folge zwischen 1909 und 1912 ein rastloses Abenteurerleben als Goldsucher, Seemann, Zeitungsreporter und Schauspieler zu führen. 1912 begann er mit dem Schreiben erster Stücke, als er sich nach einem Selbstmordversuch und der Scheidung von seiner Frau Kathleen Jenkins wegen eines körperlichen Zusammenbruchs in einem Lungensanatorium aufhalten mußte. Von 1914 bis 1915 erfolgte ein Studium der Dramaturgie an der Harvard University bei dem Theaterwissenschaftler George Pierce Baker. Nach seiner Entlassung kam er in Kontakt zu Theatergruppen wie den Provincetown Players, für die er als Autor tätig und deren Geschäftsführer er war, und der Theatre Guild, die seine frühen Einakter aufführten. Ab 1916 lebte O’Neill, der mittlerweile sehr bekannt geworden war, zurückgezogen; die letzten Jahren seines Lebens litt er schwer unter der Schüttellähmung.

Werke u.a.: The Hairy Ape (1922, dt. Der haarige Affe), All God's Chillun Got Wings (1924, dt. Alle Kinder Gottes haben Flügel), Desire under the Elms (1924, dt. Gier unter Ulmen), Mourning becomes Electra (1931, dt. Trauer muß Elektra tragen), The Iceman Cometh (1946, dt. Der Eismann kommt), Long Day's Journey Into Night (1955, dt. Eines langen Tages Reise in die Nacht).

Auszeichnungen u.a.: Nobelpreis (1936).

Zurück zur Personenliste           

Jamaica Plain, Forest Hills Cemetery

Bilder: Paolo Peri (08/2007)
binding_rudolfg1_gb
binding_rudolfg2_gb

Freiburg im Breisgau, Hauptfriedhof

Rudolf Georg Binding

binding_rudolf_bd            binding_rudolfg_bd

binding_rudolf_us

Deutscher Schriftsteller; Sohn Karl Bindings, angesehener Strafrechtler und kurzzeitig Dekan an der Leipziger Universität; studierte nach dem Schulabschluß in Leipzig Rechtswissenschaften und Medizin in Tübingen sowie in Heidelberg und Berlin. Er interessierte sich für die Schriftstellerei und zugleich für Pferderennen. So betätigte er sich im Bereich des Pferdesports als Rennleiter und züchtete Pferde. Außerdem unternahm er Studienreisen nach Italien und Griechenland. Im Ersten Weltkrieg diente Binding zunächst im Rang eines Rittmeisters und wurde dann zum Stabsoffizier befördert. Nach dem Ende des Krieges zog er nach Buchschlag, einer kleinen Gemeinde südlich von Frankfurt am Main (1935 ließ er sich in Starnberg nieder), arbeitete als freier Schriftsteller und verfaßte vorwiegend Kurzgeschichten und Novellen, auch autobiographischen Erzählungen. Zuvor hatte er bereits traditionalistische Prosa mit starker Betonung der Opferbereitschaft und des Heroismus geschrieben, so u.a. in Der Opfergang (1912), eine Novelle, die 1942/43 mit Kristina Söderbaum unter der Regie von Veit Harlan verfilmt binding_opfergang_coverwurde, oder Keuschheitslegende (1919). Auch bekannte er sich zu nationalsozialistischen Ideen, war in der nationalsozialistischen “Bewegung” aber nicht aktiv, war jedoch einer der Schriftsteller, die in der 1934 gegründeten, der neuen Zeit zugewendeten Literaturzeitschrift Das Innere Reich veröffentlichten. 1934 wurde Binding stellvertretender Präsident der Deutschen Akademie der Dichtung.

 

1928 erhielt er für sein bereits 1924 erschienenes Werk Reitvorschrift für eine Geliebte bei den Olympischen Spielen in Amsterdam eine Silbermedaille (zwischen 1912 und 1948 wurden bei den Spielen auch Medaillen für künstlerische Leistungen vergeben).

Werke u.a.: Aus dem Kriege (1925), Die Spiegelgespräche(1932), Moselfahrt aus Liebeskummer (1932), verfilmt 1953 unter der Regie von Kurt Hoffmann, mit Will Quadflieg und Elisabeth Müller.

Zurück zur Personenliste                   btn_up

Schriftsteller XCIX

Omnibus salutem!