Franz-Josef Röder

 

Deutscher Politiker (CDU); Ministerpräsident des Saarlands (1959-79); studierte in Freiburg im Breisgau, Innsbruck und Münster Romanistik sowie Geographie und trat nach Abschluß des Studiums den Schuldienst. Von 1937 bis 1945 war er im 1925 gegründeten Deutsche Akademische Austauschdienst e. V. (DAAD) in Schulen im Ausland tätig. Nach dem Krieg arbeitete er zunächst als Dolmetscher bei der Bundesbahn und war ab 1948 erneut im Schuldienst tätig, zuletzt als Oberstudiendirektor am Realgymnasium in Dillingen (Saar). Ab 1955 war Röder als abgeordneter für die CDU Mitglied des saarländischen Landtages, und, als das Saarland 1957 der Bundesrepublik beigetreten war, Abgeordneter des Saarlandes bis zur zweiten Wahlperiode in Bundestag in Bonn. Nachdem der erste Nachkriegsregierungschef des Saarlandes, Egon Reinert, bei einem Autounfall 1959 tödlich verunglückt war, wurde Röder dessen Nachfolger zum Ministerpräsidenten des Saarlandes gewählt, ein Amt, das er - auch in einer Minderheitsregierung - bis 1979 innehielt. Zugleich war er von 1957 bis 1965 Kultusminister und von 1959 bis 1973 Landesvorsitzender der CDU.

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Bilder: Dieter W. Jähne (04/2010)

Saarbrücken, Hauptfriedhof

Bilder: Wolfgang Prokosch (04/2010)

József Antall

 

Ungarischer Politiker; Ministerpräsident (1990-93); studierte nach dem im Jahre 1950 abgelegten Abitur Ungarische Sprache und Literatur bzw. Geschichte an der Universität Budapest und machte zusätzlich eine zusätzliche Ausbildung zum Museologen und Bibliothekar. Ab 1955 war er am József-Eötvös-Gymnasium als Gymnasiallehrer tätig und war während des Ungarischen Volksaufstandes im Oktober 1956 Leiter des dort angesiedelten Revolutionskomitees. Nach dessen blutiger Niederschlagung durch Truppen des Warschauer Paktes wurde er mehrmals verhaftet, konnte aber schließlich wieder als Gymnasiallehrer arbeiten, bis ihn 1959 ein Berufsverbot ereilte und er suspendiert wurde. Danach war er zunächst wieder als Bibliothekat tätig, bis er später Leiter des Semmelweis-Museums wurde, eine Position, die er bis 1974 bekleidete. Als im März 1989 die Opposition den Runden Tisch ins Leben gerufen hatte, wurde Antall in dieses politische Gremium gewählt und nach dem Wahlsieg des Ungarischen Demokratischen Forums (MDF) im Jahre 1990 mit der Bildung eine Regierung beauftragt. Im selben Jahr wurde er Ministerpräsident der ersten frei gewählten ungarischen Regierung nach der politischen Wende in Ungarn 1989 und schuf als solcher die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen zu einer gesellschaftlichen Richtungsänderung im bislang kommunistisch ausgerichteten Ungarn. Noch vor dem Ende seiner offiziellen Amtszeit erlag er einem schweren Leiden.

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Bilder: Wolfgang Prokosch (04/2010)

Adam Georg Nikolaus Károlyi von Nagykároly Graf Mihaly

1918                     1923

Ungarischer Politiker; Ministerpräsident ; entstammte einer der reichsten und einflußreichsten ungarischen Familien; studierte an der Budapester Universität und führte ein privilegiertes Leben in der Jeunesse dorée und High Society des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die Zeit der Wintermonate verbrachte er an der französischen Riviera, wo er große Mengen Geldes beim Kartenspiel verlor und enorme Schulden anhäufte.

Seine politische Karriere begann zunächst im Lager der Konservativen. 1909 wurde er Präsident des ungarischen Agrikulturvereins (OMGE) und 1913 Führer der oppositionellen Vereinigten Unabhängigkeitspartei, mit der er eine größere Selbständigkeit Ungarns von Österreich anstrebte, setzte sich für das allgemeine Wahlrecht, eine bessere Sozialpolitik sowie eine Bodenreform ein. Als Mitglied Mitglied des Parlaments führte die Opposition gegen die militaristische Politik des Ministerpräsidenten István Tisza an. Während des Krieges unterstützte Károlyi aktiv die Friedensbewegung. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und dem Zerfall der k.u.k.-Monarchie bildete seine Partei im Oktober 1918 mit den Bürgerlichradikalen und den Sozialdemokraten den Ungarischen Nationalrat. Am 16.11.1918 rief er als Ministerpräsident die Republik Ungarn aus. Am 11.1.1919 wurde er vom Nationalrat zum Präsidenten der jungen Republik gewählt. Trotz der Reformen und fortschrittliche Gesetzesinitiativen, die Károlyi auf den Weg brachte, gelang es nicht, den Zerfall der öffentlichen Ordnung und der sich katastrophal verschlechternden Lebensbedingungen zu verhindern; außerdem fand er nicht die erhoffte Unterstützung seitens der Entente, und als die Alliierten eine Sicherheitezone an der ungarisch-rumänischen Demarkationslinie und eine weitere Rückverlegung der ungarischen Truppen forderten, sah er sich zum Rücktritt genötigt, der am 21.3.1919 erfolgte. Er übergab die Regierungsgeschäfte seinem Ministerpräsidenten Béla Kun und ging wenig später ins Exil nach Paris. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Ungarn zurück und wurde 1947 Botschafter seines Landes in Frankreich. Aus Protest gegen den stalinistischen Terror in Ungarn legte er 1949 jedoch sein Amt nieder.

1914 heiratete er die zwanzig Jahre jüngere Katinka Andrássy (*1892, †1985), Stieftochter des Magnaten und Politikers Gyula Andrássy.

 

 

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Budapest, Kerepesi Temetö

Budapest, Kerepesi Temetö

Bilder: Hans-Christian Seidel (04/2010)

Hanna-Renate Laurien

 

Deutsche Politikerin (CDU); Tochter eines Chemikers und einer Lehrerin; studierte Germanistik, Anglistik und Philosophie an der Humboldt-Universität im noch ungeteilten Berlin. Nach der Teilung der Stadt war sie 1948 Mitbegründerin der Freien Universität in West-Berlin. Nach Abschluß der Studien war sie zunächst im Schuldienst tätig. Während ihrer Schultätigkeit in Köln wurde sie 1966 Mitglied der CDU und war von 1967 bis 1970 stellvertretende Kreisvorsitzende der CDU in Köln. Außerdem gehörte sie von 1975 bis 1981 dem rheinland-pfälzischen Landtag an und war ab 1976 Kultusministerin im Kabinett von Bernhard Vogel an, als dieser Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz wurde. 1981 wechselte sie als Schul- und Jugendsenatorin nach Berlin. Ihr Bemühen, Nachfolger Richard von Weizäckers als Regierende Bürgermeisterin Berlins zu werden scheiterte; sie verlor in einer internen CDU-Abstimmung gegen Eberhard Diepgen. Sie wurde jedoch zusätzlich zu ihrer Position als Schul- und Jugendsenatorin Bürgermeisterin von Berlin, schied aber, als Walter Momper 1989 Regierender Bürgermeister wurde, aus beiden Ämtern aus. Am 11.1.1991 wurde sie zur Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin gewählt, ein Amt, das sie bis 1995 innehielt. 1996 wurde Hanna-Renate Laurien der Ehrentitel einer Stadtältesten von Berlin verliehen.

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Berlin-Spandau, Friedhof in den Kisseln

Bilder: Hans-Christian Seidel (04/2010)

Otto Friedrich Wilhelm von der Wenge Graf Lambsdorff

Bild: Bundearchiv

Deutscher Politiker (FDP); nach einer schweren Verwundung im Zweiten Weltkrieg (ihm mußte das linke Bein oberhalb des Knies amputiert werden) und Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft holte Lambsdorff 1946 das Abitur nach, studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Bonn und Köln und promovierte 1952. Nach dem 2. juristischen Staatsexamen war er von 1955 bis 1971 im Bankenwesen tätig und, ab 1960 als Rechtsanwalt zugelassen, in verschiedenen Unternehmen der Privatwirtschaft. Lambsdorff, der 1951 Mitglied der Freien Demokratischen Partei (FDP) wurde, war von 1968 bis 1978 als Schatzmeister und Mitglied im FDP-Landesvorstand des Landes Nordrhein-Westfalen und gehörte ab 1972 auch dem FDP-Bundesvorstand und seit 1982 dem Präsidium der FDP an; von 1988 bis 1993 bekleidete er das Amt des Bundesvorsitzender der FDP. Zweimal - von 1977 bis 1982 unter Bundeskanzler Helmut Schmidt und ab 1982 unter Helmut Kohl (1984 Rücktritt wegen Verwicklung in die Parteispendenaffäre) – war er Bundeswirtschaftsminister. 1987 wurde Graf Lambsdorff gemeinsam mit dem Flick-Manager Eberhard von Brauchitsch sowie dem vormaligen Bundeswirtschaftsminister Hans Friderichs (*1931) wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig mit einer Geldstrafe in Höhe von DM 180.000 verurteilt; vom Vorwurf der Bestechung bzw. Bestechlichkeit sprach das Gericht ihn allerdings mangels Beweisen frei. 1993 wurde er Ehrenvorsitzender der FDP. Außerdem war Lambsdorff von 1991 bis 1994 Präsident der Liberalen Internationale (ab 1996 deren Ehrenpräsident) sowie von 1995 bis 2006 Vorsitzender des Vorstandes der Friedrich-Naumann-Stiftung. Lambsdorf, der einen strikten marktwirtschaftlichen Kurs vertrat, war als Beauftragter der Bundesregierung für die Verhandlungen über die Entschädigung von ehemaligen NS-Zwangsarbeitern ab Ende 1998 tätig und konnte diese Tätigkeit erfolgreich mit der Unterzeichnung eines entsprechendes Abkommen am 17.7.2000 beenden.

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Stahnsdorf, Südwest-Friedhof

André Maginot

                 

Französischer Politiker; schlug nach seinem Militärdienst und einer Verwaltungsausbildung eine politische Laufbahn ein. Von 1910 bis 1932 war er Abgeordneter der Demokratischen Linken in der Nationalversammlung und von 1913 bis 1914 Staatssekretärs im Kriegsministerium, sowie 1917 Kolonialminister. 1920 bis 1924 war er Pensionsminister und von 1922 bis 1924 Kriegsminister, bevor er von 1928 bis 1929 erneut Kolonialminister und ab 1929 bis zu seinem Tode schließlich Kriegsminister wurde.

Bekannt wurde Maginot als Initiator der nach ihm benannten Maginot-Linie, einem Befestigungsgürtel im Nordosten Frankreichs, der das französische Staatsgelände vor dem Eindringen deutscher Truppen bewahren sollte. Das gewaltige, aus starkem Beton zwischen 1929 und 1936 (im Kern allerdings bereits 1932 fertiggestellt) errichtete Bauwerk war mit einem eigenen Eisenbahnnetz, gewaltigen Kanonen sowie klimatisierten Unterkünften für die Soldaten ausgerüstet. Der Schutzwall blieb ohne Wirkung: Als 1940 deutsche Truppen in Frankreich einmarschierte, nahmen sie unter Verletzung der belgischen und niederländischen Neutralität den Weg über Belgien, und an der französisch-belgischen Grenze gab es keine Maginot-Linie. Zudem waren seit Beginn des Zweiten Weltkrieges an der Maginot-Linie erhebliche französische Kräfte (ca. 48 französische Divisionen) gebunden. Später im Jahr 1940 wurde die Maginot-Linie dann auch noch frontal durch die deutsche Heeresgruppe C durchbrochen.

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Bilder: Bernd Wolter (04/2010)

Revigny-sûr-Ornain, Cimetière communal

Edmund Burke

    pinxit Joshua Reynolds (1771)

Britischer Politiker und Publizist; studierte am Trinity College und in London; ab 1757 war Burke über 30  Jahre hinweg Herausgeber des The Annual Register, eines von ihm begründeten politischen Jahrbuches. 1761 wurde er Privatsekretär des Ersten Sekretärs für Irland, William Hamilton und vier Jahre später bei Charles Watson-Wentworth, Premierminister von 1765 bis 1766, und blieb bis zu dessen Tod 1782 in seinen Diensten. 1766 wurde er als Mitglied der liberalen Partei der Whigs in das Parlament gewählt und nahm als deren publizistisches Sprachrohr Stellung auch gegen die kompromißlose Haltung der britischen Politik in der Auseinandersetzung mit den amerikanischen Kolonien Englands Stellung. In seiner Denkschrift Thoughts on the Cause of the Present Discontents (1770, dt. Gedanken zur Ursache der gegenwärtigen Unzufriedenheit) sowie in zwei Reden, On American Taxation (1774, dt. Über die Besteuerung Amerikas) und Conciliation with America (1775, Versöhnung mit Amerika), drängte er auf einen Ausgleich mit den amerikanischen Kolonien. Im Jahr 1781 wurde er in einen parlamentarischen Sonderausschuß über die Indien-Frage gewählt und entwarf nach der Regierungsübernahme im Jahre 1782 durch die Whigs 1783 eine Ostindien-Gesetzesvorlage, die vom Parlament allerdings abgelehnt wurde. 1786 tat er sich als Ankläger gegen die Politik von Warren Hastings in Indien und die Kolonialherrschaft der britischen Ostindien-Kompanie (East India Company) hervor. Auch kritisierte er die Versuche König Georgs III., die königliche Macht gegenüber dem Parlament zu stärken. Als 1789 die Französische Revolution ausbrach, enthielt sich Burke zunächst eines Urteils, wandte sich aber bald gegen sie und ihre Sympathisanten in Großbritannien. Seine Schrift Reflections on the Revolution in France (1790, dt. Betrachtungen über die Revolution in Frankreich), in der er die Ziele der Französischen Revolution scharf verurteilte, fand überall in Europa große Beachtung und wiesen ihn als einen der redegewandtesten Verteidiger der bestehenden Ordnung aus. 1794 zog sich Burke, der heute als einer der geistigen Gründerväter des politischen Konservatismus gilt, aus dem Parlament zurück.

Sein erstes bedeutendes Werk war A Vindication of Natural Society (1756, dt. Eine Rechtfertigung der natürlichen Gesellschaft), eine Satire, die den britischen Staatsmann Henry John Bolingbroke lächerlich machte. Dieses anonym veröffentlichte Werk erregte beträchtliches Aufsehen.

Werke u.a.: A Philosophical Enquiry into the Origin of our Ideas of the Sublime and Beautiful (1757, dt. Philosophische Untersuchung über den Ursprung unserer Ideen vom Erhabenen und Schönen)

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Beaconsfield (Buckinghamshire), St Mary and All Saints Church

Ottmar Schreiner

 

 

Deutscher Politiker (SPD); studierte nach einer Zeit als Zeitsoldat bei der Bundeswehr, in der er u.a. als Fallschirmjäger ausgebildet wurde, ab 1968 Rechtswissenschaften an der Universität des Saarlandes, der Freien Universität in Berlin sowie in Lausanne. 1969 trat Schreiner in die SPD ein und engagierte sich zunächst vor allem bei den Jusos und in der studentischen Politik an den Hochschulen. Er war eines der Gründungsmitglieder der Juso-Hochschulgruppen und wurde in das Studentenparlament der Universität des Saarlandes in Saarbrücken gewählt. Von 1970bis 1972 war er Vorsitzender des Allgemeinen Studenten-Ausschusses (AStA) und gehörte von 1972 bis 1973 dem Vorstand des Verband Deutscher Studentenschaften (VDS) an. Von 1980 bis zu seinem Tode war er Bundestagsabgeordneter, von 1997 bis 1998 stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und von 1998 bis 1999 Bundesgeschäftsführer der SPD. Zwölf Jahre, von 2000 bis 2012, war er Bundesvorsitzender der einst einflußreichen SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA). Der Agenda 2010 von Kanzler Gerhard Schröder trat Schreiner als Anhänger der Grundprinzipien der SPD vehement entgegen. Ottmar Schreiner galt als einer der profiliertesten Vertreter des linken Parteiflügels der SPD.

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Bilder: Dieter Rust (07/2015)

Saarlouis, Alter Friedhof

Alexander Schalck-Golodkowski

 

 

Deutscher Politiker (SED); Wirtschaftsfunktionär der DDR; Sohn eines zaristischen Offiziers, der nach der Oktoberrevolution Rußland verlassen hatte und später die russische Dolmetscherschule der Wehrmacht in Berlin-Moabit leitete. Nach einer abgebrochenen Ausbildung zum Bäcker absolvierte er von 1948 bis 1950 eine Ausbildung zum Feinmechaniker. 1951 trat er in die Freie Deutsche Jugend (FDJ) ein. Ab 1952 arbeitete Schalck-Golodkowski als Sachbearbeiter in einem Außenhandelsbetrieb; nach kurzer Zeit wechselte er in das Ministerium für Außenhandel und innerdeutschen Handel der DDR, wo er innerhalb eines Jahres zum Hauptreferenten des Referates Werkzeugmaschinen aufstieg. Nachdem er an der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät der Humboldt-Universität in Berlin das Abitur nachgehoöt hatte, studierte er an der Hochschule für Außenhandel in Staaken Ökonomie und beendete das Studium 1957. Noch vor dem ende des Studiums wurde Schalck-Golodkowski, die 1955 Mitglied der Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) geworden war, Hauptverwaltungsleiter beim Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen Handel. Er wurde Oberst im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) und Wirtschaftsfunktionär der DDR, und er war Leiter des geheimen Bereichs für Kommerzielle Koordinierung im Ministerium für Außenhandel, der durch die Arbeitsgruppe Bereich Kommerzielle Koordinierung (AG BKK) des MfS kontrolliert wurde. Der Bereich Kommerzielle Koordinierung war zuständig für den geheimgehaltenen Handel mit dem kapitalistischen Ausland. Bekanntheit erlangte Schalck im Nachhinein für die Aushandlung eines Kredits in Höhe von einer Milliarde D-Mark, den ein westdeutsches Bankenkonsortium der DDR 1983 gewährte und der die DDR vor dem Staatsbankrott bewahrte. Schalck-Golodkowskis Verhandlungspartner auf westdeutscher Seite war der damalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU). Schalck versorgte aber auch die Führungsriege der DDR-Politiker mit westlichen Luxusgütern.

Nach dem Fall der Mauer fühlte sich Schalck-Kolodkowski, einst einer der mächtigsten Männer in der DDR, nicht mehr sicher und flüchtete in der Nacht zum 3.12.1989 nach Westberlin. Es schien so, als mache man ihn für alle Übel in der untergehenden DDR allein verantwortlich. Nach der “Wende” untersuchte ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß zwischen 1991 und 1994 die Strukturen von KoKo und die Rolle Schalck-Golodkowskis. Darüber hinaus wurde gegen ihn u.a. wegen illegalen Waffen- und Kunsthandels, Finanzmanipulationen, Betrugs, Erpressung und Spionage ermittelt. Ein Teil der Verfahren wurde 1992/93 eingestellt. In einem Prozeß, der 1995/96 vor dem Berliner Landgericht (199596) geführt wurde, wurde Schalck-Golodkowski zu einer Haftstrafe von einem Jahr ausgesetzt auf Bewährung verurteilt - allerdings wegen illegaler Waffengeschäfte und illegalen Imports von Mikrochips - beides war mit einem Militärregierungsgesetz von 1949 nicht vereinbar.

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Berlin-Weißensee, Ev. Auferstehungs-Friedhof

İsmail Enver [osman. ‏اسماعیل انور‎] bekannt als Enver Pascha

 

Osmanischer Politiker, Generalleutnant; der Sohn eines Eisenbahnarbeiters und einer albanischen Bäuerin wuchs in einfachen Verhältnissen auf; erhielt jedoch eine gute Schulbildung; 1897 nahm er als Mitglied der jungtürkischen Bewegung an den gescheiterten Studentenprotesten gegen die Regierung unter Sultan Abdülhamid II. teil. 1902 ging er von der türkischen Militärakademie ab und kam anschließend in Makedonien im Kampf gegen griechische und bulgarische Nationalisten zum Einsatz. 1906 schloß er sich der Reformbewegung der Jungtürken an, und an der Jungtürkischen Revolution von 1908, die zur Wiedereinführung der suspendierten Verfassung von 1876 führte, hatte Enver Pascha maßgeblichen Anteil. 1909 wurde er als Militärattaché an der osmanischen Botschaft in Berlin akkreditiert; bis er 1911 wieder in die Türkei zurückkehrte, wohnte er in Klein Glienicke. 1911/12 nahm eram Italienisch-Türkischen Krieg in Libyen sowie 1912/13 an den Balkankriegen teil; im Januar 1913 wirkte er am zweiten Staatsstreich der Jungtürken mit. Im Juli 1913 eroberte Enver Pascha die Stadt Edirne zurück.. Als Kriegsminister erwirkte er 1914, daß die Türkei an die Seite Deutschlands trat, und leitete als Vizegeneralissimus die türkischen Operationen bis Kriegsende. Da er für die Niederlage mitverantwortlich gemacht und entlassen wurde, floh er 1918 als Gegner Kemal Atatürk, mit dem er eine Zeit lang rivalisiert hatte, zunächst nach Berlin, dann nach Sowjetrußland. 1921 brach er allerdings mit den Sowjets und unterstützte in Zentralasien einen muslimischen Aufstand gegen die Sowjetregierung. Enver Pascha fiel im Kampf gegen sowjetische Truppen in Tadschikistan.

Mit Wilhelm II.. an der Front in Galipoli im Oktober 1917: Vordere Reihe von links: Admiral Guido von Usedom, Kaiser Wilhelm II., Enver Pascha, Vizeadmiral Johannes Merten.

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Bild: Basak Tosun (07/2011) Wikipedia.org

Istanbul, Abide-i Hurriyet Cemetry

Hinweis: Enver Pascha wurde zunächst in Duschanbe (Tadschikistan) beigesetzt. 1996 wurden seine sterblichen Überreste dann in die Türkei transferiert und schließlich am 4. August 1996, dem Jahrestag seines Todes,  in Istanbul im Beisein u.a. des türkischen Präsidenten Suleyman Demirel beigesetzt.

Bilder: Hajo Rackel (11/2015)
Politiker LXIII

Omnibus salutem!