Deutscher Philosoph; Großvater von Fanny Mendelssohn und Felix Meldelssohn Bartholdy, Vater von Dorothea Schlegel, leidenschaftlicher Vorkämpfer der politischen und sozialen Bürgerrechte und einer Symbiose der Juden mit den Christen, wurde von seinem Vater sowie von dem Rabbiner David Fränkel (*1707, †1762) erzogen, lebte ab 1742 in Berlin, wurde dort 1750 als Hauslehrer mit der Erziehung der Kinder eines Seidenhändlers betraut und später dessen Partner. Im Jahr 1754 machte er die Bekanntschaft des deutschen Dramatikers und Kritikers Gotthold Ephraim Lessing, mit dem ihn fortan eine lebenslange Freundschaft verband und für den er als Buchhalter arbeitete. Lessing, ein bedeutender Befürworter der jüdischen Emanzipation, nahm Mendelssohn zum Vorbild seines Stückes Nathan der Weise (1779). Lessing war auch der Herausgeber von Mendelssohns Philosophischen Gesprächen, die 1755 anonym erschienen. Im gleichen Jahr veröffentlichten sie die gemeinsam verfaßte Satire Pope ein Metaphysiker. Seine Wahl in die Berliner Akademie (1771) wurde durch Friedrich II. wegen seiner jüdischen Abstammung nicht bestätigt. Mendelssohn galt als der „Sokrates der Deutschen”. Seit 1762 war er mit der aus Hamburg stammenden Fromet Guggenheim verheiratet.
Seine Frau, Frumet Mendelssohn.
Werke u.a.: Abhandlung über die Evidenz in den Metaphysischen Wissenschaften (1764), Phädon (1767).
Inschrift: Hier ruht der weise Rabbi Moses von Dessau, geboren am 12 Elul 5489, gestorben am Mittwoch dem 5 Shvat, und beerdigt am nächsten Morgen, Donnerstag den 6. 5546. Möge seine Seele mit dem Band des ewigen Lebens verbunden sein.
Lessing und Lavater zu Gast bei Moses Mendelssohn (pinxit Moritz Daniel Oppenheim 1856)
Berlin, Alter jüdischer Friedhof
Deutscher Philosoph; studierte ab 1699 Theologie, dann Mathematik und Physik und habilitierte 1703 in diesen beiden Fächern in Leipzig, ab 1706 Professor der Mathematik und Physik in Halle (Saale), hielt dort auch Vorlesungen in Philosophie. 1723 erreichten seine pietistischen Gegner, v.a. August Hermann Francke und J. Lange, von Friedrich Wilhelm I. seine Amtsenthebung als Religionsfeind und Determinist und seine Landesverweisung, wurde 1723 Professor in Marburg, 1740 jedoch von Friedrich II., dem Großen, als Professor für Natur- und Völkerrecht nach Halle zurückberufen, 1745 zum Reichsfreiherrn ernannt. Von René Descartes, E. Wolff von Tschirnhaus und der Spätscholastik beeinflußt, brachte Wolff zentrale Teile der leibnizschen Philosophie in eine schulmäßige systematische Fassung, wobei die Intentionen von Gottfried Wilhelm Leibniz oftmals verschoben sind. Wolff vertritt die Idee der bürgerlichen Gesellschaft von der freien Entfaltung des Individuums in einem nach Vernunftgesetzen geordneten Rechtsstaat, der bei Wolff am ehesten dem Ideal des aufgeklärten Absolutismus entspricht.
Werke u.a.: Der Anfangs-Gründe aller mathematischen Wissenschaften (4 Bde.1710), Vernünfftige Gedancken Von der Menschen Thun und Laßen (1720), Vernünfftige Gedancken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen, auch allen Dingen berhaupt (1720); Allerhand nützliche Versuche dadurch zu genauer Erkäntnis der Natur und Kunst der Weg gebhnet wird (3 Bde. 1721-23), Philosophia practica universalis (2 Bde 1738-39), Jus naturae (8 Bde. 1740-48), Jus gentium (1749); Philosophia moralis sive ethica (5 Bde. 1750-53), Oeconomica methodo scientifica pertractata (2 Bde. 1754-55).
Halle (Saale), Alter Giebichensteiner Friedhof (Grab eingeebnet)
Christian-Wolff-Haus in Halle, in dem Wolff von 1740 bis zu seinem Tode lebte (1558 erbaut von Baumeister Nickel Hoffmann)
Deutscher Philosoph und Psychologe; Vater von Max Wundt (Philosoph, *1879, †1963), studierte Medizin in Tübingen und Heidelberg und war von 1858-62 Assistent am Institut für Physiologie bei Hermann Ludwig Ferdinand von Helmholtz in Heidelberg, sowie dort ab 1864 Professor für Anthropologie und medizinische Psychologie. Von 1864 bis 1868 war er Abgeordneter in der 2. Kammer des badischen Landtags und ab 1874 Professor für induktive Philosophie in Zürich, sowie ab 1875 für Philosophie in Leipzig, wo er 1879 das erste Institut für experimentelle Psychologie begründete. 1881 gründete er die psychologische Fachzeitschrift Philosophische Studien. Wundt war Vertreter einer Bewußtseinspsychologie.
Werke u.a.: Beiträge zur Theorie der Sinneswahrnehmung (1862), Vorlesungen über die Menschen- und Thierseele (2 Bde., 1863), Grundzüge der physiologischen Psychologie (2 Bde. 1873-74); Logik (2 Bde., 1880-83), Ethik (1886), System der Philosophie (1889), Völkerpsychologie (10 Bde., 1900-20), Sinnliche und übersinnliche Welt (1914), Die Zukunft der Kultur (1920).
Autobiographie: Erlebtes und Erkanntes (1920).
Leipzig, Südfriedhof
Deutscher Philosoph; der Sohn eines Bauern ließ sich 1599 als Schuhmachermeister in Görlitz nieder; nach dem Verkauf des Geschäftes wurde er von Gönnern ernährt. Böhme erarbeitete sich als Autodidakt ein umfangreiches Wissen. Seine Erleuchtung (1600) wurde richtungsweisend für sein Denken; er trat aber erst 10 Jahre später mit seinen Werken in Erscheinung. Als er 1612 mit seiner Schrift Morgenröte im Aufgang (genannt Aurora), an die Öffentlichkeit trat, wurde er wegen seiner mystisch-spekulativen Theologie angegriffen - er galt unter Mitbürgern als verwirrter Enthusiast und Phantast -, und ihm wurde auf Betreiben der orthodoxen protestantischen Geistlichkeit (besonders des lutherischen Hauptpastor G. Richter) das Schreiben untersagt. Trotzdem verfaßte er in rascher Folge eine Anzahl weiterer Werke. Beeinflußt von der deutschen Mystik und vom Neuplatonismus suchte er in symbolischer Deutung realer Erfahrungen den innersten Grund des Seins zu erfassen. Böhme ist der erste deutschschreibende Philosoph, und er wurde von seinen Freunden, schlesischen Ärzten und Adligen, daher “Philosophus Teutonicus” genannt. Sein Stil ist oft unbeholfen und schwer verständlich, aber von gewaltiger Gestaltungskraft. Seine Lehre wirkte aufgrund der Verwendung anschaulicher Symbole wie Kreuz, Lilie, Herz Gottes, Rad und Triangel auf Menschen aller Kreise gleichermaßen und fand in Deutschland, Holland, Frankreich, England und Rußland viele Anhänger. Von ihm beeinflußt wurden u.a. Isaac Newton, Johann Conrad Lichtenberg, der Vater Georg Christoph Lichtenbergs, J.W.v.Goethe, Novalis, Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling, Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Seine praktischen Betrachtungen wirkten auf den deutschen Pietismus des 17. und 18. Jahrhunderts und auf englische Sekten, besonders auf die der Quäker.
Werke u.a.: Beschreibung der drei Prinzipien göttlichen Wesens (1619), Vom dreifachen Leben des Menschen (1619/20), Vierzig Fragen von der Seelen (1620), Von der Gnadenwahl (1623), Mysterium Magnum (1623).
Görlitz, Alter Friedhof an der Nikolaikirche
Konfuzius (K'ung-fu-tzu, Kong Qiu)
Chinesischer Philosoph; zweiter Sohn des Burgvogts von Qiu und Beamter in Lu, dem heutigen Shandong, erhielt nach dem Todes seines Vaters, der seine Familie in Armut zurückließ, von 539 bis 533 v. Chr. Privatunterricht von seinem Großvater. 518 v. Chr. hat er angeblich Laozi (Laotse) in Luoyang getrofen. Zwei Jahre floh er vor internen Machtkämpfen und ging im Nachbarstaat Qi ins Exil. Erst im Alter kehrte er nach einem langen Wanderleben wieder in sein Heimat zurück. Dort sei er gemäß einer Überlieferung im Alter von 50 Jahren Magistrat von Zhongdu, im darauf folgenden Jahr Justizminister im Staat Lu und schließlich 498 v.Chr. stellvertretender Kanzler geworden. Alles, was von ihm und über ihn überliefert ist, beruht auf Berichten Dritter; er selber hinterließ keinerlei schriftliche Aufzeichnungen. Seine eigene, von ihm selbst nur mündlich vorgetragene Lehre ist von seinen Schülern in dem Buch Lun-yu (dt. Gespräche) festgehalten worden. Die in seiner Zeit zunehmenden Brüche der traditionellen Gebräuche und Vorschriften führten zu einer Krise des mythologisch-religiösen Wertesystems. Die Kreise der Schreiber und Annalisten, denen Konfuzius zuzurechnen ist, strebten eine Rückkehr zur Formung von Edlen (junzi) an. Als Meister einer kleinen Schule sammelte er Schüler um sich und erstrebte eine Neuerrichtung des alten Feudalreiches auf ethischer Grundlage. Er bemühte sich aber offenbar um die Redigierung der Fünf Klassiker (Konfuzianismus). Während der Zeit Chinas unter Mao Zedongs waren die jährlichen, anläßlich seines Geburtsdatum an seinem Grab gefeierten Zeremonien verboten, da die kommunistische Partei Konfuzius und den Konfuzianismus als reaktionär feudalistisch ansah. Erst nach den 1990er Jahren waren die Feierlichkeiten wieder gestattet.
Konfuzius mit seinem 30 Jahre jüngeren Schüler Yen Hui.
Inschrift auf der vorderen Grabstele in Siegelschrift: König der Literatur.
Inschrift auf der hinteren Stele: xuan, sheng, mu (i.e. Grab des heiligen Königs [WenXuan]; ein von Kaiser Tang-Gao-Zong an Konfuzius verliehene Titel)
Qufu, Kong Lin (Prov. Shandong), China
Hinweis: Bei der hier abgebildete Stele, die sich hinter der vorderen Grabstele befindet, handelte es sich um den Originalgrabstein.
Deutscher Philosoph; Sohn eines früh verstorbenen Postmeisters; Vater des Ökonomen und Entwickler der Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft Walter Eucken; studierte ab 1863 Philosophie, klassische Philologie und alte Geschichte bei Gustav Teichmüller und Rudolf Hermann Lotze an der Universität Göttingen, sowie anschließend in Berlin. Nach seiner Promotion im Jahre 1866 war er ab 1867 zunächst als Gymnasiallehrer in Husum und Berlin tätig, dann von 1869 bis 1871 am Städtischen Gymnasium Frankfurt am Main, an dem er Alte Sprachen und ev. Religion unterrichtete. Auch während dieser Tätigkeiten setzte sich Rudolf Eucken mit philosophiegeschichtlichen Fragen auseinander und beschäftigte sich insbesondere mit den Werken des Aristoteles und Thomas von Aquins. 1871 wurde er als ordentlicher Professor auf den Lehrstuhl der Philosophie nach Basel und 1874 nach Jena gerufen. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges war er mehrmals Austauschprofessor (1911 in England; 1913 bis 1914 in den USA; 1914 in Holland).
Euckens Philosophie knüpft an den deutschen Idealismus, besonders den Johann Gottlieb Fichtes an. Das zentrale Anliegen Euckens war das “Erstarken einer Philosophie des Lebens”. Sein zentrales Anliegen war das “Erstarken einer Philosophie des Lebens”, das durch die Befreiung des Menschen, verhaftet in “dem Technischen verfallenen Scheinkultur”, aus “Flachheit und Zerstreuung” erreicht werden sollte. Mit dieser Forderung wurde Eucken zu einem führenden Wortführer der traditionsorientierten intellektuellen Elite, die um 1900 den Verfall von Kultur und Gesellschaft beklagte. Euckens Philosophie wandte sich damit allerdings nicht nur gegen den Materialismus von Naturwissenschaft und Technik, sondern auch gegen die Traditionen der Aufklärer und Rationalisten.
Werke u.a.: Die Einheit des Geisteslebens in Bewußtsein und Tat der Menschheit (1888); Mensch und Welt (1918).
Auszeichnungen u.a.: Literaturnobelpreis (1908)
Inschrift: Was huelfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele.
Giovanni Pico Conte della Mirandola
Italienischer Philosoph; Sohn des Grafen Gianfrancesco Pico della Mirandola. Als dieser 1467 starb, wurde der kleine Pico von seiner Mutter erzogen. Ausgestattet mit einem bemerkenswerten Gedächtnis, erlernte er Latein und vermutlich auch Griechisch und wurde auf eine kirchliche Laufbahn vorbereitet. 1477 begann er Kirchenrecht in Bologna zu studieren; wechselte aber, nachdem seine Mutter im Jahr 1478 starb, 1479 nach Ferrara, wo er sich den studia humanitatis zuwandte, und 1480 nach Padua zum Studium der Philosophie. 1483 übersiedelte er nach Florenz und gehörte dort zum Kreis um Lorenzo de’ Medici, dem u.a. die Humanisten Marsilio Ficino, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbandund der ihn philosophisch beeinflußte, und Angelo Poliziano angehörten. Von Juli 1485 bis März 1486 hielt er sich in Paris auf, wo er scholastische Philosophie studierte. Nach seiner Rückkehr nach Italien, lud er europäische Gelehrte nach Rom ein, um dort über seine 900 Thesen zu diskutieren, die er bereits in Paris begonnen hatte. Im Februar 1487 untersagte Papst Innozenz VIII. die geplante Debatte und setzte eine Kommission ein, um die Vereinbarkeit der Thesen mit den Prinzipien der Kirche überprüfen zu lassen. Nachdem 13 seiner Thesen abgelehnt wurden, versprach Pico sie zu widerufen, kam dem Versprechen jedoch nicht nach; vielmehr fuhr er fort, sie mit der Schrift Apologia J. Pici Mirandolani, Concordiae Comitis (1489), die er Lorenzo zueignete, zu verteidigen. Als der Papst von der Verbreitung der Schrift erfuhr, berief er ein inquisitorisches Gericht ein, das Pico zwang, auf die Apologia zu verzichten. Obwohl Pico der Aufforderung nachkam, erklärte der Papst Picos Thesen als unorthodox, als "teilweise häretisch”. Pico sah sich gezwungen, 1488 nach Frankreich zu fliehen, wo er von Philipp II. von Savoyen festgenommen und in Vincennes inhaftiert wurde Erst auf Fürsprache mehrerer italienischer Fürsten, die Lorenzo und Karl VIII. veranlaßt hatte, gab der Papst schließlich nach, so daß Pico nach Florenz unter den Schutz Lorenzos zurückkehren konnte. Allerdings zogen sich die Sanktionen noch bis 1493 hin, nachdem der neue Papst Alexander VI. 1492 den Stuhl Petri bestiegen hatte. Seinen synkretistischen Überzeugungen hat Pico jedoch nie abgeschworen. Er ließ sichi n einer Villa in der Nähe von Fiesole nieder, die ihm Lorenzo zur Verfügung stellte und wo er seine Werke Heptaplus id est de Dei creatoris opere (1489) und De Ente et Uno verfaßte. Nach dem Tode seine Beschützers und Gönners ging er nach Ferrara, kehrte aber immer wieder nach Florenz zurück, wo er Anhänger Savonarolas wurde. Pico starb unter sehr mysteriösen Umständen; es wurde gemunkelt, er sei von seinem Sekretär vergiftet worden, weil er eine zu große Nähe zu Savonarola eingenommen habe. Savonarola hielt die Grabrede, und sein Freund Ficino schrieb: "Unser lieber Pico verließ uns am selben Tag, an dem Karl VIII. in Florenz einrückte ... Florenz hat vielleicht niemals einen düsteren Tag gesehen, als den, als Mirandolas Licht erlosch.”
Pico erstrebte die Überhöhung des christlichen Weltbildes im Sinne eines Bildungshumanismus. Der Mensch sei ein “Mikrokosmos”, in dem alle Möglichkeiten angelegt sind und der sich, entsprechend den Seinsstufen, für das Elementarische, Tierische oder Himmlische entscheiden kann.
Inschrift (vom Dichter Ercole Strozzi): Hier ruht Giovanni Mirandola. Den Rest wissen sowohl der Tajo,als auch der Ganges und die Antipoden.
Florenz, S. Marco, Benediktinerkloster
Hinweis: Bei der vor den Grabplatten sitzenden Figur handelt es sich um diejenige des Mönches Savonarola.
Wladimir Sergejewitsch Solowjow [russ. Владимир Сергеевич Соловьёв]
Russischer Religionsphilosoph und Schriftsteller; Sohn des Historikers Sergej Solowjow; von 1869 bis 1873 studierte er an der Moskauer Universität zunächst an der Naturwissenschaftlichen, später der Historisch-Philologischen Fakultät. Aufsehen erregte seine Magisterdissertation mit dem Titel Die Krise der westlichen Philosophie (1874). 1875 beschäftigte er sich vorwiegend mit kabbalistischen Quellen und unternahm nach einer “Sophía-Vision” eine Reise nach Ägypten, von wo er 1876 zurückkehrte und zunächst in Moskau lehrte, bevor er 1880 eine Professur für Philosophie in Sankt Petersburg annahm. Bereits im Folgejahr wurde er jedoch mit einem Lehrverbot belegt, da er sich für die Begnadigung des Attentäters, der am 1./13. 3.1881 Zar Alexander II. getötet hatte, eingesetzt hatte. Er verabschiedete sich von seinen Studenten mit einer Vorlesung über den "Lebenssinn des Christentums" und betätigte sich ab Anfang 1882 als Schriftsteller und Publizist.
Solowjow war zunächst radikaler Nihilist, entwarf dann aber als 20-Jähriger sein Programm zur Harmonisierung von wissenschaftlicher Vernunft und religiösem Glauben. Stark in seinem Denken von den Ideen Georg Wilhelm Friedrich Hegels beeinflußt, ging er davon aus, daß sich im historischen Prozeß Gott mit der Welt versöhne und am Ende dieses Prozesses die “All-Einheit" stehen werde, die durch die “göttlichen Weisheit" (griech. σοφία, sophía) bereits vorherbestimmt sei. Sein Spätwerk skizziert eine Reihe von apokalyptischen Szenarien: So warnte er in seinem Gedicht Панмонголизм (1894, dt. Panmongolism vor der “gelben Gefahr”, und in seinem als Dialog aufgebauten Traktat Drei Gespräche (1899) sah er das Ende der Welt und die Herrschaft des Antichristen heranrücken, sollte es nicht zu einer Einigung der Christenheit kommen; orthodoxe und römisch-katholische Kirche müsse sich unter der Führung des Papstes und des Zaren vereinigen und die Weltherrschaft übernehmen.
Solowjows Ideen der Sophiologie beeinflußten eine Reihe seiner russischen Zeitgenossen, u.a. die Philosophen Nicolas Berdjajew, Sergej Bulgakow und Pawel Florenskij oder die Symbolisten, insbesondere Andrej Bely und Alexander Blok. Auch war er eine der Quellen für Dostojewskijs Charaktere der Brüder Karamasows in dessen Roman Братья Карамазовы (1880, dt. Die Brüder Karamasow) - Solowjow war ein enger Freund Dostojewskij und dessen Familie; er hielt auch bei dessen Beerdigung eine Rede.
Werke u.a.: Vorlesungen über das Gottmenschentum (1877), Kritik der abstrakten Prinzipien (1880), Rußland und die universelle Kirche (1889).
Панмонголизм (1.Strophe)
Панмонголизм! Хоть слово дико,
Но мне ласкает слух оно,
Как бы предвестием великой
Судьбины божией полно.
Moskau, Friedhof am Neujungfrauenkloster
Österreichischer Philosoph; entstammte einer ungarisch-jüdischen Familie; Sohn eines Goldschmieds; studierte Philosophie und Psychologie an der Universität Wien; verfügte über eine hohe und umfangreiche, wenn auch von Vorurteilen geprägte Bildung, und beherrschte fünf Sprachen. Bekannt wurde Weininger durch sein ursprünglich als Dissertation verfaßtes und um einige Kapitel erweitertes WerkGeschlecht und Charakter (1903), das sich durch extreme Theorien auszeichnet. Vor allem offenbarte es ihn als einen Verfechter einer expliziten frauen- und körperfeindlichen Geisteshaltung. so vertrat er die Meinung, daß höhere Werte den Frauen nicht zugänglich seien, und je weiblicher eine Frau sei, . desto mehr verkörpere sie eine geistlose Geilhei; überhaupt empfange sie erst durch den Mann eine Leben aus zweiter Hand. Außerdem entwickelte er eine Theorie über das Wesen der Geschlechter, in deren Zentrum die These der menschlichen Bisexualität steht, die urspr. der Berliner Arzt Wilhelm Fliess entwickelt hatte. Weininger wurde von dem deutschen Neurologen und Psychiater Paul Julius Möbius (*1853, †1907 ) d, der er 1900 eine Abhandlung mit dem Titel Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes veröffentlicht hatte, des Plagiats bezichtigt. Zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kam es nicht mehr; Weininger nahm sich, unter Depressionen leidend, nach einer Rückkehr von einer Reise nach Italien in Ludwig van Beethovens Sterbehaus in Wien, in das er sich am Abend zuvor eingemietet hatte, das Leben im Alter von nur 23 Jahren. Über seinen Tod hinaus, übte Weininger, der nicht nur zum protestantischen Glauben konvertiert war, sondern ausgesprochen antisemitisch wurde, einen nachhaltigen Einfluß auf die österreichische Geistesgeschichte aus, insbesondere auf Karl Kraus, der einige Schriften in seiner Zeitschrift Die Fackel veröffentlichte, Robert Musil und Ludwig Wittgenstein. Später wurde er von den Nationalsozialisten zur Legitimierung ihres Antisemitismus’ bemüht.
Werke u.a.: Über die letzten Dinge (1904, postum).
Inschrift: Dieser Stein schliesst die Ruhestätte eines Jüngling, dessen Geist hiernieden nimmer Ruhe fan. Und als er die Offenbarungen desselben und die seiner Seele kundgegeben hatte, litt es ihn nicht mehr unter den Lebenden. Er suchte den Todesbezirk eines Allergrössten im Wiener Schwarzspanierhause und vernichtete dort seine Leiblichkeit.
Wien, Matzleinsdorfer Friedhof
Omnibus salutem!