Bild: KN (ca. 1975)

Carl III. Wilhelm

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Markgraf von Baden und Durlach (1709-38); Gründer der Stadt Karlsruhe, wohin er die neue Residenz verlegte; nach dem Studium in Utrecht, Genf und Lausanne, Reisen nach England, Schweden und Italien, dem Dienst bei seinem Onkel Markgraf Ludwig Wilhelm, dem sogenannten “Türkenlouis“, und Teilnahme an Kriegen wurde Carl Wilhelm im Jahre 1709 Markgraf von Baden-Durlach. Urspr. in der Concordienkirche beigesetzt, wurde Karl in die unter Großherzog Ludwig I. in den Jahren 1822/23 über der Gruft der aus städteplanerischen Gründen abgerissenen Kirche errichteten Pyramide überführt.

Inschrift: Hier, wo Markgraf Carl einst im Schatten des Hartwaldes Ruhe suchte und die Stadt sich erbaute, die seinen Namen bewahrt, auf der Staette, wo er die letzte Ruhe fand, weiht ihm dies Denkmal, das seine Asche verschliest, in dankbarer Erinnerung Ludwig Wilhelm August Grosherzog 1823.

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Karlsruhe, Marktplatz

Luise Auguste Wilhelmine Amalie

1798       1799          1802

Königin von Preußen; Prinzessin zu Mecklenburg; Tochter des Herzogs Karl zu Mecklenburg-Strelitz und der Prinzessin Friederike von Hessen-Darmstadt; Mutter von Friedrich Wilhelms IV. und Wilhelms I.; Schwester von Therese, Charlotte und Friederike; als sie sechs Jahre alt war,Prinzessin George starb ihre Mutter. Die Kinder - fünf von zehn hatten nach der Geburt überlebt - kam sie 1786 mit ihrer älteren Schwester Charlotte und der jüngeren Friederike nach Darmstadt zu ihrer Großmutter, gen. Prinzessin George, die zu ihrer Ersatzmutter wurde. Dort erhielt sie eine für die Zeit typische Bildung, die ihr durch eine aus der Schweiz stammende, von den Ideen Jean-Jacques Rousseaus beeinflußten Erzieherin Mademoiselle Salomé de Gélieu vermittelt wurde; Luise und ihre Geschwister wurden kindlichen Bedürfnissen entsprechend erzogen, d.h. mit größeren Freiheiten, als das damals üblich war. Luise tat sich beim Lernen schwer und war oft oberflächlich und träumerisch, was ihr den Spitznamen “Jungfer Husch” einbrachte. Dort in Darmstadt kam sie in Kontakt mit den zahlreichen Besuchern und konnte begleitete Reisen unternehmen, u.a. nach Straßburg und anläßlich der Kaiserkrönung Leopolds II. 1790 in die Freie Reichsstadt Frankfurt am Main, wo sie Goethes Mutter, Frau Rath Goethe, besuchte.

Kritzeleien Luises zoom

In Frankfurt war es auch, wo die 17-Jährige Anfang März 1793 dem preußischen König Friedrich Wilhelm II. vorgestellt wurde; wenig später traf sie ihren künftigen Gatten, den damals 22-jährigen späteren preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. und bereits am 24.4. desselben Jahres fand in Darmstadt die offizielle Verlobung statt, die Trauung fand an Heiligabend im Weißen Saal des Stadtschlosses in Berlin statt. Ihr waren nur wenige ruhige Jahre vergönnt. Als Friedrich Wilhelm III. sich auf Drängen des russischen Zars Alexander I. dem gegen Frankreich geschlossenen Kriegsbündnis zwischen Rußland und Österreich angeschlossen hatte, und im Dezember 1805 die Russen und Österreicher in der sogenannten Dreikaiserschlacht bei Austerlitz geschlagen worden waren, konnten sie und ihr Mann - sie hatten sich in der Nähe der Kampfstädte aufgehalten - nicht mehr nach Berlin zurückkehren. Am 27.10.1806 zog Napoléon als Sieger in Berlin ein, und Luise floh nach Königsberg und Memel. In Tilsit führte sie schließlich mit Napoléon ein fruchtloses Gespräch um einen milderen Frieden. In das Reich der Legenden gehört die immer wieder erzählte Geschichte, daß Napoléon nachgegeben hätte, wäre ihr Mann nicht verfrüht zu dem Gespräch hinzugekommen. Im Dezember 1809 kehre die beim Volk sehr beliebte, gesundheitlich angeschlagene Königin gemeinsam mit ihrer Familie nach Berlin zurück. Eine geplante Reise nach Bad Pyrmont mußte abgesagt werden, statt dessen besuchte sie in der Residenzstadt Neustrelitz ihr Großmutter, die dorthin gezogen war, und begab sich dann auf Schloß Hohenzieritz, in der Hoffnung, sich dort erholen zu können. Dort befiel sie jedoch Fieber, das aber von den behandelnden Ärzten, u.a. des Leibarztes des Königs Ernst Ludwig Heim, als nicht bedrohlich eingestuft wurde (Lungenentzündung). Wenige Tage später starb sie. Die wahre Todesursache wurde bei der Obduktion entdeckt: Ein zerstörter Lungenflügel und ein Tumor. Ihr Leichnam wurde unter großer Anteilnahme in der Bevölkerung nach einem von ihrem Gemahl minutiös ausgearbeiteten Plan nach Berlin überführt.

Nach ihrem Tode wurde Luises Lebensschicksal verklärt. Es entstand ein regelrechter auch von ihrrem Mann geschürter Kult um die verstorbene Königin, der bis in die Weimarer Republik am Leben blieb. Friedrich Wilhelm III. stiftete am 10. März 1813, dem Geburtstag seiner Frau Luise, für die Dauer des Napoleonischen Krieges bzw. der Befreiungskriege (1813-15) und für alle Dienstgrade das Eiserne Kreuz (EK). Noch zu ihren Lebzeiten war sie auch in der Mode ihren weiblichen Landsleuten ein Vorbild: Ursprünglich getragen, um eine Verdickung am Hals zu verbergen, wurde ihr Schal bei den Damen der Berliner Gesellschaft rasch zu einem modischen Accessoire.

 

            

Königin Luise trifft sich mit Napoleon in Tilsit / ...im Kreise ihrer Familie

Luise (l.) mit ihrer jüngeren Schwester Friederike (fec. Schadow)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Luise auf der Flucht am 5.1.1807 von Königsberg nach Memel am Mehrischen Haff.

 

 

 

 

 

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Katharina II., die Große [russ. Екатери́на II Великая]) née Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst-Dornburg

         

 

Zarin von Rußland (1762-96); Tochter des königlich-preußischen Generalfeldmarschalls Christian August, Fürst von Anhalt-Zerbst (*1690, †1747); Katharina, nach Beschreibungen von Zeitzeugen von kleiner Gestalt und 1745hübsch anzusehen sowie von großer persönlicher Ausstrahlung, kam 1743 als Verlobte des späteren Zaren Peter III., den sie 1745 heiratete, nach Rußland. Die Ehe war unglücklich, da die hoch im Geist der Aufklärung gebildete und ehrgeizige Katharina ihrem Gatten geistig weit überlegen war. In Sankt Petersburg versammelte sie einen Kreis Gleichgesinnter um sich, auf den sie sich stützte u.a. OrlowGraf Grigori Grigorjewitsch Orlow (*1734, †1783), der ihr den berühmten, nach ihm benannten 189,62-karätigen Orlow-Diamanten, den sie in das Zepter der russischen Zaren einarbeiten ließ, schenkte, oder Fürst Potjomkin, die zugleich ihre Liebhaber waren. Als Elisabeth I., die Tochter Peter des Großen, am 5.1.1762 starb, bestieg Peter als Peter III. den Zarenthron. Bereits wenige Monate, ließ Katharina ihn am 9.6.1762 durch Gardeoffiziere stürzen. Peter dankte ab, und Katharina rief sich selbst zur Zarin aus. Zuvor hatte Peter, ein Bewunderer Friedrichs II., am 5. Mai in Sankt Petersburg noch einen separaten Katharina die GroßeFriedens- und Bündnisvertrag mit Preußen geschlossen, der Preußen, das sich im Siebenjährigen Krieg befand, rettete (“das Mirakel des Hauses Brandenburg”), und Katharina beließ es bei dem Friedensvertrag. Peter wurde am 17.7.1762 - zumindest mit Billigung der Zarin - unter Beteiligung von Alexei Grigorjewitsch Orlow, Bruder von Grigori Grigorjewitsch Orlow ermordet. Ihr einziger Konkurrent als legitimer Anwärter auf den Thron blieb Iwan VI. (*1740, †1764), das erstgeborene Kind Anton Ulrichs von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern (*1714, †1774) und dessen Frau Anna Leopoldowna (*1718, †1746). Zwar war Iwan, der im Alter von zwei Monaten am 17.10.1740 als Zar inthronisiert worden war, bereits am 25.11.1741 von Elisabeth I. gestürzt worden, aber er lebte noch 23 Jahre als Gefangener auf der Festung Schlüsselburg am Lagadosee bei Sankt Petersburg bis er schließlich ermordet wurde, als ein Befreiungsversuch durch den Ukrainer W. Mirowitsch unternommen worden war.

In fortgeschrittenem Alter, mit der Tschesme-Säule im Hintergrund

Beeinflußt von Montesqieus Schrift De l'esprit des lois (1748, dt. Vom Geist der Gesetze) und Voltaire, mit dem sie ebenfalls eine umfangreiche Korrespondenz führte, entstand ihre "Große Instruktion" und eine Gesetzgebende Kommission, die der Verbesserung und Aktualisierung der Gesetze dienen sollte (seit Mitte des 17. Jahrhundert hatte es so gut wie keine kodifizierte Gesetze mehr gegeben; zwar waren zahlreiche Verordnungen erlassen worden, aber meistens waren diese nicht mit bestehendem Recht abgestimmt worden, so daß es immer wieder zu zahlreichen und langwierigen Prozessen gekommen war). Tatsächlich aber ist während ihrer Regierungszeit kein vollständiges neues Gesetzeswerk entstanden (die Kommission wurde bei Ausbruch des türkisch-russischen Krieges 1768 aufgelöst, nicht ohne daß die vielhundertköpfige Abgeordnetenversammlung Katharina zuvor noch die Titel “Katharina die Große” und “Mutter des Vaterlandes” anzutragen); nur Teile wurde herausgegeben. Die Frage der Leibeigenschaft wurde - trotz Katharinas kritischer Haltung ihr gegenüber - gar nicht angegangen; vielmehr verschärfte sich die Situation der Bauern sogar noch: Die Leibeigenen wurden vollends dem Grund besitzenden Adel ausgeliefert; diese Situation führte zu Unruhen und Aufständen. Alexander Nikolajewitsch Radischtschew erhob in seinem Hauptwerk Reise von Petersburg nach Moskau (1790) eine scharfe Anklage gegen die gesellschaftlichen Mißstände, besonders auch gegen die Leibeigenschaft unter Katharina der Großen. An der Wolga und den neu gewonnenen Gebieten im Süden Rußlands ließ sie durch Fürst Potjomkin Kolonisten aus Mittel- und Südosteuropa (Wolga-Deutsche) ansiedeln, wo es unter Jemeljan Iwanowitsch Pugatschow (*~1742, †1775), der sich als der ermordete Zar Peter III. ausgab, zu Bauernaufständen kam, die erst 1774 niedergeschlagen werden konnte (vor diesem Hintergrund handelt Alexander Puschkins Erzählung Die Hauptmannstochter, 1836). Aber Katharina führte im Interesse der Stärkung von Verwaltung, Wirtschaft und Militär zahlreiche Reformen im Sinn des aufgeklärten Absolutismus durch, ließ jedoch die etablierte Gesellschaftsordnung weiter bestehen. Im Toleranzedikt vom 17.6.1773 versprach sie allerdings die Duldung aller religiösen Bekenntnisse. Davon ausgenommen war jedoch die große Zahl von Juden, die seit der Ersten Teilung Polens ihre Untertanen waren. Alle Bestrebungen das Gedankengut der Französischen Revolution in Rußland zu infiltrieren, bekämpfte die Autokratin vehement. Mit der Fortsetzung der von Peter dem Großen verfolgten Machtpolitik etablierte sie Rußland endgültig als europäische Großmacht. 1764 wurde mit ihrer Hilfe Stanislaus II. Augustus Pontiatowski zum polnischen König gewählt und war die treibende Kraft bei den drei Polnischen Teilungen (1772, 1793, 1795), wodurch Reformen in Polen verhindert wurden. In zwei gegen das Osmanische Reich (Russisch-Türkische Kriege), ihren größten Feinde im Süden geführten Kriegen (1768–74 sowie 1787–92) gelang ihr der Zugang zum Schwarzen Meer, und 1783 annektierte sie die Krim und deklarierte sie als”von nun an und für alle Zeiten“ als russisch, und gewann durch die Zerschlagung des Krimkhanats weite Teile der heutigen Südukraine, die als Provinz Neurußland durch Umsiedlung von Russen besiedelte werden, sowie Belarus (Weißrußland) hinzu. Im Norden weitete sie die Grenze ihres Reiches auf Kosten Polens über Litauen und Kurland aus. Insgesamt konnte sie dem russischen Reich im Westen und Süden 518,000 km² hinzufügen.

Unter Katharina der Großen entwickelte sich der russische Hof in Sankt Petersburg zu einem kulturellen Mittelpunkt; so förderte sie Kunst und Bildung, gründete die Russische Akademie und korrespondierte u.a. mit Voltaire und Denis Diderot. Ihr Nachfolger wurde ihr Sohn Paul I., dessen Vater Graf Sergej Saltykow war. Das Kind anerkannte sie als legitim, ließ den Vater jedoch vom Hof entfernen.

 

 

 

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Sankt Petersburg, Peter- und Paul-Festung

Nikolaus II. [russ. Николай Александрович Романов]

             1913           

Kaiser von Rußland; letzter der mehr als 300 Jahre Herrschenden der Romanow-Dynastie; ältester Sohn des Zaren Alexander III., verheiratet seit 1894 Alexandra Fjodorowna, née Victoria Alix Helena Louise Beatrice von Hessen Alix und Nikolausund bei Rhein, Tochter des Großherzogs Ludwig IV. von Hessen-Darmstadt; Nikolaus bestieg im selben Jahr nach dem Tode seines Vaters den russischen Thron; die Krönung erfolgte jedoch wegen der umfangreichen Vorbereitung erst 17 Monate später, im Mai 1896. Er übernahm die Minister seines Vaters, und in Ermangelung von Führungsqualitäten vertraute er in hohem Maße dem Rat seiner Gattin und ließ sich von deren schwärmerischen Mystizismus, wiederum von Rasputin genährt, beeinflussen. Kontakte zu neuen Intelligenzija, den Fabrikanten und Händler hatte er nicht, und er ignorierte eine neue aufsteigende Klasse, die Kapitalisten, die Mitbestimmung einforderten. Zunächst lehnte er Zugeständnisse an Demokraten und Liberale ab, führte vielmehr die autokratische Herrschaftsweise seiner Vorgänger fort. Außenpolitisch verfolgte er die traditionelle zaristische Expansionspolitik, die 1904 in den Russisch-Japanischen Krieg führte, der mit einer Niederlage endete und auslösendes Moment für die Russische Revolution von 1905 wurde (unmittelbar nach Beginn der Revolution fand am 14./27.6.1905 vor der Insel Tendra und später am Tag im Hafen von Sewastopol auf dem Panzerkreuzer Potjomkin eine Meuterei statt, die 1925 zum Inhalt des berühmten, unter der Regie von Sergej Eisenstein Stummfilms Panzerkreuzer Potemkin wurde). Nach dem sog.Petersburger Blutsonntag herrschte schließlich wieder eine “Kirchhofsruhe” im Land. Aber Nikolaus sah sich dennoch zu Zugeständnissen gezwungen; mit dem Oktobermanifest (1905) gewährte er das allgemeine Wahlrecht und die Einrichtung einer gesetzgebenden Nationalversammlung, der Duma, die er allerdings bereits zwei Jahre später wieder auflöste. Gleichzeitig führte er ein neues Wahlrecht für eine konservative Mehrheit in der Nationalversammlung ein. Trotz verwandtschaftlicher Beziehungen zu Wilhelm II., der sein Cousin war, standen sich Rußland und das Deutsche Reich bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 als Feinde gegenüber. Sowohl für die Niederlagen und als auch für das dadurch hervorgerufene Leid machte die Bevölkerung Nikolaus verantwortlich, besonders nachdem er 1915 persönlich den Oberbefehl über die Armee übernommen hatte. Nikolaus ignorierte jedoch die zunehmenden Spannungen und die wachsende Revolutionsbereitschaft im Inneren und hielt weiter an unfähigen und kompetenzlosen Ministern fest. Als am 25. Februar 1917 in Petrograd (bei Kriegsbeginn war Sankt Petersburg so umbenannt) 200.000 Arbeiter in den Ausstand gingen, womit wichtige Teile der Rüstungsindustrie lahm lagen, und es trotz Nikolaus` Befehl, die Unruhen niederzuschlagen, zu weiteren Massendemonstrationen kam, dankte Nikolaus II. unter deren Eindruck am 2. März 1917 zugunsten seines Bruders Großfürst Michail Romanow , der jedoch die unerwartete Bürde ablehnte ab.

Nikolaus und seine Familie - von den Bolschewiki verhaftet - standen bereits seit Februar unter Hausarrest in Zarskoje Selo, bevor sie ins westsibirische Tobolsk verlegt, dann nach Jekaterinburg deportiert wurden, wo sie durch Tschekisten streng bewacht und insbesondere seine Töchter immer wieder gedemütigt wurden. Am 16.7.1918 erfolgte aus Moskau der Befehl, die Familie hinzurichten. In der folgenden Nacht wurde die völlig ahnungslose Familie geweckt und - unter dem Vorwand sie in Sicherheit zu bringen, da es in der Stadt Schießereien gäbe - in einen Kelleraum des Ipatjew-Hauses zusammengeführt und anschließend, nachdem ein “Todesurteil” verlesen worden war, unter Führung des Tscheka-Offiziers Jakow Jurowskij von elf Bolschewiki, die sich Mut angetrunken hatten, erschossen (getötet wurden auch der Hausarzt, der Kammerdiener, die Zofe und der Koch der Zarenfamilie). Die Ermordeten wurden am frühen Morgen zunächst in eine Grube an einem abgelegenen Ort, der im Volksmund wegen der vier riesigen Kiefern “Vier Brüder” genannt wurde, geworfen. Einige Handgranaten sollten die Leichen, falls sie gefunden würden, unkenntlich machen. Tags darauf wurde sie wieder ausgegraben und an anderer Stelle in einer Lehmgrube mit Schwefelsäure übergossen und verscharrt, während zuvor zwei Leichen, von denen die Mörder glaubten, es seien die von Alexej und der Zarin, mit Benzin übergossen und verbrannt wurde. Nachdem 1991 die Gebeine von fünf weiblichen und vier männlichen Personen exhumiert und durch Gentests eindeutig identifiziert worden waren, stellte sich heraus, daß die Überreste einer weiblichen Person fehlen müsse: Unklar bliebt, ob es sich um Alexandra oder Anastasia handelt (fest steht jedoch, daß es sich bei der Person, die sich in den 1950er Jahren als die überlebende Zarentochter bezeichnete Anna Anderson, nicht um Anastasia handelt). Am 17. Juli 1998, auf den Tag genau 80 Jahre nach seiner Ermordung, wurden die sterblichen Überreste des Zaren und seiner Familie in der Kathedrale der Peter- und Paul-Festung in Sankt Petersburg, der Ruhestätte der russischen Zaren seit Peter dem Großen, im Beisein von Boris Jelzin, der in seiner Zeit als Parteichef von Swerdlowsk (heute wieder Jekaterinenburg) das Haus, in dem die Mitglieder der Zarenfamilie ermordet worden waren, hat abreißen lassen, feierlich beigesetzt.

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Berlin, Mausoleum im Charlottenburger Schloßpark

Die “OTAMs”: Olga, Tatjana, Anastasia, Maria, sowie deren Bruder Alexej

Aufnahme aus dem Jahre 1918. Nikolaus II. mit seinen Töchtern während der Gefangenschaft in Jekaterinenburg.

 Alexandra Fjodorowna, die Frau Nikolaus’ II.

hinten links: Friedrich Wilhelm III.; rechts Luise vorne links: Wilhelm I., rechts Augusta

hinten: links: Friedrich Wilhelm III.; rechts Luise - vorne: links: Wilhelm I., rechts Augusta

Olga (links), Tatjana

Aufnahme aus dem Jahr 1914.

Bild: Musebrarian (09/2008)
Bilder. Klaus Paap (06/2009)

Sankt Petersburg, Peter- und Paul-Festung

Sankt Petersburg, Peter- und Paul-Festung

Sankt Petersburg, Peter- und Paul-Festung

Sankt Petersburg, Peter- und Paul-Festung

Sankt Petersburg, Peter- und Paul-Festung

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1910

Nikolaus mit Alexandra, Olga und Tatjana (1907)

(v.l.n.r.) Olga, Tatjana, Maria, Anastasia (1906)

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Romanow Familie

Sofia Alexejewna [russ. Софья Алексеевна]

                   

Russische Regentin (1682-89); dritte von acht Töchtern und ein von sechs überlebenden Kindern Alexejs I. (*1629, †1676) und dessen erster Gemahlin Maria Miloslawskajas (*1624, †1669); Schwester Fjodors III. und Iwans V.; Halbschwester Peter I., des Großen; wurde entgegen der Tradition gemeinsam mit ihrem Bruder Fjodor von dem polnischen Hauslehrer Simeon Polotzi, der ihre “erstaunliche Intelligenz und Urteilskraft” förderte, erzogen (normalerweise wurden die Prinzessinnen wie Einsiedlerinen gehalten und nur auf ihre Ehe vorbereitet). Als ihr Vater starb war, sie neunzehn Jahre alt und nahm, nachdem Fjodor III. zum Zar gekrönt worden war, als seine Vertraute an Sitzungen des Bojarenrats und anderen Besprechungen teil. Als Fjodor starb, mischte sie sich in die Wahl des Zaren ein, beklagte die rasche Wahl Peters, wohl wissend, daß diese Wahl eine Zurücksetzung der Familie ihrer Mutter, den Miloslawsikijs, gegenüber der Familie der Mutter Peters, den Naryschkins, bedeutete. Im Mai 1682 kam nach dem Tode von Fjodor III. Alexejewitsch zu heftigen Auseinandersetzungen mit den Strelitzen, die Sofia in der Wahl des lahmen und sehschwachen Iwan unterstützen, obwohl der Patriarch nach Befragung des Volkes bereits Peter zum Nachfolger Fjodors bestimmt hatte. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen waren 40 Angehörige aus der Familie der Naryschkins, der Peters Mutter entstammte, ermordet worden waren. Schließlich kam es zu einem Kompromiss: Am 6.6.1682 wurde beide, Iwan V. und Peter I., der Große, zu Zaren gekrönt, und Sofia, jetzt 25 Jahre alt, übernahm die Regentschaft. Während Iwan in Moskau blieb, zog Peters Mutter sich mit ihrem Sohn nach dem Moskau nahegelegenen Preobraschenskoje zurück, wo sie weitgehend ungestört von Sofia lebten; nur von Zeit zu Zeit mußte er Unterschriften leisten oder an Empfängen teilnehmen. Zu ihrem Berater und Geliebten machte Sofia Wassilij Golizyn, einen gebildeten und dem Westen gegenüber aufgeschlossen Adeligen. Ihn machte sie auch - gegen seinen Willen - zum Oberbefehlshaber in den Kriegen gegen die Türken, die mit Niederlagen endeten. An den beiden erfolglosen Krimfeldzügen scheiterte schließlich ihre Herrschaft im Jahre 1689, da sie die Rückhalt des Adels und der Bevölkerung verlor. Peter verbannte sie in das Nowodewitschij-Kloster, in dem sie den Rest ihres Lebens verrachte.

Sofia und Patriarch Philipp bei einem Glaubensdisput mit dem Anführer der Altgläubigen Nikita Pustoswjat (pinxit Wassilij Perow, 1881)

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Katharina I., [russ. Екатерина I Алексеевна] eigentl. Marta Skawronski

                      

Russische Zarin (1725-27); Tochter eines Bauern, der früh an einer Seuche starb; als auch bald darauf ihre Mutter starb, wurde sie von Ernst Glück, einem Pfarrer in Marienburg (heute Polen) aufgezogen. Im Sommer 1702 heiratete sie einen schwedischen Dragoner, der kurzPeter und Katharina auf der Newa nach der Trauung das Gebiet von Dorpat (heute Tartu, Estland) wegen der anrückenden russischen Truppen verlassen mußte und nie wiederkam. Während der Pfarrer sich bereit erklärte, als Dolmetscher nach Moskau zu gehen (er gründete dort später eine Schule für alte und moderne Sprachen - auch Latein -, auf die Peter der Große später seine Diplomaten schickte), kam die 18-jährige Marta in den Haushalt von Generalfeldmarschall Scheremetew, der die russischen Armee im Großen Nordischen Krieg führte. Nach ihrem Übertritt zum orthodoxen Glauben nahm sie den Namen Katharina an. Im Herbst 1703 kam sie in den Moskauer Haushalt Alexander Menschikows, eines engen Alexander MenschikowBerater und Freund Peter des Großen. Diesem gefiel das junge hübsche blonde Mädchen (sie ließ sich später die Haare dunkel färben, um ihre dunkle Haut heller erscheinen zu lassen), und wurde seine Geliebte und nach seiner Scheidung (1699) von seiner erster Frau 1712 in einer Zeremonie unter Ausschluß der Öffentlichkeit in Sankt Petersburg seine zweite Gattin; 1712 fand dann die offizielle Trauung statt. Nach dem Tod Peters wurde sie seine Nachfolgerin. Faktisch allerdings herrschte Menschikow mit einem “Obersten Geheimen Rat”, der “Ihrer Majestät die schwere Last der Regierung erleichtern” sollte. Aber schon nach etwas mehr als zwei Jahren nach ihrer Thronbesteigung starb sie; sie hatte sich um November 1726, als ein starker Sturm Hochwasser in die Newa trieb und sie nachts nur mit einem Nachthemd bekleidet den Palast verlassen und durch das kniehohe Wasser waten mußte, körperlich geschwächt. Und nachdem sie am 21.2.1727 eine Parade von 20.000 Soldaten hatte abnehmen müssen, bekam sie Fieber, lag zwei Monate zu Bett und brach kurz nach dem Aufstehen zusammen. Mesnchikow, der sich unbeliebt gemacht hatte, wurde nach Katharinas Tod des Hochverrats, der Mitschuld am Tode des Prinzen Alexej und anderer Verbrechen angeklagt und mit seiner Familie nach Berjosow in Sibirien verbannt, wo er zwei Jahre später starb. Sein Vermögen verfiel der Krone.

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Elisabeth [russ. Елизавета Петровна Романова]

1720               1759/61

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Russische Kaiserin (1741-62); unehelich geborene Tochter Peters I. und Katharinas I.; erst als ihre Eltern 1712 heirateten wurde sie legitimiert. Nach langen Streitigkeiten um die Thronfolge nach dem Tode ihrer Mutter stürzte sie handstreichartig den erst 15 Monate alten Iwan VI. (*1740, †1764), der von seiner Großtante, der Kaiserin Anna Iwanowna (*1693, †1740), zum russischen Thronfolger ernannt worden war, und setzte sich im Uspenskij Sobor, der Krönungskathedrale im Kreml, am 25. April 1742 die mit einem Rubin und über 2.500 Diamanten besetzte Krone selbst aufs Haupt - ein bislang einmaliger Vorgang. 1743 beendete sie den Krieg mit Schweden. Als Gegnerin Friedrich des Großen verbündete sie sich im Siebenjährigen Krieg mit Österreich und Frankreich; 1743 schlug Elisabeth das sogenannte Lopuchin-Komplott, eine Verschwörung zu Gunsten des abgesetzten Iwan VI., nieder. 1745 vermählte sie ihren Neffen, den späteren Peter III., mit Katharina II... Elisabeth festigte ihre Macht, indem sie die Privilegien des Adels ausweitete. So gestattete sie u.a. den Großgrundbesitzern die hemmungslose Alexej RasumowskijAusbeutung der Leibeigenen, mit ihnen beliebig zu verfahren, sie auch zu verkaufen. Andererseits gab es während ihrer Herrschaft keine Hinrichtungen - sie hatte bei der Krönung geschworen, künftig kein Todesurteil mehr zu vollstrecken; die Todesstrafe war damit zwar nicht abgeschafft, wurde aber nicht mehr vollstreckt.

Noch als Großfürstin nahm sie Alexej Rasumowskij in ihrem Haus auf, den sie 1735 kennengelernt hatte. Er war der Sohn eines Kosaken, der wegen seiner schönen Stimme aufgefallen war und an die kaiserliche Hofkapelle vermittelt worden war. Sie veranlaßte Kaiser Karl VII., ihrem Geliebten 1744 den Titel eines deutschen Reichsgrafen zu verleihen; später verlieh sie ihm auch noch einen russischen Grafentitel und ernannte ihn zum Oberjägermeister und zum Feldmarschall. Schließlich heiratete sie ihn heimlich.1

Elisabeth führte einen äußerst verschwenderischen Hof, an dem rauschende Feste gefeiert wurden. Das begann schon am Tag ihrer Krönung mit einem spektakulären Krönungszug(siehe links) mit einem fulminanten Feuerwerk. Und sie ließ in ihrer weitgehend friedlichen 20-jährigen Regierungszeit zahllose Schloßanlagen erbauen, u.a. den Großen Palast in Peterhof, den Katharinenpalast in Zarskoje Selo und den Winterpalast in Sankt Petersburg. 1755 wurde auf Anregung des Universalgelehrten und Schriftstellers Michail Lomonossow in Moskau die erste russische Universität eröffnet und die Akademie der Künste in Sankt Petersburg aufgebaut.

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1 Rasumowskij war der Ahnherr jener Sophia Lwowna Perowskaja (*1853, †1881), Tochter des Gouverneurs von Sankt Petersburg, die als Revolutionärin 1881 an der Ermordung Kaiser Alexanders II. beteiligt war und als erste Frau Rußlands hingerichtet wurde. Ihr Urgroßvater Kyrill Rasumowskij, Gouverneurs der Ukraine, war der Bruder Alexej Rasumowskijs.

 

 

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Peter I., der Große [russ. Пётр Алексе́евич Рома́нов - Пётр I Вели́кий]

         

Russischer Zar (seit 1682), Kaiser (ab 1721), Sohn des Zaren Aleksej Michajlowitsch und dessen zweiter Frau Natalia Kirillowna Naryschkina; als nach Natalia Kirillowna NaryschkinaAleksej I.dem Tod des Vaters auch sein älterer Halbbruder Zar Fjodor III. 20-jährig am 27.4./7.5. 1682 kinderlos starb, sollte ihm Peter nach dem Willen der Würdenträger Rußlands als Zar folgen. Dagegen erhoben sich die Strelitzen, die Palastgarde in Moskaus Kreml, mit denen sich Alexejs erste Ehefrau Maria Miloslawskaja (*1626, †1669) verbündet hatte, und tötete 40 Verwandte Peters, der Zeuge der grausamen Ermordung seines Onkels wurde. Dieses Ereignis hinterließ bei dem über zwei Meter hochgewachsenen Peter ein lebenslanges Trauma, das sich u.a. darin äußerte, daß er immer wieder von unwillkürlichem, teilweise heftigem Augen- und Gliederzucken geplagt wurde1. Außerdem hinterließ es bei ihm einen ausgeprägten Widerwillen gegen den Kreml, was ihn später u.a. veranlaßte Moskau als Hauptstadt aufzugeben und 1703 Sankt Petersburg zu gründen2. Peters 24-jährige Halbschwester Sofja übernahm die Regentschaft für ihren schwachsinnigen Bruder Iwan V. (*1666, †1696).und Peter, die beide am 6. Juli, nur 13 Tage nach dem Strelitzen-Aufstand gekrönt wurden. Natalja Jewdokija LopuchinaNaryschkina zog sich allerdings mit ihrem Sohn nach Preobraschenskoje (heute zu Moskau) auf die dortige Sommerresidenz Alexejs zurück. Dort führte er Exerzierübungen mit Gleichaltrigen durch, aus denen später zwei seiner Regimenter hervorgingen, und befaßte sich mit Schiffbau. In dieser Zeit besuchte Peter immer wieder die in der von seinem Vater für Westeuropäer außerhalb der Mauern Moskaus errichteten Ausländervorstadt, der sog. Deutschen Vorstadt, angesiedelten Handwerker, die bereits Iwan IV. im 16. Jahrhundert ins Land geholt hatte. Inzwischen lebten dort über 3.000 Westeuropäer aus allen Berufssparten, neben Handwerkern und Künstlern auch geflohene Militärs, Adlige und Diplomaten. Dort vernahm er viel über die politischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklungen in Westeuropa, und er lernte zwei Männer kennen, die sein Leben bis zu ihrem Tode begleiten werden: den späteren russischen General Patrick Gordon und den Schweizer François Le Fort, Organisator der kaiserlich-russischen Marine. Dort hatte er auch Anna Mons (*1672, †1714), die Tochter eines aus Westfalen stammenden Weinhändlers kennengelernt, mit der er die 1689 geheiratete, zwei Jahre ältere, nach Ansicht von Zeitgenossen sehr schöne Jewdokija Lopuchina schon bald betrog. Aus der Ehe mit der Fürstentochter entstammte u.a. sein Sohn Alexej (*1690, †1718), der ihn sehr enttäuschte, nach Wien und schließlich Neapel flüchtete, sich angeblich den Tod des Vaters wünschte und alle der von diesem durchgeführten Reformen rückgängig machen wollte. Nach seiner Rückkehr nach Rußland und obwohl er ihm Gnade versprochen hatte, ließ er Alexej foltern, wobei er anwesend war, um ein Geständnis und schließlich zum Tode verurteilen (bevor Peter selbst das Todesurteil unterzeichnete, starb Alexej jedoch wenige Tage nach dem Schuldspruch in der Peter-und-Paul-Festung).

Peter I. befragt seinen Sohn Alexej nach dessen Rückkehr nach Rußland

Als im August 1689 Sofja auf Betreiben Natalja Naryschkinas und einiger der Bojaren (Hochadlige) gestürzt und verbannt worden war, wurde Peter im Herbst 1689 Zar von Rußland, überließ aber zunächst seiner Mutter die Staatsgeschäfte. Statt dessen bildete er sich weiter und unternahm 1693 eine erste Reise nach Archangelsk, dem bislang einzigen Seehafen Rußland, ließ dort eine Werft errichten und begann eine schlagkräftige Armee, die er teilweise aus den Kamerade seiner Jugendzeit in Preobraschenskoje rekrutierte, aufzubauen. Im April 1695 zog er gegen die unter osmanischer Hoheit stehende, am Der Sockel des Denkmals hat ein Gewicht von 1,6 t. Peter sitzt auf einem sich hochaufbäumenden Pferd, das mit einem seiner Hufe eine Schlange zerstritt. Peter I., ein Lorbeerkranz auf dem Haupt, deutet mit der Hand seines rechten Arms auf die Peter-und-Paul-Festungunteren Don gelegene Festung Asow, scheiterte jedoch darin, sie zu erobern, da die Kommandostruktur unkoordiniert, aber auch das Heer unzureichend ausgerüstet war. So kehrte er im November unverrichteter Dinge, aber unter großen Verlusten nach Moskau zurück und begann jetzt mit dem Aufbau einer großen Marine in Woronesch, wo er eine Werft gründete. 1696 gelang es ihm schließlich, mit Hilfe seiner neuen Kriegsflotte und westlicher Militärtechnik (er hatte Experten für den Bau von Galeeren aus Venedig und für den Festungsbau und Belagerung aus Wien kommen lassen) die Festung einzunehmen und damit die Macht der Osmanen dort zu brechen. 1697 brach er mit einer “Großen Gesandtschaft” [russ. Великое посольство] von insgesamt 250 Personen, bestehend u.a. aus zwanzig Adligen, unter Führung seines Vertrauten, des Schweizers Franz Lefort, in Richtung Westeuropa auf. Obwohl er selbst kein Aufsehen erregen wollte, flog sein Inkognito schon bald auf und sein Erscheinen eilte ihm voraus; so passten ihn Sophie von der Pfalz, Kurfürstin von Hannover, und ihre Tochter Sophie Charlotte bei Hannover ab, nachdem er zuvor Berlin im Eiltempo unerkannt passiert hatte. Beide Damen war von Peter sehr beeindruckt; die Kürfürstin berichtete später in einem Brief u.a. über ihn:“...Er ist ein ganz außergewöhnlicher Mann. Man kann ihn unmöglich beschreiben oder auch nur eine Vorstellung von ihm vermitteln....er besitzt große Qualitäten und eine unbegrenzte natürliche Intelligenz.” In den Niederlanden, wo er sich besonders für den Schiffsbau interessierte, Peters Haus in Zaandam (Holland, 1697)scheute er keine körperliche Arbeit, arbeitete sogar eine Zeitlang als Zimmermann auf einer Schiffswerft. Nach fünf Monaten setzte er nach England über, wo er sich mehrere Wochen ebenfalls in verschiedenen Werften aufhielt, um den sich dort Kenntnisse im Schiffsbau anzueignen. Insbesondere in Holland war die ihn betreffende Neugierde in der Bevölkerung so groß, daß er sich zu seinem Bedauern nicht, wie er es geplant hatte, frei und ungezwungen bewegen konnte. In England, das sich gerade anschickte, Holland den Rang als maritime Großmacht abzulaufen, bewunderte er die Fertigkeiten im Schiffsbau. Nach viermonatigem Aufenthalt in England kehrte Peter über Dresden, wo August der Starke allerdings gerade nicht präsent war, er aber dessen Schätze im “Grünen Gewölbe” bewundern konnte, und Wien, wo er sich 14 Tage aufhielt und ein Treffen mit Leopold I. hatte, nach Rußland zurück und traf am 8.9.1698 in Moskau ein. Sofort begann der Zar mit der Modernisierung Rußlands und trieb dessen Expansion energisch voran, u.a. erließ er - von wenigen Ausnahmen "Steuer bezahlt" Münze für die jährliche Bartsteuerabgesehen - ein Bartverbot, was er auch persönlich überwachte, und verordnete eine neue Kleiderordnung, d.h. verbot das Tragen der traditionellen altrussischen Kaftane: Vorgeschrieben war jetzt westliche Kleidung. Außerdem unterstellte er die Klöster und deren riesigen Landbesitz sowie die dazugehörenden Leibeigenen der Staatsaufsicht und ordnete das Geldwesen. Aus dem Zwang heraus, die Staatseinnahme ständig steigern zu müssen, erfand er eine Reihe teils auch skurriler Steuern, so wurden z.B. auch Geburten und Beerdigungen besteuert, und es gab eine Hutsteuer und eine Steuer auf Lederstiefel. Katastrophal wirkte sich die enorm hohe, aber sehr einträgliche Besteuerung von Salz aus: Tausende von Bauern, die sich das lebensnotwendige Salz nicht mehr leisten konnten, starben. Auch stellte er die Zeitrechnung zum 1.1.1700 auf den seinerzeit in Westeuropa geltenden Kalender um3. Eine seiner ersten Maßnahmen war die Entmachtung der Strelitzen; die ihre Privilegien verloren und mit der Behandlung durch ihn unzufrieden waren, und sichNach der Schlacht bei Narwa: Übergabe der Fahnen erhoben hatte; sie wurden in der Schlacht am Neuen Jerusalemer Kloster besiegt, und 1.200 von ihnen wurden nach grausamsten Folterungen, die Peter zu verheimlichen trachtete, bei denen er aber von Zeit zu Zeit anwesend war, als Hochverräter hingerichtet4.

Um einen Zugang zur Ostsee zu erhalten, vereinbarte er 1698 mit August dem Starken einen Angriffskrieg gegen Schweden, wobei er im Großen Nordischen Krieg (1700-21) gleich in der Anfangsphase bei Narwa eine vernichtende Niederlage gegen die Schweden erlitt, aber 1709 bei Poltawa einen entscheidenden Sieg über Karl XII. von Schweden erringen konnte. Mit dem Frieden von Nystad erhielt Rußland 1721 mit Livland, Estland, Ingermanland und Karelien den begehrten Zugang zur Ostsee und löste damit Schweden als Vormacht im Ostseeraum ab. Rußland stieg zur europäischen Großmacht auf. Peter veranlaßte Forschungsexpeditionen zur Erschließung der östlichen und südöstlichen Gebiete des Zarenreiches, u.a. eine erste wissenschaftliche Sibirienreise 1720 bis 1727, geleitet von Daniel Gottlieb Messerschmidt (*1685, †1735) , und die Erste Kamtschatka-Expedition von 1725 bis 1730, durchgeführt von Vitus. Bering.

Peter mit Bauplan

1703 gründete Peter unter großen Mühen und Inkaufnahme zahlloser Verluste an Menschenleben im sumpfigen Gebiet nahe dem Meer auf einer Landenge zwischen dem Finnischen Meerbusen und dem Ladogasee mit Hilfe westlicher Architekten und nach westlichem Vorbild an der Newa Sankt Petersburg und machte es gegen den Widerstand viele Adliger 1712 zur neuen Hauptstadt5, deren Ausbau allerdings erst nach dem Sieg von Poltawa zügig und konsequent vorangetrieben wurde. Zu den Reformen im kulturellen Bereich zählen die Schriftreform, die Einrichtung von Fachschulen und die Gründung der Akademie der Wissenschaften. Mißgebildete Kinder durften nicht mehr - wie es üblich war - direkt nach der Geburt getötet werden; vielmehr mußten sie gemeldet werden, damit Behörden sich um sie kümmern konnten.

Haus, in dem Peter I. während des Baus von Sankt Petersburg wohnte

Er ließ Apotheken einrichten, damit nicht auf den Straßen unkontrolliert alles Mögliche an sog. Heilkräutern verkauft würden. In Moskau ließ er zudem 1706 das erste öffentliche Hospital errichten. Am 24.1.1716, 19 Jahre nach der ”Großen Gesandtschaft“, brach der Zar, begleitet von Katharina, von Sankt Petersburg zu einer zweite Reise nach Westeuropa auf, besuchte u.a. in Wittenberg das Grab Martin Luthers6 und dessen Studierstube, wo er seinen Namen in russischer Schrift mit Kreide neben den berühmten Titelfleck an der Wand schrieb; in Paris, traf sich mit Philipp II. Karl, Herzog von Orléans, dem Sohn von Liselotte von der Pfalz, der nach dem Tode Ludwigs XIV. (1711) bis zur Krönung Ludwigs XV. im Jahre 1722 Frankreichs Regent war. Auf einer seiner zahlreichen Besichtigungstouren fuhr er auch spontan zum Stift St: Cyr, wo er Madame de Maintenon, die Witwe Ludwigs XIV., besuchte. Hauptsächlich aber galt sein Interesse der Organisation des Staates, dem Kranken-, Handels-, Polizei- und Erziehungswesen.

Seine Erkenntnisse auch aus dieser Reise, wie überhaupt alle seine Ziele, setzte Peter mit großer Zielstrebigkeit, auch mit Gewalt durch; so kam es zu mehreren Aufständen, wovon derjenige der Donkosaken für ihn der gefährlichste war, zumal er sich im Krieg mit Karl XII befand.

Peter war zw. 2,01 und 2,07 Meter groß, hatte sehr lange Arme und einen relativ kleinen Kopf (Skulptur auf dem Gelände der Peter-und-Paul-Festung in Sankt Petersburg)

Den grundsätzlich dienstpflichtigen Adel unterwarf er einem rationalistischen Leistungsprinzip und zog ihn zum Militär- und Staatsdienst heran. Alle Söhne der Adligen wurden eingezogen, mußten zunächst als einfache Soldaten dienen, um sich dann zum Offizier hochzudienen oder aber in die Zivilverwaltung zu gehen. Wer sich dieser Verpflichtung entzog, wurde schwer bestraft, konnte sogar seines gesamten Besitzes verlustig gehen. Da Peter immer wieder Soldaten benötigte, wurde diese Regel so sehr verschärft, daß jeder, der einen Adligen ausfindig machte, der sich der Meldepflicht entzogen hatte, alle Güter des Betreffenden zugesprochen bekam. – sogar, wenn es sich bei dem Informanten um einen “weggelaufenenen Leibeigenen“ handeln sollte. 1711 führte er den Regierenden Senat ein, der während seiner häufigen Abwesenheit agieren sollte. Da er jedoch nicht effektiv arbeitete (was auch daran lag, daß es sich nicht immer traute, Verantwortung für Entscheidungen zu übernehmen), schuf Peter ein neues Amt, das des Generalprokurators als Stellvertreter des Zaren im Senat und schuf das Kollegiumssystem. Die seit 1712 nach ausländischen Vorbildern vorbereitete Reform der gesamten Staatsverwaltung mit neun Kollegien als Zentralbehörden wurde 1717 bis 1722 realisiert. Nach der Aufhebung der Patriarchatsverfassung und dem Erlaß einschränkender kirchenrechtlicher Verordnungen übertrug Peter 1721 die Kirchenaufsicht einem Heiligsten Regierenden Synode. Ab 1714 mußte der unbewegliche Besitz ungeteilt auf den Erben, der nicht der Erstgeborenen sein mußte, übergehen. So suchte Peter die fortschreitende Verarmung des Landadels zu verhindern und den zunehmenden Rückgang von Steuerabgaben. Ähnliches galt auch für die Bekämpfung der allgegenwärtigen Korruption, die viele der Reformen Peters scheitern ließen. Von ihm geschaffene Fiskale als offizielle Ankläger sollten Abhilfe schaffen. Mit der steuerlichen Gleichstellung der schollengebundenen Bauern mit den rechtlosen Cholopen wurde 1722 unter fiskalischen Gesichtspunkten die Leibeigenschaft ausgeweitet. Als oberste Verwaltungsbezirke dienten 1708 zunächst acht, ab 1719 dann elf Gouvernements.

Brief Peters des Großen

Peters oft unbeherrschtes und zu Gewalt neigendes Wesen war gefürchtet. Kaum jemand wagte es sich seinen Ausbrüchen zu widersetzen. Nur Gordon und Lefort hatten den Mut, es zu tun. Da er - im Bemühen um eine fortschrittliche Gesellschaft - auch nicht vor Demütigungen und einer durchgreifenden Reglementierung dieser Gesellschaft zurückschreckte und u.a. die religiös-traditionalistischen Werte des Moskauer Staates verletzte, löste er beträchtliche Widerstände aus. So wurde der Tod Peters, der 1721 nach westlichem Vorbild noch den Kaisertitel7 angenommen hatte, im Lande auch mit Erleichterung aufgenommen. Aber alsbald nach seinem Tod begann bereits die Verklärung Peters und seine persönlichen Dinge wurde wie Devotionalien behandelt. Viele der Nachgeborenen sind allerdings geteilter Meinung: Während die Slawophilen ihm eine zu einseitige Hinwendung zu westlichen Werten vorwerfen, glauben die “Westler” , daß nur diese Abwendung von den alt-russischen Traditionen der Schlüssel für ein modernes Rußland war.

Seine Nachfolge übernahm seine zweite Frau Katharina I., die er im November 1707 zunächst in kleinem Kreise, 1712 dann mit einer großen Feier offiziell geheiratet hatte und die er 1724 zur Kaiserin hatte krönen lassen. Da der Thron der Tradition gemäß bislang nur vom Vater auf den ältesten Sohn weitergeben werden konnte, hatte Peter im Februar 1722 ein Dekret zur Thronfolge erlassen, demzufolge jeder regierende Herrscher seinen Nachfolger selber bestimmen konnte.

Das Leben Peters I. fand u.a. seinen Niederschlag in der Opern Zar und Zimmermann von Albert Lortzing und L’Étoile du Nord von Eugène Scribe sowie in dem Drama Alexis von Karl Immermann.

Sankt Petersburg, Blick auf Newa und Admiralität (pinxit Fjodor Alexejew, 1794)

1 Die Ursache für diese Erscheinung ist umstritten: Manche nehmen an, das Leiden habe seine Ursache in einem hohen Fieber gehabt, an dem Peter zwischen November 1693 und Januar 1694 litt, und daß aufgrund einer Enzephalitis zu einer Vernarbung eines Bereichs des Hirnrinde geführt habe. Der Auslöser der krampfartigen Erscheinungen seien dann spezifische psychische Stimuli gewesen. 

Ebenso traumatisiert war Ludwig XIV., der Paris haßte und das Schloß in Versailles erbaute und zum Mittelpunkt seiner Regierung machte, nachdem er 1648, damals 10 Jahre alt, beim Aufstand der Fronde nachts aus Paris nach Saint Germain fliehen und dort auf einem Strohlager schlafen mußte.

3 Bislang begann die Zählung der Jahre nicht mit dem Datum der Geburt Jesu, sondern mit dem Zeitpunkt, zu dem nach Meinung der Russen die Welt erschaffen worden sei. Somit war das Jahr 1699 nach alter Vorstellung das Jahr 7207. Außerdem begann das Jahr nicht am 1. Januar, sondern jeweils am 1. September. Diese Meinung beruhte darauf, daß man sich nicht vorstellen konnte, daß Gott die Erde mitten im nahrungsarmen Winter erschaffen haben könnte. Der Zar überzeugte die Menschen durch einen Blick auf den Globus, indem er auf die Länder jenseits des Äquators hinwies in denen es Sommer sei, wären in Rußland der Frost herrsche. Allerdings paßte Peter Rußland an den westlichen Kalender an, kurz bevor der Westen der Gregorianische Kalender eingeführte (in England z.B. 1752). Erst nach der Oktoberrevolution übernahm Rußland 1918 den Gregorianischen Kalender, der heute fast überall gilt.

4 Berichte, Peter I. habe bei den Hinrichtungen auch selbst Hand angelegt, werden von Historiker nicht anerkannt, da sie sich ausnahmslos aus dritter Hand speisen.

5 Peter wurde angesichts der Gründung von Sankt Petersburg nicht nur von den Schweden, die das Gebiet verloren hatten, allgemein verlacht, gar für verrückt gehalten. Die Stadt ist auf sumpfigem Gelände errichtet worden; zwar hatte man den Untergrund aufgeschüttet, dennoch wurde die Stadt immer wieder dann, wenn bei Stürmen das Wasser der Newa in die Buch gedrückt wurde, überschwemmt. Außerdem war die Versorgungslage schwierig; Lebensmittel mußten, insbesondere im Winter, von weit her herbeigeschafft werden. Aber auch im Sommer, war die Gegend nicht sehr ertragreich. Lediglich Fisch gab es in ausreichender Menge.

6 “Ei, das muß ich besuchen, denn von diesem braven merkwürdigen Manne, der zum größten Gewinne seines Landesherrn und so vieler Fürsten, die klüger als die andern waren, den Papst selbst mit seinem ganzen Heere so mutig angegriffen hat, habe ich gar viel Gutes gehört”.

Als nach 18 Jahren Krieg des Nordischen Krieges 1721 Frieden geschlossen worden war und Peter mit dem Volk in den Straßen von Sankt Petersburg feierte, beschloß der Regierende Senat, ihm den Titel „Peter der Große, Kaiser und Vater seines Landes“ anzubieten, und als er annahm, riefeb die Mitgrieder des Senats dreimal „Vivat“.

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Aufnahme aus dem Jahre 1905. Nikolaus II., Gemahlin Alexandra, Zarewitsch Alexej, Großfürstinnen Tatjana, Maria, Anastasia und Olga (1999 in Sankt Petersburg auf der Peter und Paul Festung beigesetzt).

1917 in Zarskoje Selo. Vordere Reihe neben Nikolaus: Tatjana, Olga, Maria, Anastasia, dvor Alexej

Olga, Alexej, Anastasia und Tatjana (1917)

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Krönungszug Elisabeth I.

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Bild: Deror avi (10/2009) Wikipedia.de

Sankt Petersburg, Peter- und Paul-Festung

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Alexandra Fjodorowna [russ. Александра Фёдоровна] née Victoria Alix Helena Louise Beatrice

1901                                           1907

 

Kaiserin von Rußland; Prinzessin von Hessen-Darmstadt; sechstes Kind und vierte Tochter von Großherzog Ludwig IV. von Hessen und bei Rhein und Prinzessin Alice von Großbritannien und Irland, der zweitältesten Tochter von Königin Victoria; 1894 heiratete sie Nikolaus Alexandrowitsch Romanow, den künftigen Zar Nikolaus II.; Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor: Olga, Tatjana, Anastasia, Maria soie der Zarewitsch AlexejVerlobungsphoto. Letzterer litt an Hämophilie (Bluterkrankheit). Alexandra - zum Mystizismus neigend - engagierte den Wanderprediger Rasputin, von dessen angeblichen Fähigkeiten, das Blut von Hämophilen zu stillen, sie gehört hatte. Rasputin gewann einen großen Einfluß nicht nur auf sie, sondern auch am Zarenhof, was allgemeinen Unmut hervorrief, der sich auch gegen die Zarin wendete.

Alexandra wurde gemeinsam mit ihrem Mann und allen ihren Kindern in der Nacht vom 16. auf den 17. Juli 1918 in Jekaterinenburg in einen Kellerraum des Ipatjew-Hauses zusammengeführt und anschließend, nachdem ein “Todesurteil” verlesen worden war, unter Führung des Tscheka-Offiziers Jakow Jurowskij von elf Bolschewiki, die sich zuvor Mut angetrunken hatten, erschossen (getötet wurden auch der Hausarzt, der Kammerdiener, die Zofe und der Koch der Zarenfamilie). 1991 wurden ihre Gebeine, die des Zaren und einiger ihrer Angehörigen exhumiert und auf Beschluß der Duma am 17. Juli 1998, genau 80 Jahre nach der Ermordung feierlich beizusetzen.

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Sankt Petersburg, Peter- und Paul-Festung

An der Wand im Hintergrund (links): Olga und Tatjana; (rechts): Maria und Anastasia

Töchter von Nikolaus II. und Alexandra

Olga Nikolajewna Romanowa

 

Tatjana Nikolajewna Romanowa

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Marija Nikolajewna Romanowa

Anastasia Nikolajewna Romanowa

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Sankt Petersburg, Peter- und Paul-Festung

Adel / Regenten II

Omnibus salutem!