Max Dauthendey

Deutscher Dichter; Sohn eines Berufsphotographen; arbeitete, bevor er freischaffender Künstler werden konnte, auf dessen Wunsch im Atelier seines Vaters; seinen ursprünglichen Berufswunsch, Maler zu werden, verwehrte ihm der strenge und autoritäre Vater. Nach einer mehrmonatige Reise durch Norddeutschland und Aufenthalten in Berlin, Dresden und Weimar kehrte er in das Atelier des Vaters zurück, setzte dann aber ab 1989 seine Berufsausbildung in einem Photoatelier in Genf fort. Schließlich floh er zu Verwandten der Familie nach Sankt Petersburg, 1891 dann nach Berlin. Bereits im Folgejahr reiste er als freischaffenden Schriftsteller durch Europa, besuchte Paris und erkundete die skandinavischen Länder, besonders Schweden. 1893 wurde sein erster Roman Josa Gerth veröffentlicht. In gleichen Jahr machte er auch die Bekanntschaft der Dichter Richard Dehmel und Stefan George, Die kommenden Jahre waren von intensiver Reisetätigkeit geprägt: 1893/94 hielt er sich erneut in Schweden auf, war 1894 in London und seit Februar 1896 Paris. 1897/98 reiste er mit seiner schwedischen Frau Annie, née  Johanson, Tochter eines schwedischen Großkaufmanns, die er am 5.5.1896 in Paris geheiratet hatte, nach New York und Mexiko. Kaum zurück in Europa, brach er 1898 nach Griechenland auf. Schließlich lebte er von 1899 bis 1905 in Paris, um anschließend nach Ägypten, Indien, China, Japan, Hawaii, USA zu reisen. Erlebnisse auf allen seinen Reisen, beeinflußten seine Werke, aber gerade diejenigen in den Fernen Osten weckten sein Interesse für die Kunst Ostasiens und flossen in seine Werke ein. 1914, kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, brach er zu einer neue Weltreise auf, besuchte Arabien, Neuguinea und Java wo er vom Kriegsbeginn in Europa überrascht wurde. Alle seine Versuche, eine Genehmigung für die Rückkehr in die Heimat zu erhalten, waren vergeblich. Krank vor Heimweh und an den Folgen der Malaria, aber auch krank vor Heimweh, starb Dauthendey, dessen Lyrik bzw. Prosa ihn zu einem der bedeutendsten Vertreter des Impressionismus in Deutschland machte, auf Java; 1930 ließ seine Frau die sterblichen Überreste nach Würzburg überführen.

       Wenn wir lieben

      Wenn wir lieben, sind wir zeitlos,
        Liegen bei den tiefsten Feuern,
        Sehen dann von Ferne bloß,
        Daß die Lebensstunden sich erneuern.
       
        Werden wie die Gottheit groß,
        Fühlend in die Höhen, Tiefen, Breiten,
        Wissend alles, was vorüberfloß
        An den Quellen der Unendlichkeiten.
       
        Wissend, liebend jed’ Geschehen,
        Mitgenießend alles, was die Welt genoß,
        Sehend, ohne mit dem Aug’ zu sehen,
        Untergehend und bestehend Schoß im Schoß.

Werke u.a.: Phallus (1897), Die geflügelte Erde (1910), Die acht Gesichter am Biwasee (1911).

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Bild: KN (ca. 1975)

Würzburg, Hauptfriedhof

Stefan George Pseudonyme Edmund Lorm und Ruchus Herz

                        

Deutscher Dichter, Lyriker; der Sohn eines Gastwirts und Weinhändlers studierte Romanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Berlin, München und Paris, wo er durch die Begegnungen mit Stéphane Mallarmé und Paul Verlaine in Berührung mit dem Symbolismus kam. Während eines Aufenthalts in England erhielt er Impulse durch die Präraffaeliten. Ausgedehnten Reisen, bei denen er u.a. Hugo von Hofmannsthal kennenlernte. Zurück in Deutschland scharte er eine Gruppe von Dichtern, Malern und Gelehrten um sich, mit denen er einer Kunstauffassung der L’art pour l’art (Kunst um der Kunst willen) führte, zu der er im Kontakt mit den französischen Symbolisten gekommen war. Seine Kunstauffassung publizierte er in der zwischen 1892 bis 1919 unregelmäßig herausgegebenen Heften Blätter für die Kunst. Sein letzter Gedichtband Das neue Reich (1928) war durch Friedrich Hölderlins Werke inspiriert, aber auch durch die Kulturphilosophie Friedrich Nietzsches. Seine Vision eines nach klassisch-aristokratischen Idealen gestalteten neuen Deutschland versuchten die Nationalsozialisten zu Propagandazwecken zu mißbrauchen, da sie George als einen Geistesverwandten erachteten; diesem Versuch einer Vereinnahmung entzog er sich 1933 durch Emigration in die Schweiz.

Werke u.a.: Das Jahr der Seele (1897), Maximin, Der siebte Ring, Der Teppich des Lebens und die Lieder von Traum und Tod (1900).

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Bild: Anneliese Nerger

Minusio (Bez. Locarno), Gemeindefriedhof

Ludwig Ganghofer

1899 

Deutscher Schriftsteller; Sohn eines Ministerialrats und späteren Leiters der Königlich Bayerischen Forstverwaltung; arbeitete nach dem Abitur im Jahre 1873 zunächst als Schlosser und Monteur in einer Augsburger Maschinenfabrik, bevor er 1875 ein Maschinenbaustudium am Polytechnikum in München begann, später jedoch zu Literaturgeschichte und Philosophie in München und Berlin wechselte und in Leipzig 1879 promovierte. 1880 verfaßte er sein erstes Schauspiel Der Herrgottschnitzer von Ammergau, das am Münchner Gärtnerplatztheater uraufgeführt wurde. 1881 wurde Ganghofer Dramaturg am Wiener Ringtheater, dann Feuilletonredakteur in Wien, schrieb als freier Mitarbeiter für das Familienblatt Die Gartenlaube und das Neue Wiener Tagblatt. 1884 ließ er sich mit seiner Familie in München nieder. Dort gründete er 1898 die Münchner Literarische Gesellschaft. Gleich zu Beginn des Ersten Weltkrieges meldete er sich freiwillig als Kriegsberichterstatter und verfaßte in dieser Zeit eine Vielzahl von Kriegsgedichten wie Eiserne Zither oder Neue Kriegslieder oder den sehr subjektiven Bericht Reise zur deutschen Front. Die Familie Ganghofer führte ein offenes Haus; ob in seinem Münchener Heim oder in seinem bei Leutasch in Tirol gelegenen Jagdhaus ”Hubertus” waren viele Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur zu Gast, so z.B. die Maler Franz von Defregger, Friedrich August von Kaulbach und Franz von Stuck, die Musiker Leo Slezak und Richard Strauss sowie die Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal, Rainer Maria Rilke und Ludwig Thoma. Ganghofer schrieb Erzählungen über Liebes- und Gebirgsromantik. Einige seiner Romane haben einen historischen Hintergrund. Er entwickelte sich zu einem der meistgelesenen Schriftsteller im deutschsprachigen Raum und sein Bekanntheitsgrad steigerte sich noch durch die Verfilmung - teilweise mehrfach - vieler seiner Hauptwerke.

Werke u.a.: Der Jäger von Fall (1883), Der Klosterjäger (1892), Die Martinsklause (1894), Schloß Hubertus (1895), Das Schweigen im Walde (1899), Der Mann im Salz (1906), Der Ochsenkrieg (1914).

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Bild: Matthias Kohler

Rottach-Egern, Alter Friedhof

Dante Alighieri

                  (r) pinxit Botticelli, 1495

Italiens bekanntester und bedeutendster Dichter; einer Familie niedrigen Adels entstammend, verlor er bereits im Alter von 10 Jahren seine Mutter und neun Jahre später seinen Vater; ansonsten ist über seine Kindheit wenig bekannt. Eine Wende in seinem Leben bedeutete nach eigenem Bekunden die Begegnung mit der Florentinerin Beatrice im Jahre 1274, als er gerade einmal neun Jahre alt war; er verherrlichte sie später in seinen Werken. Um 1293 heiratete er die einer Florentiner Adelsfamilie enstammende Gemma Donati, die ihm zwei Töchter und drei Söhne gebar. Auch über seine Ausbildung, die ihn zu einem so bedeutenden Werk wie der Divina Commedia, in der er - von Vergil geführt - eine Reise in die jenseitige Welt unternimmt, befähigte, ist nichts bekannt. Vermutlich war er Schüler der Franziskanerschule des Konvents Santa Croce und der Dominikanerschule von Santa Maria Novella. Dort wurde er von seinem Lehrer, dem Philosophen und Rhetoriker Brunetto Latini gefördert. Um 1285 hielt sich Dante in Bologna auf, wo er möglicherweise Jura an der dortigen Universität studierte. Jedenfalls nahm er ab 1295 aktiv am politischen Leben teil, bekleidete verschiedene Ämter, wurde 1302 wegen Opposition zu Papst Bonifatius VIII. verbannt und zum Tode verurteilt; auch über seine Söhne wurde der Bannfluch und das Todesurteil ausgesprochen. Er lebte weiterhin im Exil, zog durch verschiedene Orte Italiens in verschiedenen Diensten, lebte 1314 in Lucca und in den letzten Jahren in Ravenna im Dienst des Fürsten Guido da Polenta.

     

      Beginn der Divina Commedia in einem Druck von 1462

Als unseres Lebens Mitte ich erklommen,
Befand ich mich in einem dunklen Wald,
Da ich vom rechten Wege abgekommen.
Wie schwer ist’s, zu beschreiben die Gestalt
Der dichten, wilden, dornigen Waldeshallen,
Die, denk ich dran, erneu’n der Furcht Gewalt.
[Dante, Beginn der Divina Commedia (Göttlichen Komödie)]

LALTA COMEDYA DEL SOMMO POETA DANTE, Titel des sog. Codex Altonensis aus der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts. zoom 

 

 

 

 

 

 

 

Fresco im Dom in Florenz, Dante darstellend zoom

  

Dante trifft Beatrice an der Ponte Santa Trinita (pinxit Henry Holiday)

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Bilder: Filippo Ribeiro (11/2006)

Florenz, Basilica Santa Croce (Kenotaph)

Ravenna, Franziskanerkloster

Hinweis: Zwischen Ravenna und Florenz gab es Streit wegen der letzten Ruhestätte für Dante. Die Stadt Florenmz errichtete zwar ein repräsentatives Grabmal in der Basilica Santa Croce (l.), es blieb aber leer.

Die Gebeine Dantes, die sich heute in Ravenna befinden, wurden mehrmals aus ihrer letzten Ruhe gerissen; so wurden sie zuletzt im Zweiten Weltkrieg zwischen 1944 und Ende 1945 unter einem Erdhügel verborgen, um sie vor evtl. Zerstörung zu bewahren.

Walther von der Vogelweide

                    

Mittelhochdeutscher Dichter über dessen Herkunft und Stand nichts bekannt ist (einziges authentisches Lebenszeichen außerhalb seiner Dichtungen ist eine Quittung einer Geldgabe für den Kauf eines Pelzrocks, empfangen am 12.11.1203 in Zeiselmauer, Niederösterreich). Die Beschäftigung mit den Problemen und Auswirkungen gesellschaftlicher Stellung in seinen Liedern legt jedoch die Vermutung nahe, daß er eher niederer Abkunft war. Vermutlich in Niederösterreich geboren, stand er schon früh in Diensten des Wiener Hofes, den er vermutlich nach dem Tod Herzog Friedrichs I. (1198), verließ; er lebte danach als fahrender Berufssänger bzw. stand im Dienst verschiedener Landesfürsten u.a. bei Landgraf Hermann I. von Thüringen, Markgraf Dietrich dem Bedrängten von Meißen und Erzbischof Engelbert von Köln sowie dem österreichischen Herzog Leopold VI., bis er schließlich ab ca. 1214 am Hofe Friedrich II. weilte. Nachdem er eine sichere Einnahmequelle ersehnt hatte (“Von Rome vogt, von Pülle künec, lat iuch erbarmen daz man mich bi so richer kunst lat alsu armen”), erhielt er etwa um 1220 von Kaiser Friedrich II., den er dafür in einem Gedicht lobt, das langersehntes Lehen (“I han min lehen”). Das unfreiwillige Verlassen Österreichs und die bürgerkriegsähnlichen Umstände nach dem plötzlichen Tod Kaiser Heinrichs VI. (1197) veranlaßten ihn, sich kritisch mit der Zeitströmung auseinanderzusetzten und politische Texte zu verfassen. Obwohl abhängig von seinen ”Arbeitsgebern”, scheute er sich nicht, Kritik zu äußern. Er unterstützte die kaiserlichen Kreuzzugspläne u.a. in seinem Palästinalied, hat daran aber wohl nicht teilgenommen. In über 30 Quellen (z.B. in den Kleinen und Großen Heidelberger Liederhandschriften und in der Weingartner Liederhandschrift) sind Texte von mehr als 100 seiner Lieder erhalten. Er galt schon zu seinen Lebzeiten (z.B. bei Gottfried von Straßburg) und das ganze Mittelalter hindurch bis zu den Meistersingern als einer der herausragenden Liederdichter, geriet aber in Vergessenheit und wurde erst seit dem 18. Jahrhundert wiederentdeckt. Seine Gedichte politischen, didaktischen und religiösen Inhalts stellen den Höhepunkt der mittelhochdeutschen Lyrik dar. In seiner Liebeslyrik wird das Ideal der ”hohen Minne” problematisiert, die Idee einer gegenseitigen, gleichberechtigten Liebe propagiert. Sein Preislied diente Hoffmann von Fallersleben als Anregung für das Deutschlandlied. Darüber hinaus wurde er im Tannhäuser (1845) von Richard Wagner als Teilnehmer am Sängerwettstreit porträtiert. In Würzburg, wo er am Main die Vögel und die Fische mit Brotkrumen fütterte, entstand eine der schönsten Elegien deutscher Sprache: Owê war sint verswunden alliu mîniu jâr? (O weh, wohin sind alle meine Jahre entschwunden?). In seinem Testament soll er verfügt haben, daß an seinem Grab täglich die Vögel gefüttert werden sollen, um seinen Lehrmeistern auf ewig zu danken und so auch andere Menschen zu inspirieren.

Hauptwerke: Mir hat ein lieht von Vranken, Wie solt ich den geminnen, Nu alerst lebe ich mir werde (Palästinalied).

Inschrift: Her Walther von der Vogelweide/swer des vergaeze, der taet mir leide.

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Bild: Anneliese Nerger

Würzburg, Kollegiatstift Neumünster, Kreuzgang Lusamgärtlein

Christian Johann Heinrich Heine eigentl. Harry Heine

                     

Deutscher Dichter; Sohn des Tuchhändlers Samson Heine und der Betty Heine née van Geldern; studierte nach einer kaufmännischen Lehrzeit in Frankfurt am Main und Hamburg mit finanzieller Unterstützung seines reichen Onkels Salomon aus Hamburg (”mein teurer Neffe”) von 1819 bis 1825 in Bonn und Göttingen, wo er wegen eines Duells relegiert wurde, und in Berlin Jura, Abschluß mit Promotion. 1825 trat er zum christlichen Glauben (Protestantismus) über, da Juden einen seinerzeit einen juristischen Beruf in Deutschland nicht ausüben durften, ohne jedoch den Beruf auszuüben. Ab diesem Zeitpunkt nannte er sich Heinrich. Heine verkehrte u.a. im literarischen Zirkel von Rahel Varnhagel. Neben Dichtern wie Ludwig Tieck hatten der Philosoph Hegel einen großen Einfluß auf den jungen Heine. Von 1827 bis 1831 lebte er in England, wo er die Familienkasse sehr strapazierte, und Italien sowie in verschiedenen Städten Deutschlands. Zeit seines Lebens bekam er die Kritik und Willkür obrigkeitlicher Zensur zu spüren. Seine Kritik richtete sich in erster Linie gegen das überholte Feudalsystem der deutschen Königreiche und Duodezstaaten. Seine scharfen Angriffe waren von den Zeitgenossen gefürchtet. Als man 1835 die gesamten Schriften des Jungen Deutschland verbot, waren auch Heines Schriften hiervon betroffen (offiziell bis in die 1960er Jahre), nachdem sie in ”zivilisierten” Sprachen (Französisch, Italienisch und Spanisch) veröffentlicht worden waren (auf Veranlassung Fürst Metternichs, der Zeit seines Lebens Angst vor der Revolution hatte, und unter Einschaltung auch des Papstes Gregors XVI.). Trotz seiner scharfen Kritik und Polemik gegen die deutschen Zustände ging es ihm nie allein um eine bürgerliche Revolution. Seine zeitkritischen Schriften kreisten stets auch um die Vision einer am Lebensgenuß orientierten Idealgesellschaft, weshalb er sich nie einer Partei oder Bewegung fest anschloß. Weniger aus Oppositionsgeist als aus Unbehagen am (auch antisemitischen) politischen Klima, ging er 1831 als Korrespondent der Augsburger Allgemeinen Zeitung nach Paris, wo er im August 1841 die illegitimen Tochter einer Bäuerin aus dem Dorf Mathilde Vinot, Crescentia Eugénie Mirat, heiratete, die mit 15 Jahren nach Paris gekommen war und bei ihren Tanten in einem Pariser Schuhladen arbeitete und die er Mathilde nannte. Seinem Heimatland blieb er jedoch stets geistig verbunden: “Eine große Vorliebe für Deutschland grassiert in meinem Herzen, sie ist unheilbar .”

1848 erkrankte Heine an einer Rückenmarksschwindsucht, so daß er nur noch auf sechs übereinandergestapelten Matratzen ruhen konnte, die er selbst seine ”Matratzengruft” nannte. In Paris verbrachte er - mit Ausnahme zweier kurzer Deutschlandreisen - den Rest seines Lebens. Er, der heute stolz als deutscher Dichter gelobt wird, wurde in Preußen und andernorts in Deutschland scharf angegriffen, während des Dritten Reichs totgeschwiegen, und seine Loreley wurde als ein altes Volkslied ausgegeben.

Werke u.a.: Reisebilder, Buch der Lieder, Geschichte der neueren schönen Literatur in Deutschland, Deutschland, Ein Wintermärchen, Atta Troll.

Die schlesischen Weber

Im düstern Auge keine Träne,
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
“Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
In Winterskälte und Hungersnöten
Wir haben vergebens gehofft und geharrt,
Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen,
Der den letzten Groschen von uns erpreßt,
Und uns wie Hunde erschießen läßt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt -
Wir weben, wir weben!
 
Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht -
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch,
Wir weben, wir weben!”
[Heine: Nachlese]

Inschrift:

Wo wird einst des Wandermüden
Letzte Ruhestätte seyn?
Unter Palmen in dem Süden?
Unter Linden an dem Rhein?

Werd ich wo in einer Wüste
Eingescharrt von fremder Hand?
Oder ruh ich an der Küste
Eines Meeres in dem Sand?

Immerhin! Mich wird umgeben
Gotteshimmel, dort wie hier,
Und als Todtenlampen schweben
Nachts die Sterne über mir.

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Paris, Cimetière du Montmartre

Lou Andreas-Salomé née Louise von Salomé

1877                              1907

Deutsche Schriftstellerin und Psychoanalytikerin; das sechste Kind eines Generals deutsch-baltischer Herkunft - er war 1831 durch Zar Nikolaus I. in den Adelsstand erhoben - begann 1880 inmit F.C.Andreas Zürich Studien der Religions- und Kunstgeschichte, muß diese jedoch im Sommer 1881 aus gesundheitlichen Gründen abbrechen. Diese Probleme waren auch der Anlaß, 1882 nach Rom zu reisen, wo sie Malvida von Meysenbug kennenlernte und erstmals Paul Rée traf, mit dem sie in Berlin bis 1885 zusammenleben wird, und Friedrich Nietzsches. 1886 verlobte sie sich mit dem Orientalisten Prof. Friedrich Carl Andreas und heiratete ihn im Jahr darauf. Ab 1890 verfaßte sie auch Gedichte und Romane und regelmäßig Beiträge für die Freie Bühne und Das literarische Echo, später erschienen ihre theoretischen Schriften zur Psychoanalyse und Anthropologie. Sie unterhielt Kontakte u.a. zu Gerhart Hauptmann, Frank Wedekind, Max Halbe, Arthur Schnitzler und Hugo von Hofmannsthal, die sie auf einer Reise nach Wien kennengelernt hatte. 1897 lernte sie Rainer Maria Rilke in München kennen, mit dem sie eine Liebesbeziehung und - trotz einer Krise - lebenslange Freundschaft verband. 1911 knüpfte sie Kontakte zum Kreis der Wiener Psychoanalytiker, studierte bei Alfred Adler und wurde Schülerin und Vertraute Sigmund Freuds. Die letzten Jahrzehnte ihres Lebens praktizierte sie in Göttingen selbst als Psychoanalytikerin.

 

Lou von Salomé, Paul Rée und Friedrich Nietzsche (r) auf einer von Nietzsche arrangierte Photographie aus dem Jahre 1882 (nachbearbeitet von Anton, 2005).

 

 

Werke u.a.: Im Kampf um Gott (1885), Ibsens Frauengestalten (1892), Friedrich Nietzsche in seinen Werken (1894), R.M. Rilke (1928), Lebensrückblick (hg. 1951).

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Göttingen, Stadtfriedhof

Zustand 1976

Hinweis: Andreas-Salomé wurde im Grab ihres Mannes (zunächst ohne Hinweis auf dem Grabstein) beigesetzt.

Alfred de Musset

Französischer Dichter; der aus einer adeligen Familie stammende Musset führte nach dem Besuch des Collège Henri IV. und einem abgebrochenen Jura- und bzw. Medizinstudium zeitweise das Leben eines Salon- und Caféliteraten. Nach dem Tode seines Vaters beschloß er, sich ganz der Literatur zu widmen und begann, Theaterstücke zu verfassen. Ebenso wie der Kritiker Charles-Augustin Sainte-Beuve gehörte er der von dessen Freund Victor Hugo gegründeten Künstlervereinigung Cénacle an, von der er sich jedoch 1831 wieder löste. Im Jahr zuvor waren die Contes d'Espagne et d'Italie (dt. Spanische und italienische Erzählungen), eine Sammlung äußerst formvollendeter Gedichte im Stile der Romantik, erschienen. Seine schmerzhafte Liebe zu George Sand, die 1835 nach zwei Jahren endete, stellte er in Les confessiones d’un enfant du siècle (1836, dt. Bekenntnisse eines Weltkindes) dar. 1852 erfolgte die Aufnahme in die Akademie.

Werke u.a.: Poésies nouvelles, Namouna, Rolla.

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Paris, Cimetière du Père Lachaise

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Bilder: Kay (2010)

Aufnahme von 1975

Bild: Thomas Haas (05/2011)
Bilder: Hajo Rackel (06/2011)
Bild: Andreas Hermann (08/2018)
Schriftsteller II

Omnibus salutem!