Tschingis Torekulowitsch Aitmatow

 Bild: Jutta Schwöbel

Kirgisischer Schriftsteller; Sohn eines Verwaltungsbeamter, der während der zwischen 1936 und 1938 stattfindenden stalinistischen Großen Säuberung wegen bürgerlichem Nationalismus verhaftet und 1938 hingerichtet wurde, und einer Schauspielerin tatarischer Abstammung. Er studierte Veterinärmedizin und in Moskau, wo er sich bis 1958 aufhielt, ab 1956 Literaturwissenschaften am dortigen Maxim-Gorki-Institut für Literatur. 1959 wurde er Mitglied der Kommunistischen Partei, kehrte in seine Heimat zurück und arbeitete dort als Korrespondent für die Parteizeitung Prawda. Bereits ab 1951 hatte er begonnen, Prosa seiner Heimat ins Russische zu übertragen; aber erst seine ab Ende der 1950er Jahre in russischer und kirgisischer Sprache verfaßten poetischen Erzählungen und Kurzromane machte ihn bekannt, v.a. seine Novelle Dshamilja (1958), die mehrmals verfilmt wurde, zuerst 1969 in der Sowjetunion, wobei auch das Drehbuch von Aitmatow stammte. Von 1988 bis 1990 Vorsitzender des kirgisischen Autorenverbandes, war er zur Zeit der Perestroika Mitglied des Obersten Sowjet der UdSSR und ab 1989 auch Berater Michail Gorbatschows (*1931). 1990 wurde er als Botschafter nach Luxemburg entsandt und war ab 1995 bis März 2008 kirgisischer Botschafter in Frankreich und den Benelux-Staaten bei der EU.

Umschlag der 1988 beim Unionsverlag in Zürich erschienenen deutschen Originalausgabe (ISBN 3-293-00135-1)

 

 

 

Werke u.a.: Lizom k lizu (1958, dt. Aug in Auge), Proschtschai, Gulsari! (1967, dt. Abschied von Gülsary), Bjelij parachod (1970, dt. Der weiße Dampfer), Rannije dshurawli (1975, dt. Frühe Kraniche), I dolschje wjeka dlitsja djen (1981, dt. Der Tag zieht den Jahrhundertweg), Placha (1986, dt. Der Richtplatz), Tawro Kassandri (1995, dt. Das Kassandramal), Kogda padajut gori (2006, dt. Der Schneeleopard (eigentl. Wenn die Berge stürzen).

Erinnerungen: Kindheit in Kirgisien (1998).

Auszeichnungen u.a.: Leninpreis (1963), Literaturpreis der Sowjetunion (1968), Held der sozialistischen Arbeit (1978).

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Bischkek (Kirgisien), Nationale Gedenkstätte Ata-Bejit

Hinweis: Das obere Bild zeigt das Grab am Tage nach der Beisetzungsfeier, das untere die Grabstelle Aitmatows Vater (1.Name),

Oskar Pastior

 

Deutscher Schriftsteller; Angehöriger der deutschen Minderheit in Rumänien; Sohn eines Zeichenlehrer; wurde nach dem Besuch des Gymnasium seiner Geburtsstadt im Januar 1945 In sowjetische Arbeitslager verschleppt und durfte erst 1949 in seine Heimat zurückkehren. Aber die Wiedereingliederung war nicht leicht: erhielt sich zunächst mit Gelegenheitsarbeiten finanziell über Wasser. Nach einer im Fernkurs während des Militärdienstes abgelegten Reifeprüfung, begann er in einem Bauunternehmen als Techniker zu arbeiten. 1955 begann er an der Universität von Bukarest ein Studium der Germanistik und arbeitete anschließend als Redakteur bei der deutschsprachigen Inlandsabteilung des Rumänischen Staatsrundfunks. Seine ersten noch in Rumänien veröffentlichten lyrischen Werke (z.B. Offene Worte, 1964) brachten ihm dort bedeutende Literaturpreise ein, u.a. 1965 den “Literaturpreis der Zeitschrift Neue Literatur”. Als Pastior 1968 zu einem Studienaufenthalt nach Wien reiste, entschloß er sich im Westen zu bleiben. Er ging nach München und ließ sich schließlich in West-Berlin nieder. Dort arbeitete er als freier Schriftsteller und Übersetzer, u.a. übersetzte er Werke von Welimir Chlebnikow und Tristan Tzara. Eine Ehrung mit dem bedeutendsten deutschen Literaturpreis, dem Georg-Büchner-Preis, der ihm 2006 während der Frankfurter Buchmesse verliehen werden sollte, erlebte er nicht mehr. Pastior war Mitglied der “Werkstatt für Potentielle Literatur”, “OuLiPo”, der “Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung” in Darmstadt und der “Akademie der Künste” in Berlin.

Werke u.a.: Fludribusch im Pflanzenheim (1960), Ralph in Bukarest (1964), Feiggehege (1991), Das Unding an sich (1994),

Auszeichnungen u.a.: Marburger Förderpreis für Literatur (1980), Walter-Hasenclever-Literaturpreis der Stadt Aachen (2000), Peter-Huchel-Preis (2001).

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Bild: Bernd Schwibbe (08/2008)

Berlin, Friedhof a.d. Stubenrauchstraße

Roger Peyrefitte

 

Französischer Schriftsteller; studierte nach dem Besuch diverser Jesuiten- und Lazaristenkollegs Sprachen und Literatur in Toulouse, bevor er in die elitäre “École libre des sciences politiques” in Paris eintrat. 1930 schloß er seine Studien als Jahrgangsbester ab und begann 1931 eine diplomatische Laufbahn im Außenministerium. Er war von 1933 bis 1938 Botschaftssekretär in Athen. Wegen angeblicher Kollaboration mit den Deutschen während der Besatzungszeit ab 1940 ruhte seine Tätigkeit zunächst, bis er 1945 aus dem Staatsdienst entlassen wurde. Peyrefitte wurde allerdings 1962 rehabilitiert. Peyrefitte verfaßte im Milieu der Diplomaten, des Vatikans und des Freimauerertums angesiedelte Romane, die sehr erfolgreich waren und ihn weit über Frankreich hinaus bekannt werden ließen. Außerdem gilt Peyrefitte als Pionier der Homosexuellenliteratur.

Werke u.a.: Diplomaten (1951), Die Schlüssel von Sankt Peter (1955), Die Söhne des Lichts (1961), Manouche (1972), Die rote Soutane (1983).

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Alet-les-Bains

Bilder: Bernd Wolter (08/2008)

Georges Bernanos

 

Französischer Schriftsteller; war Soldat im Ersten Weltkrieg, von 1908 bis 1919 Mitglied der Action française und aktiver Monarchist. Der überzeugte Katholik trat als Romanschriftsteller seit 1926 hervor und trat in seinen Werke für ein Streben nach religiös-geistigen statt nach materiellen Werten ein. Er griff wiederholt von Mallorca aus, wo er von 1934 bis 1937 lebte, mit Kampfschriften in öffentliche Auseinandersetzungen (z.B. mit dem Prosawerk Les grands cimetières sous la lune (1938, dt. Die großen Friedhöfe unter dem Mond) gegen Francos spanischen Faschismus ein. 1949 verfaßte Bernanos das ursprünglich als Filmdrehbuch geplante Theaterstück Dialogues des carmélites (dt. Die begnadete Angst), das der französische Komponist Francis Poulenc zur Vorlage zu seiner gleichnamigen Oper verwendete. Mit den politischen Verhältnissen in Frankreich unzufrieden, ging er 1938 ins Exil, zunächst nach Paraguay, danach nach Brasilien. Von 1938 bis 1945 lebte er in der Nähe von Rio de Janeiro. Dort verfaßt er gegen das Vichy-Regime gerichtete Essays und Aufrufe. 1945 kehrte er nach Frankreich zurück.

Werke u. a.: Sous le soleil de Satan (1926, dt. Die Sonne Satans), La joie (1929, dt. Die Freude), Journal d’un curé de campagne (1936, dt. Tagebuch eines Landpfarrers), Nouvelle histoire de Mouchette (1937, dt. Die neue Geschichte der Mouchette), Monsieur Ouine (1943, dt. Die tote Gemeinde).

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Pellevoisin

Bilder: Bernd  Wolter (08/2008)

Aleksandr Isajewitsch Solschenizyn [russ. Александр Исаевич Солженицын]

Bild: Evstafiev(Ausschnitt,1994)

Russischer Schriftsteller; der Vater, aus einfachen Verhältnissen zu einigem Wohlstand gekommen - er hatte eine Jagd gekauft, die 1930 in eine Kolchose umgewandelt wurde-, starb noch vor der Geburt Aleksandrs bei einem Jagdunfall, so daß Solschenizyn bei seiner Mutter in eher bescheidenen Umständen auf wuchs. Er studierte Mathematik an der staatlichen Universität von Rostow am Don und belegte zugleich Kurse am Moskauer Institut für Philosophie, Literatur und Geschichte. Während des Großen Vaterländischen Krieges (Bezeichnung für den Kampf der Sowjetunion gegen die Deutschen während des Zweiten Weltkrieges), kämpfte er in der Roten Armee als Befehlshaber einer Artillerriebatterie in der Schallmeßeinheit. In dieser Funktion war er an den Kämpfen bei Kursk, der Operation Bagration sowie der Weichsel-Oder-Operation in Ostpreußen beteiligt. Die während der Einnahme Ostpreußens gemachten Erfahrungen flossen später in Gedichtform im Band Прусские ночи (dt. Ostpreußische Nächte) und als Erzählung in Адлиг Швенкиттен (Schwenkitten ’45) ein. Als er in einem Brief an einen Freund abfällige Bemerkungen über die Art, wie Stalin den Krieg führte, machte, wurde er verhaftet und unter der Anklage antisowjetischer Propaganda in das Moskauer Lubjanka-Gefängnis gebracht. Am 7.7.1945 erfolgte eine Verurteilung durch ein 3-Mann-Tribunal des NKDWs zu einem achtjährigen Arbeitslager (GULAG) und anschließender Verbannung auf Lebenszeit. Er kam zunächst in ein Sonderlager für Wissenschaftler, wo er den ebenfalls inhaftiertenLew Kopelew kennenlernte. Später wurde Solschenizyn in den Lagerkomplex Ekibastus in Kasachstan verlegt. Die Person Kopelew floß als Lew Rubin in sein erst 1968 im Westen publiziertes Buch В круге первом (dt. Der Erste Kreis der Hölle) ein. Nach Stalins Tod wurde er zwar im Februar 1953 aus der Lagerhaft entlassen, allerdings blieb die bis an das Lebensende ausgesprochene Verbannung bestehen. Erst 1957 wurde Solschenizyn offiziell rehabilitiert und auch die Verbannung aufgehoben. Seine Erzählung Один день Ивана Денисовича (1962, dt. Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch), in der Solschenizyn vom grausamen Lageralltag eines Gefangenen in einem sowjetischen Arbeitslager erzählt, erschien zu Aller Überraschung in der sowjetischen Literaturzeitschrift Nowy Mir; Chruschtschow, der mit Stalin abrechnete, hatte der Publikation, die zu einem großen Erfolg wurde, zugestimmt. Nach dem Tode Chrustschows beschlagnahmte der KGB im September 1965 das Originalmanuskript seines Romans Im ersten Kreis der Hölle. 1969 wurde Solschenizyn aus dem Schriftstellerverband der UdSSR ausgeschlossen. 1970 wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet, nahm diese Auszeichnung jedoch nicht persönlich entgegen, da er befürchtete, nach der Ausreise nach Stockholm nicht mehr in die Sowjetunion, die er stets als seine geistige Heimat ansah, zurückkehren zu können. Als der KGB das Manuskript des ersten Teils seines monumentalen Werkes Архипелаг ГУЛАГ (Archipelag GULAG, 1974, dt. Der Archipel Gulag) entdeckte und konfizierte, wurde Solschenizyn am 14.2.1974 der Sowjetunion verwiesen. Zunächst fand er Unterschlupf bei Heinrich Böll; später lebte er in Zürich und anschließend siebzehn Jahre lang in Cavendish (Vermont). Nachdem er 1990 vollständig rehabilitiert worden war und seine Staatsangehörigkeit zurückerhalten hatte, kehrte er 1994 nach Rußland zurück. Allerdings war er von den dort jetzt herrschenden Verhältnissen enttäuscht, als er feststellen mußte, daß die von ihm erwartete moralische Erneuerung seines Heimatlandes in keiner Weise eingetreten war.

Werke u.a.: Krebsstation, Die russische Frage, Heldenleben – Zwei Erzählungen.

Auszeichnungen u.a.: Lomonossow-Goldmedaille der Russischen Akademie der Wissenschaften (1998), Staatspreis der Russischen Föderation durch Präsident Putin (2007).

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Moskau, Donskoje Kladbischtschje des Donskoi-Klosters

Bild: Corie Anastasia (08/2008)
Bild: Jon Bennett (05/2007)

London, Highgate North Land Cemetery

Marguerite Radclyffe Halleigentl. Radclyffe-Hall

 

Englische Schriftstellerin; wurde am King's College in London und in Deutschland erzogen. 1907 lernte sie während eines Kuraufenthalts in Bad Homburg die 24 Jahre ältere und verheiratete Liedersängerin Mabel Batten kenne. Beide zogen, nachdem der Ehemann Battens gestorben war, zusammen. 1915 verliebte sich in deren Cousine, der Bildhauerin Una Troubridge (*1887, †1963), und als Mabel Batten 1916 verstarb, lebten Hall und Troubridge ab 1917 zusammen. Aber auch während dieser Beziehung, die bis zum Tode von Hall andauerte, hatte sie einige Beziehungen. 1930 wurde ihr die Goldmedaille des Eichelbergher Humane Award verliehen. Sie war Mitglied des Pen Club, der Organisation Council of the Society for Psychical Research und der Zoological Society of London. Neben einigen Romanen, wovon The Well of Loneliness (1928, dt. Quell der Einsamkeit) ihr bekanntester ist und der Ziel einer Kampagne des und Gegenstand einer Gerichtsverhandlung wegen Obszönität war, verfaßte sie zahlreiche Gedichte, die von ihrer Homosexualität geprägt sind. Trotz dieser Angriffe schaffte es ihr 1932 erschienener Roman The Master of the House auf Platz 1 der Bestsellerliste des Observers. Ihre Romane und die Öffentlichkeit darum sind insofern auch von Bedeutung, als sie die Grundlage für einen toleranteren Umgang mit der Homosexualität bereiteten.

 

Mabel Batten (pinxit John Singer Sargent)

 

 

Werke u.a.: A Saturday Life (1925), Adam's Breed (1926), The Sixth Beatitude (1936).

Inschrift: ...und, sollte Gott so entscheiden, würde ich Dich nur umso mehr lieben nach dem Tode.

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Bild: Glavkom_NN (07/2011) Wikepedia.ru
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Leopold Zborowski

pinxit Modigliani (1918)  no_copyright

 

Polnischer Dichter, Kunstsammler; übersiedelte 1913 nach Frankreich, wo er in Paris anfangs seinen Lebensunterhalt als Antiquar und dem Handel mit Kunstwerken verdiente. Er kam in Kontakt mit der Académie des Beaux-Arts und fand dort eine Anstellung als Kunsthändler Nach und nach erwarb er Bilder von Künstlern, die er z.T. auf dem Montmartre traf. Im März 1916 traf er Amadeo Modigliani, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden wird. Er erwarb aber auch immer wieder seine Arbeiten, und er war der Organisator dessen ersten Ausstellungen in den Jahren 1917, 1921 und 1924 in Paris sowie in London im Jahre 1919. Zborowski unterstützte ebenfalls den aus Weißrußland stammenden Maler Chaim Soutine, der ebenfalls mit Modigliani befreundet war; er ermöglichte ihm 1918 einen Aufenthalt in Céret (Dép. Pyrénées-Orientales), wo Soutine eine Serie von Landschaften schuf.Er war aber auch der erste Kunsthändler der Maler Maurice Utrillo, Marc Chagall und André Derain.

Verheiratet war Leopold Zborowski mit der Polin Anna Sierzpowską.

Inschrift auf dem Kreuz: Donnez lui O Seigneur la paix e la lumière éternelle

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Bilder: Herbert Herterich (02/2014)

Paris, Cimetière du Père Lachaise

Margarete Seemann Pseudonym Margarete Margmann

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Österreichische Kinder- und Jugendbuchautorin; Tochter eines Dekorationsmalers aus Südmähren und einer aus Wien stammenden Mutter; .ging bei den Ursulinerinnen zur Schule, ergriff den Beruf einer Volksschullehrerin und unterrichtete im Wiener Stadtteil Hernals. 1937 zog sie nach Meidling um.

Seemann, die als "Dichterin der Mütter" und als "Österreichische Selma Lagerlöf" bezeichnet wurde und sich sozial engagierte, verfaßte zur Erheiterung und Bildung der Kinder katholisch geprägte Märchen, Romane und Erzählungen, die z.T. von bekannten Illustratoren bebildert wurden. Ihre Werke werden auch heute noch immer wieder neuaufgelegt.

Werke u.a.: Hörende Herzen 1926, 3 Bde.), Zwei Kronen (1928), Gabriel Selbstreu (1928), Blühender Dorn (1930), Das Bettelkreuz (1931), Ihre Kinder(1932), Berg-Leben (1933-38, Trilogie), Gesegnete Brücken (1947).

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Bilder: KN (08/2005)

Wien, Hetzendorfer Friedhof

Martin Johannes Walser

 

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Deutscher Schriftsteller: zweites von drei Kindern des Gastwirts Martin Walser und dessen Frau, née Schmid, die in Wasserburg die Bahnhofsrestauration und eine Kohlenhandlung betrieben; besuchte von 1938 bis 1943 die Oberschule in Lindau; bevor er zunächst als Flakhelfer eingezogen wurde; nach dem Reichsarbeitsdienst (RAD) war er von 1944 bis 1945 Soldat der Wehrmacht.

Am 30.1.1944 beantragte Walser die Aufnahme in die Nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) und wurde zum 20. April desselben Jahres unter der (Mitgliedsnummer 9.742.136 aufgenommen1.

Nach der Entlassung aus US-amerikanischer Gefangenschaft holte er 1946 am Bodensee-Gymnasium in Lindau das Abitur nach und studierte an der Philosophisch-theologischen Hochschule Regensburg und von 1948 bis 1951 an der Eberhard Karls Universität Tübingen Literaturwissenschaft, Geschichte und Philosophie. Bereits 1949, während des Studiums, begann er für den neu gegründeten Süddeutschen Rundfunk (SDR) als Reporter zu arbeiten und Hörspiele zu schreiben. Eine zwischenzeitliche Festanstellung beim SDR ermöglichte ihm 1951 die Promotion zum Dr. phil. in Tübingen mit einer Dissertation über Franz Kafka.

Zusammen mit Helmut Jedele, dem späteren Filmproduzent und Rektor der Hochschule für Fernsehen und Film in München, bildete er den Kern der ”Genietruppe“ des Stuttgarter Hörfunks und baute als freier Mitarbeiter den Fernsehbereich des Senders mit auf. Er führte Hörspielregie und wirkte 1953 am Buch der ersten Fernsehfilmproduktion des deutschenBild: Klaus Paap (2024) Nachkriegsfernsehens mit. Parallel dazu vertiefte er als Rundfunkredakteur und Autor seine Kontakte zur Literaturszene. Von 1949 bis 1957 arbeitete er als Rundfunk- und Fernsehregisseur beim Süddeutschen Rundfunk.

Geburtshaus Martin Walsers in Wasserburg

Ab 1953 wurde Walser regelmäßig zu den Tagungen der Gruppe 47 (Teilnehmer an den deutschsprachigen Schriftstellertreffen) eingeladen, die ihn 1955 für seine Erzählung Templones Ende auszeichnete. Sein erster Roman Ehen in Philippsburg, der mit dem Hermann-Hesse-Preis ausgezeichnet wurde, erschien 1957 und wurde ein großer Erfolg. Von da an lebte Martin Walser, der 1950 Katharina ”Käthe“ Neuner-Jehle, nèe Jehle. geheiratet hatte - aus der Ehe gingen vier Töchter hervor - mit seiner Familie als freier Schriftsteller zunächst in Friedrichshafen, dann in Nußdorf am Bodensee.

Bekannt wurde Martin Walser durch seine Darstellung innerer Konflikte der Antihelden in seinen Romanen und Erzählungen. Anläßlich des 70. Geburtstages Walsers gibt der Suhrkamp Verlag in Frankfurt am Main eine große Werksausgabe in 12 Bänden heraus.

Im Rahmen der Auszeichnung mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels in der Paulskirche in Frankfurt am Main am 11. Oktober 1998 kritisierte Martin Walser in seiner Dankesrede die “Instrumentalisierung” von Auschwitz und stellte die These auf, eine permanente Thematisierung des Holocaus erziehle letztlich den Effekt des Wegschauenes. Diese Rede löste eine heftige Debatte aus; u.a. mit dem Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, der Walser “geistige Brandstiftung” vorwarft. Ende November desselben Jahr nahm Walser zu den Vorwürfen erstmals Stellung; er habe keinen “Schlußstrich” unter die Geschichte ziehen wollen.

 

 

Werke u.a.: Halbzeit (1960), Seelenarbeit (1979), Brandung (1985), Die Verteidigung der Kindheit (1991), Ohne einander (1994), Finks Krieg (1996). Ein springender Brunnen (1998), Lebenslauf der Liebe (2001),

Auszeichnungen u.a.: Georg Büchner-Preis (1981), Großes Bundesverdienstkreuz (1887), Carl-Zuckmayer-Medaille, Ricarda-Huch-Preis und Großer Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1990), Pour le mérite (1993),

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1 Walser bestritt entschieden, jemals einen Aufnahmeantrag ausgefüllt zu haben.

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Bilder: Klaus Paap (05/2024)

Wasserburg (Bodensee) (Ldkrs. Lindau), Pfarrfriedhof bei der Sankt-Georgs-Kirche

Schriftsteller CXVIII

Omnibus salutem!