Reinhold Schneider

 

Deutscher Schriftsteller; der Sohn eines Hoteliers ließ sich nach einer kaufmännischen Ausbildung nach Ende des Ersten Weltkrieges als freier Schriftsteller in Berlin und Potsdam nieder, bevor er 1939 nach Freiburg zog und hier Mitglied des Freiburger Kreises wurde. Wegen seiner kritischen Einstellung zum ”Dritten Reich” wurden seine Werke verboten. Eine 1945 gegen ihn wegen Hochverrats erhobene Anklage kam wegen des Ende des Krieges nicht mehr zum Tragen. 1949 wurde er Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz, 1952 wurde er in die Bayerische Akademie der Schönen Künste und 1955 in die Akademie der Künste (Berlin) aufgenommen. Als zu Anfang der 1950er Jahre Konrad Adenauer mit der Einbindung Deutschlands in die westliche Allianz die Wiederbewaffnung schließlich 1955 durchsetzte, widersetzte er sich dieser Entwicklung in der Meinung, die Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands sei nur durch friedliche Mittel zu erreichen. Allerdings isolierte er sich mit dieser Einstellung zunehmend.

Werke u.a.: Las Casas vor Karl V. (1938), Der Balkon (1957).

Auszeichnungen u.a.: Friedenspreises des Deutschen Buchhandels (1956).

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Walter Bendix Schönflies Benjamin

 

Deutscher Schriftsteller; studierte Philosophie in Freiburg im Breisgau, Berlin, München, Bern; wandte sich, angeregt durch die Begegnung mit der russischen Revolutionärin Asja Lazis (1924), dem Marxismus zu. 1925 habilitierte er an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main mit der Untersuchung Ursprung des deutschen Trauerspiels, sie wurde jedoch nicht angenommen (wurde 1928 veröffentlicht). Benjamin schrieb Essays und Literaturkritiken, v.a. für die Literarische Welt und die Frankfurter Zeitung; von 1927 bis 1933 arbeitete er zudem für den Rundfunk. 1933 ging Benjamin ins Exil (vorwiegend Paris) und war freier Mitarbeiter der Zeitschrift für Sozialforschung, Frankfurter Schule. Als die Besetzung Paris durch die deutsche Wehrmacht bevorstand, floh er nach Lourdes, dann weiter nach Marseilles. Von dort wollte er über Spanien weiter nach Lissabon und von dort per Schiff in die USA, da er für die Staaten ein Visum besaß. Sein Versuch nach Spanien zu fliehen scheiterte jedoch, und aus Furcht, von den spanischen Behörden an die Gestapo ausgeliefert zu werden, nahm er sich in dem Grenzort Portbu durch eine Injektion von Morphium das Leben.

Inschrift: Es ist niemals ein Dokument der Kultur, ohne zugleich ein solches der Barberei zu sein. Geschichtsphilosophische Thesen VII

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Graf Giacomo Leopardi

 

Italienischer Schriftsteller; war der bedeutendste italienische Lyriker seit Francesco Petrarca und gilt neben Alessandro Manzoni als einer der Erneuerer der italienischen Literatursprache im 19. Jahrhundert. Er wurde zusammen mit seinen beiden Geschwistern von geistlichen Privatlehrern erzogen und wuchs in streng katholischer und reaktionärer Atmosphäre auf, zumal seine Heimatstadt als eine der rückständigsten Provinzstädte des Kirchenstaates galt. Hinzu kam, daß die Familie zerstritten war und es ihr an Geld mangelte. Durch selbstständiges intensives Studium der Antike gelang es ihm jedoch, sich schon früh geistig aus dieser provinziellen Umwelt zu emanzipieren. Bereits im Alter von 17 Jahren übersetzte er erstmals den Homer zugeschriebene Froschmäusekrieg, 1816 den ersten Gesang der Odyssee sowie das zweite Buch der Aeneis des Vergil u.v.a. antiker Autoren. Seine Arbeiten mußte er wegen seines schlechten Gesundheitszustand für mehrere Monate unterbrechen. Erst im November 1822 verließ er erstmal Recanati und reiste nach Rom, wo er Bekanntschaft u.a. mit dem Philologen und Historiker Barthold Georg Niebuhr machte. Ende April 1823 kehrte Leopardi nach Recanati zurück, nicht ohne zuvor das Grab Torquato Tassos besucht zu haben, dessen bejammenswerter Zustand ihn betrübte. Im Juli 1825 reiste er auf Einladung des Verlegers Stella nach Mailand, wo er die Schriftsteller Antonio Cesari und Vincenzo Monti kennenlernte, und weiter nach Bologna und Ravenna sowie später nach Florenz, wo er Alessandro Manzoni und Stendhal traf. 1828 erhielt er einen Ruf auf den Dante-Lehrstuhl der Universität Bonn, nahm das Amt jedoch nicht an, da er sein Heimatland nicht verlassen wollte, verbrachte dafür – gesundheitlich beeinträchtigt - Anfang 1829 ”sedici mesi di notte orribile” (16 Monate schrecklicher Nächte). Da Freunde für seinen Lebensunterhalt aufkamen, konnte er im Mai 1830 nach Florenz reisen und arbeitete dort an einer erweiterten Ausgabe seiner Gedichte. Hier traf er Antonio Ranieri (*1806, †1888) wieder, den er bereits in Bologna kennengelernt hatte, und zog mit ihm in eine gemeinsame Wohnung. 1833 wählte der Publico Consiglio von Recanati Leopardi als Deputierten für die Nationalversammlung in Bologna, welche von einer Bürgererhebung ausgerufen worden war. Noch vor seinem Aufbruch schlugen allerdings österreichische Truppen die Erhebung nieder, so daß er das Amt nicht mehr antreten konnte. Ende September 1831 bis März 1832 reiste Leopardi zusammen mit Ranieri nach Rom. Im September 1833 verließ Leopardi mit seinem Freund Florenz und reiste über Rom nach Neapel, wo die beiden zusammen in sehr bescheidenen Verhältnissen wohnten. Im Frühjahr 1836 brach in Neapel eine Choleraepidemie aus, weshalb Leopardi und Ranieri in die Villa Ferrigni bei Torre del Greco am Fuß des Vesuvs umzogen. Im Februar 1837 zwang seine zunehmende Schwäche ihn jedoch zur Rückkehr nach Neapel; ab Mai litt er vermehrt an Asthmaanfällen und Wassersucht. Wegen der dort grassierende Choleraepidemie wäre seine Leiche fast in ein Massengrab geworfen worden; in letzte Minute wendete sein Freund Ranieri das Unglück ab.

Werke u.a.: Canti e frammenti (ab 1817), Pensieri di varia filosofia e di bella letteratura (ab 1817), Sopra il monumento di Dante, All'Italia (1818).

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Baden-Baden, Hauptfriedhof

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Portbou (Prov. Girona, Katalonien)

John Ronald Reuel Tolkien

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Englischer Schriftsteller und Philologe; der Sohn eines Bankbeamten kam mit seiner Mutter, die das Klima in Südafrika nicht vertrug, 1895 nach England in die Nähe Birminghams. Nachdem seine Mutter 1904 gestorben war - sein Vater starb ein Jahr zuvor -, wurde der Vollwaise von einer Tante und einem katholischen Geistlichen erzogen. Sein besonderes Interesse galt schon in der Schule fremden Sprachen: Latein, Griechisch, Spanisch, Deutsch, Französisch, Altenglisch, Altnordisch, Isländisch und Finnisch beherrschte er, als er diese verließ, und die altnordische und keltische Dichtung regten ihn an, sein fantastisch-mythologisches Erzählwerk zu konzipieren. Für Kinder schrieb er 1937 die Erzählung Der kleine Hobbit. 1954/55 verfaßte er den aus drei Teilen bestehenden Roman Der Herr der Ringe (ab 2001 auch verfilmt). Hierin schilderte er detailgenau eine Fantasiewelt, die er ”Mittelerde” nannte, in der ein Kampf zwischen Gut und Böse nach mythlogischen Vorbildern ausgetragen wird. Tolkiens Werke hatten auf die Fantasy-Literatur eine entscheidende Ausstrahlung.

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Carlo Emilio Gadda

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Italienischer Schriftsteller; einer der bedeutendsten Schriftsteller Italiens seiner Zeit. Dem gehobenen Mittelstand entstammend, mußte er sich nach dem Todes des Vaters und wegen jetzt eingeschränkter ökonomischer Möglichkeiten auf Drängen seiner Mutter 1912 an der Fakultät für Ingenieurswissenschaften am Polytechnikum in Mailand einschreiben. Am Ersten Weltkrieg nahm er als Freiwilliger bei den ”Alpini” teil. Seine Erfahrungen hielt er in Giornale di Guerra e di prigionia (1955) fest, das in einer Art Tagebuch geschrieben ist. Nach Abschluß seines Studiums 1920 arbeitete er als Ingenieur zuerst in Sardinien und der Lombardei und dann zwischen 1922 und 1924 in Argentinien. Zurück in Italien, schrieb er sich an der Universität von Mailand 1924 noch einmal für ein Studium der Philosophie ein, ohne es jedoch zu beenden. 1926 wurde er Mitarbeiter bei der florentinische Zeitschrift Solaria und schrieb 1927 Kritiken für Apologia manzoniana. Da er jedoch von seinen literarischen Arbeiten nicht leben konnte, begann er ab 1934 wieder als Ingenieur zu arbeiten, zog nach Florenz, wo er bis 1950 blieb, und trat dort mit anderen Schriftsteller in Verbindung. Als er im gleichen Jahr eine Stelle als Kulturredakteur des italienischen Fernsehens RAI antreten konnte und von Geldsorgen weitgehend befreit war, gab er seine ursprüngliche Tätigkeit endgültig auf. 1953 erhielt er den renommierten italienischen Literaturpreis ”Premio Viareggio”. Gadda wurde zum Vorbild für viele Schriftsteller der Neo-Avantgardismus. Seine vielschichtigen Romane und Erzählungen verfaßte er in ironisch-bizarrer Prosa, und er schrieb Essays. Internationale Bekanntheit erzielte er durch seinen 1957 erschienenen Roman Quer pasticciaccio brutto de via Merulana (dt. Die gräßliche Bescherung in der Via Merulana).

Werke u.a.: La cognizione del dolore (1963, dt. Die Erkenntnis des Schmerzes), La Meccanica (1970, Die Liebe zur Mechanik).

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Oxford, Wolvercote Cemetery

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Robert Gernhardt

 Bild: Michael Ströhle, Evangelischen Stift Tübingen 8.7.2001 (GFDL, de.wikipedia.org)

 

 

 

Deutscher Schriftsteller, Satiriker und Karikaturist; noch kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 fiel sein Vater als Soldat, nach Kriegsende floh die Mutter mit ihren drei Söhnen über Thüringen und Hannover nach Göttingen. Gernhardt studierte Malerei und Germanistik in Stuttgart und Berlin. 1964 kam er nach Frankfurt am Main, wo er als Zeichner und Autor die ”Neue Frankfurter Schule” mitbegründete. Er gehörte mit seinen Freunden F.K. Waechter, F.W. Bernstein und Chlodwig Poth zu den ”Trägern” der Satirezeitschrift Pardon (1962) und den Gründern der Titanic (1979). Er gilt mit seinen humorvollen, aber auch ernsten Gedichten als einer der wichtigsten Lyriker der deutschen Nachkriegszeit. Gernhardt, Autor zahlreicher Bücher, gab er außerdem Bücher von Otto Waalkes heraus und war am Drehbuch von vier Otto-Filmen beteiligt. Gerhardt wurde für sein Werk vielfach ausgezeichnet.

Werke u.a.: Die Magadaskar-Reise. Ein Bericht (1980), Ich Ich Ich (1982), Was bleibt - Gedanken zur Literatur (1985), Schnuffis sämtliche Abenteuer 1986), Was deine Katze wirklich denkt (2000).

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Rom, Cimitero Acattolico per gli Stranieri - Friedhof an der Cestiuspyramide 

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Fernando Pessoa eigentl. Fernando António Nogueira de Seabra

Portugiesischer Dichter und Schriftsteller; der in Südafrika aufgewachsene Schriftsteller gilt heute nicht nur als Begründer der neueren portugiesischen Lyrik, sondern auch als Schlüsselfigur der modernen Literatur. Er veröffentlichte seine Werke hauptsächlich unter den verschiedenen Pseudonymen (sog. Heteronymen): Alberto Caeiro, Ricardo Reis, Álvaro de Campos und Bernardo Soares, d.h. versah diese thematisch und formal mit unterschiedlichen Charakteren. Seine frühen Gedichte schrieb er zum Teil in englischer Sprache. International bekannt wurde er erst durch das nach seinem Tode veröffentlichte Prosawerk Livro do desassossego (dt. Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares), das bereits zwischen 1913 und 1935 entstanden war.

Werke u.a.: Das Drama im Menschen.

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Neapel-Piedigrotta, Parco Vergiliano 

Clara Viebig

 pinxit Nicola Perscheid (1890)

 

Deutsche Schriftstellerin; die Tochter eines ursprünglich aus Posen stammenden Staatsbeamten wuchs in Trier und Düsseldorf auf. Nach dem Todes des Vater zog ihre Mutter mit ihr nach Berlin, wo sie Gesang an der Hochschule für Musik studierte und später den jüdischen Verleger Friedrich Theodor Cohn heiratete, in dessen Verlag sie fast sämtliche ihrer Werke veröffentlichte. Bis 1933 führten sie Vortragsreisen durch zahlreiche europäische Hauptstädte und in die Vereinigten Staaten. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 wurden ihre Publikationsmöglichkeiten jedoch stark beschränkt, der Verlag unter Druck gesetzt. Als ihr Mann 1937 starb, zog sie nach Schlesien und kehrte erst 1946 nach Berlin zurück. Bekannt wurde sie durch ihren Roman Das Weiberdorf (1900), der Widerspruch auch seitens der katholischen Kirche hervorrief und schließlich auf den Index librorum prohibitorum (Index verbotener Bücher) gesetzt wurde. Zur Zeit der Jahrhundertwende waren ihre Werke in der Bibliothek jedes deutschen Bildungsbürgers zu finden; ihr 1904 erschienener Roman Das Schlafende Heer wurde von der renommierten Frankfurter Zeitung im Januar 1905 an die zweite Stelle der meistgelesenen Bücher gesetzt, Viebig als Autorin ebenfalls auf zweite Position. Da der szenische und thematische Hintergrund ihrer Werke die Eifel darstellt, erhielt sie den Beinamen ”Eifeldichterin”.

Werke u.a.: Kinder der Eifel (1897), Vor Tau und Tag (1898), Dilettanten des Lebens (1899), Heimat (1914), Eine Handvoll Erde (1915), Insel der Hoffnung (1933).

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Lissabon, Mosteiro dos Jerónimos de Belém

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Frankfurt am Main, Hauptfriedhof

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Düsseldorf, Nordfriedhof

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Zur Erinnerung an Walter Benjamin und die zahllosen Flüchtlinge, die Europa in den Jahren 1934 bis 1944 verlassen wollten, hat der israelische Künstler Dani Karavan (*1930) die Installation Passagen, die sich unmittelbar neben dem Friedhofseingang befindet, geschaffen. Die am Ende des Tunnels auf der Glasplatte angebrachte Inschrift lautet: “Schwerer ist es, das Gedächtnis der Namenlosen zu ehren als das der Berühmten. Dem Gedächtnis der Namenlosen ist die historische Konstruktion geweiht. Walter Benjamin, G.S. I, 1241“

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Paula Grogger

 

 

Österreichische Schriftstellerin; Tochter des Kaufmanns Franz Grogger und dessen Frau Maria; besuchte 1907 bis 1912 in Salzburg die Lehrerinnenbildungsanstalt der Ursulinen in Salzburg. Als eine der wenigen Frauen zur damaligen Zeit legte sie die österreichische Reifeprüfung, die Matura (Abitur), ab und kehrte anschließend in die Steiermark zurück, wo sie bis 1929 an einigen Schulen des Ennstals Handarbeiten unterrichtete.

 

Auszeichnungen u.a.: Ebner-Eschenbach-Preis für den Roman Hirmingstor (1928), österreichisches Verdienstkreuz für Kunst und Wissenschaft 1. Klasse (1937), Peter-Rosegger-Preis des Landes Steiermark (1952), Ehrenring des Landes Steiermark (1961).

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Bilder: Heinz Knisch (04/2023)

Öblarn (Steiermark), Friedhof

Schriftsteller LXIX

Omnibus salutem!