Hermann Bahr

1891                          1904

Österreichischer Schriftsteller, Theater- und Literaturkritiker; der Sohn eines Notars studierte bis 1887 Klassische Philologie, Philosophie, Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft in Wien, Czernowitz und Berlin. Nach einem Aufenthalt in Paris begann er um 1890, Literatur- und Kunstkritiken sowie Essays zu verfassen. Nach seiner Übersiedlung in die Reichshauptstadt Berlin begann er für die dort erscheinende Zeitschrift Freie Bühne zu schreiben, kehrte jedoch 1894 Berlin den Rücken und zog nach Wien. Dort arbeitete er bis 1899 als Redakteur im Kulturressort für die Zeitschrift Die Zeit. Bahr kam vom Naturalismus über Impressionismus, Symbolismus zum Expressionismus, vom Sozialismus zur altösterreichischen katholischen Bildungstradition. Er schrieb Lustspiele sowie Abhandlungen über Kunst und Dichtung.

Verheiratet war Hermann Bahr in zweiter Ehe mit der Sopranistin und gefeierten Wagner-Interpretin Anna von Mildenburg, mit der er bereits seit 1904 eine Beziehung hatte.

Werke u.a.: Der Krampus (1901), Das Konzert (1909), Die Rotte Korah (1919).

Inschrift: Non confundar in aeternum (In Ewigkeit werde ich nicht zuschanden).

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Luigi Pirandello

Italienischer Schriftsteller; der Sohn des Betreibers einer Schwefelgruben studierte romanische Philologie in Palermo, Rom und Bonn, wo er 1891 promovierte. 1892 kehrte er nach Italien zurück, war in Rom zunächst journalistisch tätig und lehrte dort von 1897 bis 1922 italienische Literatur am Istituto Superiore di Magistero. Ab 1925 leitete er drei Jahre lang das von ihm gegründete Teatro d’Arte. Internationalen Ruhm erlangte Pirandello mit seinem Drama Sei personaggi in cerca d’autore (1921, dt. Sechs Personen suchen einen Autor). Er gilt als Wegbereiter sowohl für den pessimistisch geprägten Existentialismus der Schriftsteller Jean Anouilhs und Jean Paul Sartres, das absurde Theater Eugène Ionescos und Samuel Becketts als auch für die religiösen Versdramen T.S. Eliots.

Werke u.a.: Il fu Mattia Pascal (1904, dt. Mattia Pascal), Enrico IV (1922, dt. Heinrich IV.), Novelle per un anno (15 Bde. 1922-37, dt. Novellen für ein Jahr), Uno, nessuno e centomila (1926, dt. Einer, keiner, hunderttausend), I giganti della montagna (1937, unvollendet, dt. Die Riesen vom Berge).

Auszeichnungen u.a.: Nobelpreis für Literatur (1934).

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Erich Fried

 

Österreichischer Schriftsteller; das einziges Kind jüdischer Eltern floh, nachdem sein Vater 1938 von der Gestapo verschleppt und ermordet worden war, mit seiner Mutter nach London, wo er sich auf Dauer niederließ. Dort erschien 1944 in deutscher Sprache sein erster Lyrikband Deutschland, gefolgt 1945 von Österreich. Zwischen 1952 und 1968 war er Mitarbeiter der deutschen Abteilung der British Broadcasting Corporation (BBC) und veröffentlichte in dieser Zeit den Band Gedichte (1958), in dem er seinen Stil fand, Reich der Steine (1963) und Warngedichte (1964). Während des Vietnamkrieges entwickelte sich Fried zum engagierten Zeit- und Gesellschaftskritiker. Mit seinem Gedichtband und Vietnam und gelang Fried 1966 der Durchbruch. Die größte Anerkennung aber fand er mit Liebesgedichte (1979). Er tat sich aber auch als Übersetzer hervor, z.B. der Werke Dylan Thomas’, T.S. Eliots, Graham Greenes und William Shakespeares. Im Jahre 1990 wurde der nach ihm benannte Erich-Fried-Preis, ein österreichischer Literaturpreis, vom Bundeskanzleramt gestiftet.

Werke u.a.: Der Soldat und das Mädchen (1960), Kinder und Narren (1965), Die Freiheit, den Mund aufzumachen (1972),  Höre, Israel!, Gegengift (beides 1974), Fast alles Mögliche (1975), Das Nahe suchen (1982), Wächst das Rettende auch (1986), Am Rand unserer Lebenszeit, Vorübungen für Wunder (beides 1987).

Auszeichnungen u.a.: Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte (1986), Georg-Büchner-Preis (1987).

Inschrift: Vielleicht Gedichte, die viel zerstörbarer sind als Stein, werden vielleicht mein Haus aus Stein überdauern.

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Salzburg, Kommunalfriedhof

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Agrigent, Auf dem Anwesen seines Geburtshauses

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Jens Immanuel Baggesen

Dänischer Dichter; der Sohn eines Wegewärters studierte u.a. in Kopenhagen und Göttingen; Anhänger von Friedrich Gottlieb Klopstock, Friedrich von Schiller und Immanuel Kant (aus Verehrung für Letzteren nahm er als zweiten Vornamen den Namen Immanuel an). Baggesen, der bereits während seiner Studienzeit erste Gedichte veröffentlicht hatte, wurde schon zu Lebzeiten als ”Dänischer Wieland” verehrt. Während einer Reise, die ihn durch Deutschland, die Schweiz, Frankreich und nach England führte, heiratete er im März 1790 im Schweizerischen Köniz Sophie von Haller, die Enkelin des Arztes, Naturforschers und Dichters Albrecht von Haller (*1708, †1777). Auf der Rückreise in seine Heimat Dänemark kam er im Spätsommer 1790 in Weimar und Jena in Berührung mit bekannten Persönlichkeiten der deutschen Klassik und lernte u.a. Friedrich Heinrich Jacobi, Friedrich Gottlieb Klopstock, Karl Leonhard Reinhold und Johann Heinrich Voß kennen. 1811 nahm Baggesen, der nach Abschluß seines Studiums bereits zeitweise in Deutschland gelebt hatte, einen Ruf der Universität Kiel an und lehrte dort bis 1813 als Professor für dänische Sprache und Literatur.

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London, Kensal Green Cemetery

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Kiel, Parkfriedhof Eichhof

Hinweis: Baggesens Grab befand sich urpsr. auf dem St. Jürgen-Friedhof in Kiel, der im Zweiten Weltkrieg total zerstört und nach Endes des Krieges aufgelassen wurde. Der Grabstein von Baggesen wurde auf den Eichhof transferiert.

August Scholtis

 

Deutscher Schriftsteller; Sohn einer Landarbeiterfamilie, die auf den Ländereien des Fürsten Lichnowsky lebte und arbeitete; bildete sich autodidaktisch, arbeitete zunächst als Maurer, später dann als Kammerdiener und Sekretär des Diplomaten Karl Max Fürst Lichnowsky. Aufgrund der veränderten politischen Situation nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und den Bestimmungen des Versailler Vertrages (der Landstrich, in dem er aufgewachsen war, wurde nach dem Plebiszit von Deutschland abgetrennt und fiel an Polen) verließ er das Gut und nahm verschiedene Tätigkeiten, u.a. bei der Porzellanfabrik Rosenthal, an, bis er 1929 nach Berlin kam, wo er als Schriftsteller und Journalist tätig war. Dort entstand sein erster Roman Ostwind (1932), der im renommierten S. Fischer Verlag veröffentlicht wurde. und der auf humorvolle und satirische Weise die Menschen seiner oberschlesischen Heimat zum Inhalt hat. Während der Zeit des Nationalsozialismus war er unkritisch gegenüber dem System, aber er weigerte sich zunächst, der Reichsschriftumskammer beizutreten, was ein Veröffentlichungsverbot zur Folge hatte, das jedoch bald wieder aufgehoben wurde. So publizierte er verschiedene Beiträge in der nationalsozialistischen Wochenzeitung Das Reich. Zu Beginn der 1960er Jahre setzte er sich für eine Verständigung zwischen Deutschland und Polen und der damaligen Tschechoslowakei ein.

Werke u. a.: Nachruf (1927), Baba und ihre Kinder (1934), Jas, der Flieger (1935), Das Eisenwerk (1938), Die Zauberkrücke (1948), Ein Herr aus Bolatitz (1959).

Auszeichnungen u.a.: Andreas-Gryphius-Preis (1959).

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Alt-Rosenthal (Ldkrs. Märkisch-Oderland)

Ulrich Plenzdorf

 

Deutscher Schriftsteller und Drehbuchautor; Sohn eines Maschinenbauers, der ebenso wie seine Frau, als Mitglieder der KPD während der Nazi-Herrschaft mehrfach verhaftet wurde. 1954 begann er ein Studium des Marxismus-Leninismus (ML) am Franz-Mehring-Institut in Leipzig, brach es jedoch schon nach drei Semestern wieder ab und arbeitete statt dessen ab 1954 als Bühnenarbeiter bei der DDR-Filmgesellschaft DEFA, bis er 1959 zur Nationalen Volksarmee (NVA) eingezogen wurde. Anschließend studierte er bis 1963 an der DDR-Filmhochschule in Babelsberg und wurde danach als Szenarist und Dramaturg bei der DEFA fest eingestellt. 1972 erschien sein bekanntestes Werk, das Bühnenstück Die neuen Leiden des jungen W., das sich nach seiner Uraufführung im Jahre 1972 in Halle in der DDR ebenso wie in der Bundesrepublik zu einem sensationellen Erfolg entwickelte. Nur ein Jahr später kam sein Film Die Legende von Paul und Paula mit Angelica Domröse (*1941) und Winfried Glatzeder (*1945) in die Kinos der DDR und wurde dort zu einem großen Erfolg, ebenso bei der Vorführung ab 1975 in den Kinos der Bundesrepublik. 1979 erschien die Romanfassung der Geschichte unter dem Titel Die Legende vom Glück ohne Ende. Nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten arbeitete Plenzdorf wiederholt für das Fernsehen. 1991 sendete die ARD den Film Häschen hüpf oder Alptraum eines Staatsanwalts aus. Ab 1992 war er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. 1997 war er einer der Unterzeichner der sog Erfurter Erklärung, in der ein Linksbündnis von SPD und Bündnis 90/Die Grünen unter Einbeziehung der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS), Vorgänger der heutigen Partei DIE LINKE, gefordert wurde, das die Ablösung der Regierung Kohl zum Ziel hat. 1998 strahlte die ARD den Film Abgehauen aus, dessen Drehbuch Plenzdorf nach einem autobiographischen Bericht des Schauspielers Manfred Krug realisiert hatte.

Im Jahr 2004 hatte er eine Gastdozentur am Deutschen Literaturinstitut der Universität Leipzig inne.

Drehbücher u.a.: Mir nach, Canaillen (1964), Weite Straßen - stille Liebe (1969), Kennen Sie Urban? (1970).

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Ludwig Gotthard Kosegarten

Deutscher Dichter; Sohn eines lutherischen Pastors; erhielt zu Hause Unterricht in klassischen Sprachen. Ab 1775 studierte er an der Universität Greifswald Theologie. Wegen Geldmangels sah er sich nach 1777 gezwungen, wechselnde Anstellungen als Hauslehrer auf Rügen und in Mecklenburg annehmen. 1781 legte er das Examen ab. Im Sommer 1785 wurde er Rektor der Knabenschule in Wolgast; zu seinen Schülern gehörte hier auch der spätere Maler Philipp Otto Runge. Im Jahr 1785 wurde er von der Universität Bützow zum Magister ernannt. 1793 erwarb er an der Universität Rostock den theologischen Doktorgrad. Nach seiner Ordination 1792 trat er eine Stelle als Pfarrer an der Pfarrkirche Altenkirchen auf Rügen an. Auf den Klippen bei Vitt hielt Kosegarten regelmäßig seine Uferpredigten, damit die Heringsfischer, die während der Zeit des Heringsfangs nicht in die Kirchen kommen konnten, an dem Gottesdienst teilnehmen konnten (später, d.h. 1805/06, entwarf Caspar David Friedrich Pläne für eine Kapelle, die dort 1806 als Vitter Kapelle geweiht wurde). 1808 wurde Kosegarten als außerordentlicher Geschichtsprofessor an die Universität Greifswald berufen, behielt aber seine Pfarrstelle in Altenkirchen noch bis 1816; im Folgejahr wurde er dann an der Universität Greifswald ordentlicher Professor für Theologie.

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Altenkirchen (Rügen), Friedhof der ev. Pfarrkirche

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Marceline Desbordes-Valmore

             

Französische Dichterin; Tochter eines Malers, der in den Wirren der Französischen Revolution verarmte; die Familie emigrierte daraufhin auf die französische Insel Guardeloupe. Als Marceline 16 Jahre alt war, kehrte sie nach Frankreich zurück und ließ sich in Paris nieder, wo sie sich zunächst der Musik zuwandte und eine Karriere als Sängerin anstrebte. 1805 hatte sie ein Engagement an der Komischen Oper, von der sie 1813 zum Théâtre Royal de l'Odéon wechselte. 1817 heiratete sie Prosper Lanchantin Valmore. Nach dem Tod ihrer drei Kinder und fast aller ihrer Angehörigen, nahm sie sich das Leben.

Sie schuf hauptsächlich Gedichte, die von außerordentlicher Sensibilität zeugen. Ihre Themen reichen von Mutterschaft – die sie als fast einzige Dichterin poetisch erschloß – über Liebe, Freundschaft, Kindheit und Gott bis zu Protesten gegen soziale Unterdrückung (z.B. die der Seidenweber von Lyon 1831/1834). Sowohl Charles Baudelaire und Paul Verlaine zeigten sich von der Innigkeit, Musikalität und Unmittelbarkeit ihrer Poesie beeindruckt.

Je ne sais plus, je ne veux plus

Je ne sais plus d’où naissait ma colère;
Il a parlé... Ses torts sont disparus.
Ses yeux priaient, sa bouche voulait plaire:
Où fuyais-tu, ma timide colère?
    Je ne sais plus.

Je ne veux plus regarder ce que j’aime.
Dès qu’il sourit, tous mes pleurs sont perdus.
En vain, par force ou par douceur suprême,
L’amour et lui veulent encor que j’aime;
    Je ne veux plus.

Je ne sais plus le fuir en son absence;
Tous mes serments alors sont superflus.
Sans me trahir, j’ai bravé sa présence;
Mais sans mourir supporter son absence,
    Je ne sais plus !

Ich weiß nicht mehr

   Ich weiß nicht mehr, was meinen Zorn erregte,
Er sprach zu mir – sein ganzes Unrecht floh,
Sein Auge fleht, sein Mund strebt zu Gefallen. –
Wohin mein Zorn entwichst du schüchtern so?
Ich weiß nicht mehr.

Ich will nicht mehr betrachten, was ich liebe,
Denn lächelt er, vergeblich wird mein Schmerz,
Er zwingt durch Himmelssanftmuth mich zur Liebe
Und thut er’s nicht, so thut’s das eig’ne Herz.
Ich will’s nicht mehr.

   Ich kann ihm nicht entfliehen, wenn er ferne
Und mein Gelübde ist umsonst, ich blieb,
Als er zugegen, hindernd daß er’s lerne. –
Doch fern von ihm sein, der allein mir lieb,
Ich kann’s nicht mehr.

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Paris, Cimetière de Montmartre

Hinweis: Marceline Desbordes-Valmore wurde urspr. in Bourg-la-Reine beigesetzt.

Berlin OT Charlottenburg, Waldfriedhof Heerstr

Schriftsteller LXXX

Omnibus salutem!