Woltersdorf (Ldkrs. Oder-Spree, Brandenburg), Waldfriedhof

Regine Hildebrandt

Bild: Hanns-Eckard Sternberg

Deutsche Politikerin (SPD); studierte in der DDR an der Berliner Humboldt-Universität Biologie und promovierte dort 1968; ab 1968 war sie stellvertretende Leiterin der Pharmakologischen Abteilung des VEB Berlin-Chemie und von 1978 bis 1990 Bereichsleiterin der Zentralstelle für Diabetes und Stoffwechselkrankheiten in Berlin (Ost). Bereits vor der Wende engagierte sie sich in der Bürgerbewegung “Demokratie jetzt”, trat im Oktober 1989 in die neu gegründete sozialdemokratische Partei in Ostdeutschland ein, war vom April bis August 1990 Ministerin für Arbeit und Soziales im letzten DDR-Kabinett unter Lothar de Maizière (CDU), nach der Wiedervereinigung Deutschlands ab 1990 Sozialministerin im Kabinett des Ministerpräsidenten Manfred Stolpe, trat nach der Landtagswahl im Spätherbst 1999 aus Protest gegen die Bildung einer Koalition zwischen SPD und CDU, statt einer solchen mit der PDS, von ihrem Amt zurück. Sie galt den Neubundesbürgern als die Inkarnation der Ostmentalität, nimmermüder Anwalt des “Kleinen Mannes”, der Probleme mit der Marktwirtschaft und der neu gewonnenen Freiheit hatte. Eines ihrer Mottos war: “Ich mag Menschen, die ehrlich, fröhlich und zupackend sind”.

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Carlo Karl Johann Martin Heinrich Schmid

Deutscher Politiker (SPD) und Jurist; Sohn eines Privatgelehrten und Dozenten an der Universität Toulouse und einer französischen Mutter; nach der Teilnahme als Soldat im Ersten Weltkrieg - u.a. vor Verdun - studierte er ab 1919 Rechts- und Staatswissenschaften an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Nach erstem juristischen Staatsexamen und zweitem Staatsexamen (1924), war er zunächst als Rechtsanwalt in Reutlingen tätig, wurde aber wenig später (1925) Gerichtsassessor im Justizdienst des Landes Württemberg und von 1927 bis 1931 Richter am Amtsgericht und anschließend Landgerichtsrat in Tübingen. 1933 trat er, um einer drohenden Entlassung aus dem Staatsdienst zu entgehen, ohne innere Überzeugung dem Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen bei. 1940 erfolgte die Einberufung zur Wehrmacht; er war bis 1944 als juristischer Berater der Oberfeldkommandantur in Lille zugeteilt. Nach dem Ende der Nazi-Diktatur lehrte Schmid als Professor für politische Wissenschaften in Frankfurt am Main, war von 1947 bis 1970 Vorstandsmitglied der SPD, 1948/49 Mitglied des Parlamentarischen Rates, und damit einer der Väter des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Er war von 1949 bis 1972 Mitglied des Bundestags, von 1949 bis 1966 und von 1969 bis 1972 Vizepräsident des Deutschen Bundestages, seit 1963 Präsident der parlamentarischen Versammlung der Westeuropäischen Union und seit 1966 Mitglied des Bundesrats.

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Tübingen, Stadtfriedhof

Rosa Luxemburg eigentl. Rozalia Luksenburg

        

Deutsche Politikerin; entstammte einer wohlhabenden, ursprünglich aus Luxemburg stammenden jüdischen Kaufmannsfamilie; der Vater war Holzhändler. In ihrem Elternhaus wurde neben russisch - Lubin gehörte zum Zarenreich - deutsch und polnisch gesprochen. Bereits während ihrer Schulzeit in Warschau schloß sie sich der sozialistischen Arbeiterbewegung an. 1889 mußte sie in die Schweiz emigrieren, um sich einer Verhaftung wegenzwischen 1895 und 1900 ihrer politischen Aktivitäten zu entziehen; dort studierte sie an der Universität Zürich Nationalökonomie. Nach Abschluß des Studium mit Promotion zum Doktor der Rechte mit "summa cum laude" zog sie nach Deutschland, erhielt durch eine Scheinehe mit einem deutschen Arbeiter die deutsche Staatsbürgerschaft und trat 1898 in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) ein, die seinerzeit die progressivste Arbeiterpartei weltweit war. Daneben blieb sie allerdings auch für die im Untergrund agierende Sozialdemokratie des Königreiches Polen und Litauen (SDKPiL) tätig, deren Mitbegründerin sie 1893 gewesen war, und vertrat diese bis 1914 bei der Zweiten Internationalen. Innerhalb der SPD war die leicht gehbehinderte und für viele Menschen in ihrer Agitation faszinierende Luxemburg die führende Vertreterin und Theoretikerin des linken Flügels der Partei, der für die Revolution, für den Internationalismus und gegen den Krieg eintrat und wandte sich gegen den Revisionismus. Leidenschaftlich rief sie zur internationalen Erhebung gegen die alte Ordnung auf, forderte die Befreiung der Frauen, wetterte gegen den Militärstaat und war für Massenstreiks und zur Gewalt gegen Eigentum. "Sie konnte sich mit der Ungerechtigkeit in der Welt nicht abfinden" urteilte die Soziologin Hannah Arendt. Während der russischen Revolution nahm Rosa Luxemburg 1905 in Warschau am Kampf gegen die russische Herrschaft im Ostteil Polens teil, kehrte nach einer kurzen Haft nach Deutschland zurück, lehrte von 1907 bis 1914 an der Parteihochschule der SPD in Berlin. Wie Karl Liebknecht wandte sie sich bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges gegen den sog. Burgfrieden und wurde so zur Führerin der linken Opposition gegen den Krieg. Mit ihm, Clara Zetkin u.a. gründete sie 1916 die antimilitaristische, internationalistische Gruppe Internationale, aus der 1917 der Spartakusbund und Ende 1918 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) hervorging. Fast während der gesamten Kriegszeit war sie in Haft; nach ihrer Befreiung aus der Haft gründete sie im November 1918 die Zeitung Rote Fahne und war maßgeblich am Entwurf des Programms der um die Jahreswende 1918/19 gegründeten KPD beteiligt.

 

Im Januar 1919 nahm sie in Berlin am Spartakusaufstand teil, in deren Verlauf sie und Liebknecht verhaftet und im Hotel Eden, in dem das Hauptquartier aufgeschlagen war, verhört wurden. Am 15. Januar wurde Rosa Luxemburg, die besonders den Haß der herrschenden Klasse auf sich zog, weil sie als “Klassenverräterin” aus dem begüterten Bürgertum hervorgegangen war, zusammen mit Karl Liebknecht von Mitgliedern der rechtsradikalen, unter dem Befehl ihres Kommandanten, Hauptmann Waldemar Pabst (*1880, †1970) stehenden Garde-Kavallerie-Schützendivision ermordet. Nach Mißhandlungen tötete sie der Marineoffizier Hermann Souchon (*1894, †1982) durch einen aufgesetzten Schuß in die Schläfe beim Abtransport mit eine bereitgestellten PkwLandwehrkanal während der Fahrt. Ihre Leiche warfen sie in den Berliner Landwehrkanal, wo sie erst in der Nacht zum 1.6.1919 aufgefunden wurde.

Rosa Luxemburg, eine von Humanismus erfüllte Persönlichkeit, hielt allein durch eine Revolution den Kapitalismus für überwindbar, wandte sich aber zugleich gegen die Meinung Lenins, daß eine sozialistische Gesellschaft durch eine straff geführte Kaderpartei herbeigeführt werden könne. Am Aufbau des Sozialismus müsse das ganze Volk beteiligt sein. Von ihr stammt der Satz: "Freiheit ist immer Freiheit des Andersdenkenden."

So sehr sie selbst Terror und Blutvergießen verabscheute (und dies auch Lenin gegenüber zum Ausdruck gebracht hatte), so sehr verbat sie sich Kritik an der “Diktatur des Proletariats” seitens derjenigen, die im Ersten Weltkrieg die Bereitstellung von Mittel für das millionenfachen Morden über den Reichstag ermöglicht hatten, wie Erzberger, Scheidemann oder Ebert.

Werke u.a.: Die Akkumulation des Kapitals, Ein Beitrag zur ökonomischen Erklärung des Imperialismus (1913).

Trauerzug anläßlich der Beisetzung von Rosa Luxemburg (Bundesarchiv Bild 146-1976-067-25A)

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Karl Paul August Friedrich Liebknecht

                             

Deutscher Politiker; der Sohn von Wilhelm Liebknecht war nach dem Jurastudium als Anwalt in Leipzig und Berlin tätig, trat 1900 der SPD bei und war von 1902 bis 1913 Stadtverordneter in Berlin, wo er die sozialistische Jugendorganisation aufbaute. Von 1907 bis 1910 war er Präsident der Jugendinternationale. 1907 wurde er wegen antimilitaristischer Agitation zu eineinhalb Jahren Festungshaft verurteilt. Von 1908 bis 1916 gehörte er dem preußischen Abgeordnetenhaus an und von 1912 bis 1916 dem Reichstag, dort dem äußerst linken Flügel der Partei. Als solcher stimmte er als Einziger seiner Partei nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Reichstag gegen die Kriegskredite in der Überzeugung, daß der Krieg durch internationale Solidarisierung der Arbeiterklasse und durch Massenstreiks verhindert bzw. beendet werden könnte. Erst die Zustimmung der SPD mache den Krieg möglich und verrate die LiebknechtArbeiterklasse zugunsten einer politischen Aufwertung der SPD, so Liebknecht in einer Rede. Die SPD schloß ihn daraufhin im Januar 1916 aus der Reichstagsfraktion aus. Mit Rosa Luxemburg gründete er eine eigene politische Organisation namens Gruppe International, den späteren Spartakusbund, wurde im Mai des gleichen Jahr verhaftet und wegen Hochverrats zu 21/2 Jahren Zuchthaus verurteilt. Im Oktober 1918 begnadigt, übernahm er zusammen mit Rosa Luxemburg die Führung des Spartakusbundes und verkündigte am 9.11.1918 im Berliner Schloß die Freie Sozialistische Republik als Gegenreaktion auf die von Philipp Scheidemann (SPD) ausgerufene Deutsche Republik. Gegen die mehrheitssozialistischen Volksbeauftragten unternahm er 1919 den Januar-Aufstand in Berlin. Nach seiner Festnahme im Verlaufe des Spartakusaufstandes wurde er zusammen mit Rosa Luxemburg von Freikorpsoffizieren unter der Führung ihres Kommandanten, Hauptmann Waldemar Pabst, in dessen im Hotel Eden aufgeschlagenen Hauptquartier verhört und mißhandelt, schließlich in einem PKW abtransportiert und im Tiergarten von hinten erschossen. Anschließend wurde der Tote als “unbekannte Leiche“ bei einer Polizeistation abgegeben. Wer im Hintergrund die Drähte gezogen hat, ist bis heute ungeklärt; angeblich waren auch Noske und Pieck über die bevorstehende Ermordung von Liebknecht und Luxemburg unterrichtet.

Aufruf rechter Gruppen zum Mord an Karl Liebknecht

 

Liebknecht hält vor dem Innenministerium in Berlin am 4.1.1919 eine Rede

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Bilder: Hanns-Eckard Sternberg (2005)
Bild: Josef Aschenbrenner (08/2005)

Gedenkstein für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, die an dieser Stelle ermordet wurden.

Hinweis: Die Beisetzung Rosa Luxemburg erfolgte nach der Freigabe der Leiche durch die Gerichtsmedizin neben dem Grab Karl Liebknechts. 1941 wurden die mit einem 1924 errichteten gemeinsamen, von Mies van der Rohe geschaffenen Denkmal geschmückten Grabstätten durch die Nationalsozialisten eingeebnet und wieder neu belegt. Später erhielt sie das heutige Aussehen.

Außerdem gibt es bis heute Zweifel hinsichtlich der Identität des am 1.6.1919 aus dem Landwehrkanal geborgenen Leichnams. Der Landwehrkanal war eine bei Selbstmördern beliebte “Lokalität”, so daß im fraglichen Zeitraum mehrere weibliche Tote geborgen wurden. Wegen der langen Verweildauer im Wasser war daher eine eindeutige Identifizierung nicht möglich. Allerdings wiesen verschiedene Faktoren (Kleidungsstücke, Halsband mit Schließe) auf die Richtigkeit der Annahme hin. Ein in der Berliner Charité bei den Asservaten vor kurzem aufgefundener weiblicher Torso rief entsprechende Spekulationen hervor, es könne sich um denjenigen von Rosa Luxemburg handeln (der Torso wurde mittlerweile anonym bestattet); hinlängliche Beweise für diese These konnten jedoch trotz umfangreicher Untersuchungen nicht herbeigebracht werden.

Richard Nikolaus Graf von Coudenhove-Kalergi

                             

Österreichischer Politiker; begründete 1923 in Wien die Paneuropa-Bewegung mit dem Ziel eines europäischen Staatenbundes, emigrierte 1938 in die Schweiz, war von 1940 bis 1946 Professor für Geschichte in New York, ab 1946 wieder in der Schweiz, wurde 1947 Generalsekretär der Europäischen Parlamentarier-Union, die er begründete und deren Ehrenpräsident er von 1952 bis 1965. 1950 war; mit dem Karlspreis der Stadt Aachen ausgezeichnet. Während er mit seinem Vorschlag, einen Entwurf für eine Europäische Flagge mit einem christlichen Kreuz scheiterte, wurde seine Anregung aus dem Jahre 1955, Ludwig van Beethovens Vertonung von Schillers Ode an die Freude als neue Europäische Hymne einzuführen, realisiert - allerdings wurde die die Ode erst 1972 offizielle Hymne des Europarats und 1985 die offizielle Hymne der Europäischen Union.

Werke u.a.: Paneuropa, 1923, Kampf um Europa, 1949, Eine Idee erobert Europa, 1958, Die Europäische Nation (1953); Weltmacht Europa (1971).

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Franz Josef Strauß

1982    mit Edmund Stoiber

Deutscher Politiker (CSU); der Sohn eines Metzgermeisters studierte Latein, Griechisch und Geschichte, von 1939 bis 1945 nahm er als Soldat (Oberleutnant) am Zweiten Weltkrieg teil; mit schweren Erfrierungen wurde er in die Heimat zurückgeschickt, in der er bis Kriegsende Soldaten ausbildete. 1945 bestellte ihn die amerikanische Besatzungsbehörde zum stellvertretenden Landrat. Danach war er bis 1949 Landrat in Schongau, gehörte als Mitgründer der CSU ab 1946 dem Landesvorstand an, war Generalsekretär der CSU von 1949 bis 1952, von 1952 bis 1961 deren stellvertretender Vorsitzender, vom 1961 bis zu seinem Tode dann Vorsitzender. Von 1948 bis 1978 war Strauß Mitglied des Bundestages. 1953 wurde er von Konrad Adenauer in das zweite Kabinett als Bundesminister für besondere Aufgaben berufen und wurde 1955 Minister für Atomfragen, übernahm im Oktober 1956 das Ministerium für Verteidigung und in dieser Eigenschaft den Aufbau der Bundeswehr. In diese Zeit fiel die Affaire um die Anschaffung des Kampfflugzeugs Starfighter. Ende 1962 verlor er dieses Amt, da ihm vorgeworfen wurde, den Bundestag belogen zu haben (Spiegel-Affäre). Von 1966 bis 1969 war er im Kabinett der Großen Koalition (1966-69) unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) Bundesminister der Finanzen zusammen mit Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller (SPD), mit dem zusammen er die wirtschaftspolitische Konzeption der “konzertierten Aktion” entwickelte. Strauß zählte als Oppositionspolitiker zu den schärfsten Gegnern der Ostpolitik der sozialliberalen SPD/FDP-Koalition. Nach der Landtagswahl von 1978 übernahm er das Amt des bayrischen Ministerpräsidenten. Sein Versuch, die CSU über Bayern hinaus auf Bundesebene zu etablieren (1976), scheiterte ebenso, wie der Versuch Bundeskanzler zu werden, als er 1982 als Kanzlerkandidat dem amtierenden Bundeskanzler Schmidt unterlag. Kohl versuchte ihn nach Bonn zu holen und mit in die Regierungsverantwortung zu integrieren, er aber blieb in Bayern, . übte jedoch von dort aus in der Regierungszeit Kohls (1982 bis 1998) weiterhin großen Einfluß auf die Bundespolitik aus.

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Bild: Matthias Kohler (11/2003)
Bild: Matthias Kohler (11/2003)

Gstaad (Kt. Bern)

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Grabstätte von Liebknecht und Luxemburg im Jahre 1919

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Die Gräber Liebknechts und Luxemburgs im Vordergrund

Bilder: Steffen Giesler (05/2011)

Constantin Hermann Karl Freiherr von Neurath

Während des Kriegsverbrecherprozesses in Nürnberg, 1946 

Deutscher Diplomat und Politiker; einer württembergischen Adelsfamilie entstammend; studierte nach dem Abitur und der Ableistung des Militärdienstes als Einjährig-Freiwilliger im Infanterie-Regiment “Kaiser Friedrich, König von Preußen“ Rechtswissenschaft an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin. 1888 trat er in den württembergischen Justizdienst ein. 1901 in die konsularische Laufbahn des Auswärtigen Dienstes einberufen, sammelte er zwischen 1903 und 1908 als Vizekonsul im deutschen Generalkonsulat in London Erfahrungen. Ab Frühjahr 1915 war er als Botschaftsrat in Konstantinopel und erlebte im damaligen Osmanischen Reich den Völkermord an den Armeniern vor Ort mit. Zum Jahresende 1916 schied er aus dem Dienst au, war bis 1918 Kabinettschef des württembergischen Königs König Wilhelm II und trat danach erneut in den diplomatischen Dienst ein; von 1922 bis 1930 war Botschafter in Rom und von 1930 bis 1932 Botschafter in London. Ab 1932 war er Reichsaußenminister der Regierungen Franz von Papens sowie derjenigen des Generals Kurt von Schleicher in der Weimarer Republik und unter Hitler, bis er 1938 als Außenminister durch Joachim von Ribbentrop ersetzt und auf den Posten eines Reichsministers ohne Geschäftsbereich abgeschoben wurde. 1939 wurde Neurath, der 1937 in die NSDAP eingetreten und ehrenhalber zum Gruppenführer der SS ernannt worden war, bis 1943 Reichsprotektor in Böhmen und Mähren, war allerdings ab 1941 beurlaubt worden - Reinhard Heydrich führte bis zu seiner Ermordung die Geschäfte - und wurde 1943 endgültig durch Wilhelm Frick abgelöst.

Im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß wurde er 1946 u.a. wegen “Verbrechens gegen die Menschlichkeit“ zu 15 Jahren Haft verurteilt, jedoch 1954 vorzeitig aus der Haftantstalt Berlin-Spandau, in der die verurteilten Nazi-Verbrecher einsaßen, entlassen.

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Bilder: Thomas Haas (12/2011)

Vaihingen a.d. Enz OT Kleinglattbach, Friedhof

Bild: Claus Harmsen (stones & art, 09/2015)

Rott a.Inn, Familiengruft

Bild: Claus Harmsen (stones & art, 09/2015)

Berlin, Zentralfriedhof Friedrichsfelde (Gedenkstätte der Sozialisten)

Berlin, Zentralfriedhof Friedrichsfelde (Gedenkstätte der Sozialisten)

Friedrich-Werner Erdmann Matthias Johann Bernhard Erich Graf von der Schulenburg

 

Deutscher Diplomat; Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944; Sohn des preußischen Oberstleutnants Bernhard Graf von der Schulenburg (*1839, †1902) und dessen Ehefrau Margarete Freiin  née. von Waldenfels; studierte nach Ableistung des Militärdienstes als Einjährig-Freiwilliger im 1. Garde-Feldartillerie-Regiment anschließend Rechtswissenschaft in Lausanne, München und Berlin .Ein Jahr nach der zweiten juristischen Staatsprüfung trat er in den konsularischen Dienst des Auswärtigen Amtes ein. 1903 wurde er zum Vizekonsul beim Generalkonsulat in Barcelona ernannt, bevor er 1906 die Leitung des Konsulats Lemberg übernahm; zur selben Zeit war er in Prag und interimistisch in Neapel tätig. 1907 wurde er für das Generalkonsulat in Warschau als Vizekonsul ernannt und war von 1911 bis Anfang 1914 kaiserlicher Konsul in Tiflis. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges diente er in der kaiserlichen Armee. Im August 1915 wurde er vom Auswärtigen Amt als Verbindungsoffizier zur Osmanischen Armee mit Sitz in Erzerum eingesetzt. Nach dem Krieg war Schulenburg im diplomatischen Dienst der Weimarer Republik tätig. Als Botschafter in Moskau ab 1934 führte er die Vorverhandlungen zum Hitler-Stalin-Pakt, der im August 1939 abgeschlossen wurde. Schulenburg blieb bis zum Beginn des Rußland-Feldzuges 1941 in Moskau und riet in genauer Kenntnis der russischen Verhältnisse immer wieder nachdrücklich zur Verständigung mit Stalin. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland schloß sich Schulenburg der Widerstandsbewegung um Carl Friedrich Goerdeler an und war in einer vorgesehenen Regierung Goerdeler für das Amt des Außenministers bestimmt. Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 wurde Schulenburg im August 1944 verhaftet, zum Tode verurteilt und am 10. November in der Hinrichtungsstätte des Strafgefängnisses Berlin-Plötzensee erhängt.

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Bilder: Detlev Buhre (07/2019)

Braunschweig, Hauptfriedhof

Hinweis: Es handelt sich um eine Gedenkstätte

Jacques Chirac

 

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Französischer Politiker, Staatspräsident; Sohn eines Bankangestellten; besuchte nach dem Gymnasium zunächst das Institut d'Études Politiques, später die Harvard University. In den Jahren 1956 bis 1958 absolvierte er in Algerien seinen Militärdienst und besuchte anschließend die Elitehochschule École Nationale d'Administration, um sich auf eine Laufbahn im Staatsdienst vorzubereiten. 1962 kam er als Mitarbeiter in den Stab von Premierministers Georges Pompidou. Zwischen 1972 und 1974 bekleidete Chirac unter Pompidou das Amt des Landwirtschaftsminister. Nach dessen Tod im Jahre 1974 ernannte ihn Pompidous Nachfolger Valéry Giscard D'Estaing (*1926) zum Premierminister (zugleich war Chirac 1974/75 Generalsekretär der gaullistischen UDR, Union Démocratique pour la République). 1976 legte Chirac sein Amt aufgrund politischer Meinungsverschiedenheit nieder und gründete im selben Jahr die gaullistische Partei RPR, Rassemblement pour la République, eine Nachfolgeorganisation der UDR, und übernahm deren Vorsitz. Von 1977 bis 1995 war Chirac Bürgermeister von Paris. 1981 kandidierte er zum ersten Mal für das Präsidentenamt, unterlag jedoch deutlich dem Kandidaten der Sozialisten, François Mitterrand. Erst im zweiten Wahlgang gegen den Sozialisten Lionel Jospin wurde er mit 52,6% der Stimmen in dieses Amt gewählt. Zu Protesten weltweit kam es 1995/96, als er unterirdische Atomwaffenversuche auf dem Mururoa-Atoll durchführen ließ. Bei vorgezogenen Neuwahlen verlor er 1997 seine Mehrheit in der Nationalversammlung Aus diesen Wahlen ging die Linke unter Führung der Sozialistischen Partei (PS) als klarer Sieger hervor; am 3.6.1997 ernannte Chirac den Sozialisten Jospin zum Premierminister und schuf damit erneut eine bürgerlich-linke Cohabitation, die bis 2002 andauerte. Bei den Präsidentschaftswahlen von 2002 überraschend mit der Zweitplatzierung des Rechtsextremisten Jean.-Marie Le Pen konfrontiert, wurde er in den Stichwahlen am 5.5 2002 mit rund 82% der Stimmen als Staatspräsident erneut gewählt. Nach dem deutlichen Sieg der neu gegründeten Union pour la majorité présidentielle (Union für die Mehrheit des Präsidenten) bei den Parlamentswahlen am 9./16.6. 2002 konnte sich Chirac politisch auf eine eigene absolute Mehrheit stützen. In dieser Zeit sprach sich Chirac - ebenso wie Bundeskanzler Gerhard Schröder - entschieden gegen die Pläne der Regierung George W. Bushs (*1946) für den Krieg gegen den Irak aus und legte im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ein Veto gegen die geplanten Resolutionen für den Krieg ein, wodurch sich Verhältnis zu den USA und auch zu Großbritannien erheblich eintrübte.

 

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Bild: Wikibphil (10/2019), Wikipedia.fr
Bild: Wikibphil (10/2019), Wikipedia.fr

Paris, Cimetière du Montparnasse

Sirimavo Ratwatte Dias Bandaranaike

1960, als Ministerpräsidentin

 

Sri-lankische Politikerin und Ministerpräsidentin; der Bevölkerungsmehrheit der Singhalesen entstammend; Tochter eines Politikers und einer renommierten Ärztin; heiratete 1940 Solomon Bandaranaike, der 1956 Ministerpräsident von Ceylon (seit 1971 Sri Lanka) wurde. Nachdem ihr Mann im Jahr 1959 ermordet worden war, übernahm sie die Führung der Sri Lanka Freedom Party (SLFP), die ihr Mann mitbegründet hatte, und wurde 1960, nach dem Wahlsieg der SLFP, Ministerpräsidentin und war damit die erste frei gewählte Regierungschefin weltweit. Sie setzte den probuddhistischen, prosinghalesischen und sozialistischen Kurs ihres Mannes fort, verlor jedoch allmählich die Unterstützung der Bevölkerung und die Unterstützung bei den Wahlen von 1965, konnte jedoch 1970 die Macht erneut gewinnen und setzte den sozialistischen Kurs fort, indem sie u.a. einige Industriezweige und Plantagen verstaatlichte. Außerdem gab sie dem Land eine neue Verfassung und wandelte es in eine Republik um. Allerdings erlitt sie bei den Wahlen im Jahre 1977 eine vernichtende Niederlage, nachdem sich die ethnischen Spannungen verschärft und sich die wirtschaftliche Lage verschlechtert hatte. 1980 wurde Bandaranaike sogar aus dem Parlament ausgeschlossen und der Bürgerrechte für verlustig erklärt. 1986 wurde sie rehabilitiert; sie übernahm wieder den Vorsitz der SLFP. Sirimawos Tochter Chandrika Kumaratunga ernannte nach ihrer Wahl zur Staatspräsidentin im November 1994 ihre Mutter erneut zur Premierministerin; in diesem Amt verblieb sie bis zu ihrem Tode. Sie starb an den Folgen eines Herzanfalls, alsbandaranaike_sirimavo_kinder1961_bd sie sich auf dem Weg zurück nach Colombo befand.

 

Mit ihren beiden Töchtern Sunethra (*1943) und Chandrika (*1945), spätere Premierministerin und Präsidentin von Sri Lanka, sowie Sohn Anura (*1949, †2008), Aufnahme von 1961 no_copyright

 

 

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Bild: Anuradha Dullewe Wijeyeratne (09/2013), Wikipedia.org

 Atthanagalla, Western Province, Horagolla, Bandaranaike Samadhi

Solomon West Ridgeway Dias Bandaranaike

ca. 1939

 

Ceylonesischer Rechtsanwalt, Politiker und Ministerpräsident; schloß das Thurstan College in Colombo mit Auszeichnung und dem drittbesten Cambridge-Examen im gesamten Britischen Empire ab. 1919 ging er nach England und ließ sich an der Universität Oxford zum Rechtsanwalt ausbilden. Nach seiner Rückkehr nach Ceylon wandte er sich der Politik zu, wurde Mitglied in der ”Progressive National Part und wurde 1927 in den Stadtrat von Colombo und 1931 in den Staatsrat gewählt. Von 1936 bis 1947 hatte er im Staatsrat das Ministeramt für Lokale Regierungen. Damit hatte er den Vorsitz über Ceylons lokales Regierungssystem. 1937 etablierte er die „Sinhala Maha Sabha“, einen Rat zur Förderung der singhalesischen Kultur. Von 1947 bis 1951 war er Gesundheitsminister und gründete in selben Jahr die Sri Lanka Freedom Party (SLFP); von 1952 bis 1956 war Bandaranaije Oppositionsführer im Repräsentantenhaus. 1956 schloß er die SLFP mit anderen Parteien zur People's United Front (Vereinigte Volksfront) zusammen und war nach deren Wahlsieg von 1956 bis 1959 Premierminister. Er verfolgte eine nationalistisch bestimmte Politik nach innen und einen neutralistischen Kurs nach außen; seine Sprach- und Religionspolitik (Erhebung des Singhalesischen zur einzigen offiziellen Landessprache, bevorzugte Stellung des Buddhismus) rief 1958 blutige Kämpfe zwischen den vorwiegend hinduistischen Tamilen und den Singhalesen hervor.

Auf Initiative zweier ITAK-Abgeordneter ging Bandaranaike, der seit 1940 mit Sirimavo Ratwatte Dias Bandaranaike verheiratet war, mit dem “Prevention of Social Disabilities Act of 1957“ gegen das Kastenwesen vor; so erhielten nun auch die Unberührbaren Zutritt in hinduistische Tempel und in Berufe, die ihnen vorher verwehrt waren. Im Oktober und November 1957 wurden auf sein Drängen hin die britischen Militärbasen an Ceylon zurückgegeben. Nachdem die Briten das Land verlassen hatte, verloren tausende Tamilen ihre Arbeit auf den Militärbasen. Im Mai 1958 kam es zum ”Tamil Riot“. Tamilische Wohnhäuser und Geschäfte wurden von singhalesischen Nationalisten zerstört und über 1.000 Tamilen wurden getötet und noch mehr vertrieben. Bandaranaike unterschätzte zu Beginn der Rassenunruhen deren Ausmaß; erst als die Situation völlig außer Kontrolle geriet, wurde der Ausnahmezustand verhängt und das Militär konnte die Polizeikräfte erfolgreich unterstützen. In den tamilischen Nord- und Ostprovinzen wurden von ihm Militärregierungen eingesetzt und die ITAK-Parlamentarier wurden verhaftet. Ihnen wurde vorgeworfen, infolge der Unruhen einen Sturz der Regierung und die Errichtung eines unabhängigen Tamilenstaates im Norden und Osten der Insel geplant zu haben. 1958 wurde mit dem Landwirtschaftsminister Philip Gunawardene der ”Paddy Lands Act“ in Kraft gesetzt, aufgrund dessen die kleinen Landpächtern mehr Rechte und Sicherheiten gegenüber den Landbesitzern erhielten. 1959 wurde das Wähleralter wurde von 21 auf 18 Jahre herabgesetzt. Allerdings verursachte der “Paddy Lands Act“ eine starke Opposition innerhalb der Regierung mit der Folge, daß Gunawardene am 18.5.1959 zurücktrat und zur Opposotion wechselte, womit die SLFP die Mehrheit im Parlament einbüßte. Bandaranaike bildete daraufhin eine neue Parteienkoalition und stellte am 9. Juni sein zweites Kabinett vor. Solomon Bandaraneike starb einen Tag nach dem Anschlag des buddhistischen Mönchs Talduwe Somarama Thero.

Die gemeinsame Tochter von Solomon Bandaraneike und seiner Frau Sirimavo, Chandrika Kumaratunga (*1945), war von 1994 bis 2005 Präsidentin Sri Lankas.

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Bild: Anuradha Dullewe Wijeyeratne (09/2013), Wikipedia.org

 Atthanagalla, Western Province, Horagolla, Bandaranaike Samadhi

Politiker VIII

Omnibus salutem!